Struktur beim Songschreiben...

[sixstringwarrior]

Es gibt genügend Künstler, die durchaus erfolgreich sind und anders funktionieren.

Sigur Ros, Emiliana Torrini, Neurosis, Nick Cave, Tom Waits, Radiohead, Porcupine Tree, Nine Inch Nails, Tool, Pearl Jam, Opeth usw. usw. usw.

Ich finde es soviel spannender solchen Künstlern zuzuhören und mich davon inspirieren zu lasen, als mir die Formel des ultimativen Pop-Songs einzuimpfen. Das klassische Schema ist sowieso immer präsent. Das muss man sich gar nicht erst vergegenwärtigen.

 

[stereolli]

das was die Künstler ausmacht und eben so spannend beim zuhören sein kann, kann andererseits echt nervtötend sein.
Sich ein ganzes Album von Muse oder eben Radiohead reinzuziehen finde ich anstrengend. Jeder(fast) Song für sich sicherlich gut, aber in der Fülle wirds einfach anstrengend.

 

[Cos]

Wo bitte in diesem Forum sind denn DIESE Titel zu hören, Songs, die NICHT aus gängigen Klischees bestehen?

Sind leider viel zu wenig.
Leider kann ich selbst momentan auch nix bieten, was diesbezüglich als außergewöhnlich zu bezeichnen wäre.

sixstringwarrior hat einige der Bands genannt, die eben die Klischees nicht bedienen und viele Songs geschrieben haben, die auch nach dem 100sten Mal Hören noch interessant klingen.
Die lange Haltbarkeit macht diese Art Musik für mich viel wertvoller als die meisten SchemaX-Produktionen, die nach dem 5. Mal Hören eigentlich gegessen sind. Leider ist die Musiklandschaft derart geeicht, dass selbst erfolgreiche Veretreter dieser Stilrichtungen oft nur wenigen Insidern bekannt sind. Für Radio und TV sind Songs dieser Machart meist zu lang, zu eckig und nicht unbedingt party-kompatibel.

Grüße
Cos

[Geändert von:<a href="https://recording.de/myRecording/Profil/Cos">Cos</a> | 30.11.2009 14:27 Uhr]

 

[essential]

sixstringwarrior schrieb:

...Sigur Ros, Emiliana Torrini, Neurosis, Nick Cave, Tom Waits, Radiohead, Porcupine Tree, Nine Inch Nails, Tool, Pearl Jam, Opeth usw. usw. usw.
...

 

[melahide]

Tja, die zwei erfolgreichsten Alben der "Pop/Rockgeschichte", wenn man diversen Listen wie dem MOJO-Magazin oder dem Rolling Stone glaubt, sind ja "Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band" von den Beatles gefolgt von "Pet Sounds" von den Beach Boys. Beides Alben die grundsätzlich Konventionen brechen. Mir gefiel diese Struktur von "Caroline, No" immer so gut mit einem Verse, eine Bridge, einem Verse... und dann diese kläffenden Hunde und die Eisenbahn die vorbeifährt. Und das alles 1966... jaja, das waren noch zeiten


Hier wurde auch Tom Waits genannt. Eines meiner Lieblingsstücke ist "Ol 55".. eignet sich perfekt für Pubs am Klavier oder auf der Straße mit der Klampfe. Sehr schön finde ich, dass es recht "klassisch" beginnt von der Akkordabfolge C-Em-F-G und dann so gegen Ende beim "Stars beginnin to fade".. mit seinem Dm-G-C-Am und wie er bei "Lord let me tell ya" auf D-[g=251]Dur[/g] wechselt... ist in meinen Ohren von der Melodieführung her sehr interessant. Und auch der Text... wunderschön. Wohl eher eines der kommerzielleren Lieder von Waits, was?

Och, ich wünschte ich könnte so schreiben...

 

[artname]

Hallo sixstringwarrior,

nehmen wir Tom Waits! Den mag ich sehr!

Viele seiner Songs sind IMHO, ein wenig moduliert, Bluessongs oder sonstige traditionelle oder schlicht theatralische Songs. Was bitte an den einzelnen SONGSTRUKTUREN ist so ungewöhnlich bei ihm? Gib mir bitte Beispiele für regelfreies oder wenigens eigene Regeln seines Musizieren.

