Textanalyse "Ich versteh es nicht"

[FutureSound]

Hallo zusammen,
hab mal eben grad einen Songtext ausgegraben, den ich vor ein paar Jahren mal in einer emotionalen Schmerzphase so ganz spontan verfasst habe
Musikalisch gibt's noch gar nichts dazu.
Da ich jetzt auf meine alten Tage unbedingt noch ins Songwriting einsteigen will, würd ich mich über ein kleines Feedback sehr freuen


Ich versteh es nicht.

Du sagst ich bin nicht gut für Dich,
doch warum bist Du dann noch hier?
Du sagst ich versteh Dich nicht,
und doch und doch erträgst Du mich?
Ich weiß es nicht, ich begreif es nicht und das zerreißt mich fürchterlich.

Ref:
Schatten in der Seele, Wunden tiefer als das Meer,
ertränkt im Ozean aus Schmerz, schneiden Messer in mein Herz
Keine Sehnsucht, kein Gefühl, weder Liebe noch Kalkül werd ich es je verstehn?
Kein Segen, keine Liebe und alles immer nur für Dich
und doch und doch, ich versteh es nicht.

Alles, ja alles hab ich getan für Dich
und doch und doch, Du begreifst es einfach nicht.
Oft, so oft hab ich geweint um Dich,
oft, so oft hab ich gekämpft um Dich,
Immer ja immer wollt ich sterben für Dich
und doch und doch Du begreifst es einfach nicht

Bridge:
Weißt Du ich hass Dich nicht, weißt Du so wollte ich es nicht,
weißt Du ich liebe Dich und doch und doch ich versteh es einfach nicht.
Ich versteh es einfach nicht.

 

[house12]

Hallo Future Sound,

Ich kann mir deine Schmerzphase ganz gut vorstellen, wenn ich deine Zeilen lese, mit der entsprechenden Musik kannst du damit bestimmt deine Hörer erreichen.

Nach dem Refrain wechselst du von "ich versteh es nicht" zu "du begreifst es nicht", das verwirrt mich etwas und holt mich aus der Stimmung. Von der Kette geweint/gekämpft/sterben für dich bin ich persönlich jetzt nicht so angetan, wärs mein Text, würde ich an den Stellen nacharbeiten.

Die Bridge klingt mir zu weinerlich könnte mir aber vorstellen, dass sie wieder funktioniert, wenn du die Strophe davor überarbeitest. Das haben wir ja alle schon erlebt, so eine Moment der tiefen Verzweiflung, in dem die Gedanken sich auf die Art überschlagen. (hab ich nicht gewollt, versteh ich einfach nicht, ich liebe dich, bitte hass mich nicht etc etc)

Hoffe das hilft dir weiter!

Liebe Grüsse!

 

[FutureSound]

Danke für das konstruktive Feedback! Das mit dem "begreifst es nicht" im zweiten Teil war mir noch gar nicht bewußt
Der Text sprudelte damals einfach so aus mir raus und ich hab auch überhaupt keine Ahnung vom Texten
Ich werd da mal noch dran arbeiten. Vielleicht wird mit ner Melodie auch noch einfacher.

bis dann, Hans

 

[artname]

Hallo Futuresound,

Bin unter Zeitdruck. Las deinen Text zur eigenen Entspannung. Deshalb keine detaillierte Textanalyse.

Also, mir ist der Text zu wehleidig. Unter "wehleidig" verstehe ich eine Ausdrucksform, die nur die eigenen verletzten Gefühle betont. Das LI empfindet sich als Opfer.

Wie stark die Verletzung scheint, drücken folgende Zeilen aus:

Alles, ja alles hab ich getan für Dich
und doch und doch, Du begreifst es einfach nicht.

Dieses alles alles ist mir viel zu dick aufgetragen. Wirkt regelrecht penetrant auf mich.

Das LI hat mMn auf den vereinfachenden Überlebensmodus umgeschaltet. Wo es nur noch um Möglichkeiten Flucht oder Angriff geht. "Ich verstehe nicht" ist in diesem Modus normal und gleichzeitig Alibi, nicht mehr über den Anderen nach denken zu müssen

Ich weiß nicht, ob es sich lohnt, den Text zu überarbeiten. Er ist eben im "Überlebensmodus" geschrieben. Heute bist Du garantiert in einer anderen Stimmung.

Mein Tipp, um Wehleidigkeit zu vermeiden:

1. zu jedem Vorwurf, jeder Frage von der eigenen Seite ==> das Gleiche von der anderen Seite spiegeln. Also sich mal in die Schuhe des Gegenübers stellen. Das klingt scheinbar nach Psychotherapie. Aber Du wirst staunen, wie der Text aufblühen würde, wenn dem Hörer ein emotionales Patt erzählt würde. DAS kennen wir alle... und wir sind gespannt, wie sich die Sache entwickelt.

2. Mal rausfinden, welche Gefühle konkret verletzt wurden (Stolz, Bindungsangst, Schutzgefühle, Sehnsucht nach Sex usw.).

2. eine coole Hook-Zeile suchen, die beiden Seiten gerecht wird. Hier könnte das schon "ich verstehe nicht" sein...aber es sollte zum Ausdruck bringen, dass BEIDEN diese Zeile aus den Augen springt.

