Virtual Mic Shootout - Slate VMS und Co. gegen "The Real Deal"

[WunderBro Flo]

Ich bezweifle dass der Kapseltyp den Unterschied macht, da die Kapseln laut Neumann akustisch identisch sind, einzig die elektrischen Verbindungen sind soweit ich es verstanden habe anders gelöst: In der alten Version musste man mit einem zusätzlichen Kabel verbinden, in der neueren Version ist die Verbindung bereits integriert. Es gibt online Diskussionen in denen da und dort behauptet wird, bestimmte Zeitspannen hätten bestimmte Soundcharakteränderungen mit sich gebracht (zB habe ich gelesen dass Klaus Heyne wenn ich mich recht erinnere frühe 2000er Jahre Kapseln nicht mochte und ab ca 2013 aufwärts dann wieder begeisert war...). Falls das stimmt und Neumann Dinge wie die Membranspannung etc nicht zu jeder Zeit 100% gleich waren, könnte das diese Unterschiede bewirkt haben, so sie denn existieren. Letztlich erinnere ich mich noch an ein Gespräch mit Andreas Grosser, in dem er mir gesagt hat dass die Deemphasisfilterschaltung eine leicht andere Eckfrequenz im oberen Bereich hat (welche man durch einen kleinen Bauteiltausch ändern kann). Ich denke, dass diese Kleinigkeit den minimalen Unterschied zwischen den beiden Modellen ausmacht, aber dass sie klein genug ist um nicht weiters darüber nachzudenken welches Mikro nun besser wäre. Da sind die Unterschiede im Headroom viel gravierender, ein ai vor einem Drumkit zerrt ohen Pad, ein 87 hat gut 10dB mehr headroom ohne Pad, aber auch mehr Eigenrauschen etc...

 

[Summerhunter]

Dazu passend:
https://www.amazona.de/test-neumann-u-67/

 

[Gast92251]

Yepp, geht später hoch (ab 7-8 Khz bei der alten Version) als bei der neuen U87AI Version (Niere):

Anhang anzeigen 57750

Insgesamt hat die alte U87 Version eine leicht flachere und später einsetzende Erhöhung in
den Höhen.
Wieder was gelernt.

genau, und nicht nur das, wenn man sich selbst die groben Frequenzkurve anschaut, hat das neue Ai, neben dem viel früher einsetzenden Höhengain, auch 2-3 dB (!) mehr Anhebung am höchsten Peak als das alte Ur-87er. Und das kann ebenso sehr viel ausmachen, wie wir alle hier hoffentlich wissen. Und das ist auch alles das, was sich damals feststellte: das alte ist einfach neutraler, ehrlicher. (Und genau diesen Sound bevorzuge ich halt gern)
Das neuere Ai geht - wie auch das TLM 103 - viel früher in die Höhen. Das 103 bekanntermaßen noch mehr als das Ai. Das sind einfach die > Kapselunterschiede. Mit Altertum, Verdreckung, Abnutzung etc. hat das jedenfalls nichts zu tun beim alten U87er: Denn es klingt einfach anders in den Höhen. Das ist ein Fakt.

 

[Nachtschicht]

ich hab noch ein olles u87 (locker älter als 32 jahre) im sortiment und es ist definitiv eines meiner lieblinge. unbearbeitet sicherlicher etwas nüchterner, aber eben auch universaler als z.b. ein 47er, und es hat diese schwer zu beschreibende allzweckwaffenqualität...es klingt einfach nie "falsch", und nagelt einen nicht auf eine bestimmte ästhetik fest. einfach ein sehr sehr gelungenes mikro, welches nicht ohne grund zum klassiker wurde. wenn ich mit sängerInnen arbeite, die ich noch nicht kenne, mache ich gerne mal schnell einen kleinen shootout, aber wenn entweder die zeit oder die stimmung dafür nicht da ist, dann stelle ich im zweifel einfach das olle u87 hin, im wissen, dass das schon passt. und spätestens wenn man bisschen mit eq angleicht um z.b. ein etwas höhenreicheres mikro zu vergleichen, ohne sich von dem Mehr an höhen verführen zu lassen, gewinnt das u87 auch nicht wenige dieser shootouts. die etwas geringere sexyness out of the box macht es dadurch wett, dass es einfach ein enorm bearbeitungsfreundliches signal ist. ich wage mal eine etwas unpräzise analogie: manche sexy mics mit verführerischer höhenanhebung gewinnen vielleicht den ersteindruck, aber im mix spielt das u87 dafür oft vorteile aus, die ich mal etwas vermessen mit raw vs. jpg vergleiche. ein u87 vergibt einem mehr geschraubsel, als man als mischer vernünftigerweise verdient hätte, sozusagen eine nicht zu unterschätzende stärke dieses heutzutage gerne als unoriginell gedissten mics.

noch was zu mic-modelern allgemein: das marketingversprechen, aus einem sm58 ein u47 zu machen kann man natürlich getrost ungesehen abhaken. vollkommen unnütz sind die teile aber trotzdem nicht, denn "nach unten" können sie manchmal schon relativ treffend imitieren und damit ganz nützliche tools sein. ich erinnere mich u.a. an einen hiphop-track, bei dem der leadvocalist in 4 etappen an unterschiedlichen orten seine leadvocal aufgenommen hatte, und natürlich war der wunsch der, dass am schluss im mix die (leider wirklich sehr sehr unterschiedlichen) aufnahmen schön einheitlich nach einer aufnahme klingen mögen. ziemlich katastrophal. man kriegt das natürlich schon hin mit genug eq-gefuchtel (und funktionen wie z.b. fabfilters eq-sidechain-angleichung erledigen einem dem job zwar nicht, sind aber ein nützlicher startpunkt), aber damals konnte ich mit ein paar antares mic modeler plugins immerhin schonmal gefühlte 50% der angleichung mit wenigen klicks bewerkstelligen, bevor ich dann mit eq und multiband in den feinschliff ging. das war schon keine schlechte arbeitserleichterung. und wenn ich auch die modernen varianten nie persönlich benutzt habe, gehe ich mal davon aus, dass allein ob des für plugin-verhältnisse nahezu historischen alters vom antares mic modeler, letzterer eher einer der schlechteren kandidaten in dem feld ist.

