Generelle FOH Grundsettings für kleine Shows

[raketenmann]

Moin liebe Community

Ich veranstalte seit einigen Jahren immer wieder Shows (ca. 6-10 Shows pro Jahr) und mische teilweise auch Shows von anderen Menschen, mehrheitlich Punkrock oder ähnliche Sachen.

Ich bin so überhaupt in die Tontechnik reingerutscht und habe viele learning-by-doing gelernt. Studiomässig komme ich zurecht, habe mittlerweile einige Produktionen gemacht und stehe in engem Kontakt mit einem Tonmeister, der mir immer wieder Feedback und Workshops gibt. Das FOH-Mischen habe ich ein wenig vernachlässigt und nach dem letzten Gig hatte ich den Impuls, da mal wieder ein wenig was zu investieren - schliesslich läuft die Live Sache ja doch ein wenig anders als das Studio.

Ebenso habe ich in den letzten Jahren auch immer wieder bei Liveshows mit neuen Ohren mitgehört und mir Gedanken gemacht, was da genau abgeht und hatte den Eindruck, dass da teilweise echt sonderbare Sachen gemacht werden, um Live einen bestimmten Effekt zu erzielen, bspw. ziemlich krasse EQ-Settings an Instrumenten.

Nun, mein Setup ist bescheiden, daher meine Optionen doch auch ziemlich begrenzt. Meist spielen Punkbands, reden wir generell mal von Rock. Mikrofoniert werden nur Vocals, Bassdrum, Snare und Toms. Gitarren und Bass wird im Raum mit den Amps verstärkt.

Main-PA sind zwei RCF EVOX12, da ist ordentlich Dampf vorhanden. Am Boden gibt es zwei Mackie Monitore. An den Drums montiere ich Audix D2 an den Toms, SM57 an der Snare und das Audix D6 an der Bassdrum. An den Vocals nehme ich meist meine Audix OM3 mit, wenn ich dies vergesse, dann kommen SM58er zum Zug. Manchmal haben die Bands auch eigene Vocalmiks. Mischer ist ein Yamaha MG16XU.

Generell kriege ich meist einen guten Sound hin. Hauptproblem ist wie immer Vocal Lautstärke und Sprachverständlichkeit. Dabei sehe ich die folgenden Hauptprobleme:

- Das Pult hat KEINE Gates. Das heisst, die Amps und die Cymbals müllen die Vocalmics zu. Dies hat zur Folge, dass egal wie fest ich dan den Vocals schraube, eigentlich immer der Gesamtmix lauter wird, nicht aber unbedingt die Vocals.
- Rückkopplungen können ab und zu mal auftreten. Diese entstehen m.E. eher über den grundsätzlich hohen Pegel der PA, nicht unbedingt über die Monitore.

Laneg Rede - kurzer Sinn: Wenn ihr dies so lest: Wie würdet ihr die genannten Probleme angehen? Wie die Vocals eq'en? Hier ist wichtig zu nennen, dass ich nur einen 3-Band-EQ zur Verfügung habe. Wenn ich also die Tiefmitten ausdünnen möchte, dann muss ich dafür das Mittenban einsetzen und kann nicht bei 1kHz die Sprachverständlichkeit oder den Presencebereich pushen. Das Höhenband arbeitet ab 10kHz - ich habe dein Eindruck, dass dies nicht wirklich sinnhaft ist für die Vocals (..und den Cymbals im Rücken). Der Kompressor ist halt auch mit Vorsicht zu geniessen, da nur oneknob. Ich kann nicht sehen, wann dieser einsetzt und schon gar nicht, welche Ratio gerade eingestellt ist.

Ebenso würde mich interessieren, was für einen Reverb ihr nehmen würdet, um den Vocals und Snare und Toms natürlich etwas mehr Fülle zu geben, ohne künstlich zu klingen. Ich habe bisher immer einen Plate gewählt, da ich im Studio auch meist mit Plate arbeite, aber ob das für Live auch eine gute Wahl ist.... Ich weisse es nicht....

Ich bin gespannt über eure Inputs!

 

[Wird schon]

Hm. In was für einem Raum finden die gigs so statt?
Ein terzband hinter der Summe und ein paar optogates an den vocalmics könnten schon helfen. Aber ohne das jetzt in echt erlebt zu haben wird es denke ich schwierig.
Mal versucht das Schlagzeug seitlich zu platzieren statt direkt hinter den vocals?
Mal ein bisschen moongel auf das das Schlagzeug geklebt? Das wirkt manchmal Wunder. Wenn Bass und Gitarre nicht im Zugriff am Pult sind können die auch so einiges zumüllen…
Vielleicht helfen dir meine Gedanken schon etwas weiter…

 

[suboptional]

Das heisst, die Amps und die Cymbals müllen die Vocalmics zu.

