Die lustige Person

[mWermut]

Hi @Teestunde,

..mich beeindruckt der Text in #1. Ich hab's so verstanden, dass sich mehrere Schichten des Ich's melden. Deshalb dachte ich, "Ich mal Ich" wäre ein passender Titel.

Sehr gut gefällt mir aber auch, die letzte Chorus-Zeile als Titel zu nehmen. Das wäre also..

Ist das schon der Beginn?

Viele Grüße, m

 

[artname]

Und du, lieber @Locis , bist mir auch sofort als möglicher Komponist eingefallen

Wenn man älter wird, bemerkt man immer mehr, dass man Vorlieben hat. Und das nicht zufällig! Ich werde wohl bis zum letzten Atemzug Neues lernen wollen. Das scheint erblich bedingt zu sein. Aber der Geschmack ändert sich dabei nicht.

@Teestunde , die dritte Person ist eine problematische Perspektive. Man fragt sich automatisch, woher und warum die Autorin soviel Intimes über das LI weiß. Irgendwie leidet die Glaubwürdigkeit etwas

Zum Chorus: Wer kennt es nicht, dieses wunderbare Gefühl, sich selber nahe zu kommen. Du hast es ja in den Strophen gut beschrieben. Wenn du so empfindest, wie ich den Text lese, dann gibt es viele Möglichkeiten, dieses Grundgefühl auszudrücken. Ich will dich nicht zu früh primen. Es sollte aber mE kein unentschlossenes sein!

 

[Turquoise]

Es gibt in der Commedia dell'Arte die "lustige Person", die immer dazwischenkollert und die Lacher einsammelt.

Siehst Du - obwohl mir das nicht bekannt war*, deckt es sich mit dem, was ich zu Person schrieb.

Es handelt sich also nicht um einen Menschen (den Du im Text, wenn er sich auf den Titel bezieht, beschreibst), sondern um eine Rolle, eine Funktion.

Der Text selbst tut das aber nicht, eine Rolle / Funktion beschreiben. Er wird ziemlich konkret menschlich.


*ist Theater-Insiderwissen

 

[Teestunde]

Warum nicht einfach "Bajazzo" als Titel?

Harlekin fänd ich noch genauer. Der, der immer die Lacher einsammelt. Nicht Bajazzo, der tragische Held.

gibt es viele Möglichkeiten, dieses Grundgefühl auszudrücken. Ich will dich nicht zu früh primen. Es sollte aber mE kein unentschlossenes sein!

Ich denke drüber nach. Für mich bleibt es sehr in der Schwebe. Immerhin findet die Seele ja erst mal keine Adresse...

Der Text selbst tut das aber nicht, eine Rolle / Funktion beschreiben. Er wird ziemlich konkret menschlich.

Hm. Es ist ein Mensch, der seine Rolle satt hat, aber keinen Weg zu sich selbst findet. Das Selbst muss erst geboren werden.

 

[Teestunde]

Und du, lieber @Locis , bist mir auch sofort als möglicher Komponist eingefallen

Ja, mir auch. Und falls er Lust hat, darf er natürlich seine Wünsche einbringen.

 

[Turquoise]

Hm. Es ist ein Mensch, der seine Rolle satt hat, aber keinen Weg zu sich selbst findet. Das Selbst muss erst geboren werden.

Es lässt sich bestimmt ohne Probleme so deuten. Aber für einen Songtext ist es mMn zu kompliziert gedacht, zu sehr von-hinten-durch-die-Brust-ins-Auge...

Doch das ist wie gesagt nur mein Eindruck und ich will Dir da überhaupt nicht reinreden.

 

[Teestunde]

Doch das ist wie gesagt nur mein Eindruck und ich will Dir da überhaupt nicht reinreden.

Ich neige ein bisschen zu etwas komplizierten Gedankengängen. Von daher kann ich mit deiner Einschätzung leben.

