Kleinmembran vs. Studiomikrofon

[TheTick]

Hallo Leute,

wir (2x Gitarre, 1x Gesang) werden uns nach vielen Jahren des Musizierens und Produzierens im stillen Kämmerlein mal wieder auf die Bühne trauen. Wir planen in kleinen Locations (Bars, Kneipen) hauptsächlich Coversongs zu spielen. Wir werden, so wie es im Moment scheint, live über ein Interface durch ein MacBook gehen (ich hatte dazu mal etwas in einem anderen Thread geschrieben), um Effekte/Comps etc. liedgenau vorbereiten und abspeichern zu können. Latenz scheint zu funktionieren, also soweit alles gut.

Die letzten Proben haben wir mit Kopfhörern und eigenem Monitormix durchgeführt. Dabei habe ich die ganze Zeit über mein Mojave 201-FET gesungen. So weit so gut. Jetzt habe ich mir zur Ansicht ein paar gute Kleinmembran-Live-Mikros bestellt (Neumann KMS 104 / 104 plus / 105 Sennheiser 965). Direkt beim ersten Testkandidat (Neumann 105), welches überall sehr gelobt wird, fällt mir doch auf, dass der Klang sehr anders ist, als das Mojave. Für mich klingts relativ verhangen und brummig. Ich hab unten ein paar Soundbeispiele angehängt.

Ist das einfach so? Muss man damit leben und sich einfach umstellen? Könnte ich das Mojave auch live einsetzen oder ist das Feedbackproblem zu groß?

 

[leary]

puh schwierige frage, aber ich würde für live mir keine empfindlichen klein- oder großmembraner auf die bühne stellen. gerade für gesang mit evtl monitorboxen würde ich immer auf ein sm58 schwören.

übrigens: kleinmembraner sind genauso wie dynamische mikrofone auch studiomikrofone.

 

[TheTick]

Die Gemeinsamkeiten zw. KMK und GMK sind mir bekannt. Es gibt ja genug Leute, die mit KMK auftreten.

Der Pegelunterschied zw. den zwei Mikros ist ja beachtlich. Das Mojave wurde aus 20cm Distanz besungen und das Neumann close mit Lippenkontakt. Das alleine spricht ja auf jeden Fall mal für die (wahrscheinlich) fehlende Rückkoppelungsfähigkeit des GMK Mojave.

 

[verflixte13]

hm … ich verstehe dein „testverfahren“ nicht so ganz …

mal von der feedbackanfälligkeit abgesehen, da singst du das eine mic
mit 20 cm abstand und das andere „lippen-close“ … da wundert es einen
doch nicht, dass das 105er mächtig in die tiefresonanten „rumpler“ hineinläuft.

und der andere punkt wäre —> wenn du schon ein mic für „live“ antesten
möchtest, dann solltest du das auch in einer testähnlichen situation tun.
also, zumindest im proberaum über die PA …

hier wirst du mit sicherheit den „tiefenschlamm“ großzügig cutten und dich wundern,
wie offen und frei das 105er klingen kann.

dennoch würde ich das Neumann nicht an jeder stimme empfehlen,
(zu meiner passt es „live“ z.b. nicht.) … ein ewiger allrounder (und günstig!) für "live",
das wurde dir ja schon von @leary empfohlen —> Sm58 …

damit kann man „erst einmal“ nichts falsch machen …

LG

 

[Astronautenkost]

Das Sennheiser 965 ist übrigens ein Großmembraner. Helene Fischer benutzt es. Es gewinnt an der PA, besonders an Frauenstimmen. Ich würde Dir in der Preisklasse und bei Bühnengroßmembraner eher zum Audio Technica AT 5400 raten. Das war schon bei Metallica im Einsatz Ich habe einige Bühnengroßmembranerkondensatoren vor einiger Zeit ausgiebig testen können und da war es ein kleines Preiswunder. Der Mumpf vom SM58 muss es nicht immer sein, wenn es dynamisch sein soll. Shure hat ja das wesentlich besser auflösende KSM8 herausgebracht. Besser noch in meinen Ohren war übrigens das Microtech Gefell MD 100. Ich habe mein Testexemplar direkt behalten.

