Natürlich heisst das nicht, dass Musik und Familie nicht geht. Frag mal @Sascha Franck, ich glaube, bei dem klappt das. Aber du musst schon verdammt gut sein, nicht nur musikalisch sondern eben auch im Networking, Eigendarstellung, Organisation, Verhandlungsgeschick,...
Lustig, dass du mich hier erwähnst, ich wollte hier im Thread gestern schon was schreiben, war aber zu spät.
Also, dass das bei mir mit der Familie gut hinhaut, das stimmt. Allerdings klappt das auch nur, weil ich eher in der Bezirksliga spiele (kann man bedauern, muss man aber nicht zwingend, hängt halt weitestgehend davon ab, mit wem man spielt - ich bedauere es ehrlich gesagt aber hier und da mal). Von daher müssen auch meine Anstrengungen in punkto Instrumentalkunst, Networking und wasauchimmer nicht so heftig ausfallen. Vor allem aber bin ich nicht jedes Jahr monatelang unterwegs - hatte ich in meiner Junggesellen- bzw. kinderlosen Zeit auch für ein paar Jahre, wäre aber jetzt für mich persönlich unvorstellbar. Und ich kenne auch durchaus ein paar Leute, bei denen genau deshalb das familiäre Glück in die Binsen gegangen ist.
Niemals alles auf die Musikkarte setzen. Niemals.
Das hätte bei mir persönlich damals anders aber überhaupt nicht funktioniert. Ich komme ursprünglich aus Flensburg (jetzt Hannover) und hatte seinerzeit schon ein Wirtschaftsinformatikstudium in der Planung (Praktikum hatte ich sogar schon angefangen), die Uni in FL hatte damals einen extrem guten Ruf und genau das war die aufstrebende Geschichte. Und genau in FL hätte ich mich niemals so nebenher in die Musikszene reinfuchsen können, schlicht und ergreifend, weil es diese Szene da nicht gab, zumindest nicht auf professionellem Niveau. Und da ich nicht in irgendwelchen Tanzmusikbands versauern wollte (was ich ironischerweise jetzt ja - zumindest mehr oder minder - dann doch mache, auch wenn's nicht die typischen Top40 oder Umpftaumpfta-Mallemucke Geschichten sind) und mir auch generell der Sinn nach höheren Weihen stand (hach...), musste ich a) da weg und das b) vollzeitmäßig angehen.
Ich kenne auch Leute, bei denen es so wie von dir mit einem stückweisen Umstieg gelaufen ist, bzw. auch welche, die immer noch parallel einem anderen Beruf nachgehen, aber in meinem Dunstkreis ist das eher die Ausnahme (gut, ein paar Schüler haben halt viele).
Das hängt vom musikalischen Betätigungsfeld ab. Als Ton- bzw. eher Veranstaltungstechniker findet man noch ganz gut Jobs. Das ist dann aber oft nicht mehr sehr musikfokusiert. Als VA-Techniker haste eben auch sehr viel mit Logistik und schnöder Wupperei zu tun, musst, wenn der Gig gespielt ist, noch bis 3 Uhr Bühnen abbauen, zum Lager fahren und das Zeugs da verstauen. Ist trotzdem ein Job, den ich prinzipiell interessant finde, aber man muss eher ungebunden sein.
Für Tontechniker als solche gilt ähnliches wie für Musiker: Die Luft wird dünn. Sehr dünn. Das hat sowohl mit geringerem Bedarf wie auch mit stark erhöhter Konkurrenz zu tun. Von daher gebe ich dir recht.
Auf genau letzteres möchte ich auch nochmal eingehen.
Seit einigen Jahren schießen Ausbildungsbetriebe, die sich im weitesten Sinne populärer Musik widmen, wie Pilze aus dem Boden (ok, mittlerweile nicht mehr, aber die Ausbildungsstätten laufen fast alle aktuell noch weiter). Das kann man mal, so wie ich auch, für wünschenswert gehalten haben, an sich ist es totaler Bullshit.
Warum das? Nun, da werden Jahr für Jahr bspw. so um die 50 professionell ausgebildete Drummer auf die Welt losgelassen. Und die sind gut, streckenweise sogar extrem gut, weil die Ausbildungsstandards in den letzen 1-2 Jahrzehnten wirklich ganz massiv an Qualität zugelegt haben (das war früher an sehr vielen Hochschulen echt ganz schütter).
Man mag jetzt denken: Cool, lauter geile neue Musiker. Nur, der Pferdefuß ist: Es gibt absolut keine Jobs für jährlich 50 neue top ausgebildete Drummer in D. Es gibt vielleicht Jobs (also welche, mit denen man sich auch längerfristig ernähren kann) für 5-10. Mehr nicht.
Achja, und die ganzen neuen Fachkräfte sind auch alle hochqualifiziert was neue Medien, Networking und Co. angeht, da muss man dann auch noch mithalten können.
Das sind mMn die Gesichtspunkte, die man abwägen muss. Und selbst wenn man in all den Bereichen ganz weit vorne mitmischen kann, heißt das noch lange nicht, dass man Jobs hat. Denn die anderen mischen auch so weit vorne mit und dann bleibt immer noch ein Missverhältnis von 2 Jobs für 10 Anwärter, sodass es letztendlich ausschließlich Glückssache sein wird, ob man Fuß fassen kann oder nicht.
