süßes Gift zum Weiterreimen

[Gel Mitglied 86343]

Mit Spaß ist das nur unzureichend erklär-bar (bär
Es geht um die spezifische Beschreibung des Glücksgefühls ähnlich einer math. Gleichung, damit das Glück jederzeit wieder errechenbar oder reproduzierbar wird. Insofern trifft Deine Kritik das Ziel also genau.
Das Geschriebene ist in meinen Augen aber schon eine Art Verfremdung meiner realen Welt. Deshalb sehe ich in Deinem Hinweis eher den Ansporn für die dichterische Weiterentwicklung.

 

[artname]

lieber @malles : Vor einigen Wochen sagte mir ein interessanter Produzent: "Ich will keine Texte, die gut ausgehen - . Die können alle schreiben. Das ist langweilig. Ich will Texte, die eine ungelöste Lebenssituation spiegeln. Mit einem LI, dass authentisch kämpft, ohne Netz und doppelten Boden. DAS finde ich spannend!!!" -

Ich denke, dass er Recht hat. Während gefühlter 95% der Laufzeit eines spannenden Filmes scheitert der Protagonist zwingend. Am Ende siegt er zwar... aber davon gehen wir aus, das ist im Grunde langweilig. - Der Konflikt zieht uns mehr rein, erscheint uns echter. Und spannend für den Autor ist eben, wieviel Platz er im Songtext dem realen, scheinbar unlösbaren Konflikt einräumt... und wieviel der (Hoffnung auf) Lösung.

Etwas ganz anderes ist das Glücksgefühl eines deprimierten Autors, seine Hoffnungen in einem Text zu beschreiben. Ihn mag diese Vision zeitweilig beglücken... weil er sich so seine reale Ängste von von der Seele schreibt. Aber der Zuhörer hat diese (unerwähnten) Ängste eben nicht - und fühlt deshalb auch keine Befreiung - sondern merkt eher die Absicht und ist verstimmt.

Klingt für Outsider nach Reißbrettschreiberei... ist aber für mich DIE Grundfrage in der Praxis. Versteh das Ganze bitte nicht als unmittelbare Reaktion auf DIESEN Text. Ich könnte derartiges unter die meisten hiesigen Texte schreiben.

 

[Gel Mitglied 86343]

Etwas ganz anderes ist das Glücksgefühl eines deprimierten Autors, seine Hoffnungen in einem Text zu beschreiben. Ihn mag diese Vision zeitweilig beglücken... weil er sich so seine reale Ängste von von der Seele schreibt. Aber der Zuhörer hat diese (unerwähnten) Ängste eben nicht - und fühlt deshalb auch keine Befreiung - sondern merkt eher die Absicht und ist verstimmt.

Vor einigen Wochen sagte mir ein interessanter Produzent: "Ich will keine Texte, die gut ausgehen - . Die können alle schreiben. Das ist langweilig. Ich will Texte, die eine ungelöste Lebenssituation spiegeln. Mit einem LI, dass authentisch kämpft, ohne Netz und doppelten Boden. DAS finde ich spannend!!!" -

Kann sein, dass sich hier der Unterschied zum literarischen Schreiben liegt. Ein ungelöste Situation verlangt nach einer Strategie, während der Song nur ein Ausschnitt (?) aus dem Leben darstellt. Eine Entwicklung kann dann in einer Reihe verschiedener Songs dargestellt werden. Für den Unterhaltungswert ist es aber doch von Vorteil, eine Situation aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.

 

[artname]

nein, lieber @malles, nur ein wahrer Künstler kann aus meiner Sicht mit einer ungelösten Situation spannend umgehen. denn er arbeitet überwiegend nur mit Beobachtungen.

Fast alles, was ich in diesem Forum lese, teilt hingegen Erklärungen oder gar Lösungen mit. Als ob DAS schwierig wäre. Oder ein LI bejammert sich in einer ungelösten Situation. Das ist banal. Alle Welt präsentiert ungefragt in Gesprächen, wie er sich "Lösungen"vorstellt.

Dabei besteht das Leben Aller pausenlos aus ungelösten Problemen. Anhänger lebendiger Texte sollten die generelle Unlösbarkeit jede Sekunde präsent haben. Möchtegerntexter erklären das Leben. Gute Texter beobachten das Leben mit seinen total verwirrenden Detail .... amüsiert. Das Amüsierte ist das Amūsante. Es unterhält.

Gestern beobachtete ich eine schöne Spanierin. Ihr Schönheit bestand in der Lebendigkeit ihrer Gesten und Minen. Ihr am meisten benutztes Wort war... "Si"!

Noch heute bereitet es mir sofort Freude, dieses Gesicht zu imaginieren. Und so entstand langsam ein Text, den ich schon jetzt zu meinen schönsten zähle. Weil er mich daran erinnert, wie erlösend solche Menschen oft für mich waren - als Freunde, als vereinzelte Erlebnisse, als flüchtige Objekte kurzer Beobachtungen....

lg

 

[Gel Mitglied 86343]

So, jetzma ein Beischpiel:

In bin in so einer Meta-Stimmung: Weder zufrieden noch unzufrieden.
Was mir fehlt ist Zufriedenheit.
Nun gehe ich in den Garten und gieße die Blumen.
Bald stellt sich tiefe Zufriedenheit bei mir ein.