 

[verflixte13]

Das Sennheiser 965 ist übrigens ein Großmembraner. Helene Fischer benutzt es.

stimmt! … Helene Fischer benutzt das Sennheiser …

und sie ist auch dafür bekannt, dass sie selbst ihren vox- soundcheck
höchstpersönlich am mischpult regelt …

aber mal ernsthaft:

man kann KEIN mic zuhause in seiner „aufnahme“-umgebung testen,
das dann auch für live-gigs über die PA funktionieren muss.

da gibt es einfach zuviele unterschiedlichste parameter, die man nicht
theoretisch abhandeln kann …

und ja, auch das Sennheiser ist ein tolles mic, wie auch das KM 105er,
aber beide fallen, nur zum bleistift, bei deftigen rockformationen pfeifend
unter den tisch … es sei denn —>

ihr seid ebenso tontechnisch versiert, wie Helene, dann kannst du wirklich
jedes hochauflösende mic verwenden.

LG

p.s.
by the way … nur um auch einmal etwas „besonders“ gutes über Gefell zu sagen —>

das M900 gehört wohl zu den besten mics, das ich jemals über unsere PA
besungen habe (allerdings in einer akustikformation!) … wenn das mic
nur etwas handlicher und „mund-/gesichtsfeld“- freundlicher“ gewesen wäre,
hätte ich „fast“ schwach werden können.

 

[Astronautenkost]

man kann KEIN mic zuhause in seiner „aufnahme“-umgebung testen,
das dann auch für live-gigs über die PA funktionieren muss.

Das ist natürlich richtig! Wenn ich Live-Mikrofone teste, dann tue ich das nicht nur im Studio um Vergleichsaufnahmen zu machen. Das Klangverhalten und das sonstige Verhalten in einer Bühensituation ist nur in einer solchen (mit Monitoren) seriös zu testen. Das Sennheiser 965 hat dort gegenüber dem Studio übrigens klar hinzugewonnen, es ist trotzdem nicht mein Favorit. Das AE 5400 ist was Feedbacks angeht ähnlich unempfindlich, wie die bekannten und beliebten Dynamiker. Auch das Microtech Gefell M 900 habe ich getestet und das dürfte das Ultimo an Bühnenmikro bedeuten, hat aber seinen Preis. Das dpa-Bühnemikro ist ähnlich, aber damit sind wir in Dimensionen knapp unter oder sogar über 1.000 Euro. Ich würde mein Studiogroßmembraner nicht so gerne einer Livebühne mit allen Begleitumständen aussetzen. Körbe von Bühnenmikrofonen sind mechqanisch stabiler und haben einen Ploppschutz, die Kapselaufhängungen sind elastisch gelagert und damit weitestgehend mechanisch entkoppelt. Also, wenn ich den Sound eines Großemembraners haben will, kann ich auf entsprechende Bühnengroßmembraner zurückgreifen. Das 965 hat eine ähnliche Kapsel wie das MK4 von Sennheiser, das AE 5400 basiert auf der des AT 4050 und das M 900 die des M 930. Es gibt allerdings inzwischen auch hochwertige dynamische Tauchspulenkapseln. Das genannte MD 100 (kommt im Sound nahe an ein U 87) ist ein solches, wie auch das KSM8. das Audix OM6/OM7 ist der Einstieg in hochwertige dynamische Systeme. Ist doch schön, dass es mittlerweile eine solche Vielzahl von Lösungen gibt und nicht nur das SM58 oder alternativ das Sennheiser 431.

 

[verflixte13]

Ist doch schön, dass es mittlerweile eine solche Vielzahl von Lösungen gibt und nicht nur das SM58 oder alternativ das Sennheiser 431.

… hier bin ich voll bei dir!

dennoch war ich schon so viele male „stinke-heile-froh“, dass das „olle“ Sm58er
in der werkzeugkiste lag, um bei bühnenprobs in die bresche zu springen,
weil manch anderes „diven-mic“ in einer speziellen location nur probleme gemacht hat.

und in solchen situationen, da ist mir die „feinzeichnung“ oder sonstig besondere
„fähigkeit“ eines anderen mics … so etwas von piepenhagen …

der gig muss einfach sauber über die bühne laufen …

und insofern, da ist ein Sm58 sicherlich niemals so ganz verkehrt …

 

[Astronautenkost]

Die von mir positiv genannten Mikros würde ich alle nicht als Diven einordnen sondern als Prima Donnen. Mit denen kann man getrost auf das SM58 verzichten. Undf mit dem AE 5400 kommt man selbst auf lautesten Bühnen zurecht.