Gut, bei einigen Songs bleibt er permanent auf einem [g=250]Akkord[/g], agiert faktisch rezitativ. Was aber ist daran so besonders? Das machen viele Andere auch. Der ländliche Blues ist voller entsprechender Beispiele. Oder das Theater.

Auffallend bei ihm ist sein musikalisches Themenspektrum bis hin zur Theatermusik. Aber da liegt schon der Hund begraben. Wir hatten mal einen Auftrag Theatermusik von einem namenhaften deutschen Theater, die wollten einfach "nur "Tom-Waits-Musik" von mir (und meinem Partner). Also wenn das nicht nach Klischee klingt.

Meine persönliche Meinung ist: wenn ich seine rezitativen Songs versuchsweise stärker harmonisiere, lande ich nur bei anderen, gängigeren Songs, die er ja AUCH macht. Die Kompositionsstruktur ist nicht das Entscheidende.

Das eigentlich Spannende bei Tom Waits: die Vielfalt der Stile, die Arrangements, die Aufnahmetechnik, seine Stimme, seine Interpretation und wahrscheinlich auch seine Texte sind allerdings Elemente, die hier eigentlich nicht zur Diskussion stehen.

Oder?

And by the way...

Das klassische Schema ist sowieso immer präsent. Das muss man sich gar nicht erst vergegenwärtigen.

Könntest Du mir DAS mal erklären?

 

[artname]

@melahide

...Sehr schön finde ich, ... mit seinem Dm-G-C-Am und wie er bei "Lord let me tell ya" auf D-[g=251]Dur[/g] wechselt..

Wenn ich den Song nicht kenne, sagen mir Deine Akkorde wenig. Es wäre mehr möglich.

Es gibt eine interessante Darstellungsweise für die Harmonien über den einzelnen Tönen der Tonleiter einer entsprechenden Tonart:...

... die Darstellung mit mit römischen Zahlen, alsso I,II...bis VIII.

Also wäre Deine Dm-G-C-Am Verbindung in C-[g=251]Dur[/g] eine II-V-I-VI Verbindung; in G-[g=251]Dur[/g] wäre die gleiche Akkordverbindung aber eine V(moll)-I-IV-II-Verbindung.

Sorry, ich will nicht schulmeistern. Aber wenn Du Dir diese Schreibweise angewöhnen möchtest...

... teilst du mit dieser Akkordschreibweise gleichzeitig ihre Funktionen (I=Tonika, II=Mollsubdominante, III= Molldominante usw)mit.

Vielleicht renne ich mit diesem Vorschlag offene Türen ein. Dann entschuldige bitte.

Falls nicht, dann empfehle ich Dir das Erlernen dieser Schreibweise: Du lernst Du ganz nebenbei sehr viel über Harmonisierung.

 

[DaddyDufte]

das is einfach die stufen-schreibweise. dann musst du ihm vollständigerweise aber auch die funktionen-schreibweise anbieten.
(D), DD, tP, Tp, tG, Tg...usw. das is harmonisch gesehen noch unmissverständlicher, find ich.

im übrigen denke ich, dass ihm beide weisen geläufig sind. wirkt so auf mich.

egal

 

[artname]

hallo daddydufte,

dann musst du ihm vollständigerweise aber auch die funktionen-schreibweise anbieten

Warum nicht. Ich will es versuchen. Also für eine Tonart in [g=251]DUR[/g]:

I=Tonika, II=Mollsubdominante, III= Molldominante, IV=Subdominante, V= Dominante, VI=Molltonika, VII= halbverminderter "neutraler" b5/7-[g=250]Akkord[/g] über dem 7. Ton (wird seltener benutzt, aber eignet sich hervorragend, in alle Richtungen und Tonarten zu transponieren).

im übrigen denke ich, dass ihm beide weisen geläufig sind. wirkt so auf mich.

Ich bin mir da nicht so sicher. Dein Schreib-Vorschlag oder meiner böten doch für seine Foren-Beiträge substanziell mehr Informationen.
Wie dem auch sei. Es war ja nur eine Empfehlung.

