Treibt dich Angst..

[mWermut]

Eine vielleicht verträumte „Alles wird gut“ / „Es ist nie zu spät“ Wiedersehens-Story

Treibt dich Angst in die Zukunft?

Jeder kennt dich hier seit vielen Jahren
Diese Jahre hast du mir gefehlt
Niemand außer Oma hat von dir erzählt

Deine Stimme hört sich an wie Heimat
Deine Blicke wärmen wie Kaffee
Woran siehst du, dass ich rastlos schlafen geh?

Tausend Fragen hab ich dir noch nicht gestellt
Und nun bist du der, der wissen möchte, was mich quält

Treibt dich Angst in die Zukunft?
Dann lach ihr ins Gesicht
Nutz deinen Vorrat an Träumen
Dann kriegt sie dich nicht​

Jeder sieht uns an, dass wir verwandt sind
Ich bin dir zum Glück nicht peinlich fremd
In den Business Schuhen und dem weißen Hemd

Und so machen wir aus Träumen Pläne
Ach, die Zeit vergeht uns, wie im Flug
Und zum Abschied sagst du auf dem Weg zum Zug

Es gibt Fragen, die für immer offen sind
Doch wenn du staunst und lächelst, ziehn sie mit dem Wind

Treibt dich Angst in die Zukunft?
Dann lach ihr ins Gesicht
Nutz deinen Vorrat an Träumen
Dann kriegt sie dich nicht​

Auf der Scheibe tanzen Regentropfen
Jeder zeigt mir eine ganze Welt
Jeder zeigt, dass mir ein Stück der Jugend fehlt

Weißt du noch, du wolltest mit mir zelten
Fische fangen an den kleinen Seen
Abends grillen beim Gesang der Wasserfeen

Es gibt Träume, die noch immer greifbar sind
Und bald ist Sommer, lass uns fahrn, die Zeit verrinnt

Treibt dich Angst in die Zukunft?
Dann lach ihr ins Gesicht
Nutz deinen Vorrat an Träumen
Dann kriegt sie dich nicht​

 

[Gel Mitglied 86343]

Obwohl der Wunsch nach Überwindung einer Art von Konflikt deutlich zu vernehmen ist, scheint der Widerspruch fast unüberwindbar.

In welcher verwandtschaftlichen Beziehung die beiden stehen, bleibt leider offen. Und was zu der Entfremdung geführt hat ebenso.

Angesichts der tiefen Gräben bleiben die Versöhnungs-Versuche mit verträumten, romantischen Formeln -auch mit einer fröhlichen Melodie- fast zu schwach zur Wiedergutmachung, weil 'Fragen für immer offen' sind.

Nicht nur den Erzähler lässt die Geschichte, ohne genauen Hinweis auf eine Aufklärung, ziemlich im Regen stehen. Aber ich vermute mal, dass genau dieser Zwiespalt vermittelt werden soll.

 

[holgi]

sehr schöner Text

 

[Teestunde]

Abends grillen beim Gesang der Wasserfeen

Finde ich zu sehr dem Reim geschuldet. Ansonsten lesenswert.

 

[mWermut]

..der Text ist übrigens aus folgendem entstanden..

https://recording.de/threads/paar-allgemeine-gedanken-zu-texten.238902/#post-2981106 (im Anhang)

..dort hab ich mein Vorgehen zur Entwicklung eines Plots beschrieben und mir spontan ein Beispiel erdacht..

..was mich selbst überrascht, ist wie weit die Song-Idee schon gediehen war und das die Bridge/der PreChorus dabei die wesentliche Rolle spielt..

Viele Grüße, m

 

[Gel Mitglied 86343]

Ok, das ist eine überraschende Wendung mit dem Mind-Sheet. Ehrlich gesagt wollte ich schon mit Böll's Billiard um halb zehn um die Ecke kommen, hab mich aber nicht getraut. Doch jetzt wird doch eine Vater-Sohn-Beziehung daraus.

