Ausnahmetalent oder nur Übung am Piano?

[Cruba]

Nö, Schnelligkeit ist eher Microtiming. Das erzählt auch die Wetten dass Hummelflug Gewinnerin. Die beschreibt in einem Interview, wie sie versucht hat Schlagwege zu verkürzen etc.

Ein gutes Beispiel für Schnelligkeit ist der Paradiddle... Wir reden ja über eine zeitliche Verknappung innerhalb eines Ablaufes. Wobei mir grade auffällt, wir sollten eher von Geschwindigkeit als von Schnelligkeit sprechen.

 

[hedelund]

möchte hier nur noch mal meine ansicht betonen, daß schnelligkeit absolut nix mit musikalischem talent zu tun hat ...

Na wenn es hier um die Beherrschung und Bedienung des Instruments geht, sehe ich da schon einen Zusammenhang.

Man kann natürlich auch Talent haben, welches man nicht nutzt, weil man zu faul ist zum üben.
Dann wird es auch nichts mit der Schnelligkeit.

Immerhin gibt es 16 und 32 zigstel Noten, die gespielt werden wollen und müssen.

LG Hedelund

 

[Cruba]

Mir sind die Gitarristen immer auf den Keks gegangen, die schneller spielen wollten als es ihre Möglichkeiten zuließen.

Aber wir schweifen vom Thema ab und ich denke den Eröffnungspost haben wir gemeinsam beantwortet.

Für dich Yaurith noch kurz eine kleine Referenz, falls Du dann mal zu Gitarrentalenten schielst.

 

[Yaurith]

Cruba,

Du bringst es auf den Punkt, vielen Dank für die Inspiration und für die Aufklärung! Ich glaube es gibt sie tatsächlich für jedes Instrument, die Ausnahmetalente. Es kommt wohl nur auf die Bewertungsrichtlinien an, und die sind ja glücklicherweise nicht standarisiert.

Das gute alte Motto: "Hauptsache es klingt!" wäre ein guter Weg, den Faden hier zu schließen.

Danke euch Allen, ich habe da ja nun meine Antworten soweit bekommen!

 

[synthpark]

möchte hier nur noch mal meine ansicht betonen, daß schnelligkeit absolut nix mit musikalischem talent zu tun hat ...

tja leider doch.
Ist nicht alles, aber Teil der benötigten Fähigkeiten eines erfolgreichen Musikers.

 

[slowhand73]

also ich muss da Hadelund völlig widersprechen. Denke nicht das es Grundvoraussetzung ist, Ragtime auf dem Klavier zu beherrschen, um sich dann Keyboarder nennen zu dürfen.
Denke das sind 2 verschiedene Welten und Spieltechniken.
Hab noch keinen Keyboarder gesehen, mich eingeschlossen, der Songs mit Flächen unterlegt und dann plötzlich aufspringt und sagt:
Aber schaut her, ich kann auch Ragtime.

 

[Gel Mitglied 84274]

Ich sehe schwarz. Vermutlich, weil ich mich weigere, den Flash-Player zu installieren

Für mich ist ein Musiker erst so richtig komplett, wenn dieser in der Lage ist, nicht nur Hektiker-Mucke zu spielen, sondern auch mal 2,4 oder mehr Takte schlicht und ergreifend "das Maul hält" oder gelassen in der Zeit 2 Akkorde spielt. Ein Grund, warum ich Boogie-Woogie nicht mag, alles viel zu hektisch, allerdings technisch auf einem sehr hohen Niveau! Diese "niedlichen" Melodien täuschen Einfachheit vor, aber grade was die Linke angeht, ist das schon hohe Schule und gehört aus meiner Sicht nicht zum Standard eines Keyboarders.
Wenn dem so wäre, dann gehört auch die Fußpedal-Technik von Kirchen/Hammond-Orgeln dazu.

Da ja vermutlich alle recording.de Tastenmucker bis ins letzte perfekt sind, oute ich mich mal als nicht perfekt. Allerdings sind meine Live-Acts gefragt, nicht, weil ich der Beste bin, sondern weil ich das Publikum abhole. Das kann kein Rudess, kein Wakeman. Die beiden sind perfekte Mucker, haben aber den Kontakt zur Basis verloren. Jon Lord war einer von denen, die immer mit Respekt gegenüber dem FOH agierten. Er hat nie sich selbst gefeiert, einer der Mucker, der die Musik in den Vordergrund stellte.

 

[hedelund]

#slowhand73 schreibt

also ich muss da Hadelund völlig widersprechen. Denke nicht das es Grundvoraussetzung ist, Ragtime auf dem Klavier zu beherrschen, um sich dann Keyboarder nennen zu dürfen.

Ich nenne mich Hedelund, und habe das so nicht geschrieben.

Bleibe bitte im richtigenText

LG HL

 

[HarrySH]

NurEinPing schrieb in #27:
Jon Lord war einer von denen, die immer mit Respekt gegenüber dem FOH agierten. Er hat nie sich selbst gefeiert, einer der Mucker, der die Musik in den Vordergrund stellte.

