Text und Komposition

[cherry50]

Da ich in letzter Zeit auch einige Sachen vertone, bei denen Die Texte fertig sind, und nur noch in kleinen Details manchmal nachjustiert werden müssen, möcht ich mal eine Frage stellen.

Wenn das falsche Forum, dann bitte verschieben. Ich habe aber keine andere Möglichkeit gefunden.

Ich bekomme einen Text, weil er mir gefällt und ich ihn vertonen möchte. Jetzt gibt es aber unzählige Möglchkeiten den Text zu vertonen.
Zählt da eine gewisse Absprache zwischen Texter und Komponist über die Richtung ?
Wenn jetzt der Texter sagt, nee das wiil ich so nicht haben, sondern so, und der Musiker sagt wieder nein ich mache die Musik und möchte das anders haben.

Was gilt da oder wie kann man das am Besten von vorneherein zum Besten kehren?

Früher habe ich meine eigenen Texte vertont, und tue das auch immer noch, und diese neue Situation stellt mir jetzt die Frage, die ich somit gestellt habe.

Wie handhabt Ihr das ?

LG Cherry50

 

[Marc1610]

Nee wenn ein Texter seine Texte frei zur Verfügung stellt, muss er mit Allem rechnen auch das es am Ende nicht so zusagt, also Null Mitspracherecht.

Man kann sich austauschen wenn es darum geht einen Text zu einer bestehenden Melodie oder ganzem Song zu verfassen, dann habe ich aber das Recht zu sagen nö passt mir so nicht.
Das kann man aber etwas eingrenzen wenn man zuvor ein Tema vorschlägt das der Text beinhalten soll, dann werden Anpassungen gemacht falls nötig.
Wie zb zuviel Schmalz entfernt oder wenn gewollt hinzugefügt jenachdem.

Also um es kurz zu machen ein Texter hat in deine Musik nicht rein zu quatschen.

Es sei denn der Texter hat eine Songskizze und wünscht das es besser umgesetzt wird, dann hat man einen Auftrag bekommen den man annehmen oder ablehnen darf und kann.

Also halt es wie du willst, brauchst dabei kein schlechtes Gewissen zu haben.

 

[cherry50]

Auf jeden Fall danke ich Dir für Deine Antwort auf meine Frage und wünsche einen

schönen vierten Advent
LG Cherry50

 

[artname]

eine sehr interessante Frage!

Die Antwort hängt von den Akteuren ab.

Fall 1: wenn Texter und Komponist handwerklich schnell arbeiten können, psychologisch zu den kreativen Typen zählen und die Zeit es erlaubt...
... dann sollten beide ohne Worte einfach eine erste Meckerfassung erstellen. Entweder es wird ein "First Take" oder man diskutiert und danach kommt der nächste Versuch.

Fall2: einer von beiden (oder beide) arbeitet langsam und sein Motiv liegt mehr bei der Anerkennung (oder der Kohle), dann macht ein gutes Briefing mehr Sinn. Aber erfahrungsgemäß wird es dann ein "First Take" oder gar nix.

Ich arbeite schnell und bin ein Kreativer. Deshalb bevorzuge ich eine Musik ohne Kommentar. So kann ich am Besten zunächst "aus dem Vollen schöpfen". Das ist unendlich wichtig. Denn mit jeder Nacharbeit verschwindet auch ein Stück liebenswerter Naivität.

Und ich bevorzuge auch Komponisten, die meinem Typus ähneln. Leider im Profigeschäft gar nicht so leicht zu finden

 

[cherry50]

Dann haben wir es ja schon fast richtig gemacht.

Meckerfassung finde ich echt gut als Begriff, und auch dieses verschwinden liebenswerter Naivität.

Dem muß man glaube ich in erster Linie Tribut zollen, und des wegen ist eine vernünftige Absprache zwischen zwei die irgendwie gleich ticken ungemein wichtig.

Auf jeden Fall sehr tolle Hinweise artname.

Auch Dir einen schönen vierten Advent

liebe Grüße
Cherry50

 

[artname]

Für die andere Frage nach der Kritikfähigkeit gestatte ich mir ausnahmsweise ein Doppelposting.

Das ist sehr vom Vertrauen abhängig. Gerade von den kreativen lasse ich mir am Meisten in die eigene Arbeit rein reden. Kritik nervt natürlich IMMER. Aber bei einem Kreativen weiß ich zweierlei:

1. er versteht meine Gedankengänge und -sprünge. Im Dissenzfalle geht es oft um die Frage, ob das Publikum,sie mitgehen will oder kann. Selbst wenn es nur um den persönlichen Geschmack geht, liegt der oft gar nicht so entfernt vom eigenen.

