Und dann leg' das Stück mal drei Wochen zur Seite, ohne es Dir anzuhören oder auch nur darüber nachzudenken! Und dann fängst Du in einem völlig neuen Projekt an - ganz ohne jegliche Effekte oder sonstige Mixvorarbeiten. Tabula rasa!
Das meine ich ernst! Ich habe selbst Jahre gebraucht, um das zu kapieren. Wenn Du länger als ein paar Stunden mit einem Mix beschäftigt bist, hilft nur ein gründliches Reset. Die Rechnung muss sofort aufgehen, sonst kannst Du jahrelang weiter daran herumfrickeln, ohne auch nur einen Millimeter voranzukommen.
Besonders problematisch ist, wenn man selbst Komponist und Produzent/Mixer/Masterer ist. Man kann gar nicht genug betonen, wie
extrem das unterschätzt wird. Die Auswirkungen sind, ohne übertreiben zu wollen,
dramatisch.
Für mich hat sich bewährt, ein Lied, das ich selbst komponiert habe, nach Fertigstellung aller Einzelspuren, wie oben beschrieben, erst einmal ein paar Wochen (oder gar Monate) nicht anzurühren - es sei denn, ich war während der "Bandarbeit" nicht aktiv dabei sondern habe die Realmusiker einfach machen lassen. Wenn ich dann mit dem Mix beginne, habe ich zwischenzeitlich so viel anders Zeug gemischt oder irgendwie bearbeitet, dass das Lied quasi neu für mich ist (zum Glück vergesse ich meine eigene Musik irre schnell
). Dann kann ich mich frisch motiviert und unvorbelastet an den Mix machen, und im Normalfall funktioniert das Konzept, das ich dann innerhalb einer Stunde auf die Beine stelle, eigentlich immer.
Die Details dauern dann noch einmal ein paar Stunden, und dann ist Sense. Der Mix ist dann soweit im Kasten, dass man ihn, wenn die Zeit drängen würde, so abgeben könnte. Kleinere Nachbesserungen sind die Regel, weil die Mitmusiker meist noch den einen oder anderen Sonderwunsch erfüllt haben wollen (wobei ich mich nicht auf alles einlasse - auch das muss man lernen). Große Umbauten sind aber ausgeschlossen.
Ich kenne das Gefühl gut, nicht loslassen zu können. Insbesondere habe ich mich früher sehr schwer damit getan, einen Mix komplett auf 0 zurück zu setzen, weil ich dachte, ich kriege das Wenige, das offenbar funktionierte, nie wieder so hin. Das ist aber Lötzinn! Als ich mich erst einmal überwunden hatte, stellte ich sehr schnell fest, dass mich das ein riesiges Stück nach vorn gebracht hatte.
Schöne Grüße,
Steffen
