Gehalt Opernsänger

Wir haben uns ja schon andernorts über Kulturförderung gezankt, ich glaube nicht, dass man groß darüber debattieren muss, *dass* da etwas falsch läuft, streckenweise dann eben sogar gewaltig.
MMn bräuchte es da eine kompetente Neuorganisation. Über Dinge wie die Ausgewogenheit zwischen den einzelnen Sparten (U- vs. E-Musik) müsste nachgedacht werden, aber auch wie da genau gefördert wird, das Verhältnis zwischen Breiten- und Spitzenförderung (so wie halt im Sport), etc.

Ich bin viel zu unbeschlagen, um da Aussagen in irgendeiner Richtung machen zu können, aber dass da streckenweise einige Dinge ganz fundamental falsch laufen, zeigt ja u.a. das hier im Thread beackerte Beispiel.
Ich denke, es ist vollkommen unbestreitbar, dass sich ein Land wie D, also ressourcenarm aber dennoch wirtschaftlich überaus erfolgreich, die Förderung von Kultur (und zwar ungeachtet welcher Sparten auch immer) einfach leisten muss, denn letztendlich hängen Kultur und Bildung (die ja übrigens ebenso brachliegt, ich könnte da Romane schreiben - meine Frau ist Gymnasiallehrerin...) ganz eng zusammen. Dichter und Denker eben, der Spruch kommt definitiv nicht von ungefähr.

Eine Situation wie die hier geschilderte ist vollkommen untragbar. Da wird ein Studienplatz mit tausenden von Euros subventioniert, nur damit die Absolventen dann doch umschulen oder Taxi fahren. Was für ein Scheiß. Sieht in der U-Musik ja auch so aus. Die "Pop-Unis" schießen wie Pilze aus dem Boden, die Absolventen werden aber direkt in die beinahe garantierte Arbeitslosigkeit entlassen (es werden schlicht und ergreifend nicht jedes Jahr 50 top ausgebildete Trommler in D benötigt, egal wie gut deren "Social Networking Skills" auch sind).
Da muss entweder ein zumindest vom Ansatz her funktionierendes Gesamtpaket geschnürt werden - oder man kann sich gleich von solchen Gedanken verabschieden.
In Zeiten, wo selbst erfolgreiche Musiker nur noch Geld verdienen, wenn sie sehr erfolgreich sind, hunderte von jungen Menschen auf ein Leben im Musikgeschäft vorzubereiten, während zeitgleich die einzige verbliebene Einkommensquelle, namentlich das Live-Geschäft in der zweiten und dritten Reihe, vollkommen den Bach runtergeht - das muss ja schon als fahrlässig bezeichnet werden. Und in Musikschulen können die ganzen Absolventen schon lange nicht mehr untergebracht werden, die Stellen sind für die nächsten Jahrzehnte belegt.

Und weil es in diesem Thread bereits erwähnt wurde: Auch ist es vollkommen sinnlos, in der Klassik bspw. mit den Zugereisten aus dem asiatischen Raum konkurrieren zu wollen. Wir haben (mMn zum Glück!) einfach keine soziale Grundlage für den Drill, der erforderlich ist, um diese klassischen Hochleistungsmaschinen auszubilden. Die fangen da mit 4 Jahren an und spätestens wennse 6 sind, gibt's neben der Schule eben nochmal für 3-4 Stunden täglich die Fiedel in die Hand. Eine mir grauenhafte Vorstellung.

Ansonsten gilt aber, solange die Situation so ist, wie sie eben gerade ist, natürlich auch, was ich eingangs sagte: Augen auf bei der Berufswahl. Weiß doch jeder, wie das ist. Die Ballettänzer wurden ja schon genannt. Ja mein Gott, wenn ich da Karriere machen will, dann kann ich mich doch vorher informieren (machen die meisten ja auch) und weiß, dass da ganz hart ausgesiebt wird und ich selbst im Erfolgsfall spätestens mit Mitte 30 an das Karriereende denken muss und trotzdem bis an mein Lebensende unter Schmerzen zum Physiotherapeuten rennen werde, während ich im besten Fall einem umgeschulten Job nachgehe. Das ist alles nix, was man nicht auch ganz leicht im Vorfeld in Erfahrung bringen könnte.
Dito für den Solistensänger. Da gibt's halt in D x Stellen und y Bewerber, y ist aber viel größer als x, weswegen es ja auch überhaupt nur klappt, dass man mit solchen Hungerlöhnen abgespeist wird.
Unterm Strich ist eine "Karriere" in dem Metier nicht planbarer als bspw. im Profifußball. Ergo muss ich mich u.U. damit abfinden, Zulieferer (bspw. als Chorsänger) oder im schlimmsten Fall arbeitslos/umschulend zu sein.
Weiß man aber alles vorher.
 
