Compressor verstärkt "sch" und "s"-Laute

[thomas_b]

Hallo. Ich recorde und mische, nebenberuflich, seit ungefähr 5 jahren Musik von verschiedenen Rap- und RnB-Künstlern meiner Umgebung. Zum Aufnehmen und Mischen verwende ich aktuell folgendes Equipment: Rode NTK; RME Fireface 400; Cubase 5 und verschiedene Plugins (hauptsächlich von der Firma FabFilter und die Cubase-internen ).

Nun zu meinem Problem: Beim komprimieren der Vocals, sowohl mit dem Pro-C Compressor als auch mit dem Cubase internen (und auch anderen bei gleichen Einstellungen), kommt es bei mir zu einer meist enormen Verstärkung der "sch" und "s"-Laute; das eine leichte Verstärkung dieser Frequenzanteile bei der Komprimierung normal ist weis ich, ich bin mit der Wirkungsweise von Compressoren "vertraut"...bisher habe ich danach die Sibilanten Vocalteile per Automation angepasst und etwas mit einem De-Esser nachgebessert...doch ich bezweifle das dies der endgültige Weg sein kann, ich denke es liegt an verkehrten Einstellungen des Compressors, denn auch Änderungen von Mikrofonposition, Abstand, usw. haben bisher nichts merklich verbessert.

Meine "Standard"-Einstellungen bei (zumeist aggressiven/dynamischen) Rap-Vocals: Attack 1-3ms, Release 55-75ms (Ratio variiert meist zwischen 3:1 und 4:1, je nach Dynamikumfang).

Woran kann es liegen das es zu dieser enormen Verstärkung der "s" und"sch"-Laute kommt?

Danke im Voraus!

 

[RefinedRough]

jo das ist so.. ist mir auch schon öfters aufgefallen, aber meist ist dann die stimme schlicht und einfach überkomprimiert..zumindest, wenns die esslaute sehr merklich verschlimmert. abhilfe verschafft da mit zwei bis drei kompressoren in serie zu arbeiten, alle etwas leichter eingestellt und mit unterschiedlichen attack/release (ich beginne meist mit gutmütigem regeln und verkürze dann den attack beim letzten) kommt bei mir allgemein nur noch selten vor, dass ich nur einen komp voll reinheize, gerade bei sensiblen und sehr wichtigen dingen wie vocals. zb bei bass siehts schon wieder anders aus

so kurze attack wie du einstellst, scheint mir irgendwie auch ein bisschen krass.. aber komprimieren ist ja auch ein stilmittel, somit möchte ich es nicht direkt als falsch betiteln, würde aber mal mit längerer attack und als richtlinie etwa doppelt so langem release wie attack pröbeln und dann mitm threshold spielen. 4:1 klingt soweit passend.

kurze attack haut dir halt je nach dem voll die tranzienten rein, darum werden die esslaute dann unangenehm.

oder du kannst auch mit einem multibandkompressor arbeiten, dann kannst du das problem auch geschmeidig verhindern..

 

[DaVogi]

längere regelzeiten (>=10ms attack, >= 150ms release) würden sicherlich ein wenig helfen (gerade die kurzen attackzeiten nehmen viel fundament weg und dann klingts noch dünner/höhenreicher), du könntest auch im sidechain die s-laute (5-7khz) pushen um diese stärker zu komprimieren..... aber prinzipiell ist hier der schwarze peter am ehesten dem mikro zuzuschieben. die rode haben einfach ziemlich viel höhen, mit ein grund wieso sie von vielen die längers dabei sind nicht sehr geschätzt werden und eher unter die kategorie billige china höhen eingeordnen werden.

oftmals wird das halt dann mit nem dunklen preamp kaschiert, deswegen ist der uaudio 610 im heimbereich ja so beliebt.... gescheiter wär das geld aber in ein besseres mikro investiert!

 

[thomas_b]

Danke für die schnelle Antwort "RefinedRough".

Einwas habe ich vergessen...ich lege im Vocalbus noch eine Art Limiter-Compressor rein, Attack auf Minimalwert ebenso Releasezeit mit niedrigem Threshold, um eventuellen Peaks nach der Komprimierung entgegenzuwirken.

