Testberichte Test: Eventide H9 Max

Mal neu betrachtet

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Wer regelmäßig meine Testberichte auf diesen Seiten hier liest, dem wird aufgefallen sein, dass es nicht immer das brandneue, superheiße, megageile Teil sein muss, über das ich schreibe.

Warum? Ganz einfach: Zum einen teste ich nur die Geräte, die mich persönlich interessieren. Zudem werden zu viele heiße Teile „sharp“ zum offiziellen Release-Datum in den bekannten Medien zu oft, gefühlt, auf Grundlage von Presseinformationen besprochen. Und somit ist ein gewisses Maß an Skepsis bei diesen „Tests“ angebracht. Zu oft wird hier augenscheinlich geschummelt und das, was gar nicht geht, einfach weggelassen. Oft werden auch Killer-Features vergessen, da sie erst ein paar Firmware-n später nachgereicht wurden. OK, da hat der Kollege halt Pech gehabt. Das gilt für Geschriebenes, wie für Gefilmtes. Schaut man ein paar Jahre später nochmal hin, dann kann das Teil auf einmal alles, was ich eigentlich gesucht hatte. Ja, sowas kommt vor. Nicht oft, aber hoffentlich immer öfter.


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Das gilt zumindest für mich und den Eventide H9. Damals, also 2014, war vieles noch nicht zu 100% ausgereift. Und: Es gab das Pedal in drei unterschiedlichen Versionen: Core, Standard und Max. Jede Version lieferte nur eine bestimmte Anzahl an Algorithmen/Effekten. Nur in der Max-Version waren alle vorhanden und man konnte aus dem Vollen schöpfen. Und ein Update kostete extra, obwohl das Gerät selbst immer das gleiche war. Das war damals neu und viele von uns waren noch nicht so weit. Me too. Heute, 9 Jahre später ist das H9 immer noch erhältlich und das nur noch in der Max-Version. In dieser Zeit hat es einige Updates gegeben, die neben Fehlerbereinigungen auch neue Algorithmen/Features mit sich brachten.

Es gibt zahlreiche Tests zum H9, in denen schon vieles geschrieben und getestet wurde. Deswegen: Ich möchte mich an dieser Stelle viel mehr mit den Möglichkeiten und dem Workflow dieses FX-Geräts auseinandersetzten. Hat es in meinem Studio einen Mehrwert? Und die Frage, ob es noch zeitgemäß ist, wäre mir auch wichtig zu klären. Denn das bestreiten einige da draußen.

Beginnen möchte ich dieses Mal mit einem kurzen Rundumschlag zum H9, damit wir alle wissen, worum es eigentlich geht. Ich bin Synthesizer-Mann und kein Gitarrist. Ich denke das wäre zu Begin wichtig zu erwähnen.

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Was der Eventide H9 ist

Der H9 Harmonizer (Maskulin) ist eine kompakte Stompbox mit kompakten Maßen (12x13x5cm). Das Gehäuse ist vollständig aus Metall. Hinten befinden sich Stereo-Klinken-Ein- und Ausgänge, Netzbuchse, USB und ein Expression-Port. An der linken Seite gibt es noch MIDI In und Out/Thru im Vollformat. Der H9 ist absolut robust gebaut. Die Klinkenbuchsen sind mit dem Gehäuse verschraubt. Meistens ist er weiß. Es gibt ihn aber auch hin und wieder in den Sonderfarben Schwarz oder Blau. Ich find alle schick. Auf der Vorderseite gibt’s ein großzügiges LED-Display (nein, kein OLED und auch kein Dot-Matrix) mit 4 angedockten Status LEDs, 5 beleuchtete Taster, eine großes Endlospoti mit Push-Funktionalität und LED-Kranz, zwei zusätzliche Status LEDs sowie zwei Fuß-Taster. Die LEDs blinken und leuchten alle angenehm hell. Ich habe keine Schwierigkeiten mit der Bedienung. Im Gegenteil. Doch dazu später mehr. LEDs haben übrigens im Gegensatz zu vielen anderen Display-Technologien den entscheidenden Vorteil, dass sie ewig halten. Denkt mal an den LED-Radiowecker, Baujahr 1985. Ich finde, das sollte mal erwähnt werden. Das Pedal lässt sich ergonomisch bedienen. Alles hat ausreichend Platz. Trotzdem habe ich es auf einen gewinkelten Ständer gestellt, da es bei mir auf dem Tisch und nicht auf dem Fußboden steht. Das verbessert die Sicht aufs Panel.

