Gefühlte Entfernung von Instrumenten / Vocals im Mix

[mathiasbx]

Moin Zusammen,

es wird ja immer von Tiefenstaffelung, etc. gesprochen und das Prinzip ist mir auch klar und logisch.
Jetzt ist mir aber mal so beim Musik hören durch den Kopf gegangen, dass die Räumlichkeit die ich in einem Mix (bei gleichen oder ähnlichen Musikstilen) höre, ja gefühlt auch sehr ähnlich ist.
Ich meine damit - die Drums klingen immer recht ähnlich vom Entfernungsgefühl her, genauso weitere Instrumente und auch die Vocals.

Gibt es eigentlich irgendwo so eine Art Empfehlung - welche Entfernungen sich gut anfühlen?

Klar, am Ende ist alles richtig was gut klingt. Aber im Prinzip habe ich z.B. schon das Gefühl, dass z.B. der Gesang immer so einige Meter vor mir ist - genauso eben auch beim Rest.

Vielleicht ist meine Frage auch völlig sinnfrei, weil ich mal wieder total quer denke

 

[SilentWarrior]

Tiefe entsteht durch wegnehmen der Hohen und abschwächen der Transitenten.

Aber dieses Thema ist ewig lang und kann ich nicht auf die schnelle niederschreiben

 

[andy_g]

Ich meine damit - die Drums klingen immer recht ähnlich vom Entfernungsgefühl her, genauso weitere Instrumente und auch die Vocals.

Finde ich ganz und gar nicht. Das kann sehr unterschiedlich klingen.

 

[mathiasbx]

Vielleicht hab ich mich da auch doof ausgedrückt. Ich meine hauptsächlich dieses Gefühl, wie weit etwas weg ist.

Beim Gesang z.B. hab ich i.d.R. das Gefühl von einer Entfernung so von 5 Metern beispielsweise. Ja, manchmal auch gefühlt direkt neben dem Ohr... aber ich sag mal im Rock/Pop-Bereich hat das immer so ein - der Gesang ist mitten im Wohnzimmer - Karakter.

Es geht mir nicht darum, wie ein Raumgefühl erzeugt wird, sondern mehr so um das Gefühl der Entfernungen.

 

[oove]

Voc 5m,
Gitarre 7m
Drums 8m
Bass 0m


Meinst Du solche Empfehlungen?

 

[BodoH]

Gibt es eigentlich irgendwo so eine Art Empfehlung - welche Entfernungen sich gut anfühlen?

Ja, die "virtuelle Bühne" orientiert sich an existierenden Raumgrößen, bzw. der Position der Band/der Instrumente zum Zuhörer.
Damit meine ich nicht den Zuhörer in den hinteren Reihen, sondern recht nahe der Bühne.
Positioniere zunächst die Schallquelle im Raum, die zum Zuhörer am nächsten liegt, z.B. den Leadsänger und dann die Drums dahinter mit einer passenden Entfernung. Dabei geht es auch um Lautstärkeverhältnisse, die Drums sollten dadurch trotzdem gut im Mix hörbar bleiben. Dadurch bekommst du die akustischen Grenzen zu spüren (zu weit weg, oder zu nah). Klar, das ist dann bei jedem Mix in einem Genre schon recht ähnlich, denn das ergibt sich aus unseren Hörgewohnheiten. Wenn du viele Instrumente unterbringen musst, kannst du auch die Tiefenstaffelung bewusst vergrößern, um mehr Platz zu schaffen.

 

[andy_g]

Ist unterschiedlich auch bei Vocals...



View: https://www.youtube.com/watch?v=HUHC9tYz8ik

View: https://www.youtube.com/watch?v=hSSssEcJf_U

 

[muffy]

Gibt es eigentlich irgendwo so eine Art Empfehlung - welche Entfernungen sich gut anfühlen?

Wenn du einen Reverb hast, bei dem man das Verhältnis von Early Reflections und Reverb Tail (wie z.B. Waves H-Reverb oder 7th Heaven) verändern kannst, dann hat Nahes generell mehr Earlies und weniger Tail, entfernte genau anders herum.

Nähe kann man auch generell mit mehr 1kHz erzeugen und Ferne entsprechend mit weniger davon und generell etwas weniger crisp.