Das mit den mehreren Compressoren in Reihe werde ich mal versuchen, wo würdest du da anfangen, anfangs mit längerer Attack- und Releasezeit und um die -2/3db Peakkomprimierung bei 4:1, und dann Attack- und Releasezeit verkürzen bei gleichbleibender Ratio!?

 

[RefinedRough]

also was ich so lese, liegt dein hauptproblem (neben dem mikro wohl) sicherlich an den zu kurzen attackzeiten.

wenn du grosse lautstärkenschwankungen in den aufnahmen hast, währe automation (oder clips angleichen) die beste vorarbeit, statt alles mit dem kompressor und limiter kontrollieren zu wollen!

 

[thomas_b]

Ich besitze ebenfalls das AT4040 Mikrofon, bei Aufnahmen mit diesem ist es meist etwas weniger "s" und "sch" nach der Komprimierung, jedoch komm ich bisher auch hier nicht drum herum zu automatisieren...ich weis das klingt faul aber wenn es das Budget bei einem Projekt einfach nicht zulässt und der Kunde drängelt muss es diesen einen Schritt schneller gehen...Automation von jedem einzelnen "s" und "sch"-Laut kann ich mir dann nicht leisten obwohl ich meist zu perfektionistisch bin und es trotzdem mache !

auch deine (ungefähr) 10ms Attack und 150ms Release werde ich probieren...danke...

 

[thomas_b]

mal eine Frage "nebenbei"...kennt jemand eine Möglichkeit bei der Automation in Cubase vorzugehen wie etwa in Ableton oder Pro Tools, also einen Teil eines Clips per Auswahlwerkzeug anzuwählen, auf die Automationslinie zu gehen und den gewählten Teil abzusenken oder anzuheben (das Cubase also zwei Punkte erzeugt und die "Fläche" des Clips absenkt bzw anhebt).

ich hoffe das war wenigstens halbwegs verständlich...

danke

 

[RefinedRough]

kannst ja einfach den gewünschten clip an dem punkt (oder viereck) in der mitte oben anfassen und dort runterziehen.

ja also jeder esslaut separat zu automatisieren würde mir auch im traum nie einfallen. die nerven und zeit dafür hat ja kein mensch... ich meinte mehr allgemein die lautstärkeverhältnisse. aber ich mach das immer mit den clips, schneide die "ausreisser-stellen" in clips und zieh die dann leiser oder lauter.

ansonsten: handbuch

 

[Macka]

ich bin mit der Wirkungsweise von Compressoren "vertraut"...

Das war jetzt Ironisch gemeint oder?

Nehme einfach nichts an,wo es sich nicht lohnt,oder du nichts dran verdienst.

Ansonsten musst du da durch,da du ja auch ein Perfektionist bist.

Und beschränke dich vielleicht mal auf einen Sequenzer,dann kennst du auch deren Funktionen usw.

 

[thomas_b]

hab mir dafür schon einen makro erstellt, clipteil per auswahlwerkzeug auswählen, "Q" drücken und Cubase schneidet mir den Clip zurecht und und wählt zurück zum anfasserwerkzeug zur anpassung der lautstärke des "zuschnittes", so mach ich das dann mit dem großteil der "s" und "sch"! PER HAND!

das handbuch hilft da nicht, habe die seiten dafür schon durch, so etwas "spezielles" findet man da nicht...leider...naja es wäre halt wirklich hilfreich so eine funktion zu haben wie etwa in ableton denn zerschznittene clips sind einfach so hässlich

 

[thomas_b]

@Macka

ich benutze nur EINEN sequenzer, jedoch sehe ich auch öfters andere "produzenten" welche mit anderen sequenzern arbeiten...und im endeffekt sind alle sequenzer zu 95% prozent gleich...und irgendwann wird rauskommen das alle mit der gleichen engine arbeiten und das seit jahren

und glaub mir, mit den "grundwirkungweisen" eines kompressors bin ich vertraut und NEIN das war nicht ironisch gemeint

 

[RefinedRough]

hast du auch schon mit der mikroposition rum gespielt? mit höhe und winkel kann man auch schon viel erreichen. ich lass mir immer ein paar minuten und zwei drei kurze testaufnahmen zeit, um das mikro optimal zu positionieren. halte ich für sehr wichtig mittlerweile. kann viel zeit sparen unter umständen, die man dann besser ins mischen investiert als ins ewig rumfrikeln.

