Probleme mit Finishing

[nate3]

Hallo,

kennt jemand von euch das Gefühl, falls man elektronische Musik macht, dass es irgendwann auf die Nerven geht, weil man die selbe Hookline, oder Bassline immer wieder hört.

Ich meine man macht einen Loop aus Hookline und Drumming und mischt, arrangiert, schneidet, produziert das Ganze. In den ersten 30 Minuten knallt alles und der Track wirkt auch so als hätte der Potenzial, hinterher möchte man aber am Liebsten das Projekt löschen und ein Neues anfangen.

Ich kriege meine Sachen so nie fertig, geschweige überhaupt mal etwas fertig. Mein Problem ist, dass ich nach ein wenig Zeit immer unzufrieden bin und irgendeinen Brei zusammen mische, weil ich zuviel adde und bearbeite.

Beim Mixing die gleiche Katastrophe. Erst trenne ich alles so ab, das alle Instrumente für sich klingen und es auch auf der Anlage zieht, aber irgendwann wird es zu "leer" und tausende andere Klangteppiche kommen noch dazu, die zwar musikalisch nicht mehr bringen, es aber voller klingen lassen.

Ich bin mir sicher, das ist nichts Neues.

Könnt ihr mir Tipps geben, wie ich aus so einer Schleife rauskomme? Es ist irgendwie schade, weil in der ersten Stunde sehe ich noch mega Potenzial und der Track, oder Loop macht Spaß, aber das nimmt leider immer stärker ab..

Ich habe schon mit Templates, Presets usw. versucht dem entgegen zu fahren, indem ich möglichst viele Schritte automatisiere - das kann es aber auch nicht sein.

Vielleicht noch eine andere Formulierung um es besser auf den Punkt zu bringen: Am Anfang klingt es interessant, mit der Zeit wird der Track jedoch immer uninteressanter.

 

[Saurus]

...Vielleicht noch eine andere Formulierung um es besser auf den Punkt zu bringen: Am Anfang klingt es interessant, mit der Zeit wird der Track jedoch immer uninteressanter.

Das ist normal, damit müssen wir alle leben.

Schlimmer ist das noch bei einer ganzen Album-Produktion. Bevor die marktreif ist, kann man sie selbst nicht mehr hören.



P.S.:





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[nate3]

Cool, wie schnell ich eine Antwort bekommen hab

Das hab ich mir schon gedacht, aber wie kriege ich den Oveprocessingdrang in den Griff. Ich glaube irgendwie, dass das ein Punkt ist, wo man alles mögliche über Ton und Musik gelernt hat und das Ganze durch das Wissen zum Handwerk verkommt.

Wo ich angefangen hab mit Musik, ist mir schon einer abgegangen, wenn ich nur Sawterz und Kick laufen lassen hab.

Soll ich einfach mein Gewissen damit Ruhen lassen und den Track, trotzdem, so irgendwie zusammenboxen und auch mal veröffentichen?

Ich werde wahrscheinlich demnächst mal, hier bei euch, ein paar Sachen hochladen, um mir mal ein wenig Meinung zu holen.

 

[Saurus]

...Das hab ich mir schon gedacht, aber wie kriege ich den Oveprocessingdrang in den Griff. Ich glaube irgendwie, dass das ein Punkt ist, wo man alles mögliche über Ton und Musik gelernt hat und das Ganze durch das Wissen zum Handwerk verkommt.

Keep it simple.

Ich werde wahrscheinlich demnächst mal, hier bei euch, ein paar Sachen hochladen, um mir mal ein wenig Meinung zu holen.

Gute Idee

 

[chrisspeed]

Mach einfach mal ein Track fertig, auch wenn du hinter her sagst, das geht besser.

Da wirst du auch recht haben, aber das "besser machen" kannst du mit deinen nächsten Track. Schließe ab und gut ist, denk nicht mehr drüber nach. Sonst kommst du nicht weiter, man lernt nun mal am Besten aus den Fehlern.

