Kompressor - Attack und Release nach Songtempo einstellen?

[XoechZ]

Hallo Leute!

Ich habe da eine Idee zur Einstellung von Attack und Release beim Kompressor, womit ja viele, vor allem Anfänger, so ihre Probleme haben.

Zur Veranschaulichung ein Beispiel:

Ich will eine Bassspur komprimieren. Das Songtempo beträgt 120 [g=45]bpm[/g] und der Bass spielt durchgehend 1/8 Noten. Die Länge einer 1/8 bei 120 [g=45]bpm[/g] beträgt 250 ms. Es kommt also alle 250 ms zu einem Anschlag. Ok soweit?

Gut. Die Attackzeit stelle ich nach Geschmack ein, je nachdem wie viele Transienten ich durchlassen will. Ich wähle eine kurze Attackzeit, sagen wir 10 ms. Der Kompressor beginnt also nach 10 ms zu arbeiten. Da wir ja festgestellt haben, dass alle 250 ms ein Anschlag kommt, bleiben jetzt noch 240 ms übrig.
Die Releasezeit stelle ich jetzt etwas kürzer ein als diese restlichen 240 ms, damit sich der Kompressor beim nächsten Anschlag wieder in der Ausgangsstellung befindet. Also etwa 220 bis 230 ms Releasezeit. Fertig.

Der Kompressor arbeitet jetzt sozusagen im [g=253]Takt[/g] der Musik.


Als Regel könnte man also sagen:

Attack + Releasezeit (wenn man sie addiert) sollten etwas kürzer sein als die Dauer der gespielten Noten in ms.

Je tighter der [g=118]Bass[/g] in meinem Beispiel spielt, desto näher kann die Summe an die errechnete Zeit gehen. Bei untightem Spiel etwas mehr "Sicherheitsabstand" lassen.


Ok, was haltet ihr von diesem Ansatz?
Für mich klingts total logisch, aber ich habe es in dieser Form noch nirgends gelesen. Darum kann es ja sein, dass ich irgendwo einen Denkfehler eingebaut habe.

Bitte klärt mich auf


MfG,

XoechZ

 

[daennie]

Mach ich auch so! Vielen fehlt wahrscheinlich einfach der Ansatz, die Länge einer Note in ms auszurechnen. Das ergänze ich mal:

Berechnung der Länge einer Viertelnote:

60s * 1000 / [Songtempo in [g=45]bpm[/g]]

Also z.B.:

60s * 1000 / 120 = 500ms


Wie man nun von der Viertelnote auf zum Beispiel eine Achtelnote kommt, muss man hoffentlich nicht erklären.

Was man bei dieser Einstellungsweise allerdings auch beachten muss: Der [g=359]Threshold[/g] muss richtig eingestellt sein. Richtig heißt in diesem Fall, dass der [g=359]Threshold[/g] auch nur dann überschritten wird, wenn ein Anschlag erfolgt, und nicht, wenn zum Beispiel eine Note noch ausklingt.

Sonst ist die schönerhytmische Arbeitsweise dahin, denn lässt man einen kleinen "Sicherheitsabstand" von beispielsweise 20ms, wäre der "Kompressortakt" im Extremfall schon nach 10 Noten um 0,2 Sekunden verschoben.


Das sind ja eigentlich alles Grundlagen, aber es kann wohl nicht schaden, das nochmal zusammenzufassen.


Also ich stimme zu

Grüße

 

[buffi]

ich mach das rein optisch via gainreduction anzeige
und nach gefühl / gehör

 

[Woodstock]

Hallo,

bei komplexeren Rhythmen kann man solche Rechnungen wieder vergessen. Da ist nicht gewährleistet, dass die Releasezeit vom Kompressor vor dem nächsten Notenschlag abgelaufen ist. Es sei denn man nimmt als Releasezeit den kürzesten im Stück gespielten Notenwert. Aber ob das so eine gute Idee ist...

Und spätestens bei polyphonen Instrumenten wirds komplizierter.

Da stelle ich doch lieber nach Gehör ein.

