Fluch der ICH Form

[SoulFrontier]

Wenn Robert de Niro einen Mafia Boss SPIELT, dann bleibt er ein Schauspieler. Wenn ich von gescheiterten Beziehungen SINGE bleibe ich dennoch glücklich verheiratet.
Die Ich - Form in der Kunst bietet den Idioten dieser Welt leider eine Spielwiese für ihre depperte Fantasie.

(just a reminder for really, really stupid people)

Lindemann textet in der ICH - Form davon eine Frau zu vergewaltigen. Das ist imo geschmacklos aber: Es ist ein Song. Der Künstler schlüpft in die Rolle, das ist seine Aufgabe! Falco hatte seine Jeannie.
Bücher beschreiben Taten von Gewalttätern oft in der ICH- Form. Niemand kommt da auf die Idee den Autor mit dem Protagonisten gleichzusetzen.
Bei Musik ist das merkwürdigerweise anders.
Kleingeister und Idioten nerven mich.
Ganz aktuell und privat.
Denn mein aktueller Song beschreibt eine schwierige Situation eines Paares. Der Text ist nicht einmal von mir.
Und meine liebe Frau hat jetzt Angst (begründet) dass gewisse Leute daraus schließen dass ich mich von ihr trennen will.

 

[Entone]

Und meine liebe Frau hat jetzt Angst (begründet) dass gewisse Leute daraus schließen dass ich mich von ihr trennen will.

Dann weißt Du immerhin, von welchen Kleingeistern es sich ggf. zu distanzieren lohnt. Ich würde mir da ehrlich gesagt einen Spaß draus machen. Wer so doof ist, hat es nicht anders verdient.

 

[coffee boy]

dass gewisse Leute daraus schließen dass ich mich von ihr trennen will.

Trenn dich von den gewissen Leuten.

 

[Percy_Pösch]

Ich habe heute "Every Breathe You Take" von Sting im Radio gehört. Und beim Hören dachte ich mir so, ich glaube gar nicht mal dass er den Text ursprünglich gar nicht als Stalker gedacht hatte, sondern dass es seine echten Gefühle waren die er zum Ausdruck bringen wollte und sich beim Schreiben dann gedacht hatte, nee, das ist zu anhänglich/zu kriminell das geht ja schon in Richtung Stalking, na dann verkaufe ich das so.

Bei Stephen King zum Beispiel denke ich mir auch, es sind geile Geschichten die er sich ausdenkt, aber wenn man auf so etwas kommt muss dann nicht auch was schwarzes in seiner Seele sein? Man weiß es nicht genau. So gut kennt man ihn nicht.

Vielleicht auch unbewusst schließt man immer seine Rückschlüsse auf den Interpreten. Irgendwas von ihm steckt doch bestimmt mit drin.
Und meistens ist es auch so behaupte ich einfach mal.

 

[Dodo_I]

Bei Stephen King zum Beispiel denke ich mir auch, es sind geile Geschichten die er sich ausdenkt, aber wenn man auf so etwas kommt muss dann nicht auch was schwarzes in seiner Seele sein?

Hmmm, ich denke nicht, dass man unbedingt immer etwas davon in sich haben muss. Vielleicht bringt man es halt nur gut rüber und wirkt darin glaubwürdig. King kenne ich jetzt nicht.
Aber es gibt häufig Schauspieler, die persönlich ganz anders sind als ihre Standard-Rollen:
Betten Midler ist z. B. recht zurückhaltend, de Niro ist sehr nett, charmant und höflich. Robin Williams war schwer depressiv, Owen Wilson ist es auch.
Ich werde meist auch immer für fiese Rollen gebucht wie Richard III, Killer, Mafiabosse etc.

Gleiches gilt für manche Musiker: Tony Marshall war eigentlich ein hervorragender Opernbass, Ivan Rebrov genauso. Freddy Mercury stand auf Disco und Gospel. Da gibt es sicher auch zahlreiche Beispiele, dass Künstler Sachen machten, die ihrem Charakter nicht unbedingt entsprachen.
Auch in der Kunst: Magritte war eher wie ein Buchhalter, Picasso ging eher geschäftsmäßig an seine Kunst als unbedingt inspiriert ...