 

[thomas_b]

@refinedrough
ehrlich gesagt leider nein, die meisten leute wollen leider ihre aufnahmen schnell im kasten haben und haben sich zickig mit "paar minuten mikrorumprobieren", eigentlich müsste man solche menschen gleich rausschmeißen aber naja...wenn das geld nicht wäre...

ich müsste da wirklich viel mehr probieren das würde wahrscheinlich viel zeit sparen

 

[thomas_b]

danke an alle für die schnellen antworten

 

[RefinedRough]

@refinedrough
ehrlich gesagt leider nein, die meisten leute wollen leider ihre aufnahmen schnell im kasten haben und haben sich zickig mit "paar minuten mikrorumprobieren", eigentlich müsste man solche menschen gleich rausschmeißen aber naja...wenn das geld nicht wäre...

ich müsste da wirklich viel mehr probieren das würde wahrscheinlich viel zeit sparen

unbedingt.. als toni hast nur du das sagen, gerade wenns um technik geht. musst halt erklären warum du das tust. also meine kunden möchte die bestmögliche qualität für ihr geld, dann kommt eine überstürzte aufnahme gar nicht in frage.. ich red sogar in ihre ernährung rein, bzw. getränke. wirkt sich alles auf die aufnahme und performance aus.

 

[zehnvorsechs]

Hallo,

ja, ein übliches Problem nicht nur in Deinem Genre, hier mal eine kleine Checkliste von mir (Kurzversion)

Du solltest auf jeden Fall

- die akustische Umgebung checken oder möglichst geeignetere Plätze oder Aufstellungen suchen
- für verschiedene Sänger auch ggf. verschiedene Mikros testen oder ein wirklich teures anschaffen, von dem man erwarten können muss, dass es universeller und souveräner mit verschiedenen Stimmen klarkommen muss. Allerdings ist das NTK nicht das schlechteste Mikro und kann je nach Sänger und Problemen der Stimme genausogut die richtige Wahl für den Song sein, egal was Du sonst noch so im Arsenal hast.
- Durchlässigkeit des Popkillers bei bestimmten Lauten überprüfen und ggf. besseres Modell probieren. Es sind nicht nur Pop- Laute sondern jede Art von bestimmten Luftstössen, die auf die Membran treffen können.
- Dein Verständnis von Kompression ist imho völlig falsch und verstärkt diese Effekte. Ein Preset wie "15 ms Attack" und "150 ms Release" kann je nach Material auch falsch sein, auch schon zu übermässiger Verstärkung des Ein- und Ausatmens und zum Verwaschen von schnell aufeinanderfolgenden Silben/ Lauten/ Wörtern führen, die schnell und abgegrenzt voneinander klingen sollen. Sehe den Kompressor mehr als Tool zum Formen der Eigenschaften NACHDEM die vermeintliche Spitze stattgefunden hat bzw. wenn die schon voll im Gange ist und gleich abgklingen wird. Aber nicht direkt an die Spitzen rangehen, wozu denn auch ? Ist der Gesang zu leise, wird ein Kompressor sicherlich nicht die erste Wahl sein und ein Limiter wird zu unerwünschten Verzerrungen und Nebeneffekten führen. Vor allem bei der Attack ist 15 bis 25 ms schon eher eine Hausnummer, wo man starten kann. Wenn man beim Gesang schon einen Kompressor (0 ms Attack gibt´s bei echten Kompressoren nicht) und noch einen Limiter einsetzt, ist irgend etwas schief gelaufen, was vermieden werden kann. Wahrscheinlich Playback schon zu fett und überladen oder Performance des "Künstlers" ist schlichtweg scheisse oder diese Laute einfach zu prägnant beim Sänger, weil er seine Stimme und Aussprache einfach nicht kontrollieren kann. Tools wie dynamischer EQ, Multiband- Kompressor, De-- Esser u.s.w. können Linderung schaffen, aber haben natürlich bei sehr starker Handhabung auch negative Einflüsse.
- Der Gesang muss nicht tendenziell lauter werden, sondern nur in´s Playback rein passen, d.h. das darf natürlich nicht zu fett, zu brillant, zu übertrieben zu voll sein. Sonst hast Du keine Chance mehr, den da reinzukriegen, ohne mit dem Gesang übertreiben zu müssen. Somit summieren, nein, eher potenzieren, sich sämtliche technischen/ akustischen Schwächen auf und werden an die Oberfläche gebracht und hinzu kommen dann noch Fehlentscheidungen aufgrund von Missverständnissen oder von Gewöhnung oder mangelnder Erfahrung.