 

[Ewert]

ich mache ebenfalls so.

das folgende tool ist freeware und für mich unverzichtbaR:

das [g=8]plugin[/g] "sample calculator" bietet alles, was man zum songtempo und notenlängen wissen muss.

der häufigste einsatzort ist aber bei mir der [g=108]hall[/g] oder delay.
kompressor aber ebenfalls..


einfach mal runterladen - ist echt sehr gut!

http://www.chip.de/downloads/Sample-Calculator-1.21_12995468.html

 

[godfather-of-grunge]

ich halte das beim kompressor für schwierig, da die attack und release zeiten die man einstellt ja nicht die realen regelzeiten sind...
ich machs einfach nach gehör....

cheers

 

[XoechZ]

Danke!

Find ich cool, dass einige von euch meiner Meinung sind. Ich stehe mit meiner Theorie also nicht ganz alleine da

Mir ist schon klar, dass sich manches Material nicht so gut dafür eignet. Aber für alles was irgendwie rhythmisch ist, kann es einen Ansatzpunkt darstellen. Feineinstellungen nach Gehör sollte man sowieso immer machen.

Und ich denke mir, dass es vor allem ein Ansatzpunkt für Anfänger und Ungeübte sein kann, damit sie nicht ganz planlos an den Reglern drehen Und damit möchte ich mich selbst gar nicht ausschliessen. Bin ja selber noch dabei mich intensiver mit der Materie zu beschäftigen.

Danke an Ewert übrigens. Dieses Tool kannte ich noch nicht. Werd ich mir mal ansehen.


MfG,

XoechZ


EDIT:

@godfather-of-grunge:
Was meinst du damit, dass es nicht die realen Regelzeiten sind? Das verstehe ich nicht.

 

[Ash-Zayr]

Der z.B. bei [g=539]Cubase[/g] mitgelieferte Kompressor hat für "release" eine Einstellung "auto"...es wird im Handbuch allerdings nicht erwähnt, nach welchen Kriterien sich die angeblich "optimale Einstellung", die auto bewirkt, vollzieht; ledglich, dass es vom Audiomaterial abhängt...

Ash

 

[JayT]

Hi,

Ich stelle das auch hauptsächlich nach Gehör und [g=105]Gain[/g]-Reduction-Anzeige-Veränderungen ein. Gründe:
- Jeder Kompressor hat ein anderes Release-Verhalten. Also 200ms bei Kompressor A können rein vom Gehör bei Kompressor B 150ms sein.
Es kommt immer drauf an, wie er zwischen Kompression und Keine-Kompression übergeht.

- Bei Opto-Kompressoren sind z.b. die Regelzeiten Pegelabhängig. Also 100ms können bei starker Kompression dann zu 150ms werden.

- Der Release-Regler hat (klarerweise) einen starken Einfluss drauf, wie stark der Kompressor arbeitet. Je kürzer, desto stärker. Bei langen Release-Zeiten muss man für mehr Kompression den [g=359]Threshold[/g] oder eventuell Ratio härter einstellen als man eigentlich will und das gleiche Ergebnis wie mit kleiner Release-Zeit zu bekommen.

- Kurze Releasezeiten verändern (so wie kurze Attackzeiten) die [g=416]Hüllkurve[/g]. Das kann zu [g=147]Pumpen[/g] fürhen. Gut eingestellt kann man sich aber so z.b. kurze perkussive Sounds "verlängern" bzw. den Raumanteil rausheben.

Edit: Heißt aber nicht, dass sich die Release-Zeit nicht am Groove orientieren soll. Speziell wenn der Kompressor hörbar ist, ist das nicht unwichtig, damit der Grund-Groove nicht zerstört wird.

lg. JayT.

 

[Brocken]

> Was meinst du damit, dass es nicht die realen Regelzeiten sind? Das
> verstehe ich nicht.

Will meinen, dass die Zeitangaben auf den Attack/Release-Reglern bei Kompressoren selten präzise genug sind für Rechentricks wie deine. Heißt nicht, dass man das nicht macht oder machen sollte; aber Gegenhören bleibt auch da Pflicht.

