Einem Mix, den man nicht 100%ig hinbekommen hat, wird einfach bescheinigt, dass da die analoge Wärme fehlt. Schon hat mein eine spitzenmäßige Rechtfertigung für Imperfektionismus und gleichzeitig einen Grund, neue Hardware zu kaufen...
Zugegeben: Klingt wirklich verlockend!
Ist aber in 99% der Fälle einfach nicht richtig.
Das bringt´s auf den Punkt. Das heisst natürlich nicht, dass es nicht ganz tolle analoge Sachen gibt. Das heisst auch nicht, dass ich das nicht auch gerne mal wieder machen würde (live mixe ich auch sehr gerne analog wenn´s ein gutes Pult ist), ein riesen fettes geiles Pult, die entsprechenden Räumlichkeiten dazu, ein paar Racks mit tollen Sachen drin. O.k. den Servicetechniker und das Atomkraftwerk (ach nee ... politisch korrekt ... den Windpark) dann am besten auch noch dazu und los geht´s ... ganz klar. Macht Spaß, tolle Haptik, tolles Studio, tolle Geräte, tolle Voraaussetzungen. Gerne. Ist aber eben nicht erschwinglich und wer hier auch nur die geringsten Kompromisse macht, ist ITB definitiv besser dran.
Gibt es für Färbung auch PlugIns?
Ja, wie Sand am Meer. Für jedes markante Stichwort gleich hunderte. ....
Der "Vintage Warmer" da hätten wir schon 2 dieser "Unwörter" auf einem Haufen - wurde ja schon genannt. Aber das geht auch mit Onboard- Mitteln der meisten DAW und mit dem was man sich sonst so zusammen suchen kann ohne auf ein spezielles Plugin zurückzugreifen das ermöglicht dann wiederum auch neue Möglichkeiten, die man ohne nicht hätte. Ganz nebenbei lernt mant einfach die Tools seiner DAW auch besser kennen, die man schon immer hatte aber anscheindend nicht Wert schätzt .....
Ich sag´ immer .... ich kaufe mir erst das nächste Spielzeug dazu, wenn ich verstanden habe, was all die Dinger da machen, die ich schon längst habe und noch nie eingesetzt habe ... vielleicht können die das ja ..... und dass die nicht bei der entsprechend sinnvollen Kombination genau das bringen, was ich mir vorstelle und mehr.
Wenn ich nicht ansatzweise weiss, was ich alles schon habe, wie soll ich dann beurteilen, was ich als nächstes brauche ? Also immer Vorsicht bei so Sachen .....
Beispiele wie man sich schöne Effekte nur mit Bordmitteln selber basteln kann, die mitunter ziemlich "analog" klingen können.
probiert´s mal aus .. macht Spaß, bringt neue Ideen, kann cool klingen, kann das "gewisse Etwas" bringen. Ich verwende es sehr selten und sehr sparsam, aber es kommt mal vor.
man nehme :
- Ein High- Shelf und zeihe das breitbandig etwas runter, vielleicht bis so zu 4 kHz reichend am linken Rand. Nicht zu steil sondern schön lang sanft und flach auslaufend, und auch nicht zuviel, nur ein bis ein paar DB bis man halt durchaus merkt, dass es alles ein wenig zu matt und muffig wird im Vergleich zu vorher
- Man nehme einen Exciter und kitzele damit künstlich wieder das raus, was durch den Höhenverlust verloren gegangen ist. Die Verzerrung des Exciters lässt sich bei vielen DAW auch noch umstellen zwischen mehr harmonischen Typ (eher "Tube") und mehr unharmonischen (eher "Tape") ein paar ganz wenige Prozentpünktchen davon reichen oft. Nach Gusto einstellen. Das klingt jetzt schon ein wenig anders ....
- Man nehme noch einen Exciter und mache ein paar Prozent von der harmonischen oder eher unharmonischen Verzerrungsvariante irgendwo in die tieferen Mitten, z.B. bei ca. 120 Hz, vielleicht auch 100 oder 140. Muss nicht viel sein, durchaus auch weit < 5%.
- man nehme ein EQ Band und mache eine leichte aber recht breite Anhebung bei ca. 80 Hz und eine bei ca. 600Hz muss nicht viel sein ... halbes dB gegenüber vorher ... vielleicht auch weniger ...
- Man nehme einen Multiband Kompressor und schleife mit sehr kurzen Attack und eher mittleren Release Zeiten an der Grenze zu "zu lang" und denn den Threshhold so weit runter, dass es wirklich nur ein bisschen ist, am Bass- und Höhenband herum, jeweils so vielleicht so was wie 0.5 bis maximal 1.5 dB GR manchmal reicht auch weniger. Sonst macht der Multiband nix, nur das.
- Statt des Exciters oder statt 2 Excitern kann man durchaus auch mal so ein virtuelles Gitarrenamp- Plugin, ob mit oder ohne Speaker Simulation zum leichten Anzerren und "färben" verwenden. Nicht irgend so ein HighGain- Zeug, eher so was wie eine Fender Clean Amp Simulation, irgendwas. Nur leicht, nur dezent ... der "analog" Effekt stellt sich schon bei sehr sehr geringen Mengen davon durchaus ein. Das wäre jetzt eher die Zumisch- Variante ... Oder einfach mal eine Speaker Impulsantwort über einen ganzen Kanal "stülpen" ..... wie auch immer ... alles was am Ende gefällt.
Fertig ist der Effekt. Der Rest der Bearbeitungskette wie sonst ITB auch ...
- Logic User aufgepasst ... die prima "Band"sättigungs- Emulation gibt es auch in Logic mit einem einzigen Mausklick ....
Man nehme den Tape Delay Effekt, stelle das Sync ab und die Delay- Zeit auf 0,00. Feedback und den anderen Schnickschnack natürlich auch 0 .... Man kann auch die Erweiterten Parameter auf machen und dort die Verzerrung auch noch ganz schön mächtig beeinflussen .... Da hat man einen ganz tollen, dreckigen und "warmen" Effekt. Kann man sowohl parallel als auch als Insert missbrauchen, durchaus auch mal auf einer Gruppe oder einer Summe, bzw. auch über Dry/ wet auch im Signalweg. Phasenprobleme oder Kammfilter habe ich dadurch noch nicht besonders auffällig wahrgenommen.
Wenn, dann verwende ich aber lieber die o.g. "grosse" Variante.