 

[Turquoise]

Was ich damit eigentlich sagen wollte: Man sollte den Hörer nicht ganz vergessen. Nicht nur Du - auch Er muss irgendwie verstehen können.

 

[Teestunde]

Ja. Mir kommt immer alles gleich einleuchtend vor. Ich bin mit Arno Gruens "Verrat am Selbst", "Der Fremde in uns", "Falsche Götter", "Der frühe Abschied", "Der Wahnsinn der Normalität"... großgeworden. Aber ein Liedtext ist keine psychologische Abhandlung.

 

[Turquoise]

ein Liedtext ist keine psychologische Abhandlung.

Und selbst wenn er das ist - dann lass das Psychologische im Text sein. Aber nicht im Titel. Der Titel ist Dein Schaufenster, das muss dem Konsumenten sagen "komm herein, hier gibt's tolle Sachen"!

 

[Teestunde]

Wir waren bei "Harlekin" hängen geblieben. Oder bei "Bajazzo". Aber so richtig funzt das nicht.

Zurück zur Ich-Form. Mit neuem Refrain:

Harlekin (Arbeitstitel)

Konnt‘ mich selber nirgends finden,
sprang in einen tiefen See,
um für andre zu verschwinden:
Immer lustig sein tut weh.
Wasser löste ab die Schminke,
die mein Halt gewesen war.
Und ich dachte: Nun ertrinke!
Warst ja niemals wirklich da!

Gelächter in den Ohren,
misstrau ich Hampelmann
dem Scherz, der mich geboren.
Weil ich nicht weinen kann.

Kaum, dass ich den Grund berührte,
wurde mir ganz wundersam.
Liebe war es, die ich spürte,
wie in einem weichen Arm.
Freundlich sagte eine Stimme:
Du hast Mut. Gebrauche ihn!
Und sie wollte, dass ich schwimme,
fing an, mich emporzuziehn.

Gelächter in den Ohren,
misstrau ich Hampelmann
dem Scherz, der mich geboren.
Weil ich nicht weinen kann.

Leider war der Weg nach oben
länger, als ein Atem reicht.
Nur die Seele ohne Körper
hat den Ufersaum erreicht.
Nein, die Schmerzen, die mich banden,
wurden nicht davongeweht.
Seither such ich allerlanden
nach dem Herz, das offensteht.

Gelächter in den Ohren,
misstrau ich Hampelmann
dem Scherz, der mich geboren.
Weil ich nicht weinen kann.

 

[Teestunde]

Das ist es erst mal. Sonst verliere ich den Bezug zum Text. Bis morgen!

 

[Turquoise]

Übrigens, das Gegenbild zu Deiner Geschichte ist vielleicht der Song "Leningrad" von Billy Joel. Dort verarbeitet ein russischer Clown die Schrecken des Krieges, indem er russische Kinder zum Lachen bringt.

Dein LI versucht, ein Clown zu sein, und kommt sich selbst dabei abhanden. Die Story von Leningrad funktioniert ziemlich gut, weil sie echt und aus dem Leben ist. Deine ist schwieriger, weil sie sich aus der Vorstellung und Gedankenwelt ableitet.

Vielleicht kriegst Du es ja noch hin, anhand von konkreterer Schreibe (Du gehts ja von Beginn an ins Erklärende -> z.B. die Schminke, die der Halt gewesen war) ähnlich "lebensnah" zu werden.

Aber ich vermute, das führt nur zu einem "neuen Text".

So, und nun genug herumgeschwätzt.