 

[noisefloor]

Artname hats schön auf den Punkt gebracht, denn es passt zumindest zu einigen der oben genannten Gruppen. Sie nutzen durchaus bekannte SONGSTRUKTUREN, nur die Harmonien sind bei ihnen nicht immer 08/15.

Trotzdem ist die typische Songstruktur nicht zu verteufeln oder per se als unkreativ und blöd zu bezeichnen. Das ist völliger Humbug. Und ganz ehrlich: Es ist wesentlich schwieriger, einen Song in dieser Struktur zu zaubern, der wirklich nach was klingt als ein völlig freies Spiel.
Beides hat seine absoluten Reize, aber zu behaupten, dass die Standards langweilig und doof sind, ist m.M. völliger Quatsch.

 

[artname]

Hallo noisefloor

Artname hats schön auf den Punkt gebracht, denn es passt zumindest zu einigen der oben genannten Gruppen. Sie nutzen durchaus bekannte SONGSTRUKTUREN, nur die Harmonien sind bei ihnen nicht immer 08/15.

Zustimmung tut immer gut , aber das mit den Harmonien kann ich SO nicht stehen lassen. Ab gesehen davon ist mir der Begriff 08/15 VIEL zu schwammig. In sehr vielen "POP-Pruduktionen finde ich extrem interessante harmonische Wendungen. Man bemerkt es nur nicht mehr, weil unsere Ohren GEGENWÄRTIG sogar JAZZ-[g=244]Harmonik[/g] als banal empfinden.

Ich glaube, dass in den letzten Jahrzehnten harmonisch nix Neues mehr auf den Markt kam. Das Innovative der Gegenwart heißt für mich [g=379]Sounddesign[/g], neue Rhythmuseinflüsse durch die internationale Vernetzung und infolge der rasanten Entwicklung die immer stärkere Vermischung aller möglicher Stilarten.

 

[Pinball]

NULL

 

[noisefloor]

Ok, das ist wohl ein kleines Missverständnis.
Klar, die gegenwärtige Popmusik nutzt viele "jazzige" Akkorde, das ist durchaus richtig. Allerdings sind die großen Hits sehr oft harmonisch gleich (Axis of Awesome haben das eindrucksvoll gezeigt, siehe Youtube).

Interessant in der Hinsicht finde ich eigentlich eher, das heute die Harmonien bzw. deren Wechsel vermieden werden, wo es nur geht bis hin zu Songs, die aus 1 bis max. 2 Akkorden bestehen. Rythmus macht hier wett, was harmonisch fehlt.

Was das [g=379]Sounddesign[/g] angeht, stimme ich dir auch hier zu, das hat in der modernen Musik einen extrem hohen Stellenwert eingenommen. Schön auch daran zu sehen, dass das "preset nutzen" heute verpönt ist und man sich damit beinahe als Unwissender und unkreativer Mensch outet.

Ich bleibe aber trotzdem dabei: Einen Song mit dem Standardaufbau zu schreiben ist alles andere als einfach, zumindest wenn er halbwegs interessant bleiben soll.

 

[Pinball]

@ artname

"Das Innovative der Gegenwart heißt für mich [g=379]Sounddesign[/g], neue Rhythmuseinflüsse durch die internationale Vernetzung und infolge der rasanten Entwicklung die immer stärkere Vermischung aller möglicher Stilarten."

Wieso "der Gegenwart"? Das war doch schon immer so.

@ noisefloor

"Was das [g=379]Sounddesign[/g] angeht, stimme ich dir auch hier zu, das hat in der modernen Musik einen extrem hohen Stellenwert eingenommen. Schön auch daran zu sehen, dass das "preset nutzen" heute verpönt ist und man sich damit beinahe als Unwissender und unkreativer Mensch outet."


Das sehe ich LEIDER anders. Am (kommerziell) erfolgreichsten sind m. E. oft die Musikprodukte, in denen Presetsounds verwendet werden. In den meisten Foren geht es vielen Musikschaffenden doch oft um große SAMPLE Libraries. Das Angebot an "Instant" Sounds ist heute größer als jemals zuvor.

