Telecaster Pickups Richtung Vintage/Blues

Ich wünsche mir eine Tele, die klingt wie eine 59er Les Paul - also natürlich nicht der Sound, sondern was ist für eine Tele das, was für eine Paula das sagenumwobene Jahr 59 ist? Bevor in irgendeiner Form versucht wurde, den Sound der Tele zu "verbessern".

Der Holy Grail ist schon eine Blackguard (also bis ungefähr '54). Zwar hat sich danach erst mal nur die Farbe des Pickguards geändert, aber kurze Zeit später die Pickups und das geht dann am Steg so langsam in Richtung "dünn bis Eierschneider", wobei das in der oft in Foren geäußerten Konsequenz auch nicht stimmt. Ich hatte schon Teles aus den späten 50ern in der Hand, die sich klanglich kaum unterschieden haben. Wenn du dich mal durch ein paar Originale als Inspiration spielen willst, würde ich dir Guitarpoint in Maintal empfehlen. Da kann man durchaus mal Teles aus ganz verschiedenen Jahrgängen querverkosten.

Aber zurück zum Holy Grail:
Die Blackguards unterscheiden sich vom Holz und der Konstruktion in keinster Weise, wenn man mal von einigen wenigen Vorserienmodellen ohne Halsstab absieht. Auch der Halspickup blieb in den ersten Jahren gleich (von den Fertigungstoleranzen abgesehen), aber der Stegpickup hat sich geändert. Als die Gitarre noch Broadcaster hieß, waren die Stegpickups Lapsteel-PUs mit anderer Baseplate. Heute noch kaufen einige Freaks sich günstig eine alte Fender Lap und bauen den Pickup in ihre Tele (so auch Herr Richards). Diese Pickups hatten Polepieces mit etwas größerem Durchmesser und 43er Wickeldraht statt wie später 42er. Das Alnico 3 soll auch eine andere Legierung als später gehabt haben. Diese "Lapsteel on Steroids" Pickups wurden auch noch in den No-Caster Gitarren verwendet, schließlich waren das Broadcasters, die nur nicht mehr so heißen durften, weil Fred Gretsch heißgelaufen war ;) Alles was wir heute als Broad- und No-Caster kennen, war eigentlich Leos Vorserie, er hatte für genau die Zahl an Gitarren alle Teile eingekauft, die eben ziemlich genau mit dem Ende der No-Caster Aufkleber zu Ende gingen. Neben den Pickups sind daher auch andere Bauteile wie Potiknöpfe, Gurthalter oder die Bushings der Mechaniken ausschließlich in Broad- und No-Casters (bzw. Esquires aus der Zeit) anzutreffen. Wenn du diese Teile auch absolut Original haben willst: Mark Rutters - http://ruttersguitars.com/ - ist im Moment die amtliche Quelle dafür. Er macht übrigens auch gute Bodys für einen fairen Preis und selektiert die Hölzer nach deinen Kriterien.

Die Pickups aus der Ära sind etwas kerniger als später, aber die angeblichen 10kOhm, die angeblich das Unterscheidungsmerkmal sein sollen, sind auch Quatsch. Lt. Blackguard-Buch von Nacho Banos liegen auch die Broadcaster Pickups bei 6-8k, was im Grunde ein typischer Vintage-Wert ist, die sind schon noch sehr transparent. Ganz typisches Beispiel: Das Intro von "Refugee" von Tom Petty, so klingt eine Broadcaster. Auch das Intro von Counting Crows "Mr. Jones" würde ich nennen, obwohl das im Original eine LP Junior mit P90 war. Aber solche Sounds macht z.B. meine selbstgebaute Broadcaster-Replica.

Bei Keith Richards muss man bedenken, dass er seine Gitarren noch mit der alten und originalen Blend-Schaltung spielt. Da ist bei Schalterstellung Steg der Tonregler ein Blendregler, der den Halspickup dazublenden kann. In der Mitte ist es dann der Hals alleine und in Halsstellung ist es der Neckpickup mit zusätzlichem Kondensator (war gedacht als Basssimulation, heute quasi unbrauchbar, es sei denn, man will eine Jazzgitarre persiflieren). Ich habe mir diese Schaltung auch in meine Broadcaster gebaut und wenn man selbst damit arbeitet, merkt man schnell, wie Keith seine Sounds macht. Da ist immer ein wenig Halspickup dabei und deshalb klingt der Kollege auch nie anch twäng.

