Die Frage nach der Ethik ist nicht komplett, ohne die Frage nach der Absicht.
Wenn ich singe und dabei bemerke dass ich Töne nicht halten kann, aber es "muss" (warum auch immer das glaube...), dafür gibt es Autotune u.a. Ich habe dann aber eine ganze andere Absicht hinter meinem Gesang, als wenn ich so vor mich hinkotze wie Joe Cocker, und man heraushört dass ich ziemlich im Arsch bin, aber authentisch. Im Falle der Autotune-Püppchen geht es nicht um Authentizität, sondern um das "Design". Es sind immer Popsongs, Technosongs, Trance, Rap, etc wo Autotune-Technik mehr oder weniger hörbar ist. Dort ist das der gute Ton, weil die Absicht eben auch darin besteht, etwas künstliches und konformes zu produzieren, was nur gerade soviel Innovation bietet, dass es für einige Tage oder Wochen interessant bleibt.
Wiederum gibt es Stile, wo es nur um Technik geht, wo der Umgang mit stark manipulierenden Effekten und Tricks, die Vorstellung einen neuen Sounds, ein neuer Rhythmus, etc, sozusagen die eigentliche "Kunst" ist. Z.B. bei Autechre oder anderen "intelligent techno" Künstlern. Das Ausgangsmaterial ist dort relativ unwichtig, weil es niemand mehr identifizieren kann.
Ethisch problematisch, oder sagen wir einmal lieber "armselig" ist es wenn Sänger immer Autotune benutzen oder Drummer ihre Tracks immer mit "Liquid Audio" [g=206]quantisieren[/g] und es verheimlichen. Als wäre man ein toller Livemusiker aber ohne diese Pitch/Bend/Stretch-Technik würde man handwerkliche Schwächen hören. Das ist einfach arm, mehr nicht. Diese Leute sollten einfach akzeptieren, wo ihre Grenzen sind, sich verbessern, oder es damit belassen. Es tut der Wirkung der Musik keinen großen Abbruch, wenn sie solche Fehler besitzt, es ist nur für das Selbstwertgefühl vielleicht eine Problem...
Daher, alles was gefällt ist erlaubt, aber wer anfängt im Übermass (sich selbst) zu betrügen, gefällt nicht mehr. Der "Cher" Effekt damals war eine musikalische Innovation, aber dass heute fast jeder schlechte Sänger in die Versuchung kommt zu "tunen", ist eher bedenklich, denn auch ich erlag ihr schon, anstatt auf die Idee zu kommen meine Intonation zu üben.
Gruß
Thomas