2. ich muss mit einem Kreativen nicht streiten! Man macht einfach und stellt sich innerlich auf die anschließend neue Situation ein. Schließlich hat man ja auch die Möglichkeit, sein Ding im übernächsten Versuch wieder rein zu schummeln Das hat einen ernst zu nehmenden Hintergrund. Pure Kritik verengt die Variationsbreite. Angewandte Kritik erweitert sie wieder

Bei einem nicht so kreativem Partner frage ich mehr, reduziere aber meine Einwände gegen Null. Lieber mach ich, was er will. Entweder das Ergebnis gibt ihm Recht. Oder alles erledigt sich eh nach 2-3 Tagen mit dem ersten Versuch. Solche Partnerschaften sind (am Anfang) recht stark von den Verdienstmöglichkeiten geprägt. Aber auch das kann sich ändern....

 

[artname]

Lieber

und des wegen ist eine vernünftige Absprache zwischen zwei die irgendwie gleich ticken ungemein wichtig.

Damit du mich nicht missverstehst: ich arbeite lieber ohne detaillierte Absprache. Nur wenn ich im Vorgespräch( generelle Richtung, Termin, ev. Finanzen usw) das Gefühl bekomme, mein Partner tickt offensichtlich anders als ich, nur DANN schalte ich auf ausführliches Briefing um.

Also jetzt habe ich für einen Fußballverein eine Hymne geschrieben. Als Fußballfan habe ich darum gebeten, nur Kurz über damit verbundene Emotionen zu reden. Da kenn ich mich aus. Umso mehr hab ich mich für die Geschichte und den sozialen Hintergrund des Vereins interessiert.

Fazit: Für mich gilt für den ersten Versuch: je weniger Input, umso mehr Output

 

[cherry50]

Oh Ja, das hätte ich jetzt in der Tat anders verstanden.

Danke für den Hinweis.

Cherry50

 

[MamaMuuht]

@artname

Erst mal großes Danke für Deine Ausführungen. Das hilft mir, wieder eimal, etwas mehr von der Materie zu verstehen.
Das mit dem Input ist auch so eine Sache für mich. Ich hab ja jetzt auch ein wenig auf Musik geschrieben und da ist die Musik ja schon ein großer Input. Und nachdem ich meine anfängliche vielleicht noch etwas zu große Ehrfurcht vor den Komponisten abgelegt habe, merke ich auch,das es mir nicht wirklich hilft, wenn ich zu viel über die Emotionen oder Ideen des Komponisten zur Musik weiß.
Anfangs habe ich immer gefragt, wollte ja nix falsch machen. Thema verfehlt! Sechs! Setzen!
Mittlerweile sehe ich das etwas anders. Kann ja auch einen anderen Entwurf schreiben, denke ich mir.
Wenn ich ohne Musik texte, ist es sehr themenbezogen ob mich ein Input bzw. auch Vorgaben helfen oder stören. Was ich da feststelle, ist, das ich umso näher das Thema an mir selbst dran ist umso störempfindlicher werde.
Generell gilt wohl der alte Satz meines Lehrtherapeuten:

Erst Arbeit an der Beziehung,
dann Arbeit in der Beziehung.

Das heißt, ist ein Vertrauensverhältnis, eine tragfähige Beziehung vorhanden, traut man sich eben auch mehr...

Ich hoffe, du hast den Text nicht für den falschen Fußballverein geschrieben?
Für den Verein in der für mich verbotenen Stadt im Ruhrgebiet, dessen Namen VFL Bochum Fans nur unter Folter aussprechen?

 

[cherry50]

In dem Zusammenhang vielleicht noch eine Frage.

Wenn es sich ergibt, das gewisse Silben und Wortwendungen sich dann bei der Interpretation durch die Vokals einfach unbeholfen bis komisch reingezwängt klingen, wo will man den Fehler suchen ?

Eher bei der Interpretationskunst, oder ändert man die Silben vom Text, so daß es halt natürlicher klingt

Mag sich komisch anhören, aber wenn man mit der Materie zu tun hat, ergeben sich einfach solche Fragen.

LG Cherry50

 

[Teestunde]

Zuerst würde ich den Texter ansprechen, ob er das bitte ändern könnte. LG T.

 

[cherry50]

Ja gut es ist aber ja noch nicht geklärt, ob es am Texter liegt, oder am Interpreten.

Wir haben ja schon gelernt, dass mit jeder Änderung auch ein bisschen von der ersten liebenswerten Naivität verschwindet.

LG Cherry50

 

[Marc1610]

bei euren Sorgen wird man ja nie fertig, wie im Kindergarten.

 

[MamaMuuht]

@Cherry50

Tja, wer Fehler sucht, der findet sie bei jemanden.
Auch das ist, denke ich , eine Beziehungsfrage. Stimmt die, geht es eben nicht darum ,WER den Fehler gemacht hat. Sondern um eine konstruktive, sachliche und gute Lösung...

