Low Cut richtig anwenden?

[ricola]

Hallo liebes Forum,
ich bin noch recht neu hier und hoffe, dass mir jemand ein paar hilfreiche Tips geben kann.

Ich bearbeite i.d.R. fertige Live Mitschnitte in Wavelab 9 Pro.
Gleich zu Beginn der Pluginkette setze ich immer einen Low Cut bei ca. 30Hz (mit dem Hofa IQ-EQ V2). Das dies sinnvoll und notwendig ist wird ja in einschlägiger Literatur immer wieder betont und begründet.
Nun habe ich aber desöfteren festgestellt, dass sich am Ende der Masteringkette im bearbeiteten Signal (also quasi direkt vor dem Limiter) immer noch Frequenzanteile im groben Bereich unter 30hz tummeln.

Zum besseren Verständnis habe ich 2 Pics angehängt.
durchgehende Linien= Peakkurven
gestrichelte Linien=Energiekurven

Pic LowCut Start: LowCut nur zu Beginn der Masteringkette (weiße Linie ist Signal direkt nach LowCut bei 30Hz, lila Linie ist das bearbeitete Signal zum Schluß vor dem Limiter abgegriffen)

Pic LowCut End: LowCut zum Beginn UND zum Ende der Masteringkette (jetzt wirken alle Signale im Low End Bereich deutlich aufgeräumter). Allerdings habe ich bisher kaum gehört, dass man direkt vor dem Limiter nochmal einen LowCut setzt, wenn man es bereits am Anfang der Bearbeitung schon durchgeführt hat.

Sollte ich also zum Schluß noch einmal einen Low Cut setzen?

Danke für Eure Hilfe.

 

[Krusty]

Das ist wohl wieder so ein Fall von "hör auf deine Ohren".

Ich hab das letzte halbe Jahr auch viel mit dem Thema lowcut auf der Summe rumgetan. Ich fand am Anfang auch das alles aufgeräumter klingt und dachte auch das muss so, weil technisch richtig. Ich hab aber festgestellt,dass ein lowcut bei 30hz schon viel wegnimmt, auch bei 20 Hz. Und er schmiert eben auch bzw. passiert viel mehr als das nur alles unter dem lowcut weg ist. Es hat irgendwie immer Einfluss auf das ganze Spektrum. Lowcut bei 20 Hz klingt anders als bei 21hz. Natürlich kann man mit einem lowcut vor dem Limiter noch mal Lautheit gewinnen. Trotzdem kann es auch sein das aufgeräumt am Ende einfach nur dünn ist. Und es kommt natürlich auch auf die Musikrichtung an. Für hiphop/elektronische bassmusik ist ein 30hz lowcut wahrscheinlich viel zu hoch angesetzt, wenn im Club die Hosenbeine flattern sollen.

Du musst das echt nach Gehör machen. Wie ist denn dein Raum und deine Abhöre beschaffen? Kannst du die Oktave unter 50hz überhaupt richtig wahrnehmen/beurteilen?

 

[sts]

Hallo ricola,

nur falls Du es nicht gesehen hast, es gab hier erst kürzlich einen langen Thread zum Thema low cut:

https://recording.de/Community/Forum/Recording_und_Studiotechnik/Mixing/203331/thread.html

Vielleicht ist es ja irgendwie von Interesse.

 

[ricola]

Hallo Krusty,

meine Abhörsituation ist leider aus Platzgründen nicht so optimal. Ich habe mit großer Wahrscheinlichkeit ohnehin ein "Bassproblem", da meine Abhöre recht nah an der Wand stehen, eine davon noch im Eckbereich. Ich nutze Eve Audio SC 205 (ohne Sub). Ich bearbeite daher meine Spuren abwechselnd auf meinen Beyerdynamic DT 1770 KH (um den ungünstigen Raumanteil durch die Abhöre gegen zu checken) und schau mir das Ganze zur Sicherheit auf dem Analyzer an.

Aber ich kann deine Erfahrungen bestätigen. Mal ganz unabhängig von den Analyzer-Kurven glaube ich im direkten A/B Vergleich schon einen minimalen Unterschied zu hören wenn ich den LowCut auf die Summe setze. Andererseits glaube ich kaum, dass man diesen Bereich wirklich noch hören und objektiv beurteilen kann was da passiert und ich denke daher es ist eher Einbildung je öfter man hört. Ich bin daher noch hin und her gerissen, ob ich eher auf den Analyzer schaue und alles unter 30Hz wegschneide (weil es nach Meinung vieler erfahrener Leute so korrekt ist) oder meiner suboptimalen Abhörsituation vertraue. Zumal ich mit dieser Aufstellung meiner Monitoren ohnehin eine leichte Bassüberhöhung in Kauf nehmen muss. Ein "Hören" ist hier eigentlich Kaffeesatzlesen...befürchte ich.

Prinzipiell habe ich ja im Vorfeld kein Mixing (wo bereits diverse LowCuts gesetzt werden) sondern Stereospuren, die sich aus max. 2 Raummikro-Spuren (ORTF Cardioid und Omni A/B) zusammensetzen. Musikrichtung ist im weiten Umfeld des Jazz/Funk/Fusion angesiedelt...mit teils fettem E-Bass und drums oder sublilen Kontrabass und Jazzbesen.

 

[m_tree]

Lad doch mal ein Beispiel hoch, dann kann man besser beurteilen ob bei den Mitschnitten ein LC nötig ist oder nicht.

Unter 50Hz geben die wenigsten Boxen und Kopfhörer noch brauchbares wieder, und die Hörschwelle steigt Richtung Tiefbässe auch rasant an.
D.h., du wirst kaum hören können, was bei 30Hz passiert.
Allerdings hat ein LC bei 30Hz auch Einfluss auf darüber liegende Frequenzbereiche, und zwar nicht nur was den Gain im Frequenzband angeht. EQs färben den Klang durch Phasenverschmieren, Nachschwingen uvm.

Ich kenne den Hofa Analyzer nicht. Aber was ich sehe, erweckt nicht den Eindruck, als bräuchtest du einen Lowcut. Unter 50Hz geht die Kurve ja steil bergab ...

 

[Kuno]

Absenkungen im Bass-Bereich (muss nicht immer Low-Cut sein, manchmal geht Peak oder Shelf besser) solltest du in aller Regel als erstes machen.
Muss ja nicht sein, daß folgende Kompressoren auf Low-End-Dreck reagieren, den du am Ende eh raus haben möchtest.

Dann am Ende der Kette (oder direkt vor dem Limiter) noch einen Cut zu machen, ist absolut überflüssig. Da müsste man schon ganz heftige Intermodulationsverzerrungen haben, damit da überhaupt neuer Dreck entsteht.
Und in dem Fall würde ich eher mal die Plugins dazwischen überprüfen.