anlass für mich ist
der aktuelle songvoting-beitrag von @dhinda, der mir sehr gut gefallen hat.
Hab' da eben mal reingehört. Die Gesangsmelodie ist mMn im Wesentlich recht "schnödes" HM5, also "Harmonisch Moll 5. Stufe". Das ist üblicherweise die typische Skala (inkl. sich darauf aufbauendem Akkords samt Optionstönen), die man in einem mehr oder minder traditionellen Moll-Kontext als Dominant-"Umfeld" benutzt. Bsp.: Ich bin in A-Moll, ein E7 taucht auf, welches dann zu Am zurückführt, das kann man dann per A harmonisch Moll (denn da findet man auf der 5. Stufe ein E) "bespielen".
In dhindas Beitrag gibt's das aber in anderem Kontext, da hat es sich quasi als "Modus" verselbständigt, denn das drunterliegende C löst sich ja nie nach F auf sondern dient selber als tonales Zentrum. Das ist an sich ja das Grundprinzip modaler Musik - klingt aber hier noch etwas exotischer, weil die Basis des Modus' keine schnöde Durtonleiter ist, sondern eben harmonisch Moll.
Kann man auch für die anderen Stufen der harmonischen Molltonleiter durchexerzieren, einfach mal unten einen Pedalbass hinlegen und dann mit dem Tonmaterial darüber rumgniedeln. Dito für die melodische Molltonleiter.
Dann gibt's noch ein paar mehr 7-tönige Skalen, mit denen das auch funktioniert, aufgrund seltenen Vorkommens sind mir da aber die Namen nicht wirklich geläufig. Sowas a la "harmonisch Dur" ist dann eben mit harmonisch Moll fast identisch, nur findet man anstelle der kleinen eine große Terz. Die Stufen, auf denen man dann weitere Dinge aufbauen kann, verändern sich natürlich auch entsprechend.
Im Prinzip kann man sich sowas selber zurechtbauen, man benutzt für 7 tönige Skalen (mit denen die anderen Ansätze in punkto Harmonisierung und Co. idR halt ganz gut funktioniere) jeden Stammton nur einmal (also C, D, E, F, G, A, B - ich nutze hier mal das internationale B anstelle des teutonischen Hs) und verändert die dann munter halbtonweise. Da kann man dann auf ziemlich schrägen Kram kommen. Haben etliche Leute schon komplett durchgenudelt, die Konstrukte haben auch fast alle irgendwelche Namen.
Hier ist eine Skalenliste mit Benennungen, allerdings sind da auch nicht-7-tönige dabei, für die oftmals, zumindest im traditionellen Einsatz, andere Gesetzmäßigkeiten gelten:
Liste zusätzlicher arabischer, griechischer, chinesischer, japanischer und indischer Skalen und Tonleitern des Chord Scale Generator.
plucknplay.github.io
Aber mit denen lässt sich's ja schon mal vortrefflich rumspielen. Basston drunter, rumgegniedelt, lauschen.
Die Frage ist halt, wann was für wen das angefragte Kriterium der "Ungewöhnlichkeit" erfüllt. Das mag für den Einen schon bei bspw. lydisch oder phrygisch losgehen (beides Ableitungen der schnöden Durtonleiter), für den Anderen muss es aber vielleicht zwingend eine 8 tönige arabian dominant Nummer sein.
Und dann gibt's natürlich noch das weite, weite Feld nicht temperierter Stimmungen. Mindestetens der ganze asiatische, orientalische, arabische und afrikanische Raum ist davon vollgestopft. Wenn man sich alleine 'ne Saz (die man sich auch mal günstig schießen kann), also ein bspw. in der Türkei ja allgegenwärtiges Saiteninstrument, schnappt, stellt man schon fest, dass es da mit temperierter Stimmung einfach vorbei ist, da gibt's schlichtweg mehr Bünde (also auch mehr Tonschritte) innerhalb einer Oktave. Bei einer Sitar wird's noch wilder.
Aber das, was dhinda da im Songvoting gemacht hat, lässt sich eigentlich noch ganz gut mit "herkömmlicheren" Mitteln abdecken. Ach ja, der Gute hat da ab und an Akkorde runtergelegt, die nicht ganz demselben harmonischen Umfeld wie die Melodie zu entstammen scheinen. Ob das Absicht oder Zufall war, kann ich nicht beurteilen, ich finde es an einigen Stellen interessant, an anderen etwas zu beißend - aber das ist natürlich auch 'ne Möglichkeit. Spiel einfach mal an prominenter Stelle 'ne große Terz über einen Mollakkord und du bist mittendrin in der allerschönsten "Exotik".