 

[BodoH]

Wenn du einen Reverb hast, bei dem man das Verhältnis von Early Reflections und Reverb Tail (wie z.B. Waves H-Reverb oder 7th Heaven) verändern kannst, dann hat Nahes generell mehr Earlies und weniger Tail, entfernte genau anders herum.

Nähe kann man auch generell mit mehr 1kHz erzeugen und Ferne entsprechend mit weniger davon und generell etwas weniger crisp.

Ich glaube, darum geht es dem TE nicht, also nicht das "wie", sondern eher das "warum". Also warum positioniert man die Drums weiter hinten in einem z.B. Rockmix und wie weit nach hinten. Und wenn doch "wie", dann "wie tief sollte die virtuelle Bühne sein?", oder "wie groß sollte/könnte der Abstand der Klangquellen zum Zuhörer sein?".

 

[jet2]

Gibt es eigentlich irgendwo so eine Art Empfehlung - welche Entfernungen sich gut anfühlen?

nein. und eine konkrete empfehlung macht hier meiner meinung nach auch keinerlei sinn.
jeder song ist unterschiedlich und gut klingt, was gefällt.
es gibt natürliche räume, völlig unnatürliche räume mit schrägen entfernungsverhältnissen.
machmal möchte man abstand und einzelne instrumente eher im hintergrund haben,
manchmal möchte man einen sound "voll inne fresse" ...

 

[mathiasbx]

@BodoH: Genau so hatte ich das gemeint.

Die Anordnung eine Std.--Band ist ja normalerweise - Drums hinten Mitte, Keys oft auf gleicher Höhe wie Drums, Bass & Gitarre davor und ganz vorne die Vocals - Backings auch eher hinten.
Aber gerade beim mixen tu ich mich schwer mit den Verhältnissen, weil mir da natürlich das visuelle fehlt. Ich hab die Band ja nicht im Wohnzimmer

@oove: Die Meterangaben finde ich super hilfreich - weil ich da eine ungefähre Vorstellung habe, wie es räumlich klingen muss.

Bei meinen Mixen hab ich ganz oft das Problem, dass mir einfach Räumlichkeit fehlt bzw. ich viel zu wenig Raum nutze.

 

[jet2]

Bei meinen Mixen hab ich ganz oft das Problem, dass mir einfach Räumlichkeit fehlt bzw. ich viel zu wenig Raum nutze.

ein kostenloses tool, das dir ein bisschen bei den entfernungen helfen könnte, ist zb. das proximity

 

[LM18]

Gibt es eigentlich irgendwo so eine Art Empfehlung - welche Entfernungen sich gut anfühlen?

Also das gibt es mit Sicherheit nicht.

Es gibt ja Dinge/Ereignisse an denen Du sehr nah dabei sein willst und andere nicht -obwohl sie zur emotionalen Wahrnehmung integral dazugehören.

Als Producer musst du dich entscheiden, was dir wichtig für den Zuhörer sein muss und das musst du im Produktdesign dann herausarbeiten.

Die Tontechnische Nähe oder Intimität, bis hin zu Billie Eilish, sind ja Standards.

Tontechnische Ratschläge ist das Eine - Produktionsentscheidungen das Andere...

 

[BodoH]

es gibt natürliche räume, völlig unnatürliche räume mit schrägen entfernungsverhältnissen.

Zum Glück können wir uns diese heutzutage aussuchen und eben mit optimalen virtuellen Räumen arbeiten.
Sogar so weit, dass wir im gleichen Mix völlig unterschiedliche Räume verwenden können und z.B. die Orgel in die virtuelle Kirche platzieren dürfen, dagegen die Drums in die Tiefgarage, während die E-Gitarre, bzw. das Cabinet aus der kleinen Box kommt usw.
Mit "Natürlichkeit" hat das dann weniger zu tun, aber wenns im Mix funktioniert, warum nicht.

Die Anordnung eine Std.--Band ist ja normalerweise - Drums hinten Mitte, Keys oft auf gleicher Höhe wie Drums, Bass & Gitarre davor und ganz vorne die Vocals - Backings auch eher hinten.

