Von Dunkel zu Hell

[artname]

Von Dunkel zu Hell

So leben wir mein Leben nun seit Jahren
Und stehn im Mittelpunkt von irgendwas
Es fliegt uns um die Ohren, und wir warten
auf Wiesen und auf Krisen und auf Spaß

Ein Wolkenzug zieht hin in deinen Augen.
Am Himmel trägt das All nur Dunkelblau
Doch manche Nacht, da leuchten die Pupillen,
wenn Sterne waten durch ein Dunkelgrau

Ich fühle Dinge, die sich nicht vertragen
Sie schlagen auf den Magen, auf‘s Gemüt
Und ewig grüßt das Murmeltier im Thriller,
ein Irrenhaus in jedem Liebeslied.

So leben wir mein Leben nun seit Jahren
Und stehn im Mittelpunkt von irgendwas
Es fliegt uns um die Ohren, und wir warten
auf Frieden und auf Kriege und auf Spaß

Dein Schweigen ist ein Reigen alter Geigen,
die Kindern fanden irgendwo im Dreck.
Nun spielen sie unhörbar und nie reifend -
Ich deute deine Treue und erschreck…

Wer von uns beiden ähnelt einer Sonne?
Wer sendet Licht und wer wird angestrahlt?
Wen trägt das hohe Ross vor der Kolonne
all der bewegten Tage? - Wer bezahlt?

So leben wir mein Leben nun seit Jahren
Und stehn im Mittelpunkt von irgendwas
Es fliegt uns um die Ohren, und wir warten
auf Liebe im Getriebe und auf Spaß

 

[artname]

@TheButcher ,herzlichen Dank für deine schneller Zustimmung. Wenn schon nicht alle, sollten wenigstens einige schnelle Denker mit meinem langsamen Denken etwas anzufangen wissen.

Es hat seine Gründe, warum ich momentan schreibe, wie ich schreibe. Wenigstens in den Kommentaren werde ich mich aber halbwegs um Klarheit bemühen

 

[artname]

Lieber @mWermut , lieber @akStudio , auch über Euer „gefällt mir“ freue ich mich sehr! Herzlichen Dank.

Wow, drei mal leiser Beifall. Aber wofür steht leiser Beifall? Für ein aufmunterndes Lächeln, das ich Straßenmusikanten im Vorübergehen manchmal zuwerfe? Ist es ein vereinzeltes Klatschen im Publikum oder gar der letzte Händeklatscher eines Liebhabers, dem Text besonders gut gefallen hat?
Oder gefällt einfach nur, dass man zwar Bahnhof versteht, aber nix gegen Bahnhöfe einzuwenden hat? Hier, wo (angeblich) sowie nur meist banale Sachen herum stehen?

 

[DHG]

 

[artname]

Auch dir lieber @SoulFrontier , herzlichen Dank!

 

[akStudio]

leiser Beifall. Aber wofür steht leiser Beifall? Für ein aufmunterndes Lächeln, das ich Straßenmusikanten im Vorübergehen manchmal zuwerfe? Ist es ein vereinzeltes Klatschen im Publikum oder gar der letzte Händeklatscher eines Liebhabers, dem Text besonders gut gefallen hat?

Leiser Beifall, das trifft es ganz gut. Weil mich der Text insgesamt anspricht. Vielleicht wird daraus ein lautes Bravo, wenn ich mir genug Zeit nehme, den tieferen Sinn einiger Formulierungen besser zu verstehen. Noch stolpere ich über einige Zeilen. Du fragst: welche?
Na z.B. gleich am Anfang:

So leben wir mein Leben nun seit Jahren

Ist das nur Deine Perspektive, oder sieht der andere Teil des "wir" das auch so? Hoffentlich nicht, war mein erster Gedanke, das fände ich auf Dauer belastend...
Oder:

Es fliegt uns um die Ohren,

Zu diesem Ton bekomme ich bisher noch kein Bild, die Explosion will sich in meinem Kopf nicht mit der Rückwärtsgewandtheit, dem Innehalten des sonstigen Textes vertragen.
Dass Du das bewusst so geschrieben hast, ist mir schon klar.

Andere Zeilen, insbesondere die kursiv gedruckten, könnten wiederum Gedanken entsprungen sein, die durch meinen eigenen Kopf gegangen sind. Auch die Variationen des Refrains (letzte Zeile) finde ich sehr gelungen!

Deshalb mein spontanes "Danke"

 

[artname]

Ach lieber @akStudio , Du hast treffsicher Formulierungen rausgegriffen, die ich auch ganz bewusst hinein geschrieben habe! Schon dafür danke ich dir von ganzem Herzen!