gilt in unserer neoliberal beschädigten Wirtschaft schon lange die folgende Regel: Je sinnvoller eine Tätigkeit oder je mehr intrinsische Motivation sie erfordert, desto schlechter bezahlt wird sie.
Was für ein Unfug.
Löhne und Gehälter sind Arbeitsmarkt. Der funktioniert, wie jeder andere Markt, nach dem einzigen Gesetz: Angebot und Nachfrage.
Und was heißt schon “sinnvoll“? Was soll das für ein schwammiger Begriff sein?
Was Du du als “sinnvoll“ einstufst, das ist für viele andere Menschen garantiert völlig Banane.
Im konkreten Fall betrifft es einen Opernsänger. Der ist für Dich vielleicht “sinnvoll“, für die meisten Leute jedoch garantiert jemand, den sie sehr gut entbehren können, und sowohl Oper als auch deren Personal interessiert sie nicht.
Im Bereich Kultur muss eh schon der Staat, also letztlich der Bürger, stark subventionieren.
Und das ewige bla bla von wegen pöse, pöse Neoliberal...geschenkt
 
Löhne und Gehälter sind Arbeitsmarkt. Der funktioniert, wie jeder andere Markt, nach dem einzigen Gesetz: Angebot und Nachfrage.

das ist neoliberales gewäsch und nachweislich falsch, suggeriert es doch, dass der preis natürlich gegeben ist, also ein attribut der ware sei. das ist jedoch nicht so.
 
Im konkreten Fall betrifft es einen Opernsänger. Der ist für Dich vielleicht “sinnvoll“, für die meisten Leute jedoch garantiert jemand, den sie sehr gut entbehren können, und sowohl Oper als auch deren Personal interessiert sie nicht.

Wir hatten die Diskussion ja schon. Und wie gesagt, ich bin absolut fest davon überzeugt, dass Kultur in höchstem Maße förderungswürdig ist - und das schließt auch abseitigere Sparten ein, die dann eben nicht für alle Leute interessant sind. Letztendlich gibt es aber kulturelle Fortschritte nur dann, wenn auch Vielfalt gefördert wird.
Wer dann wie gefördert wird - das steht natürlich auf einem anderen Blatt. Und wie ich ebenfalls schon erwähnte, da stimme ich vollkommen zu, dass dort sehr viele Dinge sehr falsch laufen. Ich persönlich würde eine breiter gefächerte Förderung vermutlich bevorzugen, mit weiteren Optionen für diejenigen, die dann tatsächlich ein größeres Interesse entwickeln.
 
Im konkreten Fall betrifft es einen Opernsänger. Der ist für Dich vielleicht “sinnvoll“, für die meisten Leute jedoch garantiert jemand, den sie sehr gut entbehren können, und sowohl Oper als auch deren Personal interessiert sie nicht.

Darum geht es überhaupt nicht. Der Opernsänger ist wichtig für die, die an dem Abend Geld bezahlt haben, um die Oper zu sehen, vollkommen egal, was der Rest der Bevölkerung darüber denkt. Und da diese genug Geld abwerfen, sollte der Opernsänger im Verteilungskampf auch besser wegkommen, anstatt für den Wert von nur einer Premium Eintrittskarte zu singen. So geht gesunde Logik.
 
und wenn ich spontan Lust habe, über Silvester nach New York zu fliegen, dann mache ich das.

Prima, endlich kann er sich auch bissl Umwelt-Zerstörung leisten...

Bin ja schon wieda weg...
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Im klassischen Betrieb in Berlin wird jede Karte mit fast 300€ subventioniert.
257€ im Jahr 2014 (https://www.tagesspiegel.de/berlin/...r-einen-besuch-in-der-staatsoper/9319194.html)
Berlin hat da einen Spitzenplatz, aber andere Städte sind in ähnlicher Größenordnung.