(Es gibt eine ganze Menge Kompressoren, an denen die A/R-Potis nur mit "Fast" und "Slow" beschriftet sind.)

 

[dragekonge]

Also wie gesagt erlaubt ist es.
Aber wie beschrieben bei deinem Achtel [g=118]bass[/g] verschwindet die natürliche ausklingphase. Heißt das Signal bleibt lange zeit auf gleich pegel bis zum schluss und danach kommt der nächste Transient.
Also für Balladen mit extrem Langen Noten werden ist die Technik gut, für einen satten [g=118]bass[/g] der nahezu ewig klingt.
mfg alex
PS: wie immer ist das nur meine Meinung und das heißt nicht, dass ihr falsch liegt!

 

[NiCKEL]

Was nicht berücksichtigt wird:
Die Release-Zeit beginnt nicht direkt nach Ablauf der Attack-Zeit, sondern erst mit der Unterschreitung des Thresholds... Und jetzt?

 

[chindogu]

NiCKEL schrieb:
Was nicht berücksichtigt wird:
Die Release-Zeit beginnt nicht direkt nach Ablauf der Attack-Zeit, sondern erst mit der Unterschreitung des Thresholds... Und jetzt?

ebend!
da nützt die größte Rechnerei nix...

 

[XoechZ]

@NiCKEL:

Oooops, daran hab ich echt nicht gedacht. Das ändert natürlich alles.

Mist, wie konnte ich das übersehen. Jetzt muss ich wohl eine Weile meine Kopf in den Sand stecken

Aber danke für den Hinweis.


Worauf ich aber nochmal eingehen möchte ist die bereits erwähnte "Auto Release" Funktion, die sehr viele Kompressoren bieten. Als Erklärung liest man immer nur, dass die Releasezeit abhängig vom Audiomaterial angepasst wird.
Ähm, woher weiss denn der Kompressor mit welchem Audiomaterial ich ihn füttere? Das klingt für mich etwas undurchsichtig. Weiss jemand wie das genau funktioniert?


MfG,

XoechZ

 

[Ewert]

ich tippe darauf, dass es einen buffer gibt, die spur also am eigentlichen punkt des abspielens schon 2 sekunden im vorraus geladen hat.

 

[NiCKEL]

Was eigentlich immer ganz gut klappt, ist, Ratio und [g=359]Threshold[/g] extrem einzustellen. Dann hört man am besten was der Kompressor macht und es lassen sich die Regelzeiten, insbesondere Release, gut einstellen. Danach wieder Ratio und [g=359]Threshold[/g] auf die normalen Werte - fertig.

 

[XoechZ]

@Ewert:

Was du meinst ist die sogenannte "Look Ahead" Funktion. Die kenn ich aber eher von Brickwall Limitern und die hat dort den Zweck, dass keine - auch noch so unerwartete - Pegelspitze durchschlüpfen kann.

Ich glaube aber nicht, dass jeder Kompressor mit Auto-Release auch Look-Ahead hat. Oder doch? Ich weiss es nicht.

Wäre schön, wenn sich hierzu ein Experte zu Wort melden könnte.


MfG,

XoechZ

 

[Wolfgang]

XoechZ schrieb:
Ich glaube aber nicht, dass jeder Kompressor mit Auto-Release auch Look-Ahead hat. Oder doch?

Auf keinen Fall.

Ob ein Kompressor Look ahead hat sieht man zum grossen Teil auch an seiner [g=5]Latenz[/g].

Ausserdem waere ich nie auf die Idee gekommen einen Kompressor abhaengig von der [g=45]BPM[/g] des Songs einzustellen...

 

[bootsy]

Die meisten Kompressoren adaptieren intern ihre Zeitkonstanten programmabhängig und dann ist's sowieso Schwachsinn nach [g=45]bpm[/g] irgendwas einzustellen (und glaubt mir, sie tun's nicht nur dann wenn der AUTO switch an ist).
Look-ahead hat nichts mit Auto-release zu tun.