 

[artname]

Dein Chorus bringt meine Gefühle leider nicht auf den Punkt. Ich skizziere mal grob deren Richtung:

Bridge + Chorus

ich seh sie hetzen,
lästern und weinen
will mich nicht rächen,
bin nicht so eine
schau wie das Blau
das Graue besiegt
während ich hier lieg

mit einem Lächeln
meinem Lächeln
einfach nur so
mit einem Lächeln
meinem Lächeln


Das soll jetzt kein Vorschlag sein, sondern nur bebildern, was deine Strophen in mir auslösen

 

[Teestunde]

Morgen geht es weiter. Heute bring ich sonst alle Versionen durcheinander. Danke für die Bridge, aber im Moment will sie nicht in meinen Kopf.zu

 

[Teestunde]

Das soll jetzt kein Vorschlag sein, sondern nur bebildern, was deine Strophen in mir auslösen

Leider ist mir meine Idee für den Refrain wieder entflogen. Dauert noch. Ich bleibe dran.

Übrigens, das Gegenbild zu Deiner Geschichte ist vielleicht der Song "Leningrad" von Billy Joel. Dort verarbeitet ein russischer Clown die Schrecken des Krieges, indem er russische Kinder zum Lachen bringt.

Ja, lebensnahe werden, nicht so viel erklären... Das hab ich mir schon oft vorgenommen und dann rutsche ich wieder in mein altes Fahrwasser.
Tolles Lied.

 

[Teestunde]

Mal wieder ein Zwischenstand.

Da nehmt die Liebe

Konnt‘ mich selber nirgends finden,
sprang in einen tiefen See,
um für andre zu verschwinden:
Immer lustig sein tut weh.
Wasser löste ab die Schminke,
die mein Halt gewesen war.
Und ich dachte: Nun ertrinke!
Warst ja niemals wirklich da!

Gibt es die Liebe, die nicht fragt,
an der man nicht vergebens nagt,
die immer bleibt, besonders dann,
wenn man kein Harlekin sein kann?

Kaum, dass ich den Grund berührte,
wurde mir ganz wundersam.
Wärme war es, die ich spürte,
wie in einem weichen Arm.
Freundlich sagte eine Stimme:
Du hast Mut. Gebrauche ihn!
Und sie wollte, dass ich schwimme,
fing an, mich emporzuziehn.

Es gibt die Liebe, die nicht fragt,
an der man nicht vergebens nagt,
die immer bleibt, besonders dann,
wenn man kein Harlekin sein kann!

Leider war der Weg nach oben
länger, als ein Atem reicht.
Nur die Seele ohne Körper
hat den Ufersaum erreicht.
Nein, die Schmerzen, die mich banden,
wurden nicht davongeweht.
Seither such ich allerlanden
nach dem Herz, das offensteht.

Da nehmt die Liebe, die nicht fragt,
an der man nicht vergebens nagt,
die immer bleibt, besonders dann,
wenn man kein Harlekin sein kann!

 

[artname]

O Teestunde, du schreibst scheinbar am liebsten Libretti für Schatten. Manchmal sollen es lyrischen Ichs sein. Manchmal angedeutete Lyrischen Dus. Diese Schatten sehnen sich danach, romantische Helden zu verkörpern!

Aber moderne Helden schlagen sich mit allerhand Lug und Trug durchs Leben und sind mE überhaupt nicht romantisch! Und so ist es tatsächlich lebensfremd, romantische Helden zeichnen zu wollen, die NICHT Don Quijote ähneln.

Alles Gute

 

[Vulp]

Nenn es.... DER UNTERGANG!
Ha! Lolroflmaoomg!


Ne aber ma im Ernst, deep shit, gefällt mir.

 

[Teestunde]

Aber moderne Helden schlagen sich mit allerhand Lug und Trug durchs Leben und sind mE überhaupt nicht romantisch! Und so ist es tatsächlich lebensfremd, romantische Helden zeichnen zu wollen, die NICHT Don Quijote ähneln.

Immerhin bin ich durch bis "Da nehmt die Liebe".
Ich kann leider (noch) keine Besserung geloben, weil ich wirklich erst an dem Punkt stehe. Aber ich kann meine Augen und Ohren aufsperren und die Wahrheit reinlassen. Ob als Nachricht oder als Lied...