Näheres folgt zeitnah, hab gerade viel um die Ohren!

lg

 

[artname]

EDiT

Ist das nur Deine Perspektive, oder sieht der andere Teil des "wir" das auch so? Hoffentlich nicht, war mein erster Gedanke, das fände ich auf Dauer belastend...

Sehr interessante Antwort Du würdest es besser finden. der eine Partner würde anders empfinden als der andere?

Das würde allerdings bedeuten, dass beide die Welt verschieden sehen! LD wüsste ja nicht, wie LI empfindet und LI nicht, wie LD empfindet!
Oder LD glaubt, dass LI identisch empfindet und fühlt sich belogen und betrogen, wenn ÖO anders als erwartet reagiert!

Wenn beide wissen, dass sie die Welt unterschiedlich wahrnehmen und empfinden, dann sind sie gezwungen, miteinander zu kommunizieren, statt blind zu erwarten!! Von daher kommen all die (unvermeidlichen) Streits in einer seit Jahrzehnten scheinbar stabilen Beziehung..

Da ich aber nichts von belehrenden Texten halte, habe ich die Provokation einfach „unauffällig“ reingeschrieben. Manche überhören sie, manche halten sie für einen Schreibfehler, manche halten den Autoren für einen Egoisten oder schlimmer… und mache verstehen die Stelle als Besonders weise…


Zitat von artname: ↑
Es fliegt uns um die Ohren,

Zu diesem Ton bekomme ich bisher noch kein Bild, die Explosion will sich in meinem Kopf nicht mit der Rückwärtsgewandtheit, dem Innehalten des sonstigen Textes vertragen.
Dass Du das bewusst so geschrieben hast, ist mir schon klar.

Bei Sturm fliegt einem manches Harmlose wie etwa gehässige Töne um die Ohren, die man aber mit dem Ende des Sturmes meistens wieder vergisst.

Ich liebe es, Redewendungen wortwörtlich zu nehmen. Viele beeindrucken formal mit guten Rhythmen oder Reimen, sind aber inhaltlich weniger universell, als man ursprünglich meinte..,

Ich achte beim Schreiben extrem darauf, jeder Zeile möglichst einen eigenARTigen Touch zu verleihen. Maler signieren ihre Bilder und ich hinterlasse gern möglichst dezent kleine Widersprüche!

Wie beispielsweise auch den Wolkenzug bei dunkelblauen Himmel oder strahlende Sterne, die durch Wolkengrau waten. oder beispielsweise die Allegorie mit den edlen Geigen und den Kindern .

Ohne Paradoxon langweilt mich das Schreiben. Mutter sagte immer „Des Einen Uhl ist des Anderer Nachtigall.“ Das war so schön verschleiert, dass ich ewig brauchte, diese Weisheit als eine der für mich wichtigsten zu begreifen.

ich bitte herzlichst um ehrlichen Widerspruch!

 

[rho]

Ich frage ich mich nach dem Leben des LD. Denn sie leben ja beide das Leben des LI: "So leben wir mein Leben...". Also welche Art von Beziehung haben die beiden zueinander?
Schöne Rätsel und kräftige Sprachbilder und das ratlose Grundgefühl der "Sachlichen Romanze" von Kästner. Das genügt mir völlig, um den Text zu feiern. Oh je, ich unergiebiger Diskutant

 

[artname]

Lieber @rho, herzlichen Dank für deine generelle Zustimmung!

Ich frage ich mich nach dem Leben des LD. Denn sie leben ja beide das Leben des LI: "So leben wir mein Leben...". Also welche Art von Beziehung haben die beiden zueinander?

Mein lieber @rho , gerade wollte ich dir die Frage beantworten. Aber noch wichtiger erscheint MIR die Frage, wie DU dir dieses LD vorstellst. - Danach kommt meine Antwort. Aber so was von… Ach ja, und speziellen Gruß an dein „System 2“ ,* welches dir was von „Kästner“ geflötet hat!

* siehe Daniel Kahneman

 

[Kreuzoeder]

Poetische Zeilen, schön! Manches ist mir - suum cuique - zu abstrakt. Wenn Sterne waten durch ein Dunkelgrau, hm? Das erschließt sich mir in dem Kontext nicht...

 

[akStudio]

Das ist das für mich besonders Reizvolle an Deinen Texten, lieber @artname: Die eigentliche Geschichte, die Bilder entstehen im Kopf des Lesers / Hörers. Dein Ausgangspunkt kann durchaus ein anderer gewesen sein, aber das stört nicht, im Gegenteil.