Jo, hier verneigt sich ein solch großartiger Pianist wie Friedrich Gulda vor einem ebenso großartigen Kollegen wie Chick Corea. Das muss ich bewundern.

Das sind für mich wahre Talente und mit Sicherheit hat solches Klavierspiel mal viel Übung gekostet.

 

[Entone]

Bei Musik geht es nur um Geschwindigkeit, Groupies und Goldmedaillen gewinnen. Als nächstes fordert ihr von Usain Bolt wahrscheinlich auch noch Gefühl und Glaubwürdigkeit im 100m Sprint.

Das andere Video oben mit dem "Greatest Ever" finde ich dagegen eher langweilig, liegt aber vermutlich daran das man seine Hände nicht so einsehen kann.

Das ist die richtige Einstellung. Ich höre auch ausschließlich mit den Augen. Ist übrigens auch beim Mixing das Beste was man machen kann.

wobei der gute Mann im Video ja auch tatsächlich etwas Gefühl bei den Zuhörern erzeugen kann, wenn ich die Reaktionen richtig deute.

Du solltest mal Andrea Bergs Publikum sehen. Die kann vielleicht Glaubwürdigkeit und Emotionen vermitteln.

 

[Yaurith]

Hey Entone,

erstmal danke für den netten Tritt in meinen Allerwertesten. Gut formuliert, das mit den Augen-Mixing. Ich nehme an Du hast meinen Kontext schon richtig verstanden, denn wie bereits oben von mir beschrieben war ich ja eher von der schnellen Fingerfertigkeit des Spielers beeindruckt. Das fehlte mir halt beim anderen Video, sorry., und langweillig war entsprechend eher darauf gemünzt.

Was deinen anderen Punkt anbelangt, so findet bestimmt Andrea Berg jetzt auch nicht unbedingt Anklang bei ´nem Napalm Death Publikum, oder andersrum, lach.

Gut, im Seniorenheim ist das Publikum jetzt vielleicht auch nicht so wählerisch, aber immerhin, der Wille mit Musik zu begeistern zählt hier ja auch schon etwas.

 

[Kuno]

Verstehe nicht, warum das Ausgangsbeispiel hier so klein geredet wird.
Der Typ ist ja nicht nur schnell, sondern trifft auch die Tasten. Klar ist das weit von einem "Ausnahmetalent" entfernt, aber so muss man auch erstmal spielen können.

Ist wie bei allem anderen auch natürlich Übung.
Gibt ja auch nen Typen, der Tonscheiben mit nem Bogen abschießt ... oder generell die ganzen Pro-Gamer mit unnormal krassem Aiming und Katzen-schnellen Reflexen.

 

[Can]

Also ich find's auch nicht spannend. Handwerklich natürlich gut. Das ganze nennt sich "Stride Piano" und ist eigentlich per sé immer erstmal beeindruckend, deswegen üben das auch viele Pianisten (außerdem macht's Spaß und ist ultimativer Hingucker auf ner Party). Das "Aufregende" an dem Beispiel ist die linke Hand (und die schnelle Akkord-Wiederholung in der rechten Hand). Solche Sprünge (immer abwechselnd der Grundton und dann der Akkord in der linken Hand) treffsicher, mit gutem Timing in hohem Tempo zu spielen ist in erster Linie Handwerk und geht halt selbst als fitter (Jazz-)Pianist erst nach monate-jahrelanger Übung.... mit klassischer Piano-Ausbildung tendentiell schneller.

Allerdings steckt da noch nicht automatisch Musik drin. Wenn man die Technik beherrscht, geht es darum, das irgendwie musikalisch zu verwenden - und da hört es halt bei vielen auf.

Typen, die das gut können, gibt's nicht nur irgendwo auf der Welt, sondern auch zur Genüge in Deutschland, wie z.B. Xaver Fischer, bei dem ich mal nen halbes Jahr studiert hab:



Sehr hörenswert auch das Saxofon-Solo von Denis Gäbel, seines Zeichens ebenfalls Tier

Übrigens: Prinzipiell kann das jeder lernen, mit Video-Tutorials, Büchern oder am besten einem Lehrer. Die beiden hier fand ich auf den ersten Blick ganz cool:




Das allerwichtigste ist, dass man sowas a) langsam übt und b) locker, nach jedem Akkord-Anschlag entspannen und nur so schnell spielen, wie man es entspannt spielen kann, so dass es sich noch gut anfühlt.

Selbst, wenn du sagst, du bist kein fitter Pianist, probier's mal ne Woche lang aus in langsamem Tempo. Es macht abartig Spaß, selbst wenn es noch nicht flüssig läuft

 

[Moiterei]

Vielleicht nochmal eine andere Frage für die Tastenspieler hier, wenn man sich seiner linken Hand schon sehr sicher sein sollte, jetzt im obigen Beispiel, macht dann der Unterschied zwischen Rechts- und Linkshänder da großartig was aus?

Interessante Frage, auch beim Gitarrespiel wird bei mir als Rechtshänder eigentlich mehr von der linken Hand gefordert...

Äh? Hä? Wie rum hälst Du das Ding denn jetzt normalerweise? Bin auch Rechtshänder, aber...

