Texten heisst nicht reimen

[SoulFrontier]

Ist Euch schon aufgefallen dass Texte vieler erfolgreicher Künstler sich kaum mal reimen?

Für mich ist das eine schöne Entdeckung. Ich hab da früher nie drauf geachtet.

Es ist wohl so dass man zum Texten ganz andere Talente braucht als (oft genug) krampfhaft mit dem Reim auf Keim zu arbeiten. Reimmaschine ade!

Also kann ich befreit von diesem doofen Reim Zwang versuchen meine Lieder zu texten.

Was Grönemeyer, Bosse, Max Giesinger ...da so machen gefällt Millionen Menschen. Reime? S so gut wie keine (ups ) höchstens mal vereinzelt und eher zufällig, kaum als gewolltes Mittel.

Es scheint das Texte sich heute nur im Bereich des Schlagers noch reimen müssen. Evtl. wegen der unbedingten Einfachheit und Eingängkeit.

Nun finden sich hier fast nur Texte, die sich regelrecht strengstens an starre Reim Schema halten während dies den Profis offensichtlich völlig egal ist.

Auch international, also englisch getextete Songs, da sind Reime genauso oft nicht vorhanden.

 

[Saurus]

Stimmt.

 

[hermestc]

Für eine empirische Aussage ist Dein Beitrag doch recht gewagt. 3 Gegenbeispiele Marius Müller-Westernhagen, Sportfreunde Stiller, Andreas Bourani. Jetzt kannst Du sagen: "Ja, aber die finde ich doof." Was okay ist, aber so eine allgemeingültige Aussage wie "keine Reime = besser" ist doch etwas seltsam. Selbst wirklich geniale Texter wie Jochen Distelmeyer reimen, aber gekonnt und nicht krampfhaft. Ich denke, das ist der Schlüssel.

 

[Saurus]

Ist mir z.B. aufgefallen bei der damaligen Band Coalest unseres Forenkollegen dter.

http://soundcloud.com/silent-sound-cloud/coalest-stiltwalker

synthpark hat das wohl seinerzeit gemastert.

 

[fitzwilliam]

Ist denn der Reim mehr als ein Stilmittel?

 

[holgi]

Schönes Thema.

Reime machen mittelmässige Texte hörbarer, schlechte Texte ohne Reime sind doof, gute Texte mit oder ohne Reime immer supi, mMn

 

[hermestc]

Ist denn der Reim mehr als ein Stilmittel?

Was soll es denn mehr sein? Natürlich nicht, aber ein Stilmittel, was eine Wirkung haben kann, wie alle anderen Stilmittel auch.

 

[fitzwilliam]

Ich habe davon doch keine Ahnung. Deshalb die Frage.

 

[FredTadge]

@SoulFrontier: Das ist eine gute Erkenntnis!

Reime sind nicht mehr als ein Stilmittel, sie sind genau das und sollten auch so genutzt werden. Allerdings sind Reime ein sehr mächtiges Stilmittel, das den Klang eines Textes stärker beeinflussen kann als fast jedes andere Stilmittel. Das heisst: Reimen gerne, aber nur wenn's passt. Regelmäßige Reime machen einen Text eingängiger, harmonischer. Unregelmäßige und schmutzige Reime machen einen Text komplexer und schwerer zu hören. Komplett reimfreie Texte können hingegen wieder sehr harmonisch und eingängig klingen, aber nur wenn die Wörter an sich eine gewisse Harmonie haben. Im schlimmsten Fall können reimfreie Texte nach Prosa klingen, was auch mal gewollt sein kann.

Wenn ich also einen eingängigen Popsong für einfach gestrickte Klientel schreiben möchte, sollte ich schön sauber und regelmäßig reimen, am besten Paarreim oder Blockreim. Da ist dann auch der Sinn nicht wichtig, hauptsache es klingt gut.

Die von dir angesprochenen Künstler (Grönemeyer, Bosse,...) definieren sich sehr stark über ihre Texte. Das bedeutet, dass sie ein Standing haben, das den Zuhörer quasi dazu zwingt, intensiv auf ihre Texte zu hören. Bei so einem Klientel ist die Semantik eines Textes meist viel wichtiger als syntaktische Stilmittel. Rhetorische Stilmittel hingegen (Metaphern, Allegorien,...) finden sich dagegen sehr häufig in deren Texten.