-Wenn ich jetzt beschreibe, warum und wie genau es mich glücklich macht, bin ich der Erklärbär.
Wenn ich aber immer wieder das Glücksgefühl beschreibe, dass z.B. durch den frischen Pflanzenduft, das plätschernde Wasser, die angenehme Frühlingsluft usw. entsteht, bin ich auf dem richtigen Weg?
Oder widme ich mich lieber dieser Meta-Stimmung oder dem Glücksgefühl im Detail und lass die Lösung oder die Ursache einfach weg?

Gestern beobachtete ich eine schöne Spanierin. Ihr Schönheit bestand in der Lebendigkeit ihrer Gesten und Minen. Ihr am meisten benutztes Wort war... "Si"!

Hast Du mal ein Foto von ihr? -nur, um mir das bildlich vorstellen zu können...

 

[artname]

@malles , wieder danke ich dir herzlich für deine Bereitschaft, mit mir Probleme zu diskutieren, die mich mein Texterleben lang begleiten. gerade sind wir vielleicht beim Schwierigsten: Schreiben wir für Andere oder für uns selber?

Anderen müssen wir leider viel erklären... was uns selber immer klar war. Aber andere zahlen mit Geld und Beifall für unsere Einfälle. Also müsen wir verständlich bleiben. Aber allzu Verstöndliches nennt man banal und dafür gibts weder Geld noch Beifall.

Gegen Banalität kann man aber etwas unternehmen.
1. zunächst radikal kürzen, was relativiert. Es gibt keine relativen Gefühle. Gefühle sind absolut. Wir schwächen unsere Gefühle oft nachträglich ab, um nicht nackt im Wind zu stehen.
2. erst mal radikal schreiben, was in einem als Autor steckt. ALLES. Die Gedanken sind frei. so frei müssen sie auch klingen. Dann kann man ändern oder streichen. Auf diese Weise sieht man wenigstens gnadenlos die eigene Selbstzensur. Aber oft läßt man radikale Formuliereungen stehen, weil sie nach mehrmaligen Lesen immer geiler klingen.
3. Ich leiste mir gern 1-3 Aussagen, die ich für schwer verständlich halte, weil sie meiner chaotischen Biografie entspringen. Einserseits bin selbst ich nicht so einmalig ... und andererseits hat Unverständliches auch etwas geheimnisvolles.

Manchmal lerne ich eine ganze Romanseiten auswendig. immer wenn ich wiederhole, achte ich auf die Stellen, wo ich rauskomme. DIESE Stopersteine sind oft schöne Formulierungen, die ich noch nie bewußt benutzte. Und weil sie mir so unverbraucht erscheinen, schreibe ich sofort textzeilen... aus denen meist in wenigen Minuten fertige Texte werden. Weil die neuen Formulierungen wie ein Zauberduft über ihnen schweben.

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hier mein heutiges Beispiel. Ich werd es zeitnah wieder löschen, weil ich keinen OT unter deinen Text schreiben will

just für einen moment überkommt sie uns bang
die gewissheit drohenden ungemachs
nur einen moment - einen wimpernschlag lang
die gewissheit ewiger nacht

mitten am tag läuft der abspann
olivengrün verblasst, das
himmelblau verschwimmt im
grau der staubwolke die sich türmt

mitten im spiel droht der abbruch
die dunkelheit bricht ein, kein
flutlicht - kein strom, schon
immer war klar, dass es so kommt

just fūr einen moment

nur für einen moment überkommt sie uns bang
die gewissheit drohenden ungemachs
nur ein kurze moment, einen wimpernschlag lang
die gewissheit ewiger nacht

mitten im film läuft der abspann
und jeder war der täter,
Abrechnung folgt später
sind wir klüger als wir sind

mitten im spiel droht der abbruch
die dunkelheit bricht ein, kein
schwein sieht mehr als das
was er sieht oder denkt

just fūr einen moment

nur für einen moment überkommt sie uns bang
die gewissheit drohenden ungemachs
nur einen moment - einen wimpernschlag lang
die gewissheit ewiger nacht

und dann ist alles
vergangen, vergessen,
vorbei
vergangen, vergessen,
vorbei
vergangen vergessen
vergessen
veegessen

 