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Ein (erster) Clou des H9 ist, dass er augenscheinlich auf das nötigste beschränkt ist. In vielen Tests habe ich gelesen, dass eine Programmierung am Gerät selbst nur mühselig vonstattengeht. Dem muss ich vehement wiedersprechen. Hat man via Preset einen Algorithmus ausgewählt, drückt man für zwei Sekunden den X-Knopf und gelangt in den Expert-Modus. Nun lassen sich alle Parameter (immer maximal 10) durchsteppen und via Scrollrad verändern. Dabei steht das Rad immer auf der aktuellen Position und der LED-Kranz zeigt an, wo ich gerade bin. Gleichzeitig sehe ich im Display den Namen des Parameters und beim Scrollen den Wert. Die Reihenfolge der Parameter ist in der Praxis so gewählt, dass ich mich schnell durchklicke und mit etwas Erfahrung (dazu später mehr) gezielt die Werte den aktuellen Bedürfnissen anpasse. Das geht in der Praxis ähnlich intuitiv und schnell, wie zig Regler an z.B. einem Eventide Blackhole im Blindflug einzustellen.

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Der H9 ist klanglich extrem vielseitig und trotzdem einfacher zu handeln als z.B. ein Line6 HX Stomp. Letzteren nutze ich seit Jahren, und ich liebe dieses Pedal. Und trotzdem verliere ich mich immer noch in den Tiefen der Programmierung, da mich die Parametervielfalt einfach manchmal erschlägt und vom Weg abbringt. Eventide geht mit dem H9 einen vollkommen anderen Weg. 10 Parameter müssen für jeden Algorithmus ausreichen. Punkt. Dazu kurz ein Exkurs in die Eventide H9 Philosophie, so wie ich sie verstehe:

Im H9 Max stecken alle Algorithmen der TimeFactor-, Modfactor-, PitchFactor-, Blackhole, Space-TriceraChorus und weiteren Eventide-Pedalen. Zusätzlich gibt es knapp neun zusätzliche Effekte, die es, Stand heute, nur im H9 gibt. Das Pedal selbst kann immer nur einen einzigen Effekt auf Grundlage eines Algorithmus erzeugen. Der H9 ist also kein Multieffekt. Allerdings gibt es Algorithmen, die bereits so umfangreich auf das Eingangssignal einwirken, dass weitere Effekte wenig Sinn machen. Meine Meinung, wie immer. Somit kommt es einem Multieffekt manchmal sehr nah. Wichtig: Egal welchen Algorithmus man via Preset gerade ausgewählt hat: Es gibt, wie gesagt, max. 10 Parameter, um den FX den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Gut, es gibt mit dem Hotkey eine Divergenz, aber dazu später mehr.

Das war der zweite Clou. Kommen wir ganz schnell zum Dritten:

Eventide setzt bei der Programmierung eines Effekts zusätzlich auf eine App oder ein Programm (PC/MAC). Insbesondere bei der Verwaltung von Presets nutzen eigentlich alle bekannten und renommierten Hersteller mittlerweile diesen Weg. Und nun zum eigentlichen Clou: Im H9 ist ein Bluetooth-Modul eingebaut, welches sich mit Mac, iPad, iPhone, Windows-PC und Android koppeln lässt. Alternativ funktioniert die Koppelung auch via Kabel über die USB-Buchse. Die H9 Control App steuert dann das vollständige Pedal. Und hier ging mir persönlich ein weiteres Mal das Herz auf: Mal eben ein Algorithmus ausgewählt und ran an die Parameter. Klingt was geil: Kurz als Preset mit eindeutigem Namen abgespeichert. Firmware-Update geprüft. Backup erstellt. Preset-Liste für den nächsten Gig rüber kopiert. Systemeinstellungen angepasst. Alles kabellos und bequem per iPad. Kurz noch ein MIDI-Kabel ans H9 mit MIDI-Clock angeschlossen und schon folgen die Delays dem Projekttempo. MIDI-Controller eingerichtet und MIDI-CCs den Parametern zugeordnet, und schon lässt sich alles von der DAW und meinem MIDI-Controller fernsteuern und somit auch aufnehmen. Ich bin begeistert. Und wir haben bisher noch nicht über den Klang und eigentlichen Möglichkeiten gesprochen.

