Meine Traumband sah immer so aus:
4 Mann: Gitarre+Gesang, Bass+Gesang, Keys, Drums. Zwei Songwriter, die in positivem Wettbewerb miteinanader stehen; einer der sich mit Elektronik und jeglicher Technik gut auskennt und ein Manager-Typ, der draußen unbedingt was drehen will, Gigs ranschafft usw.
Im Grunde liegt da extrem viel Wahrheit drin. Meine bisherigen (für meine Verhältnisse erfolgreichen) Bands waren immer so ähnlich aufgebaut. Statt Keys gab es meist einen zweiten Gitarristen. In meiner jetzigen Band gibt es sogar drei Songwriter (beide Gitarristen und der Bassist) und der Sänger, den ich nicht zu den Songwritern zähle, schreibt seine eigenen Texte inkl. Gesangsmelodien. Die Songwriter ergänzen sich ideal, zwei sind gut im Riffing, einer im Arrangement. Vielleicht sogar etwas zu viel, aber es funktioniert.
Das Organisatorische haben wir mal versucht, effizient aufzuteilen: Einer ist für Equipment, PA und Recording zuständig, einer für Social Media + PR, einer für Booking, einer für Finanzen und einer für Merch und Designkrams. Das hat eine Zeitlang gut funktioniert, ist aber durch Corona eingepennt. Sollten wir vielleicht mal wieder aufleben lassen.
Wenn eine Band gut funktioniert (heisst für mich: es werden regelmäßig neue Songs geschrieben, aufgenommen und veröffentlicht und in regelmäßigen Abständen funktionierende - also mit mehr als 20 zahlenden Besuchern - Gigs gespielt), entsteht für mich kein Gefühl der Bedeutungslosigkeit. Ich habe aber mit jeder Band, in der ich gespielt habe, schon funktionierende und nicht funktionierende Zeiten erlebt. Das ist völlig in Ordnung. Wenn man eine Zeit hinter sich hat, in der viel lief, habe ich auch nichts dagegen, ein paar Monate oder sogar Jahre im Proberaum rumzudümpeln. Dafür ist es eben ein Hobby und wie bereits ausgiebig ausgeführt, ziehe ich keine persönliche Bedeutung aus der Musik.
Vielleicht mal beispielhaft an drei (für meine Verhältnisse erfolgreichen) Bands:
Meine erste echte Band habe ich 2001 mit drei Mitschülern zur Abizeit gegründet. Zu Beginn haben wir schnell viele, einfache Songs geschrieben und in der Szene recht schnell durch Konzerte in Juzis und kleinen Clubs Fuß gefasst. Etwa 2-3 Jahre später studierten wir alle in einem Umkreis von 100km und spielten etwa 10-20 Konzerte pa. in ganz Nord- und Mitteldeutschland. Niemand von uns hat aktiv Booking betrieben, wir wurden einfach regelmäßig angefragt. Dreimal waren wir im Studio und haben Demo-EPs aufgenommen. Irgendwann kam der Punkt und uns wurden ein Plattenvertrag (von einem kleinen Indie-Label mit sehr hoher Selbstbeteiligung) sowie ein Managementvertrag (mit sehr vielen Pflichten, regelmäßige Aufnahmen, Touren nach Gusto des Bookers, aber finanziell sehr fair) angeboten. Wir haben zwei Wochen lang zusammengehockt, viel geredet, auch mit Eltern und einem Juristen und letztlich gemeinsam entschieden, beides sein zu lassen. Das war für mich der Punkt, an dem ich entschieden habe, mein Hobby nicht zum Beruf zu machen. Wir spielten dann noch bis etwa 2009 mit ein paar kleineren Personalveränderungen weiter zusammen und lösten uns dann auf, weil alle in verschiedene Richtungen entschwanden.
2011 bin ich dann in eine Band eingestiegen, die einen ähnlichen Werdegang wie o.g. Band hinter sich hatte, gerade ein Album veröffentlicht und eine Tour hinter sich gebracht hatte. Wir schrieben recht schnell fünf neue Songs und planten schon ein neues Album und eine neue Tour, aber dann hat der Basser ungeplant ein Kind bekommen, Drummer hatte ne andere Band und so zerfiel alles sehr schnell.
2013 habe ich dann die Mitglieder meiner jetzigen Band getroffen, schnell hatten wir einen Proberaum, haben Songs geschrieben und schon Anfang 2014 eine 5-Song-Demo selbst aufgenommen (ich hatte dank Recording,de inzwischen ein bißchen was gelernt, so dass man das Ding auch heute noch halbwegs anhören kann). 2015 haben wir 3.000€ über ein Crowdfunding eingenommen und damit ein komplettes Album mit 14 Songs in Eigenregie aufgenommen. Wir waren dann auch schnell wieder an dem Punkt, 10-15 Konzerte pro Jahr zu spielen. Ideale Situation. Leider stieg dann unsere Gitarristin 2018 oder 2019 aus, was zu einer längeren Gitarristensuche führte. 2020 sollte unser Jahr werden, Aufnahmen fürs Album geplant, mehrere lokale Festivals und größere Konzerte gebucht und dann kam Corona. Seit letztem Jahr proben wir wieder regelmäßig und versuchen nun, den Motor wieder zum Laufen zu bringen.
Zwischendrin hatte ich immer andere Bands und Nebenprojekte, die aber nie so effizient und zielgerichtet gearbeitet haben, wie die o.g. Der Misserfolg lag dann immer an mangelndem Einsatz oder zu geringem Commitment. Bei den o.g. drei Bands hätte man meiner Meinung nach jedes Mal versuchen können, die Musik zum Beruf machen können, wenn alle Bandmitglieder mitgezogen hätten.
Die Erfahrung, die ich gemacht habe, war, dass sobald man als Band etwas nach Außen darstellt (viele/gute Konzerte, professionelles Auftreten und Handeln, Fans,...) kommen sehr schnell Leute von außerhalb, die einen gerne unterstützen. Entweder weil sie Fans sind und dich toll finden oder weil sie langfristig was mit der verdienen wollen. Heisst etwa konkret für unsere aktuelle Band: Wir haben bislang zwei Musikvideos gemacht, die uns eine professionelle Filmschmiede komplett kostenlos produziert hat. Wir haben das Artwork bei beiden Alben sowie unser Logo kostenlos von Freunden gemacht bekommen. Mehrere Fotoshootings wurden uns kostenlos angeboten (und gemacht). Gastmusiker haben uns bei Aufnahmen geholfen. Und Und Und.
Mein Fazit: Mit Musik wirtschaftlich erfolgreich (was ja vielleicht am ehesten mit "Bedeutung" gemeint ist) zu sein, erfordert harte Arbeit, effiziente Organisation, vollständiges Commitment, eine gute Community und viel viel viel Glück. Unmöglich ist es aber nicht.