 

[Ash-Zayr]

das ist die Bürde beim Homerecording. Man hat da ja nicht nur das Hobby "Recording, Mischen, Mastern, usw", sondern das ganze noch mit seiner eigenen Musik! Die nötige "Gewaltenteilung" im kommerziellen Bereich in Künstler, Produzent, Ton-Ing, Master-Studio, usw, fehlt da, und so hat man Null Abstand vom eigenen Geschehen und ist gerade am Anfang über-euphorisch; und das eigene Zeugs ist natürlich ersmal das geilste, man ist im Höhenflug...die Möglichkeiten der DAW unendlich....
Und dann kommt irgendwann der Umkehrpunkt und Stimmung und Ansicht wechselt....schneller unzufrieden, ständige Paranoia, man könne ja eine Optimierung vergessen, einen Effekt ungenutzt gelassen haben....dann das repetetive Hören müssen von Passagen, teils hundert mal einen Lopp von 3 Sekunden, bis es passt....das ist der Punkt, an dem man erkennt, dass das, was wir da als Hobby machen, normalerweise ein gelernter Handwerksberuf ist, den viele auch sicher nicht als Leidenschaft ausüben, sondern ihre Miete zu zahlen und Familie zu ernähern: es ist Arbeit!

Ich hatte und habe diesen Punkt ebenso, versuche aber gerade in den Prozess einzutreten, das von mir beschriebene zu akzeptieren und Songs so zum Abschluss zu bringen, wie ich sie im Grunde ganz am Anfang vor Beginn vor meinem geistigen Ohr hatte; und der Produktions-Prozess versucht lediglich, diese Vision dann so gut es geht einzufangen und zu reproduzieren.
Die Methode "des sich treiben lassens"...also ohne Konzept beginnen und alle möglichen Plug-Ins, Effekte usw zu probieren, und möglichst immer alle theoretischen Möglichkeiten in einen Song zu verfrachten, hatte ich probiert, und es nevrte und frustrierte.

Lieber den song im Kopf fertig haben und dann mit diesem klaren Ziel beginnen....Arbeit bleibt es aber so oder so...Spaß ist auf Dauer anders...

Ash

 

[FredTadge]

Es ist völlig normal, dass man das, was man gerade frisch geschrieben/erdacht/erfunden hat, erstmal megageil findet und dass das natürlich über jeden Zweifel erhaben ist.
Ob es dann wirklich gut ist, merkt man, wenn man ein paar Stunden an etwas gearbeitet hat, und es einem immer noch nicht zu den Ohren rauskommt.
Die einfachste aller Lösungen wäre, das Ergebnis nach dem ersten Einspielen ungemixt, ungemastert und am besten sogar unarrangiert irgendeinem Unbeteiligten zeigen. Dann kommt sehr schnell eine Auskunft ob es sich lohnt oder nicht.

Außerdem hört man bei dir natürlich auch raus, dass die Ansprüche mit dem erworbenen Wissen steigen, im Gegenzug aber wahrscheinlich dein Wissen über Songwriting und Arrangement gar nicht gestiegen ist. Allerdings kann man das auch lernen...

 

[MikeHoffmann]

kennt jemand von euch das Gefühl, falls man elektronische Musik macht, dass es irgendwann auf die Nerven geht, weil man die selbe Hookline, oder Bassline immer wieder hört.

Ja, kenne ich auch nur zu gut.

Könnt ihr mir Tipps geben, wie ich aus so einer Schleife rauskomme? Es ist irgendwie schade, weil in der ersten Stunde sehe ich noch mega Potenzial und der Track, oder Loop macht Spaß, aber das nimmt leider immer stärker ab..

Abstand gewinnen, runterkommen, was ganz anderes machen. Den Track dann erst mal nur im Kopf "weiterproduzieren". Später erst mal nur das umsetzen, was man im Kopf hat und dann nur noch Anpassungen vornehmen. Irgendwann muss man ja auch fertig werden - möglichst bevor sie einen in die Anstalt einliefern - oder noch schlimmeres passiert

 

[nate3]

Danke für die vielen tollen Antworten

Außerdem hört man bei dir natürlich auch raus, dass die Ansprüche mit dem erworbenen Wissen steigen, im Gegenzug aber wahrscheinlich dein Wissen über Songwriting und Arrangement gar nicht gestiegen ist. Allerdings kann man das auch lernen...

Mein Songwriting und Arrangement ist vielleicht nicht perfekt , aber ich bin zumindest über das, was ich so lesen kann raus - zumindest was Dance angeht. Das was jetzt noch kommt sind Dinge die man ein Leben lang dazulernt durch weiter abschauen und probieren. Das schlimme ist ja wirklich das "ermüdete" Gehör.