 

[holgi]

Die Trennung von Werk und Künstler ist immer eine Aufgabe des Betrachters/Hörers/Lesers etc.

das hat nichts mit dem Künstler zu tun.

das ist die ganze Schwierigkeit, und darin liegt aller Stress begründet, der uns beschäftigt.

Gerade im Metal war und ist es die Herausforderung, aufgrund der Texte und der Visualisierung, zu differenzieren, und man muss als Konsument dazu in der Lage sein auch auszuhalten, wes nebulös ist oder scheint.

 

[mjmueller]

.... ja, UND: das Spielen mit dieser doppelten Kontingenz macht manches erst interessant.

 

[Sascha Franck]

Bei Stephen King zum Beispiel denke ich mir auch, es sind geile Geschichten die er sich ausdenkt, aber wenn man auf so etwas kommt muss dann nicht auch was schwarzes in seiner Seele sein?

Gegenfrage: Wenn man findet, dass das "geile Geschichten" sind, muss man dann nicht auch etwas Schwarzes in der Seele tragen?

 

[Maledetto]

Bruce Springsteen ist der Meister der Ich-Erzählungen, kaum eine Geschichte hat er tatsächlich selbst erlebt aber man glaubt ihm jedes Wort, als Sänger ist man eben immer auch Schauspieler und Interpret, man interpretiert eine Geschichte. Wer das nicht versteht und abstrahieren kann kann mich mal.

 

[Summerhunter]

Wenn meine Frau mir sagen würde, sie fürchte, dass andere einen "Trennungssong" von mir für bare Münze nehmen könnten, würde mir das ganz deutlich signalisieren, dass sie in Wahrheit diejenige ist, die Angst hat, an dem Song könnte tatsächlich was Wahres dran sein.

 

[SoulFrontier]

Vielleicht auch unbewusst schließt man immer seine Rückschlüsse auf den Interpreten. Irgendwas von ihm steckt doch bestimmt mit drin.
Und meistens ist es auch so behaupte ich einfach mal.

Na dann gute Nacht Marie!

Das ist dann halt einfältig, wie ich es schon schrieb. Du meinst Till Lindemann träumt davon seine Oma zu begatten, ein junges Mädchen mit Rohypnol gefügig zu machen und tausend andere unleckere Dinge?
Hannibal Lektor steckt im Autor? Dann geh besser nicht zu einer Lesung.

 

[SoulFrontier]

würde mir das ganz deutlich signalisieren, dass sie in Wahrheit diejenige ist, die Angst hat, an dem Song könnte tatsächlich was Wahres dran sein.

Naja, Küchenpsychologie...

 

[mjmueller]

King hat das mal in etwa so formuliert:
Wenn er an einem See säße, käme aus seinem Unbewussten Ideen vielleicht über ein Monster aus der Tiefe des Sees, welches sich an Land begibt und dann ...
Wenn da Rosamunde Pilcher säße, würde die Sache mit dem See, vermutlich einen ganz anderen Twist bekommen.
Es ist für mich eine Frage der naheliegenden Assoziationen. Und die sind Gott sei Dank sehr unterschiedlich.
Wenn wir alle am See an Monster denken würden, würde ja keiner mehr King lesen.
Wenn wir alle Vergewaltiger wären, würde Lindemann mit der Idee auch nicht damit provozieren können.

 

[Turquoise]

Wenn ich an einige Texte von mir wie z.B. "Gorilla" denke - da gelang es den meisten nicht, zwischen Autor und LI zu trennen. Hier fehlt also eindeutig Burkie in der Diskussion, der Euch schon die Leviten lesen würde, dass man nicht alles, was man doch mal müsse sagen können dürfen, auch mal sagen können darf.

Idioten dieser Welt
(...)
ihre depperte Fantasie
(...)
Kleingeister und Idioten
(...)
meine liebe Frau

einfältig
(...)
Küchenpsychologie

Eine feine Differenzierungsgabe. Das zeugt von einem wahren Nicht-Kleingeist!

