Also stimmst Du zu, dass eine E-Gitarre im Vergleich ein wesentlich uncharakteristischeres Signal liefert, bei der die gewählte Klampfe selbst gar nicht mehr zu Tragen kommt und man sie am Ende auch nie mehr raushören würde, wenn erstmal ein amtliches VST plug in drübergelaufen ist. Also jedes Billigbrett tut es, so wie jedes 20 Euro Plastik Keyboard mir auch erstmal midi notes erzeugen kann...sound kommt später in der daw?
Beim Bass und dessen Tone-Settings aber ist die Wahl des Instrumentes grundlegend als Soundentscheidung sowie auch die Spielweise...?
Nein, da stimme ich in dieser Formulierung nicht zu. Auch bei der E-Gitarre bin ich der Meinung, dass die Art und Weise, wie etwas gespielt wurde (nicht im Sinne von "gut oder schlecht", sondern im Sinne von "Spielweise beeinflusst Grundklang") durchaus dazu beiträgt, wie es nachher klingt, und auch dazu beiträgt, welches Spektrum an (sinnvoller) Klangveränderung überhaupt noch durch die nachfolgende Signalkette (echter Amp oder Simulation ist erstmal egal) erzeugt werden kann. Die These "Sound kommt erst in der DAW" halte ich also in dieser extremen Form nicht für zutreffend. Ein Teil ja, aber nicht in dem Maße, dass man dadurch aus einem weitgehend uncharakteristischen Signal alles machen könnte.
Was den Unterschied Gitarre/Bass angeht (ich spiele ebenfalls beides), würde ich meine Einschätzung vielleicht so formulieren: Während bei der Gitarre bestimmte sehr markante Eigenschaften des Grundsounds (z.B. clean vs. verzerrt) in der Signalkette nach dem Instrument entstehen, entstehen sie beim Bass oft schon vorher, also in der Spielweise und im Instrument. Mit "sehr markant" meine ich nicht klangliche Nuancen, die man z.B. mit EQ oder songstigem Zeug erreichen kann, sondern Dinge, die wirklich einen deutlich anderen Klangcharakter erzeugen. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ich mich entscheide, bei der Aufnahme einer Basslinie die Töne eher in der Nähe des Griffbretts (statt Nähe Steg) anzuschlagen, nur den Halstonabnehmer zu benutzen, ohne Plektrum zu spielen und dabei noch einen relativ leichten Anschlag wähle, dann stehen mir nicht mehr alle Möglichkeiten offen, den Sound durch Nachbearbeitung in eine bestimmte Richtung zu verändern.
Vielleicht ist diese Eigenschaft beim Bass ausgeprägter als bei der Gitarre. Wenn man sich mal gute Bassisten ansieht, stellt man oft fest, dass ein weites Soundspektrum bei gleichbleibenden Amp-Einstellungen und ohne Wechsel des Instruments abgedeckt wird. Viele (aber nicht alle) Gitarristen hätten in der gleichen Zeit schon mehrmals die Gitarre und den Amp-Sound gewechselt. Vielleicht liegt das ja nicht nur daran, dass Gitarristen spinnen (eindeutig ja, aber ich darf das sagen), sondern zumindest auch ein bißchen an dem, was ich oben als Vermutung geäußert habe.
Dass dieser Einfluss aber bei der Gitarre komplett entfällt, glaube ich wie gesagt nicht. Auch glaube ich nicht, dass Unterschiede zwischen Gitarren (These: "Billigklampfe klingt genauso") durch Klangveränderungen im Rechner (also "Nachbearbeitung" im weiteren Sinne) bedeutungslos werden. Den Vergleich zu MIDI-Noten, die ja mit jedem Billig-Keyboard erzeugt werden können und trotzdem die gleichen MIDI-Noten sind, halte ich erst recht für übertrieben bzw. unpassend - MIDI-Signale sind keine Töne, sondern nur Anweisungen, wie Töne zu erzeugen sind.
Also: Es ist schon was Wahres dran, aber in der zugespitzten Formulierung stimmt es meines Erachtens nicht.