also, selbst wenn mic modeler in wahrheit wahrscheinlich wenig mehr sind als ein stapel eq-kurven-presets...kann schon mal ganz praktisch sein für sowas.

aber wahrscheinlich auch nur für sowas, zugegeben

 

[WunderBro Flo]

Hallo, anbei die versprochenen Vergleichsfiles. Und ja, es ist lästig dass ich die Namen in den Files noch nicht zeige, alelrdings ist es einfach viel aussagekräftiger wenn man sein Urteil fällen muss ohne zu wissen welches Mikro man gerade hört. Auflösung kann gerne erfragt werden bzw werd ichs hier auch gerne posten ein wenig später.

Wie gesagt, das hier ist ein U87ai neben einem U87 wobei das U87 gerade eine nagelneue Kapsel von Neumann bekommen hat sowie ein Service der Elektronik, dh Materialfehler/Alterung ist recht gut auszuschliessen. Same take, ca 25cm Abstand, beide Mics daher leicht off axis, ich habe versucht so "identisch daneben" zu sein wie möglich. Zuerst Sprache, dann Gesang, am Ende Shaker.

 

[WunderBro Flo]

Und meine persönliche Einschätzung...die zwei Generationen U87(vintage/ai) sind klanglich wirklich sehr nahe beieinander, zumindest wenn sie wie hier beide recht neue Kapseln besitzen. Imho deutlich weniger Unterschied als zB zwischen einem TLM103 und einem U87ai.
Ich teile auch die Einschätzung dass die U87 Familie ihren Reiz und ihre Stärke in der Neutralität hat, welche im direkten Shootout mit höhenbetonteren Mics schnell mal oberflächlich "verliert". Aber wer lange genug mit einem U87 gearbeitet hat weiß, dass man alles damit aufnehmen kann und nach den verschönern mit den zum Signal passenden (!) Highlights im Präsenz- und Höhenbereich das U87 oftmals besser (oder zumindest nie wirklich schlechter) klingt als viele Mics mit "preset" Höhenbetonung. Nur beim Vergleich mit dem 47er habe ich die Erfahrung gemacht, dass da weder ein 87er noch ein 47fet ganz mithalten können. Ein originales 47er im Topzustand macht etwas mit Stimmen, das über Frequenzgang hinausgeht, das ist einen hörbaren Tick faszinierender und nicht mit EQ oder Dynamics hinbiegbar. Die letzten 10% eben, die nicht unbedingt notwendig sind aber absurd viel Geld kosten imho...

 

[Astronautenkost]

Ich hatte selber mal ein U 87 ai vom Anfang der Neunziger mit einer von Peter Drefahl reskinnten Kapsel. Das war ein tolles Mikro und ich habe gutes Geld damit verdient. Es musste nur einem imho noch besseren Microtech Gefell UMT 70 S weichen. Ich halte die Diskussion ob i oder ai für müßig, da die Unterschiede in der Praxis marginal sind. Ich würde tippen, dass Mic 2 das alte ist, würde aber darauf nichts verwetten. Wer mit dem Usi (egal ob i oder ai) keine gute Aufnahme hinbekommt, sollte sich einen anderen Beruf oder ein anderes Hobby zulegen. Das einzige, was ich manchmal vermisse ist der Transformer. Aber davon hat mein ADT-Preamp besonders Dicke zu bieten. Das gleicht es wieder aus
.

 

[EmulatorX]

könnte man IR-Curves von Mikros nicht in Faltungsplugins ensetzen, gibt es da ggf. etwas im Netz zu finden?

Gibt es, einfach den Suchbegriff "Old Mikrofon Impulses" in Google eingeben und du landest zb. hier:
https://www.audiothing.net/impulses/vintage-mics/
oder noch umfangreicher: http://micirp.blogspot.com/

Es genügt aber allenfalls einem Mikrofon einen gewissen Stempel aufzudrücken, die Klangcharakteristik ein wenig einzufangen.
Das kann aber durchaus interessant klingen.

 

[Gast92251]

Danke dir, rein des Experimenten Willens wegen. Nicht um zu clonekopieren, natürlich.

 

[Gelöschtes Mitglied 86663]

Das einzige, was ich manchmal vermisse ist der Transformer. Aber davon hat mein ADT-Preamp besonders Dicke zu bieten. Das gleicht es wieder aus

Und ich dachte immer, die ADT- Preamps, die so gelobt werden, seien total neutral ? Nun, ich finde mein M930 über den ADL 600 Röhrenpreamp auch um einiges reizvoller, als z.B die Fireface 400 internen. Wobei der ADL 600 auch sehr clean ist für einen Röhrenpreamp. Für Klassik nehm ich aber transformerlose Preamps, wie den Yamaha MLA 8. Sonst trägt das zu dick auf.

 

[Astronautenkost]

Die ADT sind neutral, geben dem Signal aber einen Push. Ich denke die Lake People sind die neutralsten, hatte die aber selbst noch nicht unter. Ich weiß, dass Neumann die verwendet.