schlager-zynismus-falle...also...ich will mich da jetzt sicher nicht als experte darstellen. aber ich hatte schon über die jahre so ein paar gelegentliche ausflüge in die sparte (übrigens auch immer unter pseudonym
), und das auch grösstenteils dann mit "grossen namen", und...ach, wie soll ich das sagen...der vibe ist schon krass. das ist schon echt ein ziemliches nihilisten-fach, diese schlagerkiste. ich hab das bisher jedes mal nur für maximal eine handvoll tracks ausgehalten, dann konnte ich schlicht nicht mehr, und dabei hab ich noch nichtmal den gesang aufnehmen müssen sondern immer nur das playback gemacht und am schluss nach erhalt der vocals die ganze sosse dann gemischt. man trocknet da einfach selber emotional sehr schnell aus, wenn man da so sitzt und mit komplett abgeschaltetem geschmacksmodul am skihüttenfaktor schraubt. sicherlich sind da andere zäher als ich (und ich hatte zum glück auch immer genügend alternativen so dass ich das nie tun *musste*, das waren immer mehr so "haha warum denn mal nicht, macht man halt mal" geschichten), aber den zehrenden effekt gibt es ganz klar. und was man sich so hinter vorgehaltener hand erzählt, wie kaputt da die viele der protagonisten sind, die dann ihr gesicht für den krempel in die kamera halten müssen, also, schön ist das nicht. das sind ja ganz oft auch musiker, die nun wahrlich sich das genre nicht ausgesucht haben, in anderen sparten aber schlicht keinen fuss auf den boden bekommen haben.
ich mein, musiker sind ja auch eitel, und sänger sind quasi schon per berufsanforderung experten für angewandten narzissmus
da musst du dich nur noch fragen, was denn die eitelkeit mehr bauchpinselt, ein cooles konzert mit lauter hippen jugendlichen im publikum, oder ein musikantenstadel mit 5 rentner-busladungen. das schmerzt natürlich
deswegen versucht der schlager ja auch jedes mal, wenn mal wieder ein vereinzelter künstler oder titel in den pop-mainstream eindringt, wieder die alte geschichte zu verkaufen, der schlager als ganzes wäre jetzt wieder in der pop- und jugendkultur angekommen
solche sachen arbeiten einfach in einem, und wenn du da auf der bühne stehst und mit wurstfachverkäufer-grinse eine musik präsentieren musst, die du eigentlich privat gar nicht magst (und absolut alles was ich so über die jahre gehört habe deutet darauf hin, dass die meisten das zeug privat *nicht* mögen), das zieht dich auf dauer halt runter.
dann rechnest du noch die deutsch-schlager-eigenen besonderheiten hinzu, diese unglaublich zielgerichtete reduktion auf die kleinsten gemeinsamen nenner, four on the floor, tonika subdominante dominante (und übergangsweise mal die mollparallele, aber bloss nicht zu viel, wir machen hier doch kein gothic!), die seit jahren IMMER gleichen mix-moves...stell dir einfach mal plastisch vor, du wirst beruflich jeden tag beballert mit diesen grundzutaten und sonst NIX. mal dir deinen 20sten schlagersong aus, der abermals vor allem durch harmonische simplizität besticht, den backbeat schön synkopenfrei hält, und zum 20sten mal denselben-text-nur-halt-irgendwie-umformuliert präsentiert. es hat schon was von folter
und natürlich muss es nicht wundern, dass diese protagonisten dann den teufel tun würden, sowas auch noch privat zu goutieren. es hat schon echt was von der von vegetariern betriebenen metzgerei, das ganze
klar bin ich da selber wirklich bisschen überempfindlich. andererseits bringt der beruf ja über die jahre auch eine gewisse schmerzfreiheit mit sich, und ich bin generell eigentlich schon ganz schön hart schmerzbefreit, würde ich behaupten
aber das ist echt ne harte kiste, dieses schlagerdings. augen auf bei der berufswahl!
