Hauptmikrofone für Chor/Klassik

[dter]

Liebe Forumgemeinde,

ich suche mal wieder neue Mikrofone. Anwendungsbereich: Klassik. 90% Choraufnahmen (o. Ensembles), gelegentlich auch andere Instrumente (Orgel, Streicher, Klavier usw.). Die Mikrofone sollen als Hauptmikrofone zum Einsatz kommen.

Ich suche etwas professionelles. Das heißt jetzt nicht, dass nur Schoeps u.ä. in Frage kommen, die sind budgetmäßig nicht drin, dafür mache ich zu selten Klassikaufnahmen. Man muss dazu sagen, dass ich bisher meistens NT5 als Hauptmikrofone für Chor eingesetzt habe und sich bisher auch kein Kunde darüber beschwert hat. Aber ich habe vor einiger Zeit mal eine Orgelaufnahme mit Gefell MV220 S (Kapseln MK250) gemacht und das war sehr Ohren öffnend. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, das Instrument klingt wie im Raum und nicht wie eine Aufnahme. Ich denke jeder, der im Klassikbereich unterwegs ist, weiß was ich damit meine. Ich ziele also so in den Preisbereich 500-1300€/Paar. Die Mikrofone sollen eine deutliche Verbesserung meines bisherigen Setups sein.

Gerne bin ich für Vorschläge offen bzgl. Richtcharakteristik. Es kam mir (vor allem nach der Aufnahme mit den Gefells) immer öfter der Wunsch, Chor mit Kugeln aufzunehmen. Mit den NT5 habe ich immer das Gefühl, mir fehlt das Bassfundament etwas (ich nehme meist in AB oder ORTF auf).

Also nochmal zusammengefasst:
Anwendung: Hauptmikrofone Chor (u. sonstiges Klassik)
Anforderungen: natürlicher Klang, rauscharm, universell einsetzbar
Preisbereich: 500-1300€/Paar
Nett wäre, wenn die Mikros auch für sonstige Recordings im Studio (A-Gtr, OHs etc.) taugen würden, ist aber kein Muss.

Ich habe natürlich schon recherchiert und werde mir auch noch Meinung von anderer Stelle einholen und testen, aber ich will bewusst mal keine Kandidaten nennen und das euch überlassen. Die Threads im Archiv dazu sind teilweise recht alt, da hat sich in den letzten Jahren schon was auf dem Markt getan. Nur eine Sache: Ich überlege, ob ich nicht einfach mal die Rode Kugelkapseln teste - ist das sinnvoll oder sind die Rode einfach nicht hochwertig genug?

Danke fürs Lesen und jetzt bin ich auf eure Meinung gespannt!

 

[whitealbum]

In Sachen natürlicher Klang, rauscharm und universell fallen mir neben Gefells M221 nur Schoeps MK2, die teuren DPAs und die teuren Earthworks ein.

Ein MIkro das knapp dahinter rangiert, ist Haun's Modularsystem:

http://mbho.de/pdf/ka100lk_ka100dk_ka300nb.pdf

mit MBP 603A Preamp.

Da kann man alle möglichen Kapseln drauf stecken, ist auch in Deinem Budget.

Ich persönlich habe die K200N mit MBP603A Preamp. Löst sehr gut auf, ist in den Hochmitten sehr gut.
Einzig die Gefell-Kapseln/Schoeps-Kapseln sind in den Hochmitten und Höhen noch ne Spur natürlicher.
Klar kosten ja auch das Doppelte.

Weiterer Vorteil, da Haun ja selbst Mikros entwickelt und baut, kann man sich den gewünschten Frequenzgang bestellen, ohne Mehrkosten, einfach mit Haun reden, er gibt dann die notwendigen Ratschläge.

PS: Rode mit Kugeln bestellen, durchaus eine Möglichkeit, ich persönlich mag die Rode-Kapseln nicht, die klingen einfach angestrengt und hart im Hochmitten/Höhenbereich.
DIes fällt vor allem auf, wenn man die mit den o.g. Mikros vergleicht.

 

[Rolleum]

Kann mich whitealbum gerne anschließen. Schoepse sind wohl das Beste, aber eben auch sehr teuer. Die Hauns sind klasse, im Baßbereich kommen sie jedoch nicht an meine Neumann KM184 an, die ich hier auch gerne mal in die Runde werfe. Diese kosten aktuell 999€ und sind hervorragende Mics, die ich immer wieder gerne u.a. für Live-Mitschnitte verwende.


Haun hat auch mit fixer Kapsel sehr schöne Mics, wie das MBHO440 und MBHO 410, welche günstiger als die MBP603 sind. Für ca. 550€ pro Paar sind das wirklich tolle Mics.Einer der Chefs von Haun hat früher bei Schoeps gearbeitet.

