Brauchen Musiker/Techniker eine Hoerschulung?

[noisefloor]

Früher war es aber definitiv nicht so dermaßen vor die Wand gefahren. Schlicht und ergreifend, weil HiFi da noch eine Art Statussymbol war und man auf sowas stolz war. Klar, auch früher gab es viel tontechnischen Schrott, das wird sich auch nie ändern.
Aber die 10-15% waren die "großen Jungs". Und selbst die klingen heute unglaublich oft Sch...lecht.

Ob Musiker eine Hörschulung brauchen? Ich sage ganz dreisst:

Ja!

Letztlich war das ebenfalls ein Teil meiner musikalischen Ausbildung. Ich habe meine Ohren geziehlt geschult, nicht nur auf Töne sondern auch auf Klänge und deren Zusammenspiel. Und das ist, wie ich finde, schonmal die halbe Miete. Die restlichen Feinheiten überlasse ich da gerne einem Tontechniker, dafür ist der Mann (die Frau) ja da. Wenn ich ihm schon brauchbares liefern kann (sprich: ein gescheites Arrangement und eine gute Komposition) liegt es an ihm, das ganze so zu mischen, dass es gescheit klingt.
Wenn dort aber nur noch laut geprügelt wird, würde ich, wenn ich könnte, mein Geld zurückverlangen und mir jemand anderen suchen.

Allerdings ist das ganze durch die Abkehr von HiFi hin zu Portable eigentlich eine logische Konsequenz. Wo bereits die Abspielgeräte einen schlechten Sound abliefern, ist das Material, das damit abgespielt wird, letztlich egal, leider.

 

[popsta]

Moin,

ich glaube auch, das ein Tontechniker/Meister eine Gehörschulung benötigt. Ich habe leider keine, bis auf den minimal Unterricht bei der SAE, die leider in keinster Art und Weise ausgereicht hat.
Letztendlich kann ich analytisch hören und einigermaßen gezielt ins Frequenzspektrum eingreifen und beurteilen. Das hat mich aber mehrere Jahre gekostet und ich bin noch lange nicht dort, wo andere Techniker sind.

Vieles ist mir im laufe der Jahre gleichgültig geworden, grade wenn es um den Begriff "Klangestetik" geht, weiß ich oftmals nicht mehr, wovon so manche Leute reden. Ok, man kann sicherlich über "gut" oder "schlecht" seine eigene Meinung haben, aber wo ist da das Maß? Und genau da hört es auf mit der Bildung, da geht es in den Bereich Erfahrung und persönliche Vorlieben, die man nicht eindeutig erklären kann.

Und noch eins, seid ich mich nicht mehr all zu viel mit dem Thema beschäftige, als vielmehr spontan arbeite, kann ich wieder Musik hören, also jegliche Art der Musik wieder genießen. Das ist mir in all den Jahren abhanden gekommen. Ich habe Musik weniger gehört, als viel mehr analysiert. Und ich finde, das dies meine Kreativität ziemlich angeregt hat, nicht nur technisch, als viel mehr musikalisch zu arbeiten.

 

[pitsieben]

Brocken schrieb:
In welchen 80ern seid ihr großgeworden?

In denen, die vor knapp dreißig Jahren begonnen haben.

Brocken schrieb:
In meinem Paralleluniversum haben sich auch damals nur 10-15% um tatsächliche Qualität ihrer Musikkomponenten geschert, während der Rest auf allerlei Müll gehört hat.

Das war bei mir glatt umgekehrt und hat sich erst geändert, als bei den Leuten die Position der Flimmerkiste, des Bügelbrettes oder des Rechners wichtiger wurde, als die der Boxen.

Brocken schrieb:
"Früher alles besser" ist der älteste Mythos der Welt.

Das allerdings stimmt.
Wenn auch nicht in diesem Falle. Ich sprach von MEINEM Bekanntenkreis und habe den als Beispiel herangezogen.
Meine kleine Wahrheit sozusagen.
Für Absolutheitsansprüche ist Rom zuständig.

Es wird immer noch reichlich Musik in 2.0. Stereo gemischt und um auch nur einigermaßen schüssiges Zeug zu bekommen, muss man schon kleine Spezialisten oder 2. Hand Läden aufsuchen...echte Freak-Shows teilweise.
Das ist doch kurios.
Ein abgetrenntes Zimmerchen in größeren Läden, in dem man ein wertiges Stereo-Setup testen kann, ist derzeit doch die Ausnahme.
Ein Berater mit Durchblick sowieso.

Wändeweise Handys, Player, Konsolen und Glotzen sind die Regel...und das ist der Massenmarkt, für den in der U-Industrie gearbeitet wird.
Das kann man sich echt nur noch schlecht schönreden.

Wolfgang schrieb:
Drittens, schlechtere Datenformate als 16/44.1 einfach bestreiken!

Ich zumindest bestreike alles unter 192 Kbps....Schmerzgrenze.
256 geht für mich klar.

 

[mikesilence]

Es gibt sicherlich Tontechniker die eine Gehörschulung bräuchten, auch schon erfahrene Mischer...

Das Problem heutzutage ist nur, wer hat schon den optimalen Raum (linearer Nachhall), eine optimale Abhöre, die Zeit und Geduld analytisches Hören zu lernen und wer von den wenigen Leuten die das können hat die Geduld und auch die Lust dieses beizubringen da es ja ihr Kapital als guter Techniker bzw. Mischer ist?