Abstand gewinnen, runterkommen, was ganz anderes machen. Den Track dann erst mal nur im Kopf "weiterproduzieren". Später erst mal nur das umsetzen, was man im Kopf hat und dann nur noch Anpassungen vornehmen. Irgendwann muss man ja auch fertig werden - möglichst bevor sie einen in die Anstalt einliefern - oder noch schlimmeres passiert

Du hast mich auf jeden Fall auf eine Idee gebracht. Ich glaube ich versuche das mal damit, dass ich wirklich einen Track, wenn er nicht mehr bockt, oder es an den Feinschliff geht, abzuschalten und Ideen einfach aufzuschreiben, statt vor der kiste zu hocken. Das Bild ist richtig hammer Ich glaub ich mach das auf meinen DAW Desktop als Hintergrund, dait ich das nicht mehr vergesse. Das trifft mein Problem volle Möhre - Hören und Tweaken bis ich verrotet bin .

Das mit der Gewalteneinteilung wird wohl definitiv zustimmen. Wenn ich nur rohe Loops, oder Mixe machen würde, hätte ich wohl nicht solche Probleme, da der emotionale Abstand da wäre.

Wie gesagt - ich werd demnächst mal ein paar Sachen hier uploaden, die ich mal mit Ach und Krach dann beende, wenn ich sie nur "ok", statt cool finde. Mal schauen, was dabei rumkomt.

 

[TheSarge]

...

 

[AndiPaulo]

Ich pack meine Sücke manchmal auf nen MP3-Player und hör sie beim Bahn fahren oder so. Da hab ich keinen Bildschirm mit 1000 Infos die mich ablenken und ich kann beim Hören nicht sofort losschrauben.

Wenn mir was nicht gefällt schreib ich das auf nen Zettel. Auf dem Zettel stehen dann meistens nur wichtige Sachen und keine Winzdetails in die man sich verzettelt wenn man vor der DAW sitzt.

 

[Chris_Hoonoes]

Puh, das Problem kenn ich auch und ich hab das leise Gefühl, dass das auch immer wieder passieren wird. Ich hab mir angewöhnt, meine Tracks erstmal auf eine halbwegs ordentliche Länge zu bringen (irgendwas zwischen 3 und 5 Minuten). Dann hab ich zumindest nicht immer den gleichen Loop (1, 2, 4, 8, 12, 16 Takte) laufen und kann im Projekt hin und her springen und mich innerhalb des gleichen Projektes um was anderes kümmern.

Wenn alles nicht mehr hilft und ich merk, dass ich den Track gerade totproduziere, mach ich entweder tatsächlich was ganz anderes (Abwasch, mit dem Hund raus, Zocken, Lesen, Enten füttern), oder ich öffne eins meiner "Unbenannt-Projects", die haben keinen Namen und bei denen hab ich mir meistens auch überhaupt so gar nichts gedacht. Und ja mittlerweile sind es tatsächlich viele. Der Vorteil an den "Unbenannt-Projects" ist, dass ich mir (absichtlich) nicht merken kann, welches Projekt was ist und von daher kann ich da immer mal wieder hier schrauben, da schrauben, dort was umarrangieren usw. usf.
Ist ein bisschen mein Beat-Spielplatz, so ganz ohne Zwang und Druck. Bringt mir meistens auch wieder ein bisschen lockerheit, wenn ich dann an einem "richtigen" Projekt weiter mache.

Das mit dem Downmix mache ich auch, und es kommen einem tatsächlich ganz andere Ideen, wenn man keine Tasten, Knöpfe und Fader in Reichweite hat. Es gibt, mir zumindest, auch oft noch mal eine andere Perspektive auf mein Schaffen und ich merk dann selber bei manchen Sachen die ich gestern noch in den Himmel gehyped hab, dass das sooo toll dann gar nicht ist, was ich da fabriziert hab.

Wenig Zeit ist noch ein Faktor, der einen fast dazu zwingt, sich auf das wesentliche zu reduzieren. Früher saß ich auch 5-6 Stunden ohne große Pausen an nem Beat, ist dann auch kein Wunder, wenn man sich da drin verliert und die objektivität flöten geht.

Mittlerweile seh ich das tatsächlich lockerer, weil ich mir genügend Möglichkeiten geschaffen habe, solch einer Situation aus dem Weg zu gehen oder mich damit zu arrangieren.