Direktheit der E-Gitarren: Tricks/Tipps gesucht

[Passenger]

Hallo,

gerne würde ich eine ähnliche Direktheit der Gitarren für meine aktuelle Produktion erreichen:


Folgende Vorgehensweisen sind klar: Mikrofonierung: 4 Mics: Audix i5, SM57, MD 421, e906
verteilt direkt vor die Kalotte, Rand etc... Mikrofonierung ist klar. Die Gitarren sind vom Fachmann frisch eingestellt worden, neue Saiten sind drauf, anständiges Kabel (Sommer Cable) ist vorhanden, wie man einen Amp für Metal einstellt ist auch klar, wir machen im Studio Reamping.

Im Mix suchen wir die besten Mikro Signale aus, drehen bei Bedarf die Phase und verzögern das Phasenverschobene Signal auf Gleichphasigkeit (wenn nötig) etc... HP Filter bei 50-80 Hz, Höhen werden bis ca. 15-16 KHz abgesenkt (sonst klingt alles durch Mastering etc. zu "grell"), die Einzelsignale werden natürlich noch dementsprechend mit einem EQ bearbeitet. Alle brauchbaren Signale werden auf eine Gruppe geroutet und mit 2 Kompressoren komprimiert... evtl. legen wir noch einen BBE Maximizer oder den SPL Vitalizer auf einzelen Gitarrenspuren....
So, aber irgendwie entsteht nicht ganz diese Direktheit der Gitarren...

Was habt ihr noch für Tricks und Tipps?

Danke

 

[Signalschwarz]

# "...Höhen werden bis ca. 15-16 KHz abgesenkt (sonst klingt alles durch Mastering etc. zu "grell"),..."


Hmm, dann macht der ME evtl. was falsch, denn warum sollte man erst was rausdrehen was am Ende nur durch übermäßiges Pushen negativ auffällt anstatt am Ende einfach weniger dazuzugeben. Meine Meinung.




# "Alle brauchbaren Signale werden auf eine Gruppe geroutet und mit 2 Kompressoren komprimiert... evtl. legen wir noch einen BBE Maximizer oder den SPL Vitalizer auf die Gitarrengruppe.... "


So einfach macht man es sich halt bei solchen Produktionen nicht. Da wird schon jedem Einzelsignal mehr Aufmerksamkeit geschenkt als bei euch in der Summe

 

[Passenger]

Hallo,

ja, den Einzelsignalen wird auch viel Aufmerksamkeit geschenkt... müsste sonst 5 Seiten schreiben, wenn ich ins Detail gehen würde

Es kommt natürlich immer drauf an, wir senken einen gewissen Höhenbereich nicht komplett in der Gruppe ab, sondern je nach Signal... Kommt natürlich immer auf das Signal an, über die Vorgehensweise was EQ etc. angeht etwas pauschal zu sagen ist natürlich unrealistisch....

Hast du ein paar Tipps?

 

[zehnvorsechs]

Höhen werden bis ca. 15-16 KHz abgesenkt

Also die E-Gitarre geht selbst bei frischen Saiten und hohem Zerrgrad und überhöhten Höhen selten signifikant über 8 kHZ, spätestens bei 12 kHZ kommt i.d.R. messbar gar nichts mehr aus der Box. Wenn Du da wirklich noch was nennenswertes hast, dann kann ich nur mutmaßen, dass das nicht so klingt wie´s soll, weil die Höhen völlig übertrieben worden sind oder das das irgendwelche Geräusche sind, die durch das Material entstehen. Dann kommen wir wieder zum Thema "Metal" Gitarrist : zuviel Bass, zuviel Höhen, zu wenig Mitten aber dafür 150 Watt Röhrenpower oder so .... --> Rasierapparat Sound, Du bekommst das mit EQ nie wieder hin, der Punch ist weg, die restliche Dynamik auch, die Teile sägen vor sich hin und ich Spielpausen ist das Rauschen fast so laut wie das Nutzsignal --> pfui bäh. Wahrscheinlich auch viel mehr Zerre als notwendig. Dafür sollten die Mitten ein gutes Stück ausgeprägter bzw. Bass und Höhen nicht so sehr ausgeprägt sein als das im Proberaum vielleicht üblich ist und die Zerre gerade wenn man doppelt, kann oft weitaus geringer gewählt werden als in einer Live- Situation.

Alle brauchbaren Signale werden auf eine Gruppe geroutet und mit 2 Kompressoren komprimiert...

1 Kompressor reicht und der sollte auch nicht wirklich viel tun und auch eher vom Attack her nicht so kurz eingestellt sein, dass er evtl. noch übrig gebliebenen Transienten angreift. Sonst fehlt schnell der Punch und die Durchsetzungskraft und die Direktheit, es ist nur noch ein Dauergeräusch, das mal an- und mal ausgeschaltet wird. Gerade bei zu sehr verzerrten Sounds finde ich das tödlich, Vor- und Endstufenröhren komprimieren von sich aus ja schon sehr stark, wenn man dem Signal dann noch die letzte Dynamik raubt anstatt nur den Klang ein wenig zu formen und transparenter und ein wenig ausgeglichener zu machen, geht´s schnell in die Hose.

Die Direktheit hat natürlich viel mit den Präsenzen zu tun, also muss man da eine ausgewogene Balance finden zwischen Präsenzen, Höhen, mittleren Mitten und eher Tiefmitten/ höherem Bassbereich finden.Gerade beim Doppeln kommt es sehr darauf an, wie akkurat man doppelt und ob man dazu immer die gleichen Sounds oder leicht unterschiedliche Charaktere verwendet und wie sich da die Phasen verhalten.