 

[melahide]

He, redets bitte von mir nicht in der dritten Person wenn ich daneben steht

Gut... und nachdem ich das Lied scheinbar nicht richtig erklärt habe... weiß ich mir derzeit nur so zu helfen..

Tom Waits - Ol 55
-z1MUY

und die kommerziellere Version von
The Eagles - Ol 55

 

[artname]

@ melahide

He, redets bitte von mir nicht in der dritten Person wenn ich daneben steht Gut... und nachdem ich das Lied scheinbar nicht richtig erklärt habe... weiß ich mir derzeit nur so zu helfen..

Ich rede schon noch mit Dir Aber wie gesagt, Du könntest Dich etwas präziser ausdrücken.

Du schriebst über Tom-Waits-Harmonien und nanntest Tonarten, in denen <b> er </b> gar nicht spielt (Waits spielt in dem Video in Fis-[g=251]Dur[/g]).

In C-[g=251]Dur[/g] spielen die <b>Eagles </b>. DIE erwähntest Du aber nicht.

Diesem Dilemma entgehst Du automatisch, wenn Du <b>Stufenbezeichnungen </b>benutzt.

Der von Dir angesprochen Wechsel auf D ( bei den Eagles in diesem Falle II-[g=251]Dur[/g]) hat IMHO die Funktion einer Doppeldominante, die im 2. Anlauf dann hin zu G-add9 führt. Gefällt mir auch gut, ist aber ein geläufiges Konstrukt.

Aber was ist schon "geläufig". Alles liegt letztlich im Auge des Betrachters. Die Hauptsache bleibt noch immer, dass die Seele von der Musik ergriffen wird

 

[artname]

@pinball and noisefloor
Ob Presetsounds verwendet werden oder nicht hängt, für mich von zu vielen Faktoren ab, um es zu verallgemeinern.

Da wären die konkreten Vorlieben der Komponisten, der ausführenden Musiker, der Studioproduzenten. Dazu kommt Erwartungshaltung des Zielpublikums (ist beim Hip-Hop nun mal anders als beim Schlager) und kunstunabhängige Faktoren wie Zeitdruck, Kohle usw.

Manche Musiker komponieren vor allem Klänge, andere wiederum vor allem Liedstrukturen. Das wird immer so bleiben.

ICH meinte nur, dass die Möglichkeiten des Sounddesigns noch nach oben offen scheinen, im Gegensatz zur [g=244]Harmonik[/g]. Es sei denn, die 12-Ton-Musik feiert irgendwann mal einen triumphalen Einzug in die populäre Musik.

@ noisefloor

Ich stimme Dir völlig zu. Auch aus geläufigen Kompositionsstrukturen lassen sich die größten Überraschungen rausholen. Siehe Joe Cockers Klassiker "With a little help for my friend"...

...ich bin nur überascht, wie selten mir als Texter entsprechende Demos angeboten wurden und werden....

 

[artname]

@daddydufte

manchmal bin ich aber auch begriffsstutzig

das is einfach die stufen-schreibweise.

hab ich beim ersten Anlauf überlesen. Danke für den Hinweis. Ja, ich meinte die "Stufentheorie"

dann musst du ihm vollständigerweise aber auch die funktionen-schreibweise anbieten. (D), DD, tP, Tp, tG, Tg...usw. das is harmonisch gesehen noch unmissverständlicher, find ich.

[/quote]

Ja, auch da gebe ich Dir recht.

Da mahne ich korrekte Schreibweise an und selber ...

 

[melahide]

OKOK, ich habs kapiert, ich werde in Zukunft anders schreiben. Hab halt in meiner Begeisterung die Gitarren-Akkorde hier kommentarlos reingeknallt ...

 

[GordonOverkill]

Bei mir ist es so, dass der Song mir in der Regel schon verrät, wie er klingen will. Das kann einmal Schema F sein, ein anderes mal vielleicht etwas Komplexeres mit vielen unterschiedlichen Passagen.
Ich mag keine Songs vom Reißbrett... klar, damit kann man durchaus sein Geld verdienen, aber zumindest mich langweilt 90% dessen, was ich im Radio höre, ins Delirium.