Könntest Gitarre(n) und Bass auch mikrofonieren/über die PA schicken, dann hast du da lautstärke- und EQ-mässig mehr Kontrolle.
Das setzt aber voraus dass die Musiker nicht schon ihre Amps wie blöde aufreissen und schon so laut sind, dass man sie gar nicht mehr über die PA schicken braucht.
Ist manchmal schwierig denen das zu verklickern, weiss ich aus eigener Erfahrung.

 

[raketenmann]

Ein terzband hinter der Summe und ein paar optogates an den vocalmics könnten schon helfen.

Was ist ein Terzband?
Optogate habe ich auch schonmal überlegt, aber für 3 Vocalmics ist das dann ziemlich schnell teuer... Ich müsste mal schauen, ob ev. ein 4.Kanal Gate erschwinglich ist... Kann so ein Gate vor dem Micpre funktionieren?

Mal versucht das Schlagzeug seitlich zu platzieren statt direkt hinter den vocals?

Das ist vom Raum her schlecht möglich, zudem finde ich solche Lösungen immer ungünstig, da die Bands damit nicht vertraut sind und dann die Performance darunter leidet.

Könntest Gitarre(n) und Bass auch mikrofonieren/über die PA schicken, dann hast du da lautstärke- und EQ-mässig mehr Kontrolle.

Dafür habe ich zu wenig Kanäle... Das wird auch mit den Monitoren zu kompliziert / aufwändig und auch hier wieder: Dies kennen die kleinen Punkkapellen nicht so, den Amp leise auf der Bühne, können auch die wenigsten mit ihren Marshalltops.... Du sagst es ja, das ist schwierig, dies den Bands zu verklickern.

Ich werde auf jeden Fall das nächste Mal wieder auf die Audix zurückgreifen, das sollte sicher schon einiges verbessern... Und die Idee mit einem Gate nochmals überlegen....

 

[Wird schon]

Was ist ein Terzband?

Ein Equalizer. Man nennt ihn auch 31-band oder graphic-eq. Damit kann man ganz gut die Summe anpassen bzw. Einpfeifen.

Kann so ein Gate vor dem Micpre funktionieren?

Ich bin insgesamt kein Freund von Gates an den vocals. Aber wenn ich Gates nutze (analog halt auch schon ewig nicht mehr) dann als insert nach dem preamp. Keine Ahnung ob Gates da empfindlich genug sind.

 

[jinglemartin]

Gates auf Vocal-Mics bringen gar nix. wenn du die leisen Passagen des Sängers nicht abwürgen willst, gehen laute Drums sowieso doch immer durch. Gates haben nur einen Sinn bei brummenden Gitarren-Amps oder Toms, die man gerne kürzen möchte. Selbst bei Snare oder Kick wirds live oft schwierig, sobald ein Drummer nicht nur Stadion-Sound macht sondern auch mal Ghost-Notes spielt. Ich nutze in der Regel gar keine Gates, obwohl ich sie in allen Kanälen zur Verfügung hätte. Mit einem Dreiband-EQ könnte ich nicht mehr arbeiten. Wenn man mal paarmetrische EQs mit mindestens 4 voll ausgestatteten Bändern gewohnt ist wird es mit weniger echt schwierig. Ich ziehe einen vollparametrischen EQ einem Terzband auch in allen Fällen vor. GERADE in der Summe kann man damit problematische Frequenzen weit besser ziehen, ohne zu viel vom Gesamt-Sound zu verlieren.

 

[Nachtschicht]

@Wird schon sprach ja auch von optogates, das ist ja was ganz anderes. die würgen natürlich keine leisen passagen von sängern ab. die würgen höchstens ab, wenn der sänger nicht nah genug am mikro steht, aber das sieht der sänger dann auch selbst an der kleinen leuchte - und das hat auch einen durchaus erzieherischen effekt, der die arbeit des mixers signifikant erleichtern kann

 

[Wird schon]

Du sagst es @Nachtschicht

Und noch: klar nehme ich auch lieber einen vollparametrischen eq. Aber ich hab analog mit terzband-eq‘s gelernt und finde die Bedienung grade für Anfänger, vielleicht sogar in Verbindung mit einer rta-App, recht einfach. Und ganz ehrlich: das Ergebnis war jetzt nicht schlecht.
Außerdem sind die vollparametrischen Teile in analoger Form eher selten und dann auch eher teurer.

 

[wintah]

Grundsätzlich würde ich auch die Gitarren und Bass abnehmen,da diese zwar mit ausreichender Lautstärke (oft zu laut) von der Bühne den Raum Fluten,du aber keine Kontrolle hast und der Gitarren/Bass Sound oft verwaschen durch den Raum wabert,da hier die kontrollierte Abstrahlung aus den Boxen nicht gegeben ist.
Lauter wird es dadurch nicht zwingend,aber der Sound wird einiges klarer wenn du alle Signale über die PA gibst.
Auch eine seitlich in die Bühne strahlende Aufstellung der Git Amps hilft hier.