 

[MountainLime]

Ich kenne in Verbindung mit Klassik Aufnahmen nur die schon angesprochenen Neumann KM 184. KM 183. Natürlich klingend.
Eine "sehr dezente" Öffnung der Höhen-passenden für Chor und Orchester.
Ein weiterer nicht unrelevanter Vorteil-sie reagieren praktisch nicht auf Handyeinstrahlungen und sonstige Stör-Einflüsse!
Preislich im Bereich um die 1000 Euro angesiedelt.

Lg ML

 

[whitealbum]

KM 184 wäre Niere, kann man sich durchaus vorstellen, allerdings halte ich Kugel in einem tollen Raum gerade im Bassbereich für natürlicher und sauberer.
Ich finde die KM184 machen etwas mehr in den Tiefmitten wie da ist.
Dafinde ich die Hauns linearer.

Da wären die Neumann KM 183 sicher auch eine gute Alternative, hatte ich ganz "verdrängt".

Wie gesagt, man kann sich den Frequenzgang der Hauns "wünschen", wo gibt es das noch?

 

[Rolleum]

KM 184 wäre Niere, kann man sich durchaus vorstellen, allerdings halte ich Kugel in einem tollen Raum gerade im Bassbereich für natürlicher und sauberer.
Ich finde die KM184 machen etwas mehr in den Tiefmitten wie da ist.
Dafinde ich die Hauns linearer.

Da wären die Neumann KM 183 sicher auch eine gute Alternative, hatte ich ganz "verdrängt".

Wie gesagt, man kann sich den Frequenzgang der Hauns "wünschen", wo gibt es das noch?

Ich hab im Sommer zuletzt ein Mittelalter Konzert damit aufgenommen. Die Kirche hatte eine tolle Akustik. Die Aufnahme ist wirklich toll geworden. Es fehlt nichts. Selbst beim Abmischen weiß ich gar nicht mehr, was ich denn da eigentlich noch mischen soll. Sie können also auch hervorragend einfach passen. KM 183 ist sicher auch eine schöne Sache.

Wie funktioniert das "Wünschen" des Frequenzgangs bei Haun ?

 

[Akai31]

Die MBHO-Nieren kann man auch ohne Nahfeld-Senke ordern.
Die 184 klingen gern mal harsch, die mag ich für den Einsatz bei Streichern oder Gesang nicht so. Dann vlt. lieber die beyer mc930 oder gleiche die LineAudio.
Aber ich würde wohl auch eher aufKugeln oder breite Nieren setzen.

 

[whitealbum]

Die KM 184 sind ja gute Mikros, und ich glaube gerne das die Aufnahme sehr gut war.
Da gehts letztlich auch um Nuancen, und ob es in der KOnstellation Signale und Raum, genau gepasst hat.

Ich habe vor allem für akust. Gitarre ein Kleinmembraner gesucht, der diese sehr gut aufnimmt.
Ich hatte auch ne klare Anforderung wie es klingen sollte.
Ich habe mit Haun gesprochen, und er riet mir zum System MBP603A/KA200N, ist ne Nierenkapsel.
Er riet mir auch zu einer breitbandigen Anhebung in den Hochmitten/Höhen und eine Absenkung zu den Bässen hin. Weil genau das man später leicht hinzugibt bzw. wegnimmt.
Und was soll ich sagen, das hat genau gepasst. (Ursprünglich wollte ich einen ganz glatten Frequenzgang)

Das Gefell UM92.1s hat ja auch ne leichte Absenkung zu den Bässen und eine sehr leichte Anhebung in den Hochmitten/Höhen (wollte ich so).
Letztlich nehme ich mittlerweile alles mit dem UM92.1s auf, die M7-Kapsel ist dermaßen gut zu den Signalen, da passt einfach alles (ich habe ja das Spezial-Netzteil mit stufenlos einstellbarer Charakteristik)
Dennoch, das Haun macht seine Sache auch sehr gut, und ich nehme das gerne, um ne andere Farbe zu bekommen.

Die Line Audio, zumindestens die CM3, sind aber nicht auf dem Niveau wie die Haun's.
Dafür klingen sie mir etwas zu weit weg und zu dünn (sind auch breite Nieren).

 

[Rolleum]

Ich habe vor allem für akust. Gitarre ein Kleinmembraner gesucht, der diese sehr gut aufnimmt.
Ich hatte auch ne klare Anforderung wie es klingen sollte.

Kann mir das sehr gut vorstellen, daß genau da die Hauns besser gepaßt haben. Akustikgitarren können im Baßbereich ganz schön wummern. Im März 2015 haben wir im ehem. Telos Studio Floisdorf Haun 440 und KM184 gegeneinander am Bechstein Konzertflügel antreten lassen. Und da hatten die KM184 in Sachen Baßwiedergabe wiederum die Nase vorn.