PS: Wenn es um den Knüppelsound geht, der inzwichen auf manchen Bühnen herrscht, ist es aber fast egal in was man brüllt, hauptsache feedbacksicher.

 

[leary]

Die von mir positiv genannten Mikros würde ich alle nicht als Diven einordnen sondern als Prima Donnen. Mit denen kann man getrost auf das SM58 verzichten. Undf mit dem AE 5400 kommt man selbst auf lautesten Bühnen zurecht.

da würde ich prinzipiell nicht widersprechen. mein überlegung aus erfahrung: ich würde mir kein mikro über 200 teuros auf die bühne stellen: kondenswasser, bier, wasser, ungeschickte kollegen, erdanziehungskraft...

hat irgendwie schon einen grund, warum man die üblichen verdächtigen mikros auf den bühnen dieser welt sieht...

 

[Astronautenkost]

Ich finde es immer amüsant, wenn sich Musiker um zu teure Mikrofone in Live-Situation sorgen, solche sich aber gleichzeitig wahre Schätze, die ein vielfaches eines gute Mikros kosten, um die Schulter hängen oder aufeinander stapeln, wenn es um den Sound Ihrer Instrumente geht.

Ich glaube, hinter der ungebrochenen Vorliebe für das SM58 steckt eher die Massenträgheit.

 

[leary]

Ich finde es immer amüsant, wenn sich Musiker um zu teure Mikrofone in Live-Situation sorgen, solche sich aber gleichzeitig wahre Schätze. die ein vielfaches eines gute Mikros kosten

der vergleich hinkt etwas. mit einem sm58 kannste einen nagel in die wand kloppen oder in bier tunken. macht das mal mit dem mojave. merkste was?

 

[Astronautenkost]

Mach das mal mit ner 57er Paula? Merkste was? Da käme keiner auf die Idee. Das Mojave habe ich auch nicht empfohlen, sondern ganz andere Kandidaten genannt. Übrigens tritt Max Raabe durchaus live mit einem TLM 67 auf. Geht also auch.

 

[verflixte13]

Ich glaube, hinter der ungebrochenen Vorliebe für das SM58 steckt eher die Massenträgheit.

… das denke ich nicht … das Sm58 ist einfach ein gutes mic, das gar nicht so
leicht zu schlagen ist … WENN es im richtigen umfeld eingesetzt wird.
und dazu gehört (btw, wie beim SM7) die richtige vorverstärkung …

und siehe da —> das „scheinbar“/langweilig/muffige“ 58er entchen …
das wirft so manch´ imposanten teuer gefiederten schwan —>

kaltlächelnd aus dem wasser …

anyway … wir haben auch viel kohle für teure „live-mics“ ausgegeben und schlussendlich
sind wir doch „vorwiegend“ bei den „klassikern“ geblieben … da muss wahrscheinlich jeder
für sich selbst durch …

 

[leary]

Mach das mal mit ner 57er Paula? Merkste was? Da käme keiner auf die Idee.

die ist so robust und massiv, damit kannste bäume fällen. merkste was?!

aber ok... ich habe deinen punkt verstanden, teile ihn nur nicht so ganz.

 

[TheTick]

mal von der feedbackanfälligkeit abgesehen, da singst du das eine mic
mit 20 cm abstand und das andere „lippen-close“ … da wundert es einen
doch nicht, dass das 105er mächtig in die tiefresonanten „rumpler“ hineinläuft.

Da ist natürlich etwas dran, erklärt aber nicht die doch etwas verhangenen Höhen. Mir ging es darum, dass ich ja anscheinend recht nahe rangehen muss beim Neumann, um den gleichen Pegel hinzubekommen. Wohlgemerkt: Ich hab meinen Preamp (Goldmike) auf +45 db stehen.

 

[TheTick]

Nochmal zur Ausgangslage: Wir spielen ein Akustikset über inear Monitoring (bzw. halt normale Kopfhörer), sprich die Lautstärke wird sich in Grenzen halten und der Direktschall aufs Mikro auch. Die Anfälligkeit von Kondensatormikros ist natürlich live immer ein Thema, aber ich sag jetzt einfach mal, dass ich gewillt bin, das zu risikieren.