Auf der Bühne steht der Bassist vielleicht rechts und der Gitarrist links, trotzdem mischen wir natürlich den Bass mittig und doppeln vielleicht die Gitarre R/L. Aber die Bühne und der zugehörige Saal, der Club, die Halle usw. sollen ja nur zur Orientierung für die Abstände dienen

 

[jet2]

Zum Glück können wir uns diese heutzutage aussuchen und eben mit optimalen virtuellen Räumen arbeiten.
…
Mit "Natürlichkeit" hat das dann weniger zu tun, aber wenns im Mix funktioniert, warum nicht.
…

Klar, sehe ich auch so…

 

[oove]

Wie die meisten hier schon schrieben, es gibt eben keine Standards.
Bei Produktionen sowieso nicht, da geht man danach, wie das was man am eindrücklichsten haben will, eben eindrücklich in Szene setzt (der Aussage dienlich)
Und meistens ist halt der Gesang am wichtigsten, also platziert man alles weitere nach hinten. (Wie das geht, weißt Du ja)
Hall auf der Stimme bedeutet ja auch nicht zwangsläufig "hinten", sondern ist eher ein Effekt.

Wenn es eine Live Situation simulieren soll, schaut man sich eben die typischen Videos an und auch da gibt es am Ende genug Varianten.

 

[mathiasbx]

Nee, es ging mir nicht um die Simulation von Livesituationen.
Ich glaube das ist mal wieder meine eigene Unsicherheit zu - wie viel Raum / Hall ist gut für die Vocals/Instrumente und wo klingt es zu sehr "80er".... es sei denn, gewollt.

Vocals mixe ich übrigens meist zu erst und mixe dann drumherum. Gibt nix schlimmeres, als wenn die Vocals von der Mucke weggedrückt werden und es klingt, als wenn der Gesang nicht gegen die Band ankommt.

Aber Ihr habt schon definitiv Recht, es kommt halt immer auf den Song an. Eine Ballade nur mit Piano/Gesang mische ich ja völlig anders ab, als nen Rocksong mit 8 Gitarren und ich nehme da auch ganz andere Reverb-Settings bzw. Reverbs.

 

[oove]

Deine Signatur gefällt mir irgendwie.
Passt auch zum Thread.

 

[engineer]

Wie sich das im Detail abbildet hat im Wesentlichen mit den Reflexionen zu tun. Ein entferntes Signal bekommt vom Boden z.B. eine Reflexion, die fast zeitgleich eintrifft, während die eines nahen Signals einen größeren Versatz hat - aufgrund des Winkels. Solche Dinge nutzt das Gehirn, um Entfernungen zu hören. Dabei spielen auch die Menge der Reflexionen und der Amplitudenverlauf eine Rolle. Große Weite kann man z.B. dadurch erzeugen, dass sehr viel Hall im Verhältnis zum Direktschall kommt und dieser auch vorzugsweise von den Seiten.

Nun muss man natürlich sehen, dass man das SO nicht einfach transportieren kann, weil die Mikrofone schon falsche Reflexionen aufnehmen und die Lautsprecher alles mit weiteren Wand- und Bodenreflexionen versetzen. Da gibt es also automatisch seltsame Effekte und das Abmischen erfordert Kompromisse, besonders, wenn man Samples und Aufnahmen hat, die schon Reflexionen enthalten.

Am Besten man beginnt mit trockenen Signalen und einfachen Hallplugins um sich einen Eindruck zu verschaffen.

 

[SilentWarrior]

Vielleicht hab ich mich da auch doof ausgedrückt. Ich meine hauptsächlich dieses Gefühl, wie weit etwas weg ist.

Beim Gesang z.B. hab ich i.d.R. das Gefühl von einer Entfernung so von 5 Metern beispielsweise. Ja, manchmal auch gefühlt direkt neben dem Ohr... aber ich sag mal im Rock/Pop-Bereich hat das immer so ein - der Gesang ist mitten im Wohnzimmer - Karakter.

Es geht mir nicht darum, wie ein Raumgefühl erzeugt wird, sondern mehr so um das Gefühl der Entfernungen.

Das kannst Du eigentlich vergessen.

Höre dir z.B. Rock/Metal an, da ist die Kick vorne, die Snare vorne, also praktisch vor dem restlichen Schlagzeug.

Das was du suchst findest sich eher in Jazz aber für die restliche Musikrichtungen ist Realität nicht wichtig.

Ich habe noch nie eine Frau kennengelernt die klanglich wie Rihanna auf ihren Alben klingt, also so mit Exciter Klang.

Nichts ist wirklich real.