 

[dter]

Sehr schön, danke schon mal für die rege Diskussion - gerne mehr davon.

@whitealbum:
Haun hatte ich auch schon auf meiner Liste. Aus den Bewertungen vom T. habe ich aber auch rausgelesen, dass die 1. etwas mehr Rauschen (wäre für Chor als Hauptmikrofone gerade ungünstig) und 2. schwächer im Bassbereich sind. Letzteres bezog sich aber wohl auf die günstige MBC660 Niere. Da gibts wahrscheinlich auch Unterschiede zwischen den fixen und modularen Kapseln? Allgemein würde mich der Unterschied etwa zwischen MBNM 410 und MBP 603 interessieren.

Die genannten Gefell und auch Schoeps liegen wie gesagt leider außerhalb des Budgets.

"Die Line Audio, zumindestens die CM3, sind aber nicht auf dem Niveau wie die Haun's.
Dafür klingen sie mir etwas zu weit weg und zu dünn (sind auch breite Nieren). "

Danke für das Statement, die Line Audios haben natürlich auch mein Interesse geweckt. Ich denke, als Hauptmikrofone kommen sie für mich nicht in Frage, aber vielleicht werde ich sie mal als Stützen testen.

@all:
An KM183 habe ich natürlich mit als erstes gedacht. Damit macht man sicher nichts falsch. Die Frage ist nur, ob es nicht sogar günstigere Alternativen gibt, die mindestens ebenbürtig sind (da man für die absolute Oberklasse eh nochmal preislich verdoppeln müsste)? Außerdem würde mich konkret nochmal eure Empfehlung bzgl. Richtcharakteristik interessieren. Ich nehme Chor meistens in AB auf, da bin ich jetzt davon ausgegangen, dass Kugeln schon mal ein Fortschritt wären gegenüber Nieren (also auch KM183 vs. KM184). Klar nehmen Kugeln mehr Raum auf, aber prinzipiell ist bei meinen Aufnahmen zu viel Raum nie das Problem gewesen, eher zu wenig Bass.

Gerade nochmal zu Haun recherchiert, klingt schon interessant, der Service scheint auch sehr gut!

 

[whitealbum]

Die MBC410/440 sind mit dem modularen System von Haun nicht zu vergleichen (die 660 sind noch weiter weg). Und die sind schon besser als Rode NT5 (wie gesagt ich mag den Hochmittenbereich nicht, der ist mir zu hart und schlecht mit EQ bearbeitbar).
Das modulare System MBP603A mit den passenden Kapseln ist locker ne Klasse höher!
Rauschen ist da auch kein Thema (auf der Seite sind alle technische Daten vorhanden).

Interessant fand ich, dass das Höhenspektrum der KA200N Kapsel relativ fein war, die Saiten klangen "silbrig" und fein aufglöst, das machen nicht so viele Mikros.
Um das noch besser zu haben auch in Sachen Tiefendarstellung, da kommt man um Schoeps nicht herum.
Ich würde die Haun einfach mal ausprobieren, auch die Frage, Niere oder Kugel.
Ich würde dennoch die Kugel etwas im Vorteil sehen, der Bassbereich ist in der Charakteristik eben unerreicht sauber.

 

[Rolleum]

Die günstigen Haun 440 Nieren haben 1 dB schlechteren Rauschabstand als die KM184, also absolut vernachlässigbar. Und nach meinen Ohren waren die bis auf die schlankere Baßwiedergabe auf Augenhöhe mit den KM184. Ich war sehr erstaunt ! Von daher kann man diese m.E. uneingeschränkt empfehlen. Das Rauschen bezieht sich übrigens auf die sehr günstige 660 Serie. Die KM184 klingen in den Höhen etwas brillanter als MB440, was allerdings Geschmacksache ist. Die Höhenauflösung ist sehr sauber, fein zeichnend. bei den 440

 

[Rolleum]

PS: Sonst nimm doch ein Paar 440 und ein Paar 410, da kannst DU nichts falsch machen, und hast zwei gematchte Paare von Kugel und Niere. Im Vergleich zu Neumann zwei zum Preis von einem.Du hast soweit ich weiß auch Rückgaberecht.

 

[dter]

@whitealbum + Rolleum:
Danke für die Statements, das ist wirklich sehr hilfreich!

Ich werde mich wohl mal bei Haun direkt beraten lassen.

So wie ich das sehe läge ich mit Haun MBP603(A) + Kapseln ungefähr in der Preisklasse der KM183. Würdet ihr sagen, dass die Hauns absolut gesehen besser sind?