 

[fitzwilliam]

Ah, vielen Dank!

 

[jet2]

ich habe festgestellt, daß viele texte keine klassischen reime sind, doch aber noch von wortverwandschaften leben.

zb. good riddance von greenday (einer meiner lieblingstexte)
http://www.songtexte.com/songtext/green-day/good-riddance-time-of-your-life-43de23c3.html

road - to go
ask why - in time

mind - good time

hier wird zumindest der mund auf eine ähnliche art aufgemacht.
naja, vielleicht kann man das im weitesten sinne auch noch als reim bezeichnen...

 

[SoulFrontier]

Für eine empirische Aussage ist Dein Beitrag doch recht gewagt. 3 Gegenbeispiele Marius Müller-Westernhagen, Sportfreunde Stiller, Andreas Bourani. Jetzt kannst Du sagen: "Ja, aber die finde ich doof." Was okay ist, aber so eine allgemeingültige Aussage wie "keine Reime = besser" ist doch etwas seltsam. Selbst wirklich geniale Texter wie Jochen Distelmeyer reimen, aber gekonnt und nicht krampfhaft. Ich denke, das ist der Schlüssel.

Sorry, Du interpretierst da falsch. Ich schrieb "es scheint ...müssen" Right?

Tatsächlich würde ich eher zur Zahn OP gehen als mir freiwillig Westernhagen oder Dilettantenpop ala Sportfreunde Stiller antun Aber es geht hier absolut nicht darum etwas zu beweisen.

Es war mir halt eine schöne Entdeckung dass so viele erfolgreiche Bands/ Sänger ohne jegliche Reime auskommen. Dass es nach wie vor auch erfolgreiche Leute gibt die recht starr Reime für ihre Songs nutzen ist doch klar.

 

[hedelund]

Auch wenn es den Anschein hat, als wenn sich nichts reimt, so ist es aber doch so, das sich im Wortlaut ein künstlerisches Können offenbart, welches ja gerade die hohe Kunst ausmacht.

Also jetzt einfach das Reimen weglassen, nur weil es einem schwer fällt, wird dann wohl in eine Sackgasse führen.

Richtig gut texten ist auch eine Gabe, die von Talent begleitet wird, und mit viel Lernen lesen und Beobachten einher geht.

Es wird sich aber auch immer im Gesamt Kontext mit der Musik zeigen, ob ein Text taugt oder nicht,

Und beim Schlager ist es halt ein Stilmittel, weil durch die Benutzung von Reimen auf den Endsilben ebend auch gerade ein Poppiger Rhythmus entstehen kann.
Das hat nichts mit primitiv zu tun, denn ein gutes Reimen, will genauso gekonnt sein.

LG Hedelund

 

[jet2]

Tatsächlich würde ich eher zur Zahn OP gehen als mir freiwillig Westernhagen oder Dilettantenpop ala Sportfreunde Stiller antun Aber es geht hier absolut nicht darum etwas zu beweisen.

oh, da tust du aber sowohl westernhagen, als auch den sportfreunden unrecht...
freiheit von westernhagen oder das kompliment von den sportfreunden find ich hammer-songs.

 

[Saurus]

...Seit 2017 mache ich um fit zu bleiben tüchtig Yoga.
Die Verrenkungen lasse ich aus, aber das Liegen gefällt mir sehr gut...

 

[hermestc]

hedelund:

...Seit 2017 mache ich um fit zu bleiben tüchtig Yoga.

Die Verrenkungen lasse ich aus, aber das Liegen gefällt mir sehr gut...

Ich finde Yin-Yoga auch toll!

 

[MamaMuuht]

@soulfrontier

Was Grönemeyer, Bosse, Max Giesinger ...da so machen gefällt Millionen Menschen. Reime? S so gut wie keine höchstens mal vereinzelt und eher zufällig, kaum als gewolltes Mittel.

Ein eindeutiges Jein!

