Nach meinem Empfinden wird das Thema einfach zu weit ausgedehnt und wird überspannt gehandhabt.
Es gibt eine Gebotsansage.
Die ist doch eigentlich klar genug angegeben.
Es gibt eine Geldmenge für eine Arbeitsmenge = EUR/kg
(...)
Die Crew braucht einen Dienstleister, bietet Geld für Arbeit.
Das ist ja auch alles ok und schön und gut soweit. Und auch sicher kein Grund, auf Fred mit der moralischen Keule einzudreschen. Entweder man bewirbt sich um den Job oder läßt es eben bleiben.
Dennoch hat die Angelegenheit einen Haken: die Band will schnell, gut und billig gleichzeitig haben. Und das wird in der Kombination sicher schwierig.
Mal ein paar Denkanstöße:
-da Freds Band eine ordentliche Rechnung mit Mehrwertsteuer benötigt und außerdem Mix und Mastering dieses doch recht umfangreichen Projekts (14 Songs mit jeweils mindestens 40 Spuren) sehr zeitnah fertig werden muß, fallen alle Amateur-/Hobbymixer schon mal weg. Denn wer nur aus Spaß an der Freude mixt, der muß sein Einkommen anderweitig bestreiten und kann daher nur in seiner wahrscheinlich eher spärlichen Freizeit an dem Projekt arbeiten und dementsprechend die Terminvorgabe (3Wochen) wohl kaum einhalten. Salopp gesagt: vor nächstes Jahr Ostern wird das wohl nix... Ist halt was anderes, als ab und zu mal ein Lied in der mischmaschine o.Ä. Also bleiben als mögliche Auftragnehmer nur gewerbliche Anbieter.
-Das heißt, von den 100 € pro Song bleiben nach Abzug der Mehrwertsteuer noch 84,03 € übrig. Da es aus hier im Forum auch schon gelegentlich ausdiskutierten Gründen nicht ratsam ist, Mix und Mastering im selben Raum von der selben Person durchführen zu lassen (wenn es wirklich gut werden soll), muß man davon noch das externe Mastering abziehen. Wenn wir da mal von 50,- € pro Lied ausgehen (Anbietern, die billigere Preise aufrufen fehlt es meist an der nötigen Erfahrung und Abhörumgebung, kann man also wohl vergessen), dann bleiben dem Mischer noch genau 34,03 € pro Song.
-Nehmen wir mal an, ein fiktiver gewerblicher Tonstudiobetreiber und Mixer aus der prekären Wirklichkeit nimmt den Auftrag zu diesen Konditionen an. Dieser Gewerbetreibende muß davon dann nicht nur seinen Lebensunterhalt bestreiten, sondern auch seine Fixkosten wie Miete, Strom, Versicherungen, Telefon, Werbung und und und... von Ausgaben fürs Equipment usw. mal ganz zu schweigen. Angenommen der Gewerbetreibende fängt eher klein an, sich was aufzubauen, liefert aber dennoch gute Arbeit ab, da er vor Eröffnung seines gewerblichen Studios schon jahrzehntelang als Amateur in seinem Homestudio "geübt" hat. Da der Markt hart umkämpft ist und aller Anfang gerade ohne vernünftige Referenzen ziemlich schwer, bemüht sich unser fiktiver Tonstudiobetreiber also, seine Fixkosten so niedrig wie überhaupt möglich zu halten. Gehen wir mal von 500,- € monatlich aus (also sehr wenig).
Natürlich kann sich unser prekärer Solo-Selbstständiger auch weder Steuerberater noch Sekretärin oder Putzfrau leisten, muß also alle anfallenden Arbeiten einschließlich nervigem Bürokram, Steuererklärung, Studio putzen, Auftragsakquise inkl. haufenweise Gratis-Testmixe geiziger Bands und so weiter allein erledigen. Vielleicht hat er außerdem noch Familie, Haustiere und Kleingarten (kostet auch alles Zeit) und es soll auch ab und an vorkommen, daß man krank wird, die Fixkosten fallen dennoch weiterhin an. Gehen wir also mal davon aus, daß Herr Gewerblich es schafft, sich durchschnittlich 125 Stunden im Monat seiner eigentlichen Tätigkeit zu widmen, nämlich gegen Entgelt die Musik anderer Leute vernünftig und geschmackvoll abzumischen. Dann folgt daraus, daß die Fixkosten pro Stunde umgerechnet 4,-€ betragen. Gehen wir außerdem davon aus, daß Herr Armer-Mixer kamikazemäßig an die Sache rangeht und keinerlei Rücklagen bildet sondern nur von der Hand in den Mund lebt. Wenn er jetzt ausgehend vom aktuellen "Mindestlohn" noch zusätzlich 8,50 € pro Stunde für den eigenen Lebensunterhalt draufschlägt, wären wir also bei 12,50 € angelangt, die Herr Gewerbetreibend mindestens benötigt, um sich mehr schlecht als recht über Wasser zu halten. Dabei verzichtet er natürlich auf alle Annehmlichkeiten eines abhängigen Lohnarbeiters (bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Rentenansprüche...) und leistet zusätzlich noch einen Haufen Mehrarbeit, den ihm keiner bezahlt. Aber gehen wir trotzdem davon aus, daß unser Held vorerst wirklich so genügsam sein kann, vielleicht kann er zeitweise ja auch aufstockend Hartz4 vom Amt beziehen (verbunden mit jeder Menge Nerverei, Rennerei und Behördenwillkür). Nun arbeitet dieser Verrückte also tatsächlich für einen Stundensatz von 12,50. Das heißt bei 34 €, die er pro Song bekommt, könnte er also theoretisch so etwa zweieinhalb Stunden für den Mix eines Songs aufwenden. Ob da was brauchbares bei rauskommen kann? Sehr unwahrscheinlich, erst recht wenn es sich um so viele Spuren handelt...
-Oder er setzt die Priorität auf ein bestmögliches Endergebnis und braucht dann tatsächlich auf einmal 10 Stunden pro Song. Macht pro Stunde dann 3,40 €, so daß er nicht nur seinen Lebensunterhalt überhaupt nicht mehr selbst bestreiten kann, sondern sogar draufzahlt, weil die 3,40 nicht mal seine Fixkosten abdecken.
Nur mal drüber nachdenken. ich könnte das jetzt noch weiter auswalzen, aber es ist schon spät und morgen wird wieder früh aufgestanden...
Also gute Nacht.
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