 

[Rolleum]

Absolut gesehen bestimmt nicht, aber eben gleichwertig(ausnahme die billigen 660), wenn auch natürlich ein eigener Sound, wenn man davon bei neutralen Mics überhaupt sprechen kann. Mir wäre nach meiner Recording Erfahrung das Kapselsystem zu teuer, und würde wie beschrieben jeweils ein Paar 410, 440 kaufen. Übrigens ist es ja auch keine Schande, im Mastering etwas Bass nachzumischen.

 

[whitealbum]

Die MBP603A + Kapseln sind Spitzenklassemikrofone, die Kapseln sind von sehr guter Qualität.
Das kann man sicher auch von den Neumanns sagen, ich persönlich mag die Hauns MBP603A + Kapseln einen Ticken lieber, da sie im Tiefmittenbereich neutraler sind, und in den Höhen ne Spur klarer sind.
Keine Frage die 440 sind sicher für das Geld gute Mikros, aber das Modularsystem ist besser.
Da sind einfach bessere Kapseln verbaut. Gerade aufgrund Deienr Erfahrung mit den Gefells (die im M221 verbaute Kapsel ist ja jenseits von Gut und Böse, die Kapsel ist nicht mehr zu toppen), würde ich keine Kompromisse machen, und beim Modularsystem zu schlagen.
Gute Preise für Haunmikros machen Dir neben Haun selbst, aber auch bspw. der recordingladen.de, da kann man auch nochmal deutlich sparen.

Eine Beratung bei Haun kann ich nur empfehlen, die wissen wovon sie reden, sie machen ja auch seit vielen Jahren schon Kapseln für andere namhafte Mikrofonhersteller.

 

[dter]

Gut, ich denke da nochmal drüber nach. Sowohl die Variante mit 1x410er und 1x440 als auch das Modularsystem hat seine Vorteile. Ich brauch auch erstmal eine konkrete Preisliste. Ihr habt mir auf jeden Fall schon sehr geholfen. Wenn noch jemand etwas zu anderen Kandidaten sagen will, gern.

Bzgl. Gefell MK250: Die gehen bis 3,5Hz runter. War mit Orgel wirklich beeindruckend. Da bekommt ein Lowcut eine völlig neue Bedeutung.

 

[Rolleum]

Keine Frage die 440 sind sicher für das Geld gute Mikros, aber das Modularsystem ist besser.
Da sind einfach bessere Kapseln verbaut.

Das müsste man eben mal testen. Ich habe persönlich die beiden Aufnahmen verglichen, und fand die Neumänner und die 440 eben auf Augenhöhe, mit den beschriebenen Unterschieden. Von Rauschen ist bei 7dB Eigenrauschen jedenfalls nichts zu hören. Ob die Kapsel beim Modularsystem andere sind, kann nur Haun selbst beantworten.

Gefell ist natürlich immer eine Messlatte. Ich kenne die KMs nicht, will mein M930 aber niemals hergeben.

 

[dter]

Das müsste man eben mal testen. Ich habe persönlich die beiden Aufnahmen verglichen, und fand die Neumänner und die 440 eben auf Augenhöhe, mit den beschriebenen Unterschieden. Von Rauschen ist bei 7dB Eigenrauschen jedenfalls nichts zu hören. Ob die Kapsel beim Modularsystem andere sind, kann nur Haun selbst beantworten.

Ich hoffe, das bekomme ich noch raus. Die technischen Daten sind auf jeden Fall nicht identisch, die Frage ist, ob die Unterschiede relevant sind.

Übrigens ist es ja auch keine Schande, im Mastering etwas Bass nachzumischen.

Das stimmt. Wobei bei den NT5 oft galt: wo nichts ist, kann man auch nichts hinzufügen. Und allgemein hatte ich da auch nie das Gefühl, dass ich mit EQ irgendetwas am Klangbild hätte verbessern können. Da hoffe ich schon, dass die Hauns besser auf EQ reagieren.

 

[verflixte13]

... die Line Audios haben natürlich auch mein Interesse geweckt. Ich denke, als Hauptmikrofone kommen sie für mich nicht in Frage, aber vielleicht werde ich sie mal als Stützen testen.

... mit den Line Audios würde ich anfangen ... und dagegen die höherpreisigen
testen. eventuell reichen die dir schon. (das OM1 könnte ich mir gut
für deinen verwendungszweck vorstellen ... klingt offener und auch etwas
feiner, als das CM3.)

auch Octava´s, z.b. die MK 012, würde ich noch in den ring werfen.
wenn man ein gutes pärchen erwischt (die fertigungstoleranzen
sind ein echtes problem) dann spielen die für mich ganz vorne mit.

sehr spannend empfand ich auch die Octava MK 102 ... die laufen
eigentlich schon unter großmembraner ... wenn sie einem liegen/passen -->
phantastische mics mit vielen einsatzmöglichkeiten ...

achja ... etwas teurer, aber auch sehr gut --> die Gefell M300 ...
die würde ich an deiner stelle auch mal antesten ... LG