Nach der No-Caster Phase hieß die Gitarre dann ja Tele und Leo hat neue Teile gekauft, bzw. weitere Maschinen angeschafft, um die Teile zu produzieren. Neben den o.g. Metallteilen hat sich auch der Stegpickup ein wenig geändert (42er Draht, kleinere Polepieces). In der Variante klingt die Tele dann so, wie man sich das heute vorstellt. Sehr twängig, aber schon eher Cowboy als Rock. Während eine Broad- oder No-Caster eine echte Rockmaschine ist, kann eine 52er Tele schon sehr zahm sein. Hat durchaus auch seinen Reiz und Roy Buchannon hat ja auch ein paar schöne Sounds aus seiner 53er herausbekommen, aber durch die Änderungen an den Pickups schon haben die Gitarren nach 51 schon im Schnitt merklich weniger Pfund, weniger Mitten, aber dafür deutlich mehr Höhen zu bieten.

Kurz und knapp:
Wenn du die 59er Les Paul Tele willst, dann würde es schon eine Broad- oder No-Caster sein müssen. Bei Musikraft bekommt man Hälse die den Originalen aus dem Blackguard-Buch abgenommen wurden (man sucht sich die Seriennummer der Gitarre aus dem Blackguard-Buch heraus und Musikraft liefert die exakte Kopie des Halses). Musikraft liefert auch Blackguard Bodies, selektiert aber nur gegen unverschämten Aufpreis, daher bin ich zu Mark Ruttters für den Body gegangen.

Pickups, die wirklich den Originalen entsprechen, gibt es von Klein, Don Mare, Alan Hamel (nur noch gebraucht), Fred Stuart. Alle anderen Anbieter wickeln nur einen Tele-PU etwas heißer, mancher hat die Magneten richtig, den Draht aber nicht und umgekehrt. Von den genannten, die das nach allem, was man über die Originale weiß, wirklich authentisch machen, war mir Klein der seriöseste Anbieter mit dem wenigsten Voodoo. Die habe ich in meiner Broadcaster verbaut und die klingen tatsächlich wie das Intro von "Refugee" und sind auch sehr nah an einer originalen No-Caster dran, die ich mal spielen durfte.
 
Kleiner Nachtrag noch:
Einen ebenfalls ganz entscheidenden Anteil am Sound hat der Hals. Je dicker, desto mehr Masse und weniger Dämpfung und desto mehr Höhen hat die gesamte Gitarre später. Wenn man das mit einem sehr leichten Body kombiniert (der für sich gesehen eher dämpft und daher die Mitten hervorbringt), dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Aber man muss dicke Hälse schon mögen ;)
 
Yes, Halsdicke ist wichtig 90% der für mich richtig gute klingenden Teles und Strat haben fette Hälse, Richtung Boatneck...ein richtig guter 50ties SC (klanglich mehr die genannten Petty Sachen) war in einer Maple, Ash LSL, keine Ahnung, was die verbaut haben, ich glaube, eigene Pus. Ich mag den Klang Richtung 60ties lieber, und finde das auch rockig....
 
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Also, in den 50‘s war D-Shape Standard und 7.25“ Radius. Theoretisch zwar echte Keulen... daran gewöhnt man sich jedoch sehr schnell. Speziell der enge Radius ist am Anfang doof für Bendings. Doch bei mir kam sogar der Punkt, wo ich flachere Griffbretter überhaupt nicht mehr mochte. Ich finde, die runden Dinger unterstützen auch die Spielweise, die man mit solchen Gitarren und deren Sounds assoziiert.
 
Der Radius 7.25 ist doof, außer du spielt nur Akkorde (dann super angenehm), weite Bendings etc. naja, das Backshaping ist klanglich wichtig. Ich habe ultra fettes Boatneck und ca. 9er Radius, das funzt...Hardcore Vintage ist albern, auch die blöden Spaghetti Bünde, das spielt weder SRV, Campilongo.....sehr flache Griffbretter finde ich generell doof....
 
Geht alles. Gilmour spielt fast nur auf 7.25“... Und der bendet wie der Teufel :) Man muss sich nur nen Griff dafür antrainieren.
 
Another Brick in the Wall Bending? Da brauchste ne unangenehm hohe Saitenlage, auch diebezüglich ist Gilmour kein Maßstab, spieltechnisch schon gar nicht, 0815 Typ....auf Strat sowie Tele.....
 
Abitw ist mit ner Paula (P90) eingespielt worden. Live macht er es in der Tat mit ner Strat, mit nem 7.25“ Radius. Sehr niedrige Saitenlage (so, dass es gerade so nicht scheppert). Es geht. Es ist nicht mal schwer, wenn man sich ein bisschen darauf einlässt. Gilmour ist kein Shredder und kein Supertechniker. Aber er hat nen Ton und er bendet auf 7.25“ Brettern wie der Teufel :p
 
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Also, in den 50‘s war D-Shape Standard und 7.25“ Radius.