 

[Marc1610]

Teestunde, MamaFettig da gibt es nix einzugestehen, wenns nicht passt wird's passend gemacht, da geht dann auch nix verloren wie hier befürchtet wird.
Ihr müsst das Pussihafte mal ablegen, euch nicht für die Absoluten halten und verlangen das man euch erstmal um Erlaubnis fragen muss Änderungen vornehmen zu dürfen, ich glaub es ja nicht.

 

[Lacunaflow]

Jeder darf gerne seine meinung haben, nur bitte ich darum diese nicht anderen aufzuzwingen, vorallem nicht mittels der Benutzung von Kraftausdrücken.

 

[cherry50]

Meine Fragen sind zu meiner großen Zufriedenheit beantwortet

Vielen Dank dafür an alle

Marc1610,
Du darfst bei mir schreiben was Du willst, denn ich weiss auch, dass Du ein sehr guter Musiker bist,
aber ich bin mindestens schon doppelt so alt, und da dauert das Verstehen schon etwas länger.
Also nimm es mir nicht übel.

Wünsche Dir auch einen schönen
vierten Advent

LG Cherry50

 

[artname]

@ Hallo Jörg,

danke, daß Du in diesem thread mit mischst. Die Psychologie der kreativen Prozesse ist für mich genau so wichtig GEWORDEN, wie früher das reine Worthandwerk.

Und nachdem ich meine anfängliche vielleicht noch etwas zu große Ehrfurcht vor den Komponisten abgelegt habe, merke ich auch,das es mir nicht wirklich hilft, wenn ich zu viel über die Emotionen oder Ideen des Komponisten zur Musik weiß.

Ja, ich hab früher ebenfalls meine Komponisten ergebnislos versucht, aus zu quetschen. Sind ja oft kluge Burschen mit toller Rhetorik und Schlagfertigkeit darunter. Aber Texten st ja nicht nur rhetorik.Es ist ja vor allem "Offenbarung der Gefühle" Und damit haben es die Könige der tönenden Anonymität- aus selbigen Grund - in der Regel nicht so

Also ist die Rollenverteilung für mich meistens klar: Sie besetzen den coolen Part, ich den weicheren...

Kann ja auch einen anderen Entwurf schreiben, denke ich mir.

Ja, lieber Jörg. So ist es!

Ich dachte nicht immer so. Früher habe ich oft gestritten. Mich gelegentlich sogar zerstritten. Dazu fehlt heute schon mal die Zeit. UND... ein Autor wird immer austauschbarer, da ja die meisten Kontakte nur noch per Mail laufen. Es fehlen die bindenden Kneipen- und Studiostunden. Vielleicht stand sogar die Angst vor der Austauschbarkeit am Beginn meiner Reifung Aber danach habe ich entdeckt, wozu ich in der Lage bin, wenn ich statt zu streiten arbeite. Und meine erfolgreichen Komponisten leben mir das Gleiche vor.
Mir hat mal ein Produzent gesagt: Seit dem du nicht mehr streitest, manipulierst Du mich viel erfolgreicher

Erst Arbeit an der Beziehung,
dann Arbeit in der Beziehung.

@cherry50

Unbeholfene Passagen lasse ich nie zu. Selbst wenn sie im Studio schon abgenickt sind, ändere ich unaufgefordert noch - falls ein nochmaliges Einsingen möglich ist.Wenn etwas unbeholfen klingt, liegt dass fast immer am Text. Ist nach meiner Erfahrung wirklich so, liebe Texter, die dieser Satz möglicher Weise stört!

Beispielsweise klingt vieles unbeholfen, weil es unpersönlich formuliert ist.
Wenn ich das bemerke, ändere ich. Dann wird (ich spinne mal) aus: "Die Nächte sind ein Klagewall" zu "Der Nachtwind rüttelt an der Tür" oder einfach "in mancher Nacht packt mich Angst" ( (naja, Weihnachtstreß. Keine Zeit für ausgefeilte Beispiele)

Manchmal wird es unbeholfen, wenn man zu sehr hohe Kunst machen will, Dann ersetzt ich das Tote lieber mit etwas Nüchternem oder gar einem besser klingenden Klischee.

Präzise Metrik:
Manche Komponisten räumen dem Texter große metrische Freiheit ein. Ist nicht immer gut, verlängert oft unnütz das Texten, da der Texter zu viele Varianten durchspielt. Der Komponist hat seinen Job genauso präzise zu leisten wie der Texter,Ich schreibe am liebsten silbengetreu.
Manchmal hören Komponist und Texter unterschiedliche Betonungen aus der Melodie heraus. Kommt das oft vor, sollte der Texter seinen Job aufgeben.

 

[cherry50]

Hallo hier kam noch ein Schwall mit Guten Hinweisen.

Erst mal alles in Ruhe durchlesen und verwerten.

Vielen Dank artname

Lg Cherry50

 

[Teestunde]

Also aus meiner Sicht: Ich würde dem Komponisten nicht reinquatschen. Außer, das Ergebnis ist rufschädigend schlecht. Dann würde ich den Text zurückziehen. LG T.