 

[Beatback]

Du wirst immer das Problem bei einem "normalen" Kompressor haben.
Die Zischlaute haben keine grosse Amplitude und passieren den Kompressor wenn er auf ist.
Durch den makeup Gain werden die dann verhältnismässig lauter wiedergegeben wie das eigentliche Vocal mit etwas tieferen Frequenzen und grösserer Amplitude, bei denen der Kompressor dann arbeitet.
Mit einem Multiband kannst du das umgehen und DeEsen.

Ich würde zuerst mit einem normalen Kompressor vorkomrimieren und danach den Cubase Multiband mit einem der oberen Bänder den Zischfreuenzbereich zurückfahren .
Die anderen Bänder kannst du ruhig auf Bypass stellen
Bei dem Cubase Multiband kann ich dir nur raten unbedingt das untere BassBand auf Bypass zu stellen, dieses produziert nämlich Aliasing (hab ich hier auch schon mal nen Thead zu aufgemacht).
Das haben die immer noch nicht in den Griff bekommen.

 

[Engineer4U]

Ich kopier hier mal nen älteren Link von Gearsluts hin, in denen sich Bruce Swedien (Engineer von M.J. Thriller etc.. für die die den Namen nicht kennen...) über Kompression allgemein äussert:

(wenn das gegen irgendwas verstößt bitte löschen)

http://www.gearslutz.com/board/bruce-swedien/83046-compression-kids.html


Im Prinzip gehts darum Kompression zu vermeiden. Das das nicht immer möglich ist ist klar, aber mal so als Arbeitsansatz ganz interresant.

Angeblich hat er bei irgendeinem Jennifer Lopez Mix z.B. gar keine Kompression auf den Vocals.

 

[transporta]

Wollte auch gerade einen Multibandkompressor vorschlagen.

@ Beatback: Ist jetzt ein bisschen off topic, aber danke für die Feststellung mit dem Cubase-Multibandkompressor. Sehr interessant! Hab mir Deinen Thread dazu angeschaut, und wollte fragen, wie du auf Aliasing kommst. Könnten das nicht auch Obertöne sein? Vielleicht haben die Steinis da irgeneinen Vintagekompressor emuliert und ne Art Sättigung mit "spendiert". Ich hatte auch immer den Eindruck, dass der C5 Multikomp stark färbend wirkt. Für die Verwendung als De-esser, wie hier gewünscht, will man natürlich möglichst selektiv und klangneutral eingreifen. Aber in meiner (Amateur-) Masterkette ist der C5-Multi als "Schönfärber" nicht schlecht. Und dafür ist der glaube ich auch konzipiert. Möchte nicht wissen, welche Spektren so mancher Outboard-Vintage-Kompressor dem Signal hinzufügt...

 

[Beatback]

Es kommt drauf an wo man hin will....
Wenn die ganzen Busse (Drums, Bass,Leads etc) schon mit Kompressoren aufgeblasen sind, wird es schwierig nur mit EQs die Stimme so zu bearbeiten, das sie sich gegen die anderen Instrumente durchsetzen kann...