Ich hatte mir ein Paar vorgestellt, das vom Beginn der Beziehung an vom LI dominiert wurde, in allen Lebensbereichen und von allen bemerkbar.
Dennoch sprach das LD stets vom WIR. Fühlte sich dabei nicht unterdrückt, sondern in einer klaren Rolle, welche die Dominanz des LI akzeptierte und sogar förderte. Das LI war vielleicht prominent, und das LD genoss das. Das LD hätte deshalb immer gesagt: Wir leben UNSER Leben.
Solche Beziehungs-Konstellationen sind gar nicht so ungewöhnlich.
Wenn das LD allerdings unter der Dominanz des LI leiden würde, dann wäre mein Blick auf das LI ein ganz anderer.
Das war der Grund meiner ersten Rückfrage.

Die Gedanken, von denen dann der Text handelt, spiegeln also nicht das Unglück des LD, sondern die zunehmende Langeweile (3x Warten auf Spaß!) und Unzufriedenheit des LI wider. Auch die Verantwortung für die Kinder, die möglicherweise nicht erwachsen werden wollen, schiebt das LI letztlich von sich ab. Aber das Bewusstwerden dieser Situation ist die Chance für einen Neuanfang (Warten auf Liebe), nur so kann ich für mich persönlich den Titel des Textes "Von Dunkel zu Hell" deuten.
Zwischenzeitlich hatte ich mich auch mit der Zeile des Um-die-Ohren-Fliegens arrangieren können (ein richtiges Donnerwetter ist die beste Chance für eine echte Veränderung).
Vielen Dank für die Erklärung aus Deiner eigenen Sicht.

lg, Andreas

 

[Teestunde]

Wieder ein Text zum immer noch mal Lesen. Noch stärker dürfte er wirken, wenn ihn jemand singt. Falls es dazu kommt, bitte bescheid sagen.

 

[artname]

Danke, liebe @Teestunde , für deine Worte, die ich als Zustimmung empfinde. Es gibt Gedichte, die ich seit Jahrzehnten immer wieder lese. Teils, weil sie einen scheinbar nie erlöschenden Zauber in mir auslösen, teils weil sie etwas zeigen, was ich zwar verstehe, selber aber scheinbar nicht schreiben kann. Ich möchte in diesem Zusammenhang mal stellvertretend den Namen Jacques Prevert erwähnen!

All diese lyrischen Schatzkisten haben eines gemeinsam: Sie enthalten etwas Seltenes, nicht Alltägliches, Graziles. Ich genoss und war sehr traurig, dass ich diese menschliche Gabe wohl selber nicht besaß. Obwohl ich ich doch alles kinderleicht verstand, denn die Worte meiner Vorbilder waren ganz einfach! - Weil ich bin wie ich bin, suchte und fand ich einige Erklärungen in den verwendeten Stilmitteln. Diese Erkenntnisse ließen manche meiner Zeilen etwas flüssiger klingen, aber das Geheimnisvolle blieb mir offensichtlich verwehrt.

Heute weiß ich, welche Barriere Jahrzehnte zwischen meinen und diesen Gedichten stand: die Erwartungen der Anderen! In meinen Falle waren es die Erwartungen der Musikindustrie einerseits und des Publikums andererseits, von denen ich glaubte, dass ich sie befriedigen müsste. Und spürte immer deutlicher, dass deren Erwartungen höchstens teilweise mit meinen übereinstimmten. Dass es mir nicht an Intelligenz und Empathie mangelte, davon war ich stets überzeugt! Auch halte ich mich für ehrlicher, als mir oftmals lieb ist.

Immer stärker begleitete mich der Verdacht, dass der erfolgreichste Mensch unter diesen Zweifeln leiden könnte. Der Milliardär, das Topmodell, die Weltmeisterin, der Nobelpreisträger… Weder die Religionen bieten verlässliche Zuflucht noch die Wissenschaften.

Nun beginne ich die Mythen von Sisyphos und dem Turmbau von Babel neu zu begreifen: Wir werden uns niemals derart verstehen, dass wir glücklich bleiben dürfen. Weder verstehen wir - noch werden wir verstanden. Unsere Hilfsmittel reichen nur für eines: Fresser und Futter zugleich zu sein. Je mehr wir uns einbilden, umso dümmer sind wir. Eines hatte ich bisher bei meinen Vorbildern übersehen: Ist erst die Wahrheit ruiniert, schreibt es sich recht ungeniert…

Das ist das für mich besonders Reizvolle an Deinen Texten, lieber @artname: Die eigentliche Geschichte, die Bilder entstehen im Kopf des Lesers / Hörers. Dein Ausgangspunkt kann durchaus ein anderer gewesen sein, aber das stört nicht, im Gegenteil.