Warum ich überhaupt erst mich damit beschäftige, ist nicht die totale Unzulänglichkeit des SM58, denn ich habe in lauten Rockbands auch nie etwas vermisst, da ist das aber auch nicht so kritisch.

Mir geht es um drei Aspekte: In der Akustikformation möchte ich so fein wie nur möglich auflösen. Und das geht mit dem SM58 nicht, da brauchen wir glaub ich auch nicht über Vorverstärker zu diskutieren, denn einen 1000€ Preamp kauf ich mir für live nicht (bitte keine Diskussion darüber). Und bevor ich dann 250 für ein gutes Tauchspulenmikro ausgebe, kauf ich mir lieber direkt ein Kondensator.

Der zweite Punkt ist die Besingbarkeit. Ich hab mit dem GroßmembranSTUDIOmikro das Gefühl über Kopfhörer sehr gut intonieren zu können, was mir selbst mit dem Neumann nicht so gut gelang. Diese Klarheit hilft mir da ungemein.

Der dritte Auspekt und auch der Grund warum ich das Mojave aus der Distanz besinge, ist, dass ich hiermit sehr gut mit der Lautstärke spielen kann. Wenn ich dann sehe, dass das Neumann schon bei close-Besingung +45 db braucht, will ich nicht wissen wieviel db ich da noch reinhauen soll, wenn ich mal noch 10cm Distanz haben will.

 

[TheTick]

Der Tipp mit dem echten Testen an einer echten PA ist natürlich vollkommen legitim. Leider habe ich keinen Proberaum. Wir proben im Studio. Meine PA wird von einem Freund für Konzerte benutzt, aber auch er hat keinen größeren Raum, in dem man das testen könnte. Wahrscheinlich muss ich den ganzen Krempel zu meinen Eltern bringen und dort im Wohnzimmer testen

 

[TheTick]

Und noch etwas, weil jetzt ja diverse GroßmembranLIVEmikros empfohlen wurden. Mir war nicht bekannt, dass Kleinmembraner weniger Höhen haben. Dem ist doch auch nicht so, oder? Zumindest wurde ich den Vergleichstests, wo auch besagte Mikros teilnahmen, nichts dergleichen erwähnt. Also scheint es ja mehr darum zu gehen, dass das STUDIOmikro feiner zeichnet (oder nen Höhenboost drin hat) im Vergleich zum LIVEmikro.

 

[verflixte13]

Da ist natürlich etwas dran, erklärt aber nicht die doch etwas verhangenen Höhen. Mir ging es darum, dass ich ja anscheinend recht nahe rangehen muss beim Neumann, um den gleichen Pegel hinzubekommen. Wohlgemerkt: Ich hab meinen Preamp (Goldmike) auf +45 db stehen.

Wenn ich dann sehe, dass das Neumann schon bei close-Besingung +45 db braucht, will ich nicht wissen wieviel db ich da noch reinhauen soll, wenn ich mal noch 10cm Distanz haben will.

@TheTick

ich weiß tatsächlich nicht über welches mic du redest? …
also, das 105er kann es nicht sein … denn dieses hat weder verhangene höhen,
noch braucht es dermaßen viel gain-boost …

(falls es dir hilft, bin ich gerne bereit dir heute mittag eine schnelle 105er
test-file zu erstellen … dann kannst du das ja mit deiner soundfile abgleichen.)

das bringt dich aber bei deiner eigentlichen „live-mic“-frage keinen schritt weiter.

In der Akustikformation möchte ich so fein wie nur möglich auflösen.

klar! wer möchte das nicht!? … aber, dir muss dann auch bewusst sein,
dass diese „feine auflösung“ nicht nur eine micfrage ist … und wenn du
ein hochauflösendes mic, in einer ansonsten eher beschaulichen kette
live verwenden willst … dann kann dieser schuss verdammt schnell nach
hinten losgehen.

anyway … ich will dich ja nicht vom kohle verbrennen abhalten,
das ist deine sache, dennoch bleibe ich der meinung, dass man
ein live-mic NUR unter live-ähnlichen vorzeichen antesten kann …

und hier hätte es einen sinn ergeben, wenn du dir verschiedene mics
zum antesten ausgeliehen hättest, um sie z.b. bei einem ausgedehnten
soundcheck, zusammen mit deinem kollegen im bühnenkontext,
gegeneinander zu vergleichen.

nun gut, ich will nun auch nicht länger auf dich einreden

viel glück bei deiner suche! LG