Kinder-Hörspiel Mischung

[sabler]

Liebe HRler!

eine Freundin hatte letztes Jahr die ziemlich ambitionierte Idee, ein Hörspiel zu produzieren. Sie hatte zuvor ein Kinderbuch geschriebe. Grob geht es um die Geschichte des Magelans, der als erste die Welt umsegelte. Man stelle sich ein Truppe Kinder auf einem Schiff vor, welches ca 1700 die Meere durchquert.

Zugegeben: ein Mamutprojekt! Satte 2 Stunden wird es insgesamt gehen.

Zunächst haben wir uns an die Rollenverteilungen gemacht. Es gibt einen Erzähler und ca 17 Protagonisten. Hier haben wir auf Freunde zugegriffen. Allesamt Musikschaffenden und zum Großteil SängerInnen, die also ihre Stimme gut unter Kontrolle haben.

Aufgenommen haben wir auf einem alten Bauernhof.

Unser Setup bestand aus Macbook mit Logic, 16 Kanal Behringer Interface mit Midas Preamps und ca 16 Mikrofone, die wir im Close-Micing konfiguriert haben, um so wenig wie möglich Raum einzufangen. Die Mikros waren von AKG und Neumann. Zusätzlich hatten wir eine Kugel in der Mitte und eine ein XY-Setup als Backup. Wichtig war uns, dass die Dialoge alle zusammen aufgenommen werden, um eine bestimmte Szenen-Dynamik zu erzeugen. Den Aufnahmeraum haben wir sehr großzügig mit Decken abgehangen.
Und so wurde dann alles in 3 Tagen inkl. diverser Seemans-Lieder aufgenommen …

Im Anschluss hat die Regie dann die besten Takes ausgesucht, editiert, und wir haben die Stimmen grob mit leichten deverb, declick usw gesäubert.

Nun sind wir daran, alles zu mischen und mit Sounds zu unterlegen und Sounds aufzunehmen.

So, nun zu den Fragen:
- Anbei findet ihr zwei erste Skizzen von zwei Szenen:
- Beispiel 1 ist etwas ruhiger.
- In Beispiel 2 passiert Geräusch-mäßig etwas mehr und am Ende ist auch noch ein Lied eingebaut.
- mit angefügt ist ein kleiner Video-Ausschnitt aus der Produktion.

Wie findet ihr das?

- zweite und wichtigste Frage: die Räumlichkeit. Wir sind daran bestrebt, die Stimmen im Raum zu verteilen, also auch nach hinten und vorne zu staffeln. Da die Szenen zum Großteil draußen stattfinden, ist da ja nichts mit Hall. Mein erster Ansatz war Absenken der Höhen bzw hervorheben der Höhen um das Signal nach hinten oder vorne zu schieben. Leider gefiel das so gar nicht. Die Stimmen wurden eher dumpf und setzen sich auf kleineren Endgeräten gar nicht gut durch. Der Charakter der Stimmen war weg. Wie machen die das im professionellen Hörspiel? Gibt es da bestimtmne Techniken oder Plugins?

Besten Dank schon mal und ich bin gespannt auf das Feedback!

https://we.tl/t-jaEjbx8EPm

 

[muffy]

Da ich aktuell notgedrungen viele Hörspiele mitanhören muss, denke ich, dass Leute, die weiter weg dargestellt werden sollen, tatsächlich weg vom Mikro sind, aber lauter reden. Etwas, was nach Abschluss der Aufnahmen sicher sehr hilfreich ist....

Aber probier mal, die entfernteren durch Panning und Leveling im Raum zu bewegen und vvlt nur um 1000Hz etwas abzusenken.

 

[sabler]

Da ich aktuell notgedrungen viele Hörspiele mitanhören muss, denke ich, dass Leute, die weiter weg dargestellt werden sollen, tatsächlich weg vom Mikro sind, aber lauter reden. Etwas, was nach Abschluss der Aufnahmen sicher sehr hilfreich ist....

Aber probier mal, die entfernteren durch Panning und Leveling im Raum zu bewegen und vvlt nur um 1000Hz etwas abzusenken.

Gut, dafür braucht man auch wirklich einen sehr trockenen Raum wenn die Stimmen draußen sein sollen …

 

[adrachin]

Da die Szenen zum Großteil draußen stattfinden, ist da ja nichts mit Hall.

Hall nicht, aber Ambience. Also Early Reflections. Die gibt es auch im Freien. Das ist der Anteil des Schalls der Schallquelle, der am Boden reflektiert wird. Solange die nicht frei in der Luft schweben, gibt es also auch Schallreflektionen.

Das Plugin Proximity macht sowas. Da können auch Distanz und andere Parameter, die dabei eine Rolle spielen, eingestellt werden.