Man darf eben nicht vergessen, dass da in der Oper 100 Musiker vielleicht 2000 Leute bespielen (Orchester, Solisten, Chor, Komparsen). Das kann rein wirtschaftlich natürlich nicht funktionieren.
Wenn dann Intendaten noch einige 100000€ pro Jahr und die Stardirigenten 7-stellig einstreichen...

Wenn ich ehrlich bin, finde ich die recht einseitige Klassik-Kulturförderung auch hinterfragungswürdig. So sehr ich Hochachtung vor der technischen Perfektion und der extrem hohen Musikalität vieler klassischer Musiker habe. Sie spielen aufgrund der immer noch hohen Eintrittspreise für einen elitären Kreis und schaffen dabei nicht wirklich neues.
 
Wenn ich ehrlich bin, finde ich die recht einseitige Klassik-Kulturförderung auch hinterfragungswürdig.

das ist doch nichts im vergleich zu der größten subvention überhaupt (steuerschlupflöcher und steuererleichterungen der groß- und finanzindustrie). wir könnten uns eine blühende kulturlandschaft leisten, von denen wir nur geträumt haben. "wir haben geld wie dreck, es haben nur die falschen leute." (heiner geißler)
 
das ist doch nichts im vergleich zu der größten subvention überhaupt (steuerschlupflöcher und steuererleichterungen der groß- und finanzindustrie). wir könnten uns eine blühende kulturlandschaft leisten, von denen wir nur geträumt haben. "wir haben geld wie dreck, es haben nur die falschen leute." (heiner geißler)

So sieht's aus. Leider ist hier wohl eher nicht der richtige Ort zur Vertiefung, da die Sache unweigerlich zu politischen Grabenkämpfen führt.
 
Wenn ich ehrlich bin, finde ich die recht einseitige Klassik-Kulturförderung auch hinterfragungswürdig.

das ist doch nichts im vergleich zu der größten subvention überhaupt (steuerschlupflöcher und steuererleichterungen der groß- und finanzindustrie). wir könnten uns eine blühende kulturlandschaft leisten, von denen wir nur geträumt haben. "wir haben geld wie dreck, es haben nur die falschen leute." (heiner geißler)

Da bin ich ja bei dir, nur warum sollte dann moderne Pop- Rock, und Jazzkultur nicht auch gefördert werden? Und Getto-Rap? Wo auch Neues entsteht mit aktuellem gesellschaftlichem Bezug? Dort wird rein auf Wirtschaftlichkeit abgestellt.
 
Löhne und Gehälter sind Arbeitsmarkt. Der funktioniert, wie jeder andere Markt, nach dem einzigen Gesetz: Angebot und Nachfrage.
Und was heißt schon “sinnvoll“? Was soll das für ein schwammiger Begriff sein?
Was Du du als “sinnvoll“ einstufst, das ist für viele andere Menschen garantiert völlig Banane.

Der Opernsänger ist sicher nicht das beste Beispiel, aber denk mal an Alten- und Krankenpfleger, Erzieher usw. hier oder die Leute in der Produktion in Asien, die das Zeug herstellen, das wir konsumieren.

Auf der anderen Seite gibt es neben den durch Lobbyarbeit gestalteten Gesetzen, die bestimmte Wirtschaftszweige und Berufsgruppen überproportional partizipieren lassen, in unserer fehlgesteuerten Wirtschaft auch noch den für den schönen Schein zuständigen, für das eigentliche Produkt aber völlig belanglosen und unproduktiven Promotion-Sektor.

Wir nutzen die Produktivitätsgewinne höchst ineffizieent und verteilen sie ungleich. Ein großer Teil der Wirtschaft besteht aus Rent-Seeking und von der eigentlichen Nutzenstruktur des Kapitalismus abgekoppelten Vorgängen. Wir zerstören damit die langfristige politische und ökologische Stabilität.
 
und Jazzkultur nicht auch gefördert werden?

wird doch. Gibt ne Jazz Serie an der Philharmonie.
https://www.berliner-philharmoniker.de/konzerte/kalender/details/51972/

und Ghetto Rap wäre ja dann nicht mehr Ghetto. Willst du das den Rapern antun? :mad:

Ich persönlich bin ja eher für Grundeinkommen und dafür das Einstellen von solchen Subventionen generell, dann kann jeder ohne Existenzängste Verdi singen oder rappen, ganz wie ihm beliebt, aber in der aktuellen Struktur finde ich das schon fragwürdig einen einzelnen Kulturbereich so zu päppeln.