3. Besser wäre allerdings eine Zeile, die irgendwie Trost spendet, statt blind an zu greifen.

Ich hoffe, Du kannst etwas damit anfangen.

P.S.:

Vielleicht wird mit ner Melodie auch noch einfacher.

Sehr guter Gedanke. Mache ich meistens beim Texten. Wobei ich fast immer zuerst eine Hook komponiere. Also nach dem Gefühl such, was mich im Textkontext dominiert. Oder ich suche nach der möglichen Hook, wenn ich auf ein fremdes Demo texte.

 

[Mike3000]

Auch auf mich wirkt der Text sehr selbstmitleidig. Zudem wiederholen sich viele Phrasen wie "Und doch, und doch"

 

[FutureSound]

Hallo artname,
danke für Dein Feedback. Ziemlich interessant was hinter ein paar spontanen Textzeilen alles stecken kann. Das ist ja eine richtige Wissenschaft!
Puh, ich glaub da muß ich mir wohl erstmal Literatur über's Texten besorgen. So ganz spontan überfordern mich die ganzen Gedanken im Moment grad ein wenig

 

[artname]

Hallo futuresound,

Gute Literatur übers Texten gibt es kaum auf deutsch. Schau mal unter autorenhaus verlag. Ich empfehle da allerdings eher amerikanische Autoren.

Alternativ hilft aber auch der gesunde Menschenverstand. Larmoyanz, Selbstmitleid mag keiner. Das eigene Jammern natürlich ausgenommen...

Ist nicht ganz einfach, das Texten. Sehe ich das richtig: Du produzierst mit eigenem Studio?

 

[MamaMuuht]

Hallo futuresound,

Den Ausführungen von artname ist kaum noch etwas hinzuzufügen. Vielleicht, das die Bücher vom autorenhaus verlag auch meiner Meinung nach nur bedingt tauglich sind. Sie sind sicher als Ergänzung zur intensiven Beschäftigung mit Songtexten hilfreich, laufen aber ein wenig Gefahr,Songtexten als Rechenaufgabe darzustellen. Gerade für Anfänger ist das, wie ich finde,ein schwieriger Weg. Hör doch einfach mal intensiv viele unterschiedliche Songtexte und notiere dir, was dir daran gefällt oder was nicht....
Was artname allerdings höflich verschweigt: Es gibt hier im Forum so unglaublich viele wundervolle und hilfreiche Kommentare zu Songtexten von ihm, die ersetzen locker den Kauf eines Buches! Ich jedenfalls mache das schon recht lange und lerne immer noch dazu.
Also artnames Spuren folgen und dich wird geholfen....

Liebe Grüße

die fettige Mama Jörg

 

[artname]

Lieber Jörg,

ganz herzlichen Dank für diese Blumen! DIE bleiben noch in der Vase auf dem Schreibtisch, wenn sie schon längst vertrocknet sind

Vielleicht, das die Bücher vom autorenhaus verlag auch meiner Meinung nach nur bedingt tauglich sind. Sie sind sicher als Ergänzung zur intensiven Beschäftigung mit Songtexten hilfreich, laufen aber ein wenig Gefahr,Songtexten als Rechenaufgabe darzustellen. Gerade für Anfänger ist das, wie ich finde,ein schwieriger Weg.

Um ehrlich zu sein, geb ich Dir da völlig recht. Deshalb fragte ich auch, ob Futuresound produziert. Denn der Umgang mit Büchern übers Schreiben gleicht dem Umgang mit technischen Büchern. Nur wer fast täglich mit einem Spezialgebiet beschäftigt ist, versteht Fachbücher so, wie sie von guten Autoren gemeint sind.

Gerade dieser Tage beschäftige ich mich mit den Textern von Udo Jürgens.Habe bei denen diverse stilistische Tricks entdeckt ( sicher auch durch Udo Jürgens inspiriert bzw. abgerungen) und forste nun in allen meinen Büchern, ob ich bei den Amis etwas in diese Richtung finde. Wenn ja, dann habe ich das in all den Jahren nicht verstanden. Das ist das Dilemma: man findet immer nur, was man finden will.

Wenn ich ganz ehrlich bin, meine ich: Schuster bleib bei Deinen Leisten. Wer sich nur mal lyrisch austoben will wie auf dem Bolzplatz, der soll das tun.Und wer mehr will, der muss sich neben großen Erfolgen auch auf große Schmerzen und Schmähungen einrichten...

Das Schwierigste scheint mir zu sein, sich selber treu zu bleiben. Ich denke heute schon den ganzen Tag darüber nach, wie lange wohl der eben noch von seinen Fans so gefeierter Mario Götze sein cooles jugendliches Lächeln behalten kann. Nicht nur Fußballer können jung verbrannt werden. Auch Künstler. Wenn sie nicht immer wieder Neugier und Selbstbewusst gleichermaßen entwickeln. Behutsam!!!

Lg

 

[FutureSound]

Toll, sehr schöne und vor allem super konstruktive Beiträge, das macht Lust auf mehr

@artname
Ich bin gerade dabei mir ein Studio aufzubauen. Produzieren tu ich noch gar nicht, will aber auf meine alten Tage hin dringend noch kreativ werden und deshalb auch eigene Sachen machen

Ich werd mich hier also mal durchs Forum wühlen, immer mal wieder einen Versuch zur Ansicht einstellen und dann einfach sehen was draus wird.

bis dann, Hans