Strategien für mehr Klarheit bei sehr vielen Instrumenten?

[Nanorec]

Hallo allerseits

Ich weiß nicht inwiefern hier echte Mischprofis am Werk sind, aber nachdem was ich bisher so soundmäßig gehört habe scheinen einige auf jeden Fall ihr Handwerk zu verstehen, Respekt...

Also ich bin grade auf der Suche nach Strategien, wie man -bei mehreren Instrumenten die gleichzeitig spielen- im Idealfall alle Instrumente in einen ausgewogenen Mix bekommt. Problem dabei ist, dass ich schon sehr vieles ausprobiert habe, aber die Ergebnisse (verglichen mit anderen Produktionen) irgendwie trotzdem nur zur Hälfte brauchbar klingen, so dass ich mich langsam frage ob es außer den üblichen verfügbaren Anwendungen noch irgendwelche weiteren besonderen Tricks geben muss...?

Die Hauptschwierigkeiten treten dabei insbesondere bei Tracks die String, Pad, Synth und manchen Subbass Sounds enthalten auf, manchmal aber auch bei Soloinstrumenten und ich beschreibe das Ganze einfach mal als Mischungen wo die Sounds irgendwie schmutzig und anstrengend und auf vielen Boxen alles andere als durchsetzungsfähig klingen. Meine Vermutugen liegen dabei, dass man mit Tricks am Stereoklangbild / EQ / Raumklang? noch irgendwas ändern müsste, nur was es genau ist ließ sich bisher z.t nicht entschlüsseln...

Möglicherweise spielt jedoch auch der Ohr-Gewöhnungseffekt eine Rolle oder mit den Ohren (verwendeten Boxen) stimmt etwas nicht?

Ein ganz typisches Problem was zb. beim EQ'ing auftritt: Ich versuche störende Frequenzen zb. bei 250hZ aus dem Sound rauszufiltern, weil sich der Sound mit einem anderen Sound ins Gehege kommt. Schon jetzt werden viele sagen, nimm halt nen EQ und filter die Frequenzen bei einem Sound schmalbandig raus, doch das ist alles weitaus komplizierter und so in keinem Fall richtig! Tatsächlich scheint es so zu sein, dass bei entsprechend vielen Sounds gleichzeitig das Herausnehmen bestimmter Frequenzen in einem Sound, (z.t psychoakutisch) auch die Frequenzen anderer Sounds beeinflusst, gleichzeitig spielt es eine Rolle wie breit jeder Sound in welcher Frequenz (Stereosignal / Differenz L-R) jeweils auftritt, wie der Raumklang und das Frequenzspektrum sich in jedem Sound verhält und noch andere Faktoren...

Ich habe hierbei bereits einige Tricks ausprobiert, doch wie gesagt hat vieles bisher nur zum Teil geholfen, die Ausgewogenheit und Durchsetzungsfähigkeit zu verbessern, manches auch garnicht und der Verdacht liegt nah, dass es noch irgendwas Grundsätzliches geben muss:

-Was zb. garnicht geholfen hat: Tiefe Frequenzen Mono, Breiten nur bei hohen Frequenzen, ist pauschal gesehen großer Murks!
- Frequenzen nach blauerschen Bändern einstellen um Hinten / Vorne Effekte zu erzielen: klappt z.t bei Stimmen (war positiv überrascht), z.t aber auch garnicht > bei Einstellen im Vordergrund werden z.b 400-500Hz unangenehm erhöht... Das gleiche hab ich auch schon mit Unterscheidung von L/R probiert, ich bin jedoch nicht sicher inwieweit es was bringt...?
- 2te, 3te, 4te Harmonien herausgecutteter Frequenzen als Kompensation erhöhen > macht den Sound ziemlich kaputt, nur eine Frequenz schmalbandig herausfiltern ohne irgendwas anderes zu erhöhen lässt jedoch den entsprechenden Sound in vielen Fällen merkwürdig oder matt klingen, breitbandig abschneiden ist da in vielen Fällen fast besser (lässt einen Sound angenehmer klingen), dünnt aber meist den entsprechenden Bereich zu sehr aus und lässt teilweise den ganzen Mix scheiße klingen wenn ich anschließend nicht das gleiche auch bei allen anderen Sounds in diesem Freq Bereich mache!
-in einem Sound bei Frequenzen Stereosignal erhöhen wo man gleichzeitig Monosignal wegnimmt scheint tatsächlich das Ergebnis auf manchen Boxen besser und zugleich auf manchen schlechter klingen zu lassen. Es wurde mir mal von einem "Profi" empfohlen, allerdings auch das sehr mit Vorsicht zu genießen.....oder ich mache auch hier irgendwas falsch?
-Grundfrequenz eines Sounds im Stereoklangbild nach L/R zu pannen, und den Rest unverändert zu lassen
scheint ebenfalls (bei Pads und hohen Instrumenten) zum Teil zu helfen wird jedoch wiederum problematisch bei Delay / Reverb... Auch was hier zu machen wäre, ist mir nach wie vor nicht ganz klar?
- Frequenz nur auf einem Kanal verändern und auf dem anderen so lassen oder gar gegenteilig einstellen > kann als dynamischer Effekt in Automation gut klingen, macht jedoch vl. 5% Verbesserung aus
-Noch komplizierter wird das Ganze bei Verwendung eines MF Transienten Designers mit M/S-SigalTrennung.Diesen benutze ich inzwischen fast komplett als Alternative zu herkömmlichen Kompressoren)
Hier hab ich je nach Sound ganz gute Erfahrungen gemacht im entsprechenden Stereosignal zu den Frequenzen unterschiedlich passende Releasewerte einzustellen, wobei das Erhöhen der Releasezeiten bei hohen Frequenzen im Stereosignal und Absenken im Monosignal v.a bei rhytmischen Sounds zu Verbesserungen führt. Auch führt hier ein Absenken der Releasezeiten fast zu besseren Ergebnissen, als im EQ was wegzunehmen...
-Kanal L / R um einige Ms verzögern führte in manchen Fällen zu einer Verbesserung bei Strings und Pads in Kopfhörern, auf Boxen aber eher zu matsch. Ich wende dies kaum noch an...
- Gibbs Phänomen in manchen Sounds herausfiltern > Ich meine mir einzubilden, dass es etwas bringen kann, der Effekt und die Feinheiten sind jedoch echt minimal.
- herkömmliche Exciter / Stereo enhancer / Harmonizer Plugins > bringen meiner Meinung nach für solche Anwendungen 0...
Auch der Unterschied zu EQ's ist quasi nicht hörbar.

Nun würde mich sehr interessieren was es sonst noch so für grundsätzliche Vorgehensweisen um sehr viele Instrumente (zb. Strings & Synths & Pads & Synth Bass & FX's & Gitarre und den Bass und noch die Drums) besser unter einen Hut zu bekommen gibt? Möglicherweise auch weitere Kniffe, die völlig abseits von EQ/ Kompression liegen?

 

[A-rtur]

Ziemlich langer Text. Also meine Lieder bestehen teilweise nur aus 10 Spuren und hören sich auch je nach dem schön satt an. Vllt ist weniger mehr? Ich halte das mit dem abmischen ziemlich praktisch. Ich stell mir vor, meine Sounds wäre ein Orchester team. Manche bekommen einen reverb, manche Delay. Der drum wird immer in die Mitte des Saals gesetzt. Entweder weiter vorne mittig oder hinten, je nachdem wie wichtig er ist. Das pad sind dann mehrere Stimmen, über den Raum verteilt. Also Planung links und rechts. Ganz vorne liegen dann halt die wichtigen Sachen, hinten die Sachen zum sättigen / untermalen, etc. (hinten = Lautstärke reduzieren) der Rest geht über filtern. Bass lasse ich im meist im subbereich. Rechts daneben kommen kommen die drums usw. Piano auf c4 und Flöte auf c4 sind sich sicher ähnlich im eq. Da schneide ich zum Beispiel bei einem rechts was weg, beim anderen Links. Sehe das alles nicht so theoretisch, ich mach es einfach, bis es passt. Desto mehr Instrumente, um so feiner muss man wohl arbeiten. Es gibt eqs, die direkt die Wellen darstellen. Da kann man was besser arbeiten, vor allem, wenn sie mehr als 10 Bänder haben.

Also meine Strategie: keine unnötige Spur, weniger ist mehr und vorstellen, dass man die Instrumente im Raum oder großen Saal platziert

 

[SOS]

tl;dr... arrangement ist das zauberwort... weniger ist mehr... auch beim posten... und beim sich gedanken machen...

