Sie haben das ernste Thema mit ihren Mitteln umgesetzt. Mich stören die Durakkorde da auch. Umso mehr kommt es auf den Ausdruck beim Vortrag an, weil der über alles entscheiden kann.
(...)
Ja, in den Volksmusik-Hörerkreisen wir das Thema sonst wohl eher tabuisiert, um die heile Welt nicht zu gefährden. Das Medienecho begünstigt dagegen halt auch immer die Popularität und die Verkaufszahlen.
Edit: "Ave Maria" soll auch dagegen gerichtet sein.Vielleicht ist die Verbreitung der Message auch so eine Art "Programm". Dazu kenne ich mich leider zu wenig mit den Amigos aus.
(Meine fette Hervorhebung.)
Nach etwas sacken lassen, denke ich, es handelt sich nicht um ein Lied
gegen Kindesmissbrauch. (ernsthaft: kann man ein Lied
dafür machen? Ist ernsthaft irgendjemand
dafür? Natürlich nicht.)
Sondern eher ein Lied
über Kindesmissbrauch.
Jeder ist
gegen Kindesmissbrauch, von daher rennt man mit so einer "Botschaft" offene Türen sinnlos, aber mit dem Image des Rebellen, der sich das zu sagen traut, ein.
Von daher denke ich, ist das ein Lied, ein Text, der das Thema "ausbeutet", um einen überaus konsensfähigen Text zu machen. Wer so einen Text schlecht findet, setzt sich zumindest teilweise dem Verdacht aus, auch "so einer" zu sein.
Als Täterfigur in dem Text muss ein Klischee des Säufers herhalten.
Bewirkt so ein Text irgendetwas, ausser dass wir hier über diesen Text diskutieren?
Bringt der Text irgendwie Lösungsansätze? Irgendwelche neue Gedanken?
Was machst du, wenn du nach der Pubertät merkst, dass dich Kinder sexuell erregen? Und du weißt, dass das falsch ist? Dass es großes Unrecht ist, würdest du diesem Trieb folgen? Hast du dir diesen Trieb selbst ausgesucht? Sicher nicht.
Was du auf gar keinen Fall willst, ist diesen Trieb auszuleben.
Selbstmord möchtest du aber auch nicht.
Was tun? Wie und wo Hilfe finden? Um diesen Trieb zu kontrollieren, um ihn nicht auszuleben?
Für solche Gedanken über das Thema bedarf es eines gewissen Abstraktionsvermögens, sowie der Abwesenheit von schlichtem schönen Schwarz-Weiß-Denken. Sondern konstruktive Gedanken und Abwesenheit der schönen befriedigenden Feindgefühle gegenüber Personen, die mit so einem Trieb geschlagen sind und ihn nicht ausleben und auch nicht ausleben wollen.
Es ist ohne Zweifel richtig, dass Kindesmissbrauch mit Strafen belegt ist; allein um das Unrecht solcher Taten und eine mögliche Abschreckungswirkung durch Strafen darzulegen und allen zu verdeutlichen.
Aber das ist ja nur die eine Seite der Medaille. Strafen treffen erst zu, wenn das Kind schon missbraucht wurde. Und dann nützen sie dem Kind eher nicht so sehr viel mehr.
Viel wichtiger wäre es, Kindesmissbrauch überhaupt zu vermeiden und zu verhindern, also die späteren Täter erst gar nicht zu Tätern werden zu lassen. Indem man Personen, die so einen Trieb in sich bemerken, so unterstützt und leitet und auch überwacht, dass sie ihren falschen Trieb zu kontrollieren lernen und insoweit überwacht, dass es erst gar nicht zu Taten kommt.
Das alles ist aufwändiger und schwieriger, als bloß ein festgefestigtes Feindbild gegen Täter zu haben, ohne irgendetwas konstruktives zur Lösung beitragen zu müssen.
Täter sind ja nicht selten in Jugendorganisationen etwa von Sportvereinen oder Kirchen tätig. Nicht selten werden Täter, wenn gewisses "Gerede" oder "Gerüchte" aufkommen, von den betreffenden Organisationen schlicht nur an "unbelastete" Orte umversetzt.
Anstatt, dass Polizei angerufen wird, um das Ganze aufzuklären. Damit nur der eigene Ruf der jeweiligen Organisation oder Ortsgruppe nicht beschädigt werden möge.
Das ist die eigentliche Heuchelei, die ein Schlagertext anprangern sollte.
Denn, die unfreiwilligen oder sich nichts-dabei-denkenden Helfer der Täter, die sie nur umversetzen, aber nicht auffliegen lassen; das sind die "normalen" nicht "triebgesteuerten" de-facto Helfer der Täter. Das sind Leute wie "du und ich". Die die mehr oder weniger feinen Botschaften oder Anzeichen übersehen. Die es aber in unfreiwilliger de-facto Komplizenschaft den Tätern ermöglichen, ihre Taten über Jahre hinweg fortzusetzen.
Ohne, dass die Täter rechtzeitig auffliegen und gestellt werden. Wegschauend, den "guten Ruf" der jeweiligen Organisation wahrend.
Solche Täter sind durchaus "honorige Mitglieder" der jeweiligen Gesellschaft, die ihrem Sportverein als Trainer durchaus die eine oder andere Meisterschaft sicherten, oder im Kirchenkreis honorig wirken. Sie haben womöglich auch gewissen Einfluss und Macht. Mit der sich niemand gerne anlegen möchte. Sie haben womöglich auch einflussreiche Freunde.
Also keineswegs nur "stinkende schmuddelige Säufer" (wie im Text der Amigos nahegelegt wird), sondern durchaus auch "ehrenwerte Bürger".
Von daher, finde ich den Text der Amigos sehr schlecht. Der Text ist ein Text
über das Klischee von Kindesmissbrauch, um das Thema für einen Konsens-Text im Schlager-Sing-Sang auszubeuten, d.h. um darüber einen breiten Konsens-Text zu bauen, dem niemand ernsthaft zu widersprechen sich trauen "darf".
Irgendwelche echte Gedanken finden sich im Text nicht. Es wird auf die Tränendrüse gedrückt, aber die Hintergründe zum Thema werden erst gar nicht angesprochen.
Von einem Schlager-Text erwarte ich keine tiefere Analyse des Sachverhalts, keinen umfassenden Lösungsansatz für das gesamte Problem. Aber zumindest will ich gut unterhalten sein, und mich nicht fremdschämen müssen; zumindest möchte ich nicht für dumm verkauft werden.
Als Schlagertexter möchte ich selber mich erst mal gerne informieren und recherchieren, bevor ich irgend ein Blödsinn über ein Gesellschaftsthema verzapfe.
Beides haben die Amigos da nicht erfüllt.
Gruss
Kompliment auch @Sylvi für die gelungene Vertonung!
Ein Amigos-Lied über Kindesmissbrauch hat damals Schlagzeilen gemacht. Die Jungens sin da garnet zimperlisch.