An dieser Stelle komme ich nicht umhin, endlich ein paar Bilder der H9 Control Ääp (ich hasse dieses Wort) zu zeigen. Zunächst eine Übersicht der Algorithmen:

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Und nun ein paar Screencaps der Presetbearbeitung:

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Ich denke nun schließt sich der Kreis: Die Software bildet die Potis der Eventide Hardware-Kollegen ab und folgt dabei immer dem gleichen Muster mit 10 Parametern. Das alles gilt z.B. beim Blackhole für das Bedienpanel der H9 Controller Software, für das (echte) Hardware-Pedal und auch für das Blackhole Plugin. Klanglich sind alle drei übrigens identisch. Dabei sollte jedem klar sein, dass jeder Algorithmus andere, angepasste Parameter anbietet. Das alles bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass ich mit dem Erwerb eines H9 Max im Besitz aller (!) aktuellen Eventide Bodentreter bin. Und das in Form einer kompakten, standalone Hardware zum Mitnehmen.

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Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass manche Algorithmen über zusätzliche Ansichten zur Bearbeitung verfügen, die einem die Arbeit erleichtern. Hier zwei Beispiele:

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Ich erwähnte eben den Punkt „Erfahrung“. In der Regel kaufen wir uns etwas und spielen dann eine Zeit lang damit herum. Beim H9 steppt man sich durch die Algorithmen und spielt dann mit den Parametern. Dabei erkundet man die Möglichkeiten und sammelt gleichzeitig Erfahrungen: Welcher Algorithmus macht bei welchen Einstellungen was? Und bei eben diesem Lernprozess ist die Software eine sehr gute Hilfe. Arbeitet man später nur mit dem Pedal, also ohne App, weiß man welcher Parameter was tut. Ein Nebeneffekt, der mir dabei aufgefallen ist: Das eine große Endlospoti auf dem H9 verleitet dazu, endlich wieder hinzuhören und nicht auf die Position eines festen Potis oder Parameters zu achten. Ich habe selten so schnell so viele Sweetspots eines Effekts gefunden. Danke Eventide!

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Noch ein paar Fakten zur Hardware/Bedienung

Er lassen sich 99 Presets abspeichern. Auf die XYZ-Taste lassen sich drei feste Parameter pro Preset festlegen, die sich unproblematisch (Prädikat: sehr steile Lernkurve) auf dem Gerät selbst umprogrammieren lassen. Der Eingangs-Gain lässt sich individuell einstellen und auf das angeschlossene Instrument (Gitarre, Synth, usw.) einstellen. Eine Peak-LED zeigt Übersteuerungen an. Es gibt einen eingebauten Tuner, der recht zuverlässig auch mit Synths zusammenarbeitet. So ziemlich jeder Parameter des H9 lässt sich konfigurieren (Bypass, globales Tempo, Mix-Verhalten, Bypass, Preset-Range, MIDI-Kanäle und CCs, Expression-Pedal, MIDI-Clock, MIDI-Switches, usw.). An die EXP-Buchse lässt sich neben dem Expression-Pedal auch ein Aux-Schalter parallel steuern. Mir persönlich fehlt ein immer verfügbares Volume-Poti für den Ausgang. Das habe ich über die Jahre bei meinem Line6 HX-Stomp echt schätzen gelernt.

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Ein ziemlich cooles Feature des H9 ist der Hotknob. Kurz erklärt: FX-Parameter für Position 1 einstellen, dann FX-Parameter für Position 2 einstellen. Und nun kann man via Slider (App), Expression-Pedal, MIDI-Controller oder über das große Scrollrad am H9 selbst zwischen beiden Positionen hin und her morphen. Während z.B. auf Position 1 das Delay im Hintergrund nur dezent vor sich hin plätschert, ist in Position 2 Vollgas mit über 100% Feedback angesagt. Ich denke, jeder da draußen wird seinen Spaß mit diesem Feature haben. Der Übergang erfolgt übrigens ohne Artefakte und ist somit immer musikalisch. Toll.