Wer von den heutigen "Tontechnikern" weiss wie man Klänge beim Produzieren auswählt die sich in ihren Frequenzen ergänzen und somit auch das Mischen einfacher machen? Eine solche Produktion wird im Nachhinein nie ein "Mastering" (LAUTMACHEN) brauchen da die interne Dynamik alleine schon für die Lautheit ausreicht ohne dass das Signal total totgequetscht als Rechteck in der Wellenform daherkommt.

 

[Wolfgang]

Analytisches Hoeren kann man sich mit Zeit und Gedult auch selbst beibringen.

Man muss nur wollen.

Fuer den Anfang ist es gut sich mit niedrigen kb/s mp3s gegen original wav Files reinzuarbeiten und dann die kb/s Rate hochzuschrauben um die immer feiner werdenden Unterschiede zu erkennen.

Dazu braucht man keinen klasse Raum und ueber nen guten Kopfhoerer geht das auch.

Mit einem Sinusgenerator Frequenzenraten ist auch ne gute Uebung um im Mix gezielter Eingreifen zu koennen oder Anomalien im Raum zu erkennen.

Jemand der das nicht kann wird niemals ein Raummikro richtig plazieren koennen!

 

[pitsieben]

Da es ja in diesem Thread auch um Musiker geht:

Analytisches Hoeren kann man sich mit Zeit und Geduld auch selbst beibringen.

Stimmt...Stimmgerät wegfeuern und nur live oder im Studio benutzen. Das bringt einiges.

 

[Kainer]

Critical Listening Skills for Audio Professionals von F. Everest hat mich (neben Golden Ears) Lichtjahre nach Vorne gebracht.
Dauert zwar lange und ist mühselig dran zu bleiben, aber es lohnt sich.


Wenn ich bedenke das man seine Augen und seine Nase auch so Schulen kann, .. --> Six Million Dollar Kainer

 

[Wolfgang]

pitsieben schrieb:
Stimmt...Stimmgerät wegfeuern und nur live oder im Studio benutzen. Das bringt einiges.

Ich hab den Conn Strobotuner um die A Saite zu stimmen.
Der Rest geht nach Gehoer.

Eine komplett nach Tuner durchgestimmte [g=422]Gitarre[/g] klingt nicht.

Wenn ich allerdings im Studio Gitarristen hab, die 5 Minuten lang ihre Klampfe stimmen und der erste [g=250]Akkord[/g] klingt dann als wenn man ner Katze auf den Schwanz tritt, rollen sich mir die Fussnaegel hoch.

Ueber 50% aller Musiker, auch von den Guten, koennen ihr Instrument nicht stimmen!

Das ist nicht erschreckend sondern alarmierend!

 

[WMD]

also ich konnte mir aus zeitgründen nicht den ganzen thread durchlesen, aber cih geb trotzdem mal meinen senf dazu.
also ich persönlich hab die ganze golden ears nummer mehrfach gemacht.
was nicht unbedingt schlecht war.

ich finde leute die in diesem beruf arbeten sollten auf jeden fall nicht einfach nur "warten" bis ihr gehört schlechter wird. die meisten ton techniker die ich kenn gehen 1 mal im jahr zum ohren arzt um alles checken zu lasse, bzw ein audiogramm zu machen. finde ich eine gute sache, weil man weiss ja nie.

allerdings kenne ich auch leute die mit dem beuf nichts am hut haben aber trotzdem erstaunlich gut hören(oder es sich wie so viele nur einbilden).

so, mein senf.

 

[Wolfgang]

Also zwischen gut Hoeren (nach den Kriterien eines Ohrenarztes) und analytischem Hoeren ist schon ein gewisser Unterschied.

 

[WMD]

ja das is ja klar, ich meine mit "zum ohrenarzt gehen" ja nur, dass es für mich wichtig ist dass ich immer mal wieder checken lasse ob meine ohren denn generell in ordnung sind.
ich persönlich hab set angem kein hörtraining gemacht. aber ich denke das würde mit sicherheit nicht schaden.und ich denke vielen würde das nicht schaden.
ich bin nur immer wieder beeindruckt davon was manche leute DENKEN zu hören, obwohl gar nichts passiert...

 

[Hintermann]

als musiker braucht man imho keine hörschulung - wenn ja dann ist man ja keiner
ein techniker braucht es nicht unbedingt ausser er ist mittelbar mit dem produzieren beschäfftigt - da braucht es eben erfahrung und eine schulung die ins analytische hören geht

 

[Wolfgang]

Hintermann schrieb:
ein techniker braucht es nicht unbedingt...

Warum braucht er es, deiner Meinung nach , nicht unbedingt?

Oder anders gefragt, welcher Techniker braucht es nicht?

 

[Brocken]

> Oder anders gefragt, welcher Techniker braucht es nicht?

Der Zahnmedizintechniker.



> Der Rest geht nach Gehoer.

Ja, das ist die einzig akzeptable Methode, ganz klar; und dabei handelt es sich auch um etwas, das jeder professionelle Musiker lernen muss. Ich kenne einen Haufen Schlagzeuger, Gitarristen, Bassisten und auch klassische Musiker, für die Stimmen bedeutet, am Wirbel zumindest die richtigen Töne einzustellen.

Guter Hinweis übrigens! HR-Falle Nr. 1: Leicht schiefe Stimmung. Hört man auch als Laie implizit sofort, klingt direkt miserabel.

 

[Hintermann]

Wolfgang schrieb:

Hintermann schrieb:
ein techniker braucht es nicht unbedingt...

Warum braucht er es, deiner Meinung nach , nicht unbedingt?

Oder anders gefragt, welcher Techniker braucht es nicht?

der techniker der nicht unmittelbar mit einer produktion beschäftigt ist