Meine Meinung zur Ich-Form liegt irgendwo in der Mitte der hier geäußerten Ansichten. Natürlich ist das LI nicht gleich der Autor. Aber der Autor muss zumindest verstehen können, worüber er textet. Und das geht nur, wenn er sich so mit dem Subjekt identifizieren kann (d.h. Teile von diesem auch in sich selbst wieder findet), dass es zumindest nicht lächerlich oder unglaubwürdig findet. Absolut keine Rückschlüsse auf den Autor zu ziehen, geht deshalb auch am Kern vorbei.

 

[Summerhunter]

Naja, Küchenpsychologie...

Nee, Kenntnis meiner Frau, die pfeift drauf, was andere über sie oder mich oder unsere Beziehung denken oder denken könnten. Wenn die also "Andere" vorschieben würde, um Bedenken zu äußern, würde ich stutzig. Wäre umgekehrt aber genauso. Man kann auch sagen "Wir sind uns selbst genug"

 

[Moiterei]

Ein gutes Beispiel für so eine in Ich-Form erzählte Geschichte ist ja auch das Lied "Der nette Mann" von der ersten Böhse Onkelz LP, was dann von der Bundesprüfstelle entsprechend komplett fehlinterpretiert wurde...

 

[SoulFrontier]

Absolut keine Rückschlüsse auf den Autor zu ziehen, geht deshalb auch am Kern vorbei.

Klar muss der Autor sich in die Figur einfühlen können und auch der Interpret eines Textes oder der Schauspieler. Binsenweisheit. Darum geht's ja nicht.
Ein Interpret wird jeden Text ablehnen den er nicht glaubhaft rüber bringen kann.

 

[SoulFrontier]

Ein gutes Beispiel für so eine in Ich-Form erzählte Geschichte ist ja auch das Lied "Der nette Mann" von der ersten Böhse Onkelz LP,

Jo ein gutes Beispiel für das Thema. Musste ich kurz googeln.

 

[Turquoise]

Darum geht's ja nicht.

Ich könnte Dir auch viele Beispiele nennen, wo das angebliche in-die-Rolle-schlüpfen des Autors irgendwann nicht mehr funktioniert hat . . . wenn die Rolle nicht überhaupt bloß vorgeschoben war. Ein unverfängliches Beispiel: wenn Bruce Springsteen in der Ich-Form den betäubend-abtörnenden Besuch bei einer Prostituierten beschreibt, nehme ich ihm persönlich nicht ab, dass es das selbst noch nie erlebt hat.
Oder denke an das Schlager-Thema Nummer Eins: die eine heiße Nacht, der Tanz auf dem Vulkan, das Feuer, das uns beide verbrennt... Denkst Du ernsthaft, wer das textet hat noch nie einen Seitensprung oder One-Night-Stand erlebt?
Sieh Dir Michael Jackson an - seine Verwandlung in Thriller und wie er sich im Laufe der Jahre "verwandelt" hat - zwar nicht in einen Werwolf, aber sein Gesicht hat sich vom Natürlichen tatsächlich immer weiter entfernt. Bei vielen Künstlern wird die Rolle leider irgendwann zur Realität.
Ein brutaleres Beispiel:
meines Wissens waren die ersten, die in Norwegen Kirchen abgefackelt haben ein paar Black-Metal-Typen, die genau das in ihren Texten schon oft durchexerziert hatten.

Also: zu sagen LI und Autor haben ncihts miteinander zu tun, lässt sich so pauschal einfach nicht halten. Deshalb sollte man vielleich zwei mal überlegen, bevor man alle, die diese Parallelen vor Augen haben, kurzerhand als Idioten, Kleingeister und Doofe abqualifiziert.

 

[moon-dog]

Auch in der Kunst: Magritte war eher wie ein Buchhalter, Picasso ging eher geschäftsmäßig an seine Kunst als unbedingt inspiriert ...

Ganz schön mutige Aussagen. Wirkt auf mich ehrlich gesagt etwas kunst- / künstlerfern...