Besser könnte ich es nicht sagen! Vielleicht als Ergänzung: Aus offensichtlichen Widersprüchen droht keine Belehrung Ich meinerseits lese ebenso interessiert und amüsiert deine Geschichte, wie du hoffentlich vorher die meine. herzlichen Dank für die Zeit, die du meinen unerheblichen Gedanken widmest!!

Poetische Zeilen, schön! Manches ist mir - suum cuique - zu abstrakt. Wenn Sterne waten durch ein Dunkelgrau, hm? Das erschließt sich mir in dem Kontext nicht...

Vielen Dank für die Blumen. Naja, wir könnten streiten, ob mein Bild abstrakt oder eher doch gegenständlich ist. Es ist wohl beides. Und beides zu sehr. Deshalb ist es wohl zu kompliziert. Hoffentlich werde ich diese Gefahr beim nächsten Mal rechtzeitig erkennen. Danke für den Hinweis.

 

[Locis]

Ich bin ein bisschen late to the party, aber coole Zeilen hier.

die Kindern

verstehe das "n" bei Kindern nicht.

Wieder ein Text, der schön mehrdeutig ist. Mir schwebt hier son ein bisschen etwas Kurt Weill artiges vor.

 

[artname]

Danke lieber @Locis , für dein „gefällt“ mir und den Hinweis auf den Tippfehler.

Ja, Kurt Weill würde viel Sinn machen. Brecht/Weill achteten sehr auf den sogenannten Verfremdung-Effekt. Das heißt, sie schrieben die Songs so, dass sie weniger emotional mitreißend waren, sondern eher zum Mitdenken Platz war.

Mir zeigt die Diskussion, dass manche Feinheiten des Textes zwar auffallen, aber universell einseitig aufgefasst werden. Ich frage mich beispielsweise, warum „So leben wir mein Leben nun seit Jahren“ allgemein einseitig als ein Leben auf Kosten des LDs verstanden wird. Es könnte genau so gut auch ein Leben auf Kosten des LIs gemeint sein. Natürlich habe ich diese einseitige Sicht befürchtet, sogar bewusst provoziert. Aber der Text ist neutraler formuliert als die Interpretation vermuten lässt!!!

In einem Theater-Stück würde der Sinn entsprechend der Handlung klar sein. Ich habe aber keine Lust, den Text einseitigen zu schreiben. Ich genieße sogar das Missverständnis, weil es mir unsere klischierte, flüchtige Wahrnahme von Sprache zeigt!

Aber eventuell würde ich bei der Vertonung darauf achten, dass sich diese Zeile nicht einfach beliebig hübsch wegsingt!

 

[akStudio]

Ich frage mich beispielsweise, warum „So leben wir mein Leben nun seit Jahren“ einseitig als ein Leben auf Kosten des LDs verstanden wird. Es könnte beispielsweise auch ein Leben auf Kosten des LIs bedeuten.

einseitig verstanden? Ich hatte von der Dominanz des LI gesprochen, die Deine Anmerkung durchaus einschließen kann.
In der Tat lässt der Text reichlich Interpretationsspielraum zu, was mir Spaß macht und weshalb ich (entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten) den Text auch mehrfach auf mich wirken lassen habe. Irgendwann muss man dann aber auch mal den Abschluss finden, sonst landet man z.B. bei einer Deutung, dass es letztlich um den Wechsel der Lieblings- Biersorte des LI geht

 

[artname]

einseitig verstanden? Ich hatte von der Dominanz des LI gesprochen, die Deine Anmerkung durchaus einschließen kann.

Danke für die schnelle Reaktion, @akStudio ! So verstehen das wohl alle, die sich auf diese Stelle beziehen. Tatsächlich könnte aber auch die Dominanz des LDs gemeint sein. (Das ist wie bei einem Vexierbild: zwei Köpfe .., oder doch eine Vase? ) Ich neige jedenfalls zur Wahrnehmung, das LD sei dominanter, weil ich diese Deutung so viel charmanter ausgedrückt empfinde…

Irgendwann muss man dann aber auch mal den Abschluss finden, sonst landet man z.B. bei einer Deutung, dass es letztlich um den Wechsel der Lieblings- Biersorte des LI geh

Verstehe, was du meinst! Aber es gibt’s Songtexten, deren Bedeutung seit Jahren in meinen Kopf changiert. Gerade das liebe ich. Das nenne ich gelungenes Wortspiel!

 

[Teestunde]

Eben wieder gelesen. Das wäre DER Text für Katharine Mehrling. Ich komme nicht los von der Idee.

 

[akStudio]

Ich neige jedenfalls zur Wahrnehmung, das LD sei dominanter, weil ich diese Deutung so viel charmanter ausgedrückt empfinde…

Da Du gern noch eine Ecke weiter denkst, stimme ich Dir zu
Anders ausgedrückt, das LI wird gelebt