Es gibt bzw. gab einen speziell für den H9 entwickelten MIDI-Controller. Zu sehen unter https://www.evenmidi.com/midi-controllers/1-evenmidi-h9-midi-controller.html

Man kann aber auch jedes Gerät zur Steuerung nutzen, da die CC# nicht vom H9 vorgegeben sind, sondern selbst in einer Liste eingetragen werden können. Cool. Hier hakelt allerdings die Bedienung meiner App etwas. Änderungen der Werte werden erst nach dem x-ten Versuch übernommen. Trotzdem ist es so möglich, jedes Gerät als Steuerung zu verwenden, das MIDI-CC sendet.

Was mir noch aufgefallen ist: Ist ein USB-Gerät über Kabel verbunden, funktioniert die Synchronisation via MIDI-Clock nicht mehr. Seltsam. Ab und an verliert der H9 die Bluetooth Verbindung zu meinem iPad. Woran das liegt, habe ich noch nicht rausgefunden. Das Umschalten der Presets dauert immer 1-2 Sekunden. Kurioser Weise gilt das auch dann, wenn ich Presets innerhalb eines bereist geladenen Algorithmus wechsele. Das ist gerade für den Livebetrieb extrem suboptimal.

Die Nutzung der Apps ist an einen Eventide-Account gekoppelt. Hier muss die Seriennummer des H9 registriert sein. Wer also gebraucht kauft, sollte darauf achten, dass der Vorbesitzer das Gerät de-registriert hat.

Das deutsche Manual ist etwas sonderbar, denn hier werden die Funktionen im Detail und in ganzen Sätzen ordentlich beschrieben. Das hat den Vorteil, dass man wirklich alle Informationen erhält, aber den Nachteil, dass man viel lesen muss, um die kurze Info zu finden, die man gerade sucht.

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Kommen wir zum Klang

Ich habe im WWW vor meiner Anschaffung gelesen, dass der Klang des Eventide H9 nicht mehr zeitgemäß wäre, und er würde auch nicht mehr „überraschen“. Auch dem muss ich ein weiteres Mal in Teilen wiedersprechen. Ich Maße mir an, das Gros der aktuellen Effekte zu kennen. Und der H9 klingt einfach klasse, und das unabhängig vom gewählten Algorithmus. Trotzdem gibt es Algorithmen, bei denen klangliche Artefakte unangenehm auffallen. Das gilt für die die Pitch-Algorithmen. Nun kann ich nicht beurteilen wie gut ein Gitarrensignal dort „funktioniert; bei meinen Synthesizern stellt sich hier zu oft eine etwas unnatürliche Stimmung ein. Viele meiner Gitarren-Kollegen loben allerdings die Eventide-Pitch-Algorithmen in den höchsten Tönen. Das glaube ich einfach mal. Vielleicht geht hier einfach noch nicht mehr, oder ich erwarte zu viel. Mit einem nachgeschalteten Chorus/Reverb kann man diese Artefakte aber halbwegs glattbügeln, was auch einen gewissen Charme entwickelt.

Neben zahlreichen Bodentretern nutze ich auch sehr gerne amtliche FX-Plugins. Wie bei den Instrumenten (die ja bekanntlich selbst Töne erzeugen, was Effekte von selbst selten tuen) hat auch jeder Effekt seinen Charakter. Den kann man mögen oder eben nicht. Wäre dem anders, so wäre jedes Studio mehr oder weniger gleich ausgestattet. Mal ehrlich: Jeder von uns besitzt Brot-und-Butter-Effekte en masse. Interessant sind daher die Effekte, die eben nicht 08/15 klingen und dabei trotzdem musikalisch bleiben. Zu oft habe ich extrem interessant-anmutende Effekt-Plugins installiert oder als Hardware angeschafft, die in meiner Praxis schlicht und einfach nutzlos waren. Dazu gehören z.B. auch das Strymon Nightsky. Nach Monaten hatte ich das Pedal in nur ein, zwei Produktion eingesetzt. Ähnlich ging es mir vor Jahren mit der Mooer Ocean Machine. Und tschüss! Das weiß man leider immer erst nachher. Egal. Gerade bei den Plugins gibt es mehr interessante Kandidaten. Ich denke das unternehmerische Risiko „nur“ eine Software zu entwickeln ist defacto geringer. Ich schweife ab. Sorry.