 

[Signalschwarz]

was es sonst noch so für grundsätzliche Vorgehensweisen

Nichts von dem was Du geschrieben hast würde ich als grundsätzliche Technik ansehen, wirkt alles wie ziemlich überdrehtes Rumdoktern. Wahrscheinlich ist das Problem schon im Ansatz vorhanden, sprich schlechtes Songwriting, Arrangement und Klangauswahl. Typischer Anfängerfehler eine schlechte Komposition mit "ich brauche noch unbedingt diesen Sound und ach ja den Sound auch noch und den und den..." ausgleichen zu wollen oder es wird einfach alles zusammengewürfelt, weil es heutzutage halt einfach möglich ist.

Ist aber alles graue Theorie solange kein konkretes Beispiel gegeben wird.

 

[A-rtur]

Ich versteh auch nicht, wie manche 120 Spuren zu Stande bekommen. Mein derzeitiger Track hat 5 Spuren und ist fast fertig.

 

[musicdevil]

Ich versteh auch nicht, wie manche 120 Spuren zu Stande bekommen. Mein derzeitiger Track hat 5 Spuren und ist fast fertig.

Kommt auf das Genre an. Manchmal hast du schon 10-20 Spuren für A-Drums, vielleicht 10 für Vocals (mit Chor), Streicherarrangement mit 5 Spuren, Gitarren mit Amp und DI-Signal und auch noch gedoppelt, vielleicht 20 FX Spuren usw. usw., das kann sich zusammen läppern.

 

[A-rtur]

Ja bei einem Trance Track von früher hätte ich schon mal 20 Spuren. Das lang auch schon. Oft kann man ja mehrere Sachen in eine Spur stecken..

 

[oliveramberg]

Meine Tracks haben im Schnitt 50 Spuren. Ich versuche aber nicht krampfhaft alle Spuren klar "hörbar" zu machen. Das heisst, viele Tracks sind da, aber man würde sie erst wahrnehmen wenn sie fehlen. Und ich denke es ist auch manchmal befreiend und dem Song dienlich, wenn man die eine oder andere Spur über die Klippe springen lässt. Hilft Dir vielleicht nicht viel weiter - aber der Ansatz, es muss nicht alles right-in-the-face hörbar sein, ist vielleicht kein schlechter.

 

[Synophon]

aber der Ansatz, es muss nicht alles right-in-the-face hörbar sein, ist vielleicht kein schlechter.

Nicht nur das. Er ist sogar einer der Wichtigsten.

 

[m_tree]

aber der Ansatz, es muss nicht alles right-in-the-face hörbar sein, ist vielleicht kein schlechter.

Nicht nur das. Er ist sogar einer der Wichtigsten.

Alles right-in-the-face ist aber bei vielen großen Produktionen oft gegeben. Hängt aber auch vom Genre ab.

@Nanorec
Weniger ist mehr. Arrangement und Sounddesign optimieren.
Dann die EQ Gewohnheiten hinterfragen. EQing ist neben "Saubermachen" vor allem viel Prioritäten setzen. Und sich nicht scheuen, auch mal ordentlich reinzulangen, wenn es sein muss.
Dein Mix sollte nur mit Leveling (und Automation), EQing und Kompression schon gut und ausgewogen klingen. Spezialsachen können einen guten Mix geringfügig verbessern, aber wenn die Grundstruktur nicht funktioniert, bringt eben auch der tollste Enhancer nix.

 

[ArtistHH]

Ob eine oder dreihundert Spuren - das einzige Kriterium ist wie es sich anhört. Sicher kann man jedes Instrument mehrfach aufnehmen und z.B. eine Snare auf fünf Spuren verteilen, die mit unterschiedlichen Effekten versehen und dann daraus den ultimativen Snare-Sound mixen. Einen Konzertflügel mit mindestens 25 Mikros rund um das Teil plaziert. Da hätten wir dann schon 30 Spuren. Das macht allerdings keinen Sinn, es sei denn man will die Sample-Library des Jahrhunderts erstellen.

Wie einige Kollegen hier schon geschrieben haben ist weniger einfach mehr. Die Anzhal der Spuren immer überschaubar halten. Und egal was man dann hinzufügt um mehr herauszuholen, es muß sich vorher schon gut