Nicht unbedingt ;) Es gab auch viele Vs auf Blackguards. Und das auch noch mal in zwei verschiedenen Ausprägungen (hart und soft). Einen etwas kleineren Anteil gab es auch mit U-Form, aber erst so ab '53. Auch 9,5" Radien gab es schon damals, allerdings wirklich ziemlich selten.

Meine Tele ist eine Kopie der Broadcaster #0211 von 1950 und hat eine 9,5" Radius und ein hartes V (im Original auch). Ist der dickste Prügel, den ich je in der Hand hatte, aber genau deshalb habe ich ihn mir auch ausgesucht.
 
Werde mir mal so einen Klein 50ties SC für den Steg besorgen, mal gucken, ob das weiter voneinander entfernt ist als Van Zandt plus (60ties) und Nocaster von Fender, interessiert mich...wo bekommt man die günstig?
Hier die anderen Sachen, die ich meiner Tele angetan habe, ein Kloppmann 60ties Stealth unter dem Schlagbrett, für die coole Strat Zwischenposition. Sichtbar (höher) wäre klanglich noch besser, ich wollte aber die Tele-Optik nicht zerstören.
 

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@Rainer_Hain: Danke für die coolen Infos bzgl. "Heiliger Gral" :) Sowas habe ich gesucht. Muss mich da bei der Tele echt erst mal rantasten.

Habe erst vor ein paar Jahren dickere Hälse für mich entdeckt, fühle mich aber im Grunde überall wohl - vom Sound jetzt mal abgesehen.

Was übrigens auch nicht puristisch aber dafür extrem vintage wird: Diesen Selbstbau werde ich mit Schellack polieren :) Kein Gestank mehr und ich kann es abends gemütlich im Wohnzimmer machen :)
Finde Schellack faszinierend und bin echt gespannt. Wenn alles glatt läuft, kann ich in 4-6 Wochen ein Bilder einstellen ... man bin ich jetzt gerade ungeduldig ...
 
Guitar Mill lackiert in Nitro und macht wie MJT tolles Aging, hatten früher? (meiner) auch sehr leichte Swamp Ash Bodies, war so um 550 Euro inkl Zoll, meiner ist sogar One Piece (klanglich null wichtig), Hals ist vom Gitarrenbauer einer Fender Masterbuilt nachempfunden.

Klar Schellack ist auch toll, bei klassischen Gitarren kenne ich das......
 
Danke, ist ja wie meine, ich wollte mehr Pissgelb, überlege sie aber gerade ein bisschen weiss überzulackieren!
Sehr schön!!!
 
Bzgl. der Pickups würde ich auch mal beim Andre Waldenmaier gucken... für die gebotene Qualität finde ich 165 Euro für ein Tele Blues-Set nicht teuer.
 
Ich habe ein Strat-Set von André und das ist schon ganz großer Sport. Er hat ja in seinen Gitarren lange van Zandts verbaut und als dort der alte van Zandt verstorben ist und der Neffe den Laden übernommen hat, fand André, dass die Qualität etwas gelitten hatte. Deshalb hat er mit Häussel quasi versucht, die "alten van Zandts" nachzubauen und lässt die beim Harry exklusiv für sich fertigen.

Das ist schon wirklich sehr edel, aber authentische Broadcaster/No-Caster hat der André AFAIK nicht im Programm (hab aber auch schon länger nicht mehr nachgeschaut).
 
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Meine Herren... das ist ein ziemlich geiler Thread geworden! Thx! :right:
 
Bzgl. der Pickups würde ich auch mal beim Andre Waldenmaier gucken... für die gebotene Qualität finde ich 165 Euro für ein Tele Blues-Set nicht teuer.


... auf alle fälle ist der Andre´ein guter tipp! …
(und auch ein guter typ ;-) )

den würde ich zumindest mit der anvisierten soundvorstellung direkt (persönlich)
kontaktieren … der weiß so ziemlich alles, was es rund um die gitten und
die pu´s zu wissen gibt.

auch wenn ich (er liest ja hoffentlich nicht mit! :confused:) ... die strat-pu´s
in meiner/seiner Staufer gewechselt habe …:) ... LG
 
etwas OT: in dem von wye verlinkten Beitrag suchte ich ja eine Telecaster, nicht unbedingt von Fender.
Und gefunden hatte ich dann - auch durch Hinweise von Foristen - eine von Haar Guitars, mit der ich ursthoch zufrieden bin. Und die hat nen richtig dicken Hals. Und da spielen Kloppmänner drin.
Die entsprechenden Tipps hier sind also auch aus meiner Sicht richtig.
 

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