Zusammengefasst bin ich der Meinung, dass der Sound des H9 gut in die heutige Zeit passt. Trotzdem: Für einige Anwendungen gibt es bessere Kandidaten. So ist der Shimmer meines BigSky dem Shimmer des H9 um Welten voraus. Sorry Eventide. Das gleiche gilt auch für den Bloom oder Cloud-Reverb. Die „Luftigkeit“ eines BigSky ist hier schon beeindruckend. Dafür muss ein BigSky passen, wenn das Eventide den Spacetime, Dynaverb oder Blackhole startet. Auch so manchen Chorus und Delay aus meinem HX Stomp würde ich nicht gegen die Algorithmen aus dem H9 tauschen. Vice versa. Auch kann ein H9 einen Multieffekt wie ein HX Stomp nicht ersetzen. Aber das will und soll es auch gar nicht. Der H9 ist somit oft auf die Mithilfe weiterer Effekte angewiesen. Nun könnte man auf die Idee kommen einfach zwei oder mehr H9 aufs Board zu pinnen. Ja das geht natürlich. Es lassen sich für eben diesen Fall auch mehrerer Geräte in der Control App verwalten. Ich würde dann aber eher zum H90 (mehr Infos dazu folgen) wechseln. Oder halt Spezialisten mit anderen Stärken rechts und links andocken.

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Mehrwert?

Das H9 Max bedient beide Welten: Da wären zum einen die Standards an Hall, Delays und Modulationen, die der H9 in amtlicher Qualität und Quantität liefert. Dazu gesellen sich zahlreiche Pitch-Effekte. Darf es etwas mehr sein? Gerne. Gut, dann starte ich mal den Blackhole oder den Spacetime und schon wird es episch, finster und unnatürlich. Aber immer geil. Dass Gleiche gilt für alle FX-Gruppen. Bei den Delays gibt es ebenso die Standards wie Digital, Tape, Ping-Pong &Co. Will ich mehr, dann lade ich den Ultra Tap oder den Reverse. Dieses Spiel könnte ich noch eine Zeit lang so weitertreiben. Zusammengefasst bietet der H9 alles, was man braucht plus - und dass, was mir persönlich wichtiger ist - viele kreative Effekte, die aus einem schnöden Synthsounds etwas ganz Besonderes machen. Denn mal unter uns: Aktuelle Synths klingen für ungeübte Ohren (also die meisten Musikkonsumenten) ziemlich ähnlich, und es sind auch oft die Effekte, die für ein Auf-Hören sorgen. Dass man beim H9 nicht in den letzten Winkel des Kaninchenbaus abtauchen kann, muss jedem klar sein. Das wissen die maximal 10 Parameter (da sind sie wieder) zu verhindern. Cool ist auch, dass die Parameter-Bandbreite des H9 ziemlich hoch angesetzt ist und somit auch extreme Sounds möglich werden. Auch verstecken sich in vielen Algorithmen gleich zwei oder drei Effekte. Dabei dient dann z.B. ein Regler nur dazu, einem Pitch-Effekt einen rudimentären Hall hinzuzumischen. Ich finde das extrem cool, weil durchdacht.

Ein Punkt, der mir noch wichtig ist, ist die Stereo-Breite. Gerade Delays verteilen sich im H9 gerne hart auf den linken und rechten Kanal. Das kann stören. Auch sind manche Algorithmen so angelegt, dass zwei separate Engines hart links und rechts laufen. Es gibt nirgendwo einen Regler mit der Aufschrift „Width“. Man muss das Ergebnis der Stereobreite dann so nehmen wie die Entwickler sie vorgesehen haben. Hier habe ich mir oft mehr Kontrolle gewünscht, denn in der DAW kann man nicht immer alles geradebiegen.

Nun ein paar Soundbeispiele (alle zusammen über 30 Minuten). Als Quelle diente ein Arturia Matrixbrute (ohne aktivierte Effekte). Am Anfang jedes Soundbeispiels spiele ich ein paar Töne trocken. Zwischendurch verändere ich ab und an den Sound des Matrixbrute, dies aber nur selten und wenn, dann dezent. Es wurde nichts nach-bearbeitet. Los geht´s:


H9 Delays


H9 Hall Part 1


H9 Hall Part 2


H9 Modulationen


H9 Pitch


H9 H9 eigene Effekte



Und zum Schluss ein paar „Spezialisten“:


H9 Pitch Harpeggiator


H9 Pitch Synthonizer



Persönlicher Eindruck

Eventide hat seit Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf. Und diesen verdanken sie neben der hohen baulichen Qualität auch dem ausgezeichneten Klang ihrer Produkte. Und natürlich auch ihrer Erfahrung. Und diese zahlt sich aus: Ohne viel Aufwand lassen sich Eingangssignal und Effektanteil miteinander musikalisch verbinden. Diese Symbiose klingt dabei fast immer natürlich. Selbstverständlich muss man diese Sweetspots auch bei Eventide suchen, aber hier ist man recht fix am Ziel. Und auch die Trefferquote ist ziemlich hoch. Und das ist es, was mich am H9 besonders begeistert. Mit anderen Effekten habe ich diese Suche irgendwann frustriert aufgegeben. Der H9 gibt mir nach ein paar Wochen das beruhigende Gefühl, dass hier noch einiges „geht“.

Ich unterscheide in Songs immer zwischen solchen Sounds, die einfach da sein müssen, damit es rund klingt und eben den Sounds, die im Vordergrund stehen und dem Song eine ganz spezielle Note verleihen. Und dabei spreche ich, wie gesagt, von besonderen Effekt-Klängen, die eben anders sind und diese spezielle Note unterstreichen oder im Idealfall, erst möglich machen. Brot und Butter kann mein Zoom MS-70CDR in bestimmten Grenzen auch. Und für viele Anwendungen ist dieses Pedal ein guter, kompakter und zudem äußerst günstiger Begleiter. Manche Songs schreien nicht nach Eventide, Strymon oder Valhalla. Manchmal darf es, nein muss es Käse aus der Tischhupe sein. Sucht man allerdings den sahnigen, cremigen, warmen oder brutal exotischen Sound, dann muss man auch in 2023 immer noch bereit sein, ein paar Euronen mehr auf den Tisch zu legen. Dafür besitzt man dann mit, zum Beispiel, einem H9 Max auch das nötige Rüstzeug, solche „besonderen Sounds“ zu finden.

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Zusammengefasst: Ja, viele der Effekte des H9 kennen wir und haben wir schon. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Und obwohl ich schon sehr lange mit Effekten an Synthesizern rumexperimentiere, klingt der H9 für mich neu und interessant. Punkt. Der PitchFactor erzeugt super interessante zusätzliche Harmonien für monophone Synths. CrushStation, Sculpt und Pitchfuzz sind extrem interessante Zerstörer insbesondere auch für Synthsounds, die ich so noch nie gehört habe. Der Synthonizer ist eine kleiner Synth, der aus dem Off zusätzliche Sounds oder Arpeggios generiert. Der eine wird das als überflüssiges Gadget abtuen. Der andere wird darin die ein oder andere Inspiration finden. Blackhole und Spacetime gehen weit über das normale Maß mir bekannter Reverbs hinaus. In der Modulations-Abteilung gibt es noch viele Schätzchen, deren Potential ich noch nicht im Ansatz begriffen habe. Ich gebe zu, den Charakter vieler Effekte des H9 kann ich nicht mit Worten erklären. Es würde aber auch nicht ausreichen sie zu hören. Denn das klangliche Ergebnis ist natürlich immer davon abhängig, was ich in den H9 reinschicke. Manchmal reicht es, aus den Cutoff/Drive/BruteFactor-Knob meines Matrixbrute nur ein wenig mehr aufzudrehen oder zu schließen, und das klangliche Ergebnis hinter dem H9 ist von einem Moment auf den anderen ein ganz anderes. Hier interagieren die Algorithmen des H9 sehr interessant mit den Frequenzen und Dynamiken des Eingangssignals. Und dieses Verhalten lässt sich leider nicht beschreiben. Das muss man erleben. Das lass ich jetzt einfach mal so stehen.


Großer Bruder und Alternativen

Seit ein paar Wochen ist der große Bruder des H9, der H90, erhältlich. Grundsätzlich liefert er die identischen Algorithmen, bietet aber gleich zwei vollständige Effekte des H9, die sich in unterschiedlichsten Signalwegen miteinander verknüpfen lassen. Er verfügt zudem über ein recht großzügiges Display, zusätzliche Bedienelemente und 4 Ein- und Ausgänge. Er kostet derzeit 1093€ und ist somit günstiger als zwei H9 Max. (681€). Eventide hat allerdings keine zwei H9-Prozessoren in den H90 eingebaut, sondern einen aktuellen ARM, was durch neue Algorithmen, die nicht mehr im H9 laufen, unterstrichen wird. Hier wird es wohl zukünftig weitere Überraschungen in Form neuer Algorithmen geben.