Auch gerne verwendet, ein Hall eingestellt auf Early Reflections ohne Late Reflections. Der Send geht vom Direktsignal da drauf. Am Eingang ein EQ, der Bass und Höhen beschneidet. Die Distanz wird dann mit den beiden Reglern für Direktsignal und FX Ausgangskanal Fader geregelt.

Auch eventuell eine Hilfe, Precedence von 2CAudio. Das generiert nur Early Reflections und erlaubt ein Panning im Raum.

 

[muffy]

Was du mit den entfernteren Stimmen auch machen kannst - neben Eq und Level - extrem zu komprimieren mit zB Waves MV2, also upward und downward Compression, dass sie wenig dynamisch sind aber dennoch verständlich bleiben, wenn sie etwas leiser gelevelt sind.

 

[adrachin]

Wie findet ihr das?

Na ja, das sind bestenfalls grobe Skizzen. Die Sprachverständlichkeit ist eher dürftig. Ich kann auch nicht erkennen, was der Zweck sein soll. Die perspektivische Darstellung ist eher irritieren, als dass sie die Geschichte transportieren würde. Notwenig ist das sicher nicht für das Stück.

Dann ist die dramaturgische Unterstützung der Geräusche und Atmosphären teilweise falsch gesetzt, teilweise kommen die aus dem Nichts und teilweise sind die unvollständig.

Wenn ich was von einer Bugwelle höre im Text, dann sollte die auch mit einem Geräusch dargestellt werden. Einem glaubhaften Geräusch.Das anschliessende Ausrutschen und Hinschlagen ist auch nicht so getroffen, dass ein inneres Bild entstehen würde.

Dann ist an einer anderen Stelle von Kindern die Rede, die irgendwas bekommen sollen und direkt danach höre ich Männer, die was dazu verlauten lassen. Unglaubhaft.

Auch die Atmosphären fehlen teilweise. Das Schiff fährt, aber kein Wasser zu hören. Die Mögen kommen auch erst angeflogen, nachdem sie im Test erwähnt werden.

Ich könnte noch mehr Punkte aufzählen. Vielleicht gibts es aber dann noch mal eine Version, die detaillierter ausgearbeitet ist?

Wenn ja, dann auch den Offsprecher als Offsprecher präsentieren. Vorne, trocken und präsent.

 

[Astronautenkost]

Für einen Amteurspaß ist das ordentlich eingesprochen und o.k aufgenommen. In Hörspielen erzählen Sounds und Geräusche die Geschichte mit, sie illustrieren nicht nur, sondern liefern Informationen und Emotionen, die den Text ergänzen. Talentierte Leute machen das aus dem Gefühl heraus, für alle anderen ist das mehr Arbeit. Das ist die Dramaturgie, also was, wann, wie und weshalb erzählt wird. Die Stimmen musst du so pegeln, dass Sie immer verständlich sind. Sie treten bei Euch zu oft hinter den Geräuschen zurück. Geräusche sollten auch nicht auf Stichwort geschnitten werden, wie @adrachin zurecht schrieb. Timing kann man*frau aber nicht lernen. Das musst du im Gefühl haben. Und nicht jedes Wort im Text muss durch Sounds illustriert werden. Das heißt, wenn ein Sound die Erzählung übernimmt, muss der Erzähler das nicht noch doppeln. Erfahre und ausgebildete Sprecher*innen sprechen die Entfernungen mit. Ansonsten muss der*die Regisseurin eine Anweisung geben, wie ein Text gesprochen wird.

 

[RefinedRough]

und vvlt nur um 1000Hz etwas abzusenken.

Nach blauertscher Bänder eher umgekehrt: bei 1kHz leicht anheben und bei ca. 500Hz etwas absenken.

 

[Gast92251]

Die Hörspielproduktion ist eine der aufwändigsten Audioproduktionen überhaupt. Angefangen mit der funktionierenden Storyumsetzung, Dramaturgie, eh der Regieführung, die Erfahrung und facettenreiche Sprechkunst der Protagonisten allgemein, über die Auswahl und Platzierung von Geräuschen, Atmos, Musik, bis hin zum Schnitt, vieler Automationen, Effektierungen, die Erzeugung künstlicher passender Räume je Szene, der finalen Mischung und so vieles mehr.
Der Begriff Kino für die Ohren kommt absolut nicht von ungefähr.
Man solle sich das nicht zu einfach vorstellen, man muss ein Gefühl für Hörspiel haben, es ist ein Kunst für sich, die viel Erfahrung und Zeitaufwand mit sich bringt. Und bei grösseren kommerziellen Produktionen auch viel Geld kostet, was oft sehr schnell im fünfstelligen Bereich liegt, sind dann dort noch bekannte Synchronsprecher*innen mit involviert.
Bewundernswert auf jeden Fall, so etwas im privaten Amateurrahmen anzugehen. Hinweise und Tipps wurden ja schon genannt, teile hier sehr den Beitrag von Astronautenkost.