 

[Rolleum]

Also, ich fand das Ausgangsvideo von Toe Tappin Time jetzt nicht so der Hammer. Musikalisch gesehen eher Hausmannskost. Ich will nicht angeben, aber spiele fast täglich Chopin-Etüden, die sind weitaus schwieriger. Auch div. Läufe bei den Nocturnes von Chopin sind unglaublich schnell, da muss ich auch lange für stricken.

Die Sprünge im Baß bei dem Blondschopf im Video sind ja immer Tonika, Dominante, Subdominante, und oben rum gibts ja jetzt nichts wirklich schwieriges, oder aber turboschnelles. Wenn Du mal was wirklich schnelles sehen willst, und zwar von einer Weltklasse-Pianistin, dann schau Dir mal an, was Martha Argerich bei dem Tchaikowsky-Klavierkonzert Nr. 1 da abzieht. Das ist wirklich Weltklasse. Und ja, es gibt noch mehr Takte bei dem Stück als der Anfang der Ehrmann-Joghurt-Werbung aus den 90ger Jahren

 

[Yaurith]

Hallo Rolleum,

wenn ich mir das Video von Martha Argerich im Vergleich anschaue, so ist sie zwar stellenweise ebenfalls sehr schnell und präzise, die Intensität ist jedoch irgendwie anders. Das mag vermutlich nur am Stil der Musik liegen, bin mir allerdings nicht wirklich sicher.

Ich bin halt absoluter Laie, und ich ziehe vor jedem Tastenspieler per sé erstmal meinen imaginären Hut, vor allem wenn er (oder sie natürlich) Chopin spielen kann.

Und aus absoluter Laiensicht (!) finde ich die Art des Spielens schwieriger bei dem Blondschopf, als bei der netten Martha, was wohl daran liegt das er mit der rechten Hand quasi so ganz nebenbei den Rythmus vorgibt und aus meiner Sicht heraus sehr zielsicher ist. Ist schwer für mich zu beschreiben, aber wo er am Anfang direkt den Wechsel startet, da ist dieser Wow-Faktor, allein wegen der Koordination der Hände ohne auch nur ansatzweise auf die Klaviatur zu schauen. Martha hingegen ist wesentlich fokusierter, muß sie wohl auch, aber das macht es halt auch weniger spektakulär, lach.

@Can

Verstehe ich dich da richtig, es gibt Leute die so oder halt so ähnlich spielen können, die aber das musikalisch nicht nutzen können? Ich meine, wenn ich Stride Piano spielen könnte, dann muß man das irgendwie auch mal einsetzen können, denn nur zum Training oder gar zum Spaß macht das doch anscheinend keiner, vor allem weil ja genau diese Technik auch nicht allzu häufig auf hiesigen Bühnen gern gesehen ist, wie es scheint. Viele spielen halt "nur klassisch", da empfinde ich Stride Piano, auch wieder als Laie, irgendwie anstrengender, bzw. sogar herausfordernder. Und danke für die Tutorialvideos, so bekomme ich dann doch mal einen anderen Einblick in die Materie.


@Kuno

Danke dir ganz besonders für dein Statement, irgendwie rückst Du damit meine Intution wieder ein Stück weit gerade, einfach weil die Spielweise aus dem Video für alle anderen hier dann wohl doch eher unspektakulär erscheint.

 

[Gel Mitglied 84274]

Ich will jetzt nicht grundsätzlich gegen die Klassiker stänkern, schliesslich gehe ich gerne hier in die Musikhalle wenn dort grosse Orchester auftreten, aber schaue ich mir die Solisten an, sehe ich nur Technik. Auf einem wirklich hohen Niveau, keine Frage, aber ich finde manche "zeitgenössischen" 2-Akkord-Kompositionen gefühlsechter
Und steht auf dem Programm "Bach", würde ich lieber eine Wurst essen gehen. Ein langweiliger, hochpräziser Komponierroboter. Klassik ist "nur" eine Spielart der Musik, das vergessen viele, die sich schon fast unkritisch vor ihr verneigen.

 

[Cruba]

Und steht auf dem Programm "Bach", würde ich lieber eine Wurst essen gehen. Ein langweiliger, hochpräziser Komponierroboter. Klassik ist "nur" eine Spielart der Musik, das vergessen viele, die sich schon fast unkritisch vor ihr verneigen.

Das ist aber dem Zeitgeist geschuldet, weil man zu der Zeit keine wirklichen Emotionen in die Musik packte. Das machte man halt einfach nicht, weil's aus damaliger Sicht unangebracht war. Einige Komponisten haben sich dann dahingehend geöffnet.

 

[Locis]

wenn ich mir das Video von Martha Argerich im Vergleich anschaue, so ist sie zwar stellenweise ebenfalls sehr schnell und präzise, die Intensität ist jedoch irgendwie anders.

Das kommt daher, daß Rolleum die falsche Pianistin gewählt hat. Du willst Intensität? Dann hier:
Ist der 4 Satz des gleichen Konzerts von Tschaikowsky

 

[jet2]

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die beste szene finde ich bei 4:57, wo der dirigent zum telefonhörer greift...