Weitere Alternativen kenne ich nicht, da es kein mir bekanntes Pedal gibt, das so viele Algorithmen bietet. Außer natürlich den Multieffekten. Hier bin ich aufgrund des Preises, Qualität (klanglich wie baulich) und der Bedienung ein großer Freund der Line6 HX-Serie. Mein bereits angesprochenes HX Stomp kann eine ganze Menge und dass auch gleich mehrfach. Dafür aber nicht so gut. Und es kostet sogar etwas weniger als der H9. Hier mein Test dazu aus 2019: https://recording.de/threads/test-line6-hx-stomp.247257/

Mit Boss Multieffekten habe ich mich schon immer, aus den unterschiedlichsten Gründen, schwergetan. Wobei ich die 200er Serie, wie damals auch die 20er Serie, überaus interessant finde. Aber ich mag dieses dämliche Marketing-Gehabe mit COSM, AIRD usw. überhaupt nicht. TC Electronic, Zoom und Mooer produzieren gute und zudem günstige Multieffekte. Sie liefern aber eben nicht den Sound, den ich (persönlich) suche. Gut da bleiben noch die Eventide (und andere) Spezialisten wie Pitchfactor, Blackhole, Space, Timefactor usw. Diese kosten zwischen 400€ und 460€. Das H9 Max 681€. Man zahlt also zwischen 220 bis 280€ mehr und besitzt alle aktuellen Eventide Algorithmen. Dabei verzichtet man z.B. im direkten Vergleich zu einem Pitchfactor auf die 10 physikalisch vorhandenen Potis und erhält einen Fußschalter mehr. Lange Atempause. Auch das lasse ich jetzt einfach mal so stehen.


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Fazit

Auch nach 9 Jahren kann sich das Eventide H9 Max auf dem Markt behaupten. Zahllose, grandiose Effekte im überaus robusten Gehäuse gepaart mit den unterschiedlichen, durchdachten Bedienkonzepten machen den H9 Max Harmonizer bereits zu Lebzeiten zu einem echten Klassiker. Dabei wundert es mich nicht, dass bisher kein anderer Hersteller das Konzept alle Effekte einer Produktlinie in ein einziges Gerät zu packen kopiert hat. Das Risiko, dadurch sein eigener Konkurrent zu sein, ist nicht von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite wird dieser damals mutige Schritt belohnt. Ansonsten hätte sich der H9 nicht so lange auf diesem hart umkämpften Markt bewähren können. Mich persönlich hat der H9 Max extrem positiv überrascht. Das reduzierte Bedienpanel funktioniert herrlich. Die Control App auch. Die Effekte bieten alles was ich sowieso schon habe, plus, und das ist wichtig, eben eine ganze Menge mehr. Das hatte ich in dieser Ausprägung nicht erwartet. Von diskret und subtil bis hin zur vollkommener, komplexer Zerstörung bietet der H9 wirklich alles. Ich kenne nur wenige Effekte, die sich so schnell so musikalisch anpassen lassen. Man merkt bereits bei den ersten Schritten mit dem H9, dass Eventide verstanden hat, was ein Musiker erwartet. Trotzdem, und das muss man akzeptieren, merkt man ihm die Jahre schon etwas an. Die Entwicklung bleibt geradebei Effekten nicht stehen und immer schnellere Prozessoren ermöglichen immer mehr FX-Power. Und da sind Hersteller, die alle paar Jahre ihre Hardware upgraden im Vorteil. Trotzdem ist mir die Philosophie von Eventide durch und durch sympathisch, und mit dem H9 Max hatte ich in ein paar Wochen extrem viele Aha-Momente.



Preis: 681€

Herstellerseite: https://www.eventideaudio.com/pedals/h9-max/

Produktseite bei Thomann: https://www.thomann.de/de/eventide_h9_max_harmonizer.htm
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Geiler Bericht - war gestern Abend meine Bettlektüre. Man merkt, wie viel Herzblut und - sofern man Richtung Gear davon reden kann - Liebe du dem Teil gegenüber hast. Cheers!
 
Servus, danke für den wirklich informativen Bericht.
Kannst Du eventuell sagen, welchen Stand Du für den H9 benutzt? Sieht ja sehr passend auf den Fotos aus. Thx & Cheers!
 

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