Investiere in ein anständiges (gebrauchtes) Mischpult mit minimum 16 Kanälen und einen EQ mit zumindestens einen parametrischen Mittenband und splitte die Leadvocals auf 2 Kanalzüge,
so das du einen auschließlich für den Monitor zur Verfügung hast,somit kannst du gegebenenfalls die Stimme in der PA mit einen Compressor versehen ohne das der Sänger im Monitorsound beschnitten wird.
Zusätzlich hast du mehr Möglichkeiten das Monitorsignal zu bearbeiten.

Grundsätzlich ist in kleinen Klubs bzw. Räumen die Diziplin der Band gefragt,was die Lautstärke auf der Bühne betrifft,
hier hilft oft nur Überzeugungsfähigkeit und kleine Akkustische hilfen,wie die Git Boxen höherstellen (so das diese nicht dem Musiker unter'm Arsch durchblasen,so das er auch was hört von),oder noch 2 weitere Monitore welche die Musiker unterstüzen.

Auf Noisegates würde ich bei der Art von Musik verzichten,das funktioniert bei ner Tanzband ganz gut aber nicht bei Rock'n'roll

 

[tylerhb]

Auf Noisegates würde ich bei der Art von Musik verzichten,das funktioniert bei ner Tanzband ganz gut aber nicht bei Rock'n'roll

Optogates sind immer eine super Idee, sobald Mikrofone an Stativen eingesetzt werden. Leider sind die Teile immer noch bei vielen Live Musikern komplett unbekannt. Nur mal kurz zur Funktionsweise:

Die Teile werden direkt zwischen Mikrofon und Kabel am Stativ gesteckt und brauchen zwingend Phantomspeisung. Eine Photozelle registriert den Abstand des Sängers zum Optogate (sprich dem Mikrofon). Somit macht das Gate nicht wie ein normales Noise Gate ab einem bestimmten Pegel auf, sondern nur, wenn jemand auch wirklich singt.

Das ist ein gerade in kleineren Locations eine Wahnsinns Erleichterung für den Mischer, weil man damit eben die Übersprechung in die (Background) Vocal Mics komplett weg bekommt ohne Angst haben zu müssen, dass zu viel abgeschnitten wird.

https://www.musik-produktiv.de/optogate-pb-05-e.html

 

[wintah]

Das ist ein gerade in kleineren Locations eine Wahnsinns Erleichterung für den Mischer

Kleinere Location haben kleinere Bühnen und wenn der Musiker dann sich auch noch vor und zurück bewegt ohne zu singen (das soll es noch geben) macht dein Optogate auf und zu ohne das auch nur eine Silbe gesungen wird.
Den Bleed von anderen Instrumenten hast du auf jeden offenen Mikrofon auf der Bühne,wenn natürlich die Musiker in einer kleinen Location drauf los Prügeln als ob es kein morgen mehr gäbe,
dann hat der Musiker nicht verstanden wie Akkustik funktioniert und da isses sowieso egal ob oder mit Gate,der Sound ist dann einfach Müll.

 

[Nachtschicht]

nee nee nee. optogates machen schon einen durchaus dicken unterschied, auch und gerade in kleinen venues.

der witz ist ja schliesslich der: klar können die fälschlicherweise aufmachen, wenn der musiker in der nähe des mikrofons rumtanzt. also, zumindest wenn sie nicht gut eingestellt sind. aber selbst wenn wir jetzt mal von dieser doofen einstellung ausgehen: dann macht das mikro halt trotzdem nur dann auf, wenn der musiker halbwegs nah am mikro und damit in der regel zwischen mikro und schlagzeug steht - und damit sowieso die übersprechung verringert. anders als bei einem normalen gate ist also der "fehler-spill" bei einem optogate meistens herzlich vernachlässigbar.

und was ein optogate in jedem fall macht ist eben die vermeidung des worst case: mehrere offene mikros von backgroundsängern, die den grossteil des konzerts random auf der bühne rumhüpfen (gerade im punkrock sehr gerne) und nur ganz gelegentlich mal backings singen. da holt man sich für die paar backings, die gelegentlich gesungen werden, ununterbrochen eine ziemliche übersprechungs- und laufzeit-phasensossen-orgie ab.

und die schaltet ein optogate ab. ganz ohne die anderen nachteile von gates. weil eben nix mit threshold attack release und kurzen versehentlichen öffnungen des gates und anderem mist der in der tat bei ner punkrockband live nur kontraproduktiv wäre. sondern halt einfach ein on/off, je nachdem ob da einer wirklich direkt vorm mikro steht oder nicht. und weil bei punkrock sowieso gerne ganz nah am mikro reingeshoutet wird, ist in der regel auch ein wirklich strenges setting drin, bei dem das mikro eben wirklich nur aufgeht, wenn da einer mit den lippen nah ans mikro kommt.

quasi so als hätte man paar typen auf der bühne, die brav die mikros an und ausschalten, je nachdem ob da einer zum mikro geht oder eben nicht.

da sind die üblichen anti-gate-ressentiments (die ich zu 100% teile) einfach nicht angebracht. ist echt was sehr anderes.

nur leider etwas überteuert, das muss man schon sagen.