Klinische Stille

[oliveramberg]

Habe gerade ein Album gehört auf dem man während Breaks das Rauschen des Verstärkers sehr deutlich gehört hat. Das hat mich wieder mal daran erinnert, dass man das sterile Rumeditieren einfach auch übertreiben kann. Wenn ich mir zum Teil Metal-Produktionen anhöre, fällt es extrem auf, dass hier nichts ist, wenn es mal Still ist. Und Stille gibt es nicht. Nur in einem toten Raum. Und selbst dort hört man sein Blut rauschen. Wie haltet ihr es mit der Stille in Songs?

 

[Entone]

In meinen Songs herrscht keine Stille. Ich würde jetzt aber auch nicht künstliches Rauschen hinzufügen, das macht für mich keinen Sinn, weil klanglich irrelevant. Mit dem Rumeditieren übertreib ich es auch nicht. Bei LeadVocals schneide oder gate ich (höchstens bei platt gedrückten Backgrounds) nichts weg. Die Atmer gehören dazu. Bratgitarren gate ich idR schon. Bei vier oder mehr Spuren summiert sich da schon etwas. Wenn's stört: weg damit. Ansonsten spar ich mir einen übertriebenen Aufwand mit fragwürdigem Nutzen und schieße nicht mit Spatzen auf Kanonen.

 

[SilentWarrior]

Wie haltet ihr es mit der Stille in Songs?

Für manche Bands wäre komplette Stille am besten, so durchgehend.

Aber zum Thema: beim letzten Contest haben ja einige beim Tape das Rauschen angelassen und einer hat sich wohl daran gestört.
Bei "in the air tonight" von Phil Collins rauscht es wie "Hölle" auch bei Este Rada "Cry for me".

Ich persönlich störe mich nicht dran, wenn es mal rauscht, auch nicht wenn ein Mundgeräusch zu hören ist, klingt für mich einfach natürlich. Stille ist überbewertet.

 

[jet2]

steve albini nimmt nur analog auf. und dann fast immer alle instrumente zusammen, also live.
da gibt es keine künstliche stille.
und das hat seinen charme...

 

[muffy]

Habe gerade ein Album gehört auf dem man während Breaks das Rauschen des Verstärkers sehr deutlich gehört hat. Das hat mich wieder mal daran erinnert, dass man das sterile Rumeditieren einfach auch übertreiben kann. Wenn ich mir zum Teil Metal-Produktionen anhöre, fällt es extrem auf, dass hier nichts ist, wenn es mal Still ist. Und Stille gibt es nicht. Nur in einem toten Raum. Und selbst dort hört man sein Blut rauschen. Wie haltet ihr es mit der Stille in Songs?

Wenn es nicht gerde die Boss HM-2 "Dusche" ist, finde ich leichtes Britzeln im Breaks charmant.

Oder wie bei Entombed - Wolvernie Blues, wo man noch hoert, wie die einzelnen Tape Spuren starten.

 

[AndiPaulo]

Ich hab mal gelesen daß bei Aufnahmen zB von nem Streichquartett auch Stille im Raum aufgenommen wird. Die wird dann zwischen die einzelnen Sätze montiert.

 

[oliveramberg]

Ich hab mal gelesen daß bei Aufnahmen zB von nem Streichquartett auch Stille im Raum aufgenommen wird. Die wird dann zwischen die einzelnen Sätze montiert.

Richtig. Gibt/gab sogar mal eine Library mit "Stille" für Kontakt.

 

[gyn]

... und schieße nicht mit Spatzen auf Kanonen.

 

[KascheK]

Wenn es nicht gerde die Boss HM-2 "Dusche" ist, finde ich leichtes Britzeln im Breaks charmant.

"Charmant" finde ich das richtige Wort. Wenn man Verstärkerbrummen hört, stellt sich doch gleich eine gewisse Vorfreude ein, weil man weiß, dass es gleich laut wird - oder man hat zumindestens die Zeit, sich noch die Ohren zuzuhalten.
Wenn man totale Stille aber als Effekt einsetzt, ist's für mich i.O.

