Der große Sprecherraum-Mikrofonvergleich

[Pianist_Berlin]

Bei einem perkussiven Instrument wie einem Flügel denke ich auch immer zuerst an Kleinmembran, aber die MS-Aufnahme mit USM 69, die ich mal gehört und gesehen habe, fand ich super.

Matthias

 

[whitealbum]

Im Big Band/Jazzbereich hatte Al Schmitt Flügel immer gerne mit einem Paar M149 aufgenommen, Bläser gerne mit U67.

Al Schmitt wurde befragt, wenn nur ein "Desert Island" Mikrofon aussuchen müsste, was wäre es?
Es wäre das U67.
Wohlgemerkt war Al ja im Musikbereich tätig.

Ich dagegen hätte einen großen Desert Island Mikrofonkoffer mit all meinen Schätzchen

 

[Pianist_Berlin]

Ist doch gut, wenn jeder seinen Geschmack hat. Sonst müsste es ja nur ein einziges Mikrofon geben.

 

[whitealbum]

Ja, absolut.

und, damit man jetzt nicht meint, nur Du haderst/suchst nach dem idealen Klang für eine bestimmte Anforderung.

Ich habe jetzt nach x-Durchgängen an unterschiedlichen Tagen für mich entschieden, welches Mikrofon ich für meine Lead Vocals bei meinem neuen Song verwende.
Bei Topmikros hat man das Problem, der Qual der Wahl

 

[Pianist_Berlin]

Ich vermute ja, dass ich nur deshalb so auf die präzise Auswahl angewiesen bin, weil ich eben keine besonders knallige Stimme habe...

 

[whitealbum]

Ich vermute ja, dass ich nur deshalb so auf die präzise Auswahl angewiesen bin, weil ich eben keine besonders knallige Stimme habe...

Jein.
Ja, Charakterstimmen haben es leichter, da ist es nicht sooo wichtig, welches Mikro sie nutzen,
und
Nein
selbst bei absoluten Topstimmen versuchen Sänger/Sprecher IHR passendes Mikrofon zu finden.
Da gibt es x-Beispiele (Frank sein Tellie U47, Celine Dion ELAM M251 etc.)

Dieses Beispiel aus dem Studio ist immer wieder faszinierend


View: https://www.youtube.com/watch?v=Zh0rwbtI9Ro

"Can you clear those up a little bit (piece popping die Antwort aus dem Regieraum ist "er soll halt nicht ploppen"
Frank : I'm a sneaky pee popper!
Hier ist es wohl ein dynamisches Mikro, das scheint wirklich nicht so relevant zu sein.

Seine Mikrofontechnik ist exzellent, bei P-Lauten dreht er schnell seinen Kopf, vom Mikro weg, grundsätzlich, singt er nicht voll auf die Kapsel. Gekonnt ist halt gekonnt, gesegnet mit einer Jahrhundertstimme.

Das sensationelle Stringarrangement ab 4:14 ist immer noch DER Goosebumpmoment!

Zu Recht ging der Grammy (Best Vocal Performance, Male) für diese Gesangsdarbietung 1965 an Frank.

Leichtere Stimmen oder mit wenig Knalleffekt bzw. Charakter ausgestattete Stimmen, da muss das Equipment zu Weilen etwas nachhelfen.

Und das ist ja das Schöne, für jeden und jeden Geschmack lässt sich was finden!

 

[adt-paulchen]

Naja, es kommt halt auch echt nicht nur auf die Stimme an sich und die Mikrophoneigenschaften an, sondern auch darauf, wie man vor dem Mikrophon spricht und über welche Sprechtechnik man verfügt; denn es ist nicht unerheblich, wie sich der Klang bzw. die Klangcharakteristik verschiebt, wenn man beispielsweise - und ich übertreibe bewusst und spreche allgemein! - versucht (hab ich alles schon durchexerziert und versucht und bin damit nicht erfolgreich gewesen), so weich wie möglich um alle Konsonanten, Vokale, Frikative, Sibilanten usw. herumzukommen und mit wenig Spannung spricht, also die Stimme trägt nicht weit sondern wird nur nasaler und verliert komplett (nicht vergessen, ich übertreibe bewusst etwas!) an Fundament und Standing ....... OOOODEEEEER man spricht mit Körperspannung, guter Zwerchfellarbeit, guter Atemtechnik und vor allem natürlich vor dem Mikrophon und erzählt einfach die gottverdammte Geschichte, wie man sie auch in all ihrer Schlichtheit oder Sachlichkeit oder Dramatik seinem Kumpel (einer Person der persönlichen Wahl) auf ner Parkbank oder am Küchentisch erzählen würde.
Meine absolut mit Sicherheit noch ungenügende Erfahrung in siebeneinhalb Sprecherjahren ist, daß ich, wenn ich gründlich und von langer Hand geplant hydriert bin, entsprechend gut aufgewärmt und eingesprochen bin und die Geschichte, die ich erzählen will, kenne, dann kann ich sie auch vor dem Mikrophon so beiläufig wie nur irgend (text- kontextoptimiert) möglich erzählen. Dann gibt es erheblich weniger Mundgeräusche, die alle zu Recht fürchten wie der Teufel das Weihwasser; und dann muss ich auch nicht effektbewusst mit irgendwelchen Sprachmelodieen oder Sprechbögen und Sprechapparatverrenkungen arbeiten, um bloß möglichst smooth aus der Nummer rauszukommen. Dann ist mir (selbst mir!!) das Mikrophon wurscht und es klingt von ganz allein schon ziemlich gut. Denn letztendlich geht es ja um die Geschichte, nicht um das Mikrophon, sagt der Tontechnikamateur (im Wortsinne, bitte).
Ich bin übrigens täglich nur mit Mühe und viel Arbeit mal näher, öfter weiter entfernt von dieser beschriebenen guten Kondition, nicht, daß der Eindruck entstünde, daß ich hier jemandem etwas vorpredigen wollen würde. NOPE! Aber ich kenne aus persönlicher Anschauung und eigenem Versuch sehr viele schlechte und nicht nachhaltige Versuche, sprecherische Unzulänglichkeiten und ungünstige Sprachgewohnheiten zu kaschieren oder sich durch einen veränderten Fokus von ihnen ablenken zu lassen. Regelmäßiger Unterricht hilft mir immer, manches besser zu machen und viele Dummheiten sein zu lassen. Und diese Ansichten von Außen machen immer erheblich mehr Unterschied zum erheblich Besseren als meine heißgeliebte Technik.