Last but not least spielt es auch noch eine riesen Rolle, in welchem Raum die Box steht, auch bei dynamischen Mikros, auch bei sehr nahe stehenden Mikros und auch bei hoher Lautstärke des Amps hat der Raum einen nicht zu verachtenden Einfluss. Steht die Box in einer kleinen Kabiene oder in einem kleinen Nebenraum oder so, dann kann das je nach Beschaffenheit des Raumes durchaus zu Topfigkeit, u.s.w. führen.

Es ist sehr wichtig, die Gitarren möglichst im Kontext mit den anderen Instrumentensignalen einzumischen und nicht den Fokus zu sehr auf Einzelsignale oder den Einzelklang zu legen. Jedes Instrument braucht seinen typischen Platz. Das ständige Anreichern der Signale mit Spezialeffekten wie Vitalizer, Enhancer, u.s.w. führt auch selten zu einem wirklich stimmigen Ergebnis, spätestens dann, wenn man diese Effekte auch auf anderen Instrumenten oder Instrumentengruppen benutzt, hier sollte man nach Möglichkeit sparsam sein bzw. alles so einstellen, dass man das nach Möglichkeit gar nicht erst braucht.

Sind die Drums oder Overheads z.B. zu höhenreich geraten, hält man bei den Gitarren dagegen und übertreibt dort auch gerne recht schnell, auch hier geht das zu Lasten der Mitten und Tieferen Mitten. Also den ganzen Mix als sich gegenseitig beeinflussendes, sagen wir mal, Organisches Gebilde betrachten und nicht nur solo oder Gruppenweise "geil" machen.

4 Mikrofone ? Keep it simple. Selbst wenn Du 4 Mikrofonsignale hast was prinzipiell nicht unbedingt verkehrt ist, manchmal ist es einfach besser, das dann letzendlich im Mix auf 1 bis 2 Signale zu reduzieren, so wirklich 100% aligned bekommt man das nie, da Du doch auch charakterlich und dynamisch sehr unterschiedliche Mikrofone verwendest die teilweise auch sehr stark vorgesoundet sind und daher mitunter einfach tiefe Löcher da haben, wo ausgerechnet Dein Sound wäre. Ich denke da vor allem an das i5, das mir persönlich überhaupt nicht gefällt, weder für Gitarren noch für Snare, ich finde es meistens furchtbar wenn das, was reinkommt nicht zufällig genau passt wie man´s haben möchte.

HP Filter : wenn´s nicht sein muss, vorsicht, nicht mehr als notwendig. Wenn´s sein muss : warum ? Wo kommt da Rumpeln oder Tiefbass her, kann man das irgendwie anderweitig vermeiden oder die Boxen z.B. vom Boden ein bisschen entkoppeln oder höher stellen ? Ich brauche keine mehr und wenn, dann nur bis 30 oder 40 Hz oder so und wenn, dann sehr vorsichtig, da Filter auch sehr schnell ungewollte Phänomene verursachen können.

 

[Kellerkind87]

Wow...das gibt ein "Danke" zehnvorsechs.

Da waren auch für mich sehr viele nützliche Informationen drin.

 

[dragekonge]

Tipp wenn ihr eh reamping macht, nehmt vielleicht auch mal einen software Amp alla Guitar Rig oder Amplitube dazu, im direkt vergleich klingen die meist Closer als ein echt mikrofinierter Amp.

 

[zehnvorsechs]

Tipp wenn ihr eh reamping macht, nehmt vielleicht auch mal einen software Amp alla Guitar Rig oder Amplitube dazu, im direkt vergleich klingen die meist Closer als ein echt mikrofinierter Amp.

das kann man in der Tat tun. Bei einer meiner letzten Bandproduktionen habe ich die Box für den Spaß mit 5 Mikrofonen abmikrofoniert und zusätzlich ein DI- Signal aufgezeichnet. Sehr geil in dem Zusammenhang kann übrigens ein Bassdrum- Mikrofon auf der Rückseite der Box kommen Allerdings handelte es sich dabei um die offene Box eines AC30 ...

Im Mix gelandet war dann mein echter AC 30 mit 1 oder 2 Mikrofonen + einer aus der "Dose". Zusammen war das die Kombination der Wahl, die machte auch, zumindest keine unerwünschten, Phaseneffekte, alles prima ....

 

[Guitar_TT]

kann übrigens ein Bassdrum- Mikrofon auf der Rückseite der Box kommen

bzw bei Marshall-Boxen z.B. ein SM57 an einer der hinteren Ecken.

 

[zehnvorsechs]

tatsächlich bei einer geschlossenen Box ? Interessant.

Natürlich geht das auch mit einem 57er, ist ja auch glaube ich von der Kapsel her identisch z.B. mit dem Beta 52 A. Ich glaub ich hab vom Mikro hinten nur 0-160 Hz genommen weil es mir sonst zuviel zugematscht hätte, aber das klang sehr angenehm, war nur minimal beigemischt und mit High- Cut versehen, aber imho brachte das was. War aber kein Metal ...

 

[Guitar_TT]

tatsächlich bei einer geschlossenen Box ? Interessant.

Ja. War mal in nem Special von der Keys glaub ich...

 

[dragekonge]

Kenn das mit Marshall 4*12er box und d112 an der ecke aber naja Wäre auch logischer wegen bass anteil und bass mic

 

[Guitar_TT]

Wäre auch logischer wegen bass anteil und bass mic

Naja. So viel Bass sollte da nicht rumkommen bzw einen extremen Bass solltest du im Mix garnicht brauchen, aber auch hier heißt die Devise: Experimentieren!