 

[tylerhb]

Mich nervt Rauschen extrem. Hi Gain Rhythmus ohne Noise Gate finde ich fürchterlich. Daher bei mir auch immer an. Auch auf unserem X32 habe ich auf jedem Kanal ein minimales Noise Gate eingestellt. In Spielpausen herrscht absolute Stille, ich finde das total entspannend. Der Kopfhörerverstärker für das IEM gibt ein minimales Rauschen ab, daher ist es eh niemals 100% still. Das würde sich aber auch unnatürlich anhören, so wie in schalltoten Räumen.

 

[TheTick]

Mich nervt Rauschen extrem. Hi Gain Rhythmus ohne Noise Gate finde ich fürchterlich. Daher bei mir auch immer an.

Gut, im Livebetrieb würde ich das auch so machen.

Bei Studioaufnahmen bevorzuge ich auch nicht alles rauszucutten. Aber selbst mit einem Noisegate kommt ja, bei eingeschaltetem Reverb (tyler hat ja nen Kemper), noch die Hallfahne nach. Das würde mir dann an Realismus reichen. Nach der Hallfahne benötige ich aber kein Amp-Britzeln. Soweit würde ich es jetzt nicht treiben wollen.

Genauso mit den Mundgeräuschen. Es gibt, finde ich, extrem nervende Geräusche und solche, die sich gut einbinden und nicht stören. Da versuche ich immer ne Balance zu finden.

 

[Cruba]

Ich sch... auf Stille. Seit monaten erarbeite ich mir einen 70ger Sound und nähere mich täglich dem Sound an. Zwar leidet mein eigentliches Projekt darunter aber eben das was Du beschreibst, das will ich meiner Daw und meinen Produktionen abgewöhnen.

Das schönste am Live Rust Konzertes (Neil Young) ist das Hören des Rumlaufens auf dem Boden und andere Geräusche die halt passieren.

 

[Hollander]

Habe gerade ein Album gehört auf dem man während Breaks das Rauschen des Verstärkers sehr deutlich gehört hat. Das hat mich wieder mal daran erinnert, dass man das sterile Rumeditieren einfach auch übertreiben kann. Wenn ich mir zum Teil Metal-Produktionen anhöre, fällt es extrem auf, dass hier nichts ist, wenn es mal Still ist. Und Stille gibt es nicht. Nur in einem toten Raum. Und selbst dort hört man sein Blut rauschen. Wie haltet ihr es mit der Stille in Songs?

Finde ich ein interessantes Thema.
Gerade, wenn ich mal ein Model D oder andere analoge Spielereien aufnehme (mache ich aufgrund der mittlerweile wirklich extrem genialen Softsynths immer seltener; total recall und jederzeitiges Editieren ist einfach sexy), finde ich ein minimales (Eigen-)Rauschen recht charmant. Es sollte für mich aber hinterher im Mixdown nicht bewusst hörbar sein, sonst ist es - wenn nicht gerade als Effekt gewollt - m.E. ein technischer Fehler (nicht nur in der Aufnahmekette, sondern auch im Rahmen des Abmischens).

Was weißes Rauschen aus Klangerzeugern angeht: Das füge ich gerade bei richtigen Technoproduktionen hinzu. Minimal und nicht bewusst wahrnehmbar, manchmal auch gesidechained. Ich weiß, dass man das auf einer Hifi-Anlage oder Earpods niemals hört. Aber im Club bringt es für mich definitiv den Glue.

Ansonsten ist meine Einstellung: Überproduziertes ist seit mindestens 10 Jahren out. Produktionen müssen atmen.

 

[Kuno]

Rauschen kann schon schön sein.
Ich erinnere mich an einen Song, bei dem es unentwegt deutlich im Hintergrund rauscht.
Das sorgt für eine ganz eigene Atmosphäre.

Rauschen ist für mich daher ein Stilmittel und Teil der Musik.
Muss aber jetzt auch nicht immer drin sein.

 

[Cruba]

Ik will rrrraushn!



und fiepen!