Ich bin da weitestgehend bei Fred. ( An der Stelle mal Grüße vom Ponyhof!)
Allerdings reimen auch Grönemeyer und auch Bosse und zwar gar nicht wenig.
Gerade mit Bosse habe ich mich ziemlich intensiv beschäftigt. Grönemeyer habe ich in den letzten Jahren nicht mehr so verfolgt. Kann aber von den Alben bis einschließlich Mensch sagen, das er da auch viel reimt.
Sie verwenden allerdings weniger reine Reime und auch nicht so typische Maus Haus Reime.
Und viele Texte sind mit Binnenreimen durchsetzt.
Dazu scheuen sie sich auch nicht, Endreime einfach zu wiederholen, unter Dichterfürsten unter Androhung von Stockhieben verboten.
Was mir allerdings noch wichtiger erscheint: Sie verwenden viel Umgangssprache.Und setzen auf Geschichten die den Alltag fokussieren.
Das macht Bosse wie ich finde geradezu genial.
Und so wirkt das alles viel natürlicher, nicht so gestelzt.
Dazu dann, wie Fred schon schrub, originelle und moderne Metaphern und Allegorien.
Nicht selten gewürzt mit eingearbeiteten Aphorismen.
Also: Reimen ist EIN Stilmittel. Das nahezu alle Texter mehr oder weniger einsetzen.
Das nähere regelt ein Landesgesetz...

Oder du kommst im Februar zu meiner Songtextwerkstatt in der VHS in Herford.
Und erfährst eine Menge über die Vielfalt des Songtexten...( Werbespot off)

 

[Rex]

@soulfrontier

während dies den Profis offensichtlich völlig egal ist.

Mutmassung, Unterstellung.
Vielleicht ist es auch nur Unfähigkeit und Faulheit.

 

[hedelund]

oh, da tust du aber sowohl westernhagen, als auch den sportfreunden unrecht... Zwinker
freiheit von westernhagen oder das kompliment von den sportfreunden find ich hammer-songs.

Das Lied "Freiheit" haben Millionen und aber Millonen Menschen abgefeiert, Kerzen angezündert und im überdimensionalen Chor mitgesungen.
Gewaltige Klang Kulisse, mit Gänsehaut pur, wird es unvergessen bleiben.
Das ist ein tolles Beispiel.

LG hedelund

 

[SoulFrontier]

Reime sind nicht mehr als ein Stilmittel, sie sind genau das und sollten auch so genutzt werden. Allerdings sind Reime ein sehr mächtiges Stilmittel, das den Klang eines Textes stärker beeinflussen kann als fast jedes andere Stilmittel. Das heisst: Reimen gerne, aber nur wenn's passt. Regelmäßige Reime machen einen Text eingängiger, harmonischer. Unregelmäßige und schmutzige Reime machen einen Text komplexer und schwerer zu hören. Komplett reimfreie Texte können hingegen wieder sehr harmonisch und eingängig klingen, aber nur wenn die Wörter an sich eine gewisse Harmonie haben. Im schlimmsten Fall können reimfreie Texte nach Prosa klingen, was auch mal gewollt sein kann.

Wenn ich also einen eingängigen Popsong für einfach gestrickte Klientel schreiben möchte, sollte ich schön sauber und regelmäßig reimen, am besten Paarreim oder Blockreim. Da ist dann auch der Sinn nicht wichtig, hauptsache es klingt gut.

Die von dir angesprochenen Künstler (Grönemeyer, Bosse,...) definieren sich sehr stark über ihre Texte. Das bedeutet, dass sie ein Standing haben, das den Zuhörer quasi dazu zwingt, intensiv auf ihre Texte zu hören. Bei so einem Klientel ist die Semantik eines Textes meist viel wichtiger als syntaktische Stilmittel. Rhetorische Stilmittel hingegen (Metaphern, Allegorien,...) finden sich dagegen sehr häufig in deren Texten.

thx Fred!

Wenn ich also einen eingängigen Popsong für einfach gestrickte Klientel schreiben möchte, sollte ich schön sauber und regelmäßig reimen, am besten Paarreim oder Blockreim. Da ist dann auch der Sinn nicht wichtig, hauptsache es klingt gut.

Jo, da sind wir dann wieder bei Herrn Westerhagen e.t.c. und Schlagern


Auch Grönemeyer hat doch "früher" seine Texte ausschließlich gereimt! Will sagen, es scheint schon als ob da eine Befreiung vom Reim beim Texten sich zumindest etabliert (hat). Was sicher auch dem anhaltenden Erfolg von Herbert G. geschuldet ist bzw. hat es damit bestimmt zu tun