PS: und einzelne subventionierte Jazzkonzerte kann man auch schwerlich mit existenzsichernden Festgehältern von klassischen Ensemble-Mitgliedern vergleichen.
 
Zuletzt bearbeitet:
denk mal an Alten- und Krankenpfleger, Erzieher usw. hier oder die Leute in der Produktion in Asien, die das Zeug herstellen, das wir konsumieren.
Der Lohn ist eben nix, was "Wünsch Dir was" ausdrückt. Oder was gerecht wäre. Ungerechtigkeit wird durch Ungleichgewicht erzeugt.
Das ist auch nix, was wunderbar und ideal und lobenswert ist. Ganz im Gegenteil.
 
das ist doch ein reines Verteilungsproblem. Geld ist natürlich da.
Wenn das so ist, dass Geld da ist, und die Künstler nicht auf die Barrikaden gehen, dann verdienen sie es auch nicht anders. Ich weiss, das ist provokant, aber ein Volk bekommt auch nur die Regierung, die es verdient. Und so scheint es dann auch dort zu sein.

Es gibt ja auch den Spruch, dass ein unglückliches Volk die größten Künstler hervorbringt. ;)

Und je weniger Informationen das Volk besitzt, desto einfacher ist es auch dem Volk die Schuld für seine Regierung zu zuweisen.

Zitate aus Kulturfinanzberichtes 2018, S.19,20

- Kulturausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden 2015 bei 10,4 MilliardenEuro
- Öffentliche Kulturausgaben entsprachen 0,34% des Bruttoinlandsproduktes
- Die öffentlichen Kulturausgaben je Einwohnerin und Einwohner lagen 2015 bei 126,77Euro.
- Auf den Kulturbereich Theater und Musik entfielen rund 43% der Kultur-ausgaben der Gemeinden...
- ... und rund 39% der Kulturausgaben der Länder

https://www.destatis.de/DE/Publikat...richt1023002189004.pdf?__blob=publicationFile
 
Der Lohn ist eben nix, was "Wünsch Dir was" ausdrückt. Oder was gerecht wäre. Ungerechtigkeit wird durch Ungleichgewicht erzeugt.
Das ist auch nix, was wunderbar und ideal und lobenswert ist. Ganz im Gegenteil.

Genau, das nennt man "Marktversagen".
 
wie jetzt, fehlt den Opernhäusern Geld um die Solisten zu bezahlen, oder wird das Geld zB für Anderes ausgeben? die staatlichen Opern werden doch derbe subventioniert, richtig? gibt es da kein Controlling was mit den Subventionen geschieht?
 
wie jetzt, fehlt den Opernhäusern Geld um die Solisten zu bezahlen, oder wird das Geld zB für Anderes ausgeben? die staatlichen Opern werden doch derbe subventioniert, richtig? gibt es da kein Controlling was mit den Subventionen geschieht?

Controlling gibt es. Du kannst sämtliche Zahlen im Haushaltsplan deiner Stadt nachlesen.
Und derbe subventioniert ist sicherlich nur ein schlechter Witz deinerseits.

Z.B. Hambiurger Staatsoper 2016:
52,55 Mio Subvention, bei 352.992 Besuchern p.a. = 149€ pro Besucher. Mathematisch ist das falsch, weil es 156€ sein müssten. Trotzdem ist es richtig, da je niedriger die Ticketpreise, desto mehr Besucher, desto weniger Subvention pro Kopf. Somit wird auch deutlich wie unsinnig und falsch es ist eine Subvention nur über die Zuschauerquote in Realation zur Suvbventionssumme darzustellen.
Die Eintrittsgelder machen nämlich gerade 20% des Gesamtetats aus. Kannst du dir auch ohne mathematisch begabt zu sein leicht ausrechnen, dass eine Staatsoper wie in Hamburg niemals über die Ticketpreise kostendeckend arbeiten könnte. Und es erklärt auch, warum den dort arbeitenden Menschen leider so wenig Gehalt gezahlt wird.
 

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