[Gel Mitglied 86343]

hier mein heutiges Beispiel. Ich werd es zeitnah wieder löschen, weil ich keinen OT unter deinen Text schreiben will

just für einen moment überkommt sie uns bang
die gewissheit drohenden ungemachs
nur einen moment - einen wimpernschlag lang
die gewissheit ewiger nacht

mitten am tag läuft der abspann
olivengrün verblasst, das
himmelblau verschwimmt im
grau der staubwolke die sich türmt

mitten im spiel droht der abbruch
die dunkelheit bricht ein, kein
flutlicht - kein strom, schon
immer war klar, dass es so kommt

just fūr einen moment

nur für einen moment überkommt sie uns bang
die gewissheit drohenden ungemachs
nur ein kurze moment, einen wimpernschlag lang
die gewissheit ewiger nacht

mitten im film läuft der abspann
und jeder war der täter,
Abrechnung folgt später
sind wir klüger als wir sind

mitten im spiel droht der abbruch
die dunkelheit bricht ein, kein
schwein sieht mehr als das
was er sieht oder denkt

just fūr einen moment

nur für einen moment überkommt sie uns bang
die gewissheit drohenden ungemachs
nur einen moment - einen wimpernschlag lang
die gewissheit ewiger nacht

und dann ist alles
vergangen, vergessen,
vorbei
vergangen, vergessen,
vorbei
vergangen vergessen
vergessen
veegessen

Endlichkeit passt doch ganz gut zum Thema Liebe oder Rausch. Deshalb halte ich es lieber mal schnell in einem Zitat fest.
In meinen Augen behandelst Du die Endlichkeit in Hinsicht auf die Aspekte, die einem Menschenleben wertvoll erscheinen, durch das eigene Lebensende aber völlig bedeutungslos werden.

Mit aller Macht versucht der Mensch lebenslang Einfluss auf sein Leben zu nehmen. Zuletzt muss er aber die Endlichkeit seines Lebens akzeptieren. Jeder noch so mächtige Mensch bekommt am Ende die eigene Machtlosigkeit zu spüren.

Nun lenkte ich die Aufmerksakeit gerne auf das Thema Hoffnung oder auf die Konsequenz aus dieser Endlichkeit für die eigene Lebensgestaltung. Doch da bist Du sicher nicht dabei.

 

[artname]

lieber @malles ,

Nun lenkte ich die Aufmerksakeit gerne auf das Thema Hoffnung oder auf die Konsequenz aus dieser Endlichkeit für die eigene Lebensgestaltung. Doch da bist Du sicher nicht dabei.

1. Du hast nicht heraus gelesen, was ich meinte, hinein geschrieben zu haben: Der Tod streift uns im Leben immer nur für Momente. Wir erschauern... und vergessen.

2. Ich hoffe vermutlich wie jeder andere auch. Ich hoffe u.a. auch auf Texte, die nicht nur Liebesnächte, Frühling oder Urlaub als lebenswerte Zeit anbeten, sondern auch das Risiko, für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen oder auch nur für die Schönheit, die wohl.in jedem Moment verborgen ist. Ich hoffe auf eine Fröhlichkeit, die nicht traurig macht. ich hoffe auf Leben, dass den Tod nicht ausklammert.

3. ich habe einen Moment der Todesahnung beschrieben, in dem dem auch die dunklen Mächte ihre Macht an den Tod verlieren ... die Freude, dass der Tod vorüber geht... dass wir vergessen müssen... und können.

4. Ich schrieb das für mich... deine Frage vorausahnend. Sie ist mir, entschuldige bitte, zu abendländlich geprägt.

Dich wird meine Antwort vermutlich nicht zufrieden stellen. Nenne mir doch in deinem Text die "Konsequenz für die Lebensgestaltung". Das ist wirklich sehr interessiert gefragt, lieber Schreibfreund.

 

[Gel Mitglied 86343]

Nenne mir doch in deinem Text die "Konsequenz für die Lebensgestaltung".

da fehlt der Weisen Schluss natürlich noch: Sich dem Leben mit der Gewissheit hingeben, dass jedes Glück auch Unglück in sich trägt. Akzeptanz vom Machtspielen und menschlichen Schwächen, um erfüllt leben zu können. Nur will mir das bei mir selbst und anderen nicht allzu oft gelingen.

 

[artname]

Ich betrachte Lyrik nicht als Ratgeber. Dafür gibt es Psychologen und andere Trainer. Lyrik ist für mich eine Bühne für Obskures. Für den unerklärlichen Rest. Musik ist doch etwas Ähnliches. Viele Menschen singen vor sich hin. Wenn sie Angst haben, aufgeregt sind,oder verliebt oder die Arbeitszeit totschlagen wollen. Ich singe gern, wenn ich komplizierte oder nervtötende Arbeit verrichten muß.

Die Texte sollen mich ebenfalls nicht in eine Tretmühle ziehen. Ich glaube, einer der Gründe für die Akzeptanz englischer Texte ist ihre Unverständlichkeit. Ich finde alles allzu Ernsthafte lächerlich und vieles Lächerliche interessant.

Ich mag die Schlager der 60iger, deren Texter ich zT noch persönlich kennengelernt habe (Gema). Sie nahmen ihre Texte nicht so verbissen ernst wie meine heutigen Kollegen.

Ich mag mystische Songs ala Dylan oder zynische ala R. Newman. Ich mag alles, was dem verrückten Fluß der Gedanken zu entsprechen scheint. Nicht dem der mühsamen Logik... der auch ich erfolglos jahrelang folgte, weil Produzenten in diesen Relationen denken und abfordern.

Soviel aus dem Urlaub. Bald hat mich die Mühle wieder. Dann klinge ich eventuell auch verändert...