Anmerken will ich aber, dass der ursprünglich Charakter der Story erstmal nicht komplett rüber kommt, was aber deinem Grundsatz der Andeutung voll entspricht.

Wegen dem 'nur Oma hat von dir erzählt' möchte ich deshalb eher die Mutter nur kurz und knapp berichten lassen. Und dann ist mir das Prinzip Hoffnung zu schwach gewichtet.

Doch Kompliment, so macht Textforum Spaß.

 

[ellie99]

Es gibt Fragen, die für immer offen sind
Doch wenn du staunst und lächelst, ziehn sie mit dem Wind


Das ist ganz ganz schön!!!!

 

[Gel Mitglied 86343]

Es gibt Fragen, die für immer offen sind
Doch wenn du staunst und lächelst, ziehn sie mit dem Wind

So lehrt das Leben. Für den akuten Notstand ist das allerdings zu wenig. Man muss dieses lächerlich abstruse Konkurrenz-Spiel des Lebens über- und ab-führen, im wahrsten Sinne des Wortes, damit es keinen weiteren Schaden anrichtet. hmpf
'Die Menschen könnten Götter sein!' betete einst ein vollkommenes Über-Ich zu den Neandertalern.
Vierzigtausend Jahre Evolution sollten unseren überheblichen Gen-Anteil endlich überwinden.

Die nächsten geilen Songtexte werden nur noch als notwendiges Beiwerk zu kuriosen Beats&Sounds gesehen werden. Doch bezogen auf Deutsche Hits, werden sie die Neue Poesie des 21. Jahrhunderts sein.

 

[SoulFrontier]

Treibt dich Angst in die Zukunft?

Das stört mich irgendwie, weil es mir überhaupt nicht einleuchtet. Es gibt imo überhaupt keinen Bezug zum Text und diese Formulierung klingt für mich reichlich gestelzt.
Niemand wird in die Zukunft getrieben und Angst kann schon mal überhaupt niemanden in die Zukunft treiben oder zwingen oder was immer. Das Bild ist imo unpassend.

Treibt dich Angst in die Zukunft?
Dann lach ihr ins Gesicht

Wenn Du "in die Zukunft" streicht, dann wird es verständlich. Oder ersetze "in" mit "vor"
"treibt Dich Angst vor der Zukunft?" wäre imo da richtig(er).

 

[Gel Mitglied 86343]

Viel mehr als der Songtitel wird der Inhalt vom Menschenbild beherrscht: Ein obdachloser Vater beschert dem gesellschaftskonformen Sohn mit Lebens-Romantik eine traumhafte Zuflucht (oder Zukunft).

Unsere Mütter&Väter waren aber niemals besser als Wir! Als ihre ihre Nachkommen müssen wir uns der Lebensrealität genau so stellen wie sie selbst es getan haben. Die folgenden zerbrochenen Lebensläufe und die ewige Suche nach der richtigen Lebens-Einstellung oder -Führung enden jedoch im Led-Zeppelin-Nirwana.

"Wir haben den richtigen Weg gefunden! -Doch gehen können wir ihn nicht." ist für mich die Grundaussage des Textes in der jetzigen Form.

 

[mWermut]

Hi @malles,

Obwohl der Wunsch nach Überwindung einer Art von Konflikt deutlich zu vernehmen ist, scheint der Widerspruch fast unüberwindbar.

In welcher verwandtschaftlichen Beziehung die beiden stehen, bleibt leider offen. Und was zu der Entfremdung geführt hat ebenso.

..wenn einem Kind ein Elternteil verloren geht, ist das ja oft kein eigener Konflikt..wenn es nicht aufgefangen wird, bleibt es mit Schuldgefühlen und Fragen allein..wenn die Erziehung auf eine Hälfte verzichtet, fehlt eben die andere Hälfte..

..ich hab auf die Worte Vater (oder Mutter) und Kind verzichtet, weil ich dachte die Beziehung Elternteil - Kind ist deutlich genug angedeutet..und brauch auch nicht eindeutig ausgeprägt werden..

Viele Grüße, m

 

[mWermut]

Hi @Teestunde,

Abends grillen beim Gesang der Wasserfeen

Finde ich zu sehr dem Reim geschuldet. Ansonsten lesenswert.

Danke

..ich bin eigentlich stolz auf die 'Wasserfeen' und habe eine ganze Zeit gebraucht zu ihnen zu finden. Die Aktion 'Campen' sollte dem Kind mit einem Ort schmackhaft gemacht werden, der etwas rätselhaftes, mystisches ausstrahlt..die Brandung des Meeres, Stimmen einer fremden Sprache oder ähnliches..lange Zeit waren 'Teiche' der Ort und 'Stimmen von Kobolden' das mystische..bei einem Moor-Spaziergang mit der Familie sind mir dann die Feen in Form von blauen Libellen zugeflogen

Viele Grüße, m

 

[Gel Mitglied 86343]

Bitte verzeihe mir den eigenen familiären Hintergrund, hinter dem ich den Plot sehe. Dein Thema kann ich ohne Details nur im Kontext meiner Erfahrung beurteilen. Den Schmerz beim Verlust der Elternteile kann ich einfach noch nicht nachvollziehen.

Dein Thema und die Bearbeitung der Situation finde ich sehr interessant. Falls ich deine Story mit der Proklamation -der in meinen Augen- richtigen Eltern-Kind-Beziehung in den falschen Zusammenhang gesetzt habe, bedaure ich das sehr. Die Suche nach der Zukunft für mich und Menschen meiner Generation hat mich vielleicht zu sehr gefangen genommen.

 

[Eiermann]

In welcher verwandtschaftlichen Beziehung die beiden stehen, bleibt leider offen. Und was zu der Entfremdung geführt hat ebenso.

Finde ich hier nicht wichtig, das kann sich jeder für sich denken sofern die Person sich damit und seinen Erlebnissen Identifizieren kann, oder Kinder das wichtigste im Leben ist und somit Mitfühlt, das klein zu kauen würde es zu Belanglosen Blabla werden lassen.

Finde ich zu sehr dem Reim geschuldet. Ansonsten lesenswert.

Wenn man das mal aus Sicht des Kindes sieht..
Stell dir mal vor da steht der/die Kleine vor dir und erzählt,, er/sie hat sich das schon richtig toll ausgemalt, wie enttäuscht muss das Kind sein,Tragisch und Süß zugleich wie er/sie sich da Märchenhaft ausdrückt, da er/sie es nicht anders gelernt hat.
Spricht aber für das Kind, es ist noch vollkommen Rein

Ich finde den Text gut, ist die Frage wie es Musikalisch umgesetzt wird.

Diese Textzeile trifft es nicht ganz auch wenn man sich denken kann was du meinst.

Treibt dich Angst in die Zukunft?

Eine Möglichkeit wäre
Begleitet Angst dich in die Zukunft.

@mWermut man muss selbst ein Elternteil sein, es selbst erlebt haben oder mal mitbekommen haben dann kann man deinen Text auch Deuten / verstehen.

 

[mWermut]

Hi @SoulFrontier,

Das stört mich irgendwie, weil es mir überhaupt nicht einleuchtet. Es gibt imo überhaupt keinen Bezug zum Text und diese Formulierung klingt für mich reichlich gestelzt.
Niemand wird in die Zukunft getrieben und Angst kann schon mal überhaupt niemanden in die Zukunft treiben oder zwingen oder was immer. Das Bild ist imo unpassend.

..der Chorus ist zunächst die Forführung der letzten Zeile der ersten Strophe

Woran siehst du, dass ich rastlos schlafen geh?

..die 'treibende Angst' bewirkt die 'Rastlosigkeit'..
..konkret sind es z.B. erlebter Erwartungsdruck, das Nicht-Loslassen-Können beruflicher Themen, medikamentöse Hilfmittel zum 'Finden' der nächtlichen Ruhe die einen durch das Leben hetzen können..

..ich habe an dieser Stelle etwas versucht von dem ich mir nicht sicher bin, ob das nachzuvollziehen ist - aber wo soll man probieren, wenn nicht hier? - Im Chorus wechselt die Richtung des 'Du'. In den Strophen spricht das LI den 'Vater' an, der Chorus ist in 'wörtliche Rede' des 'Vaters'..

Viele Grüße, m

 

[mWermut]

Hi @Eiermann,

Ich finde den Text gut, ist die Frage wie es Musikalisch umgesetzt wird.

..ich hab mich bemüht den Sprach-Rhythmus von Strophen und Bridges synchron zu halten, so das man versuchen kann es für sich zu vertonen..meine Vertonung ist eine Art Pop-Song/-Chanson, muss natürlich nicht so sein..

Viele Grüße, m

 

[Gel Mitglied 86343]

Treibt dich Angst in die Zukunft?

ansprechend ist der Titel in hohem Maß -total unabhängig vom der Intension. Das Gefühl des Getriebenseins kann sicher (fast) jeder nachvollziehen. Wohin die Reise schließlich führt, kann hingegen niemand voraus sagen. Angesichts der sich immer mehr entfaltenden Story bleibt das Thema weiter spannend.

 

[Graham]

Niemand wird in die Zukunft getrieben und Angst kann schon mal überhaupt niemanden in die Zukunft treiben oder zwingen oder was immer.

Naja, psychologisch schon.

Vermeidung der Gegenwart, des Ist-Zustands, durch Abschweifen des Geistes in Zukunft oder Vergangenheit.

Nicht unüblich.


EDIT: Und woanders als im Kopf ist die Zukunft ja auch nicht auffindbar.

 

[mWermut]

Hi @malles,

Den Schmerz beim Verlust der Elternteile kann ich einfach noch nicht nachvollziehen.

Wir müssten den Schreibprozess viel mehr diskutieren als unsere Inhalte.

..ich kann noch mal was über die Inspiration zu dem Text schreiben..

..Ende Februar hab ich ein Interview im Radio gehört, in dem ein Sohn vom Wiedersehen nach vielen Jahren mit seinem inzwischen obdachlosen Vater erzählt..das war so weit weg von anderen Radio-, TV- etc Berichten und erschien mir näher am ungekünzeltem Leben zu sein, dass es mich in den Bann zog..

..beeindruckt haben mich vor allem die Erzählung von der Bewunderung gegenüber dem Vater, die Eigenwilligkeit und der Stolz des Vaters, der pragmatische Umgang mit ungelösten Problemen..

..in den nächsten Wochen hat mich dies Interview immer wieder ein Stück begleitet und ich hab Beobachtungen und eigene Erinnerungen darauf bezogen..

..gut sehs Wochen später hab ich aus dem Gedanken-Sammelsurium im Kontext von @Andaraginga s 'Gedanken zu Songtexten' Thread die Songtext-Skizze erstellt und in den letzten 2 Wochen zuende geschrieben..

Hier der Link auf das Interview (Es ist schon beeindruckend wieviel Vergangenheit im Internet nachglüht)
>>
https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2021/02/obdachloser-vater-sohn-buch-norman-wolf.html
<<

Viele Grüße, m

 

[Gel Mitglied 86343]

..ich kann noch mal was über die Inspiration zu dem Text schreiben.

Eine kuriose Geschichte von der man zuerst nicht glaubt, dass sie im alltäglichen Leben vorkommt. Den Vater möchte man eigentlich so schnell wie möglich aus der Situation raus holen. Und hier entwickelt sich dagegen ein verständnisvoller Dialog.

Aufbereitet hast du die Story aber auch sehr gut! Solche Podcasts sind also auch eine Pfundquelle für Text-Themen. Hast Du nicht auch mal eine Kriminalfall behandelt, mit Knarre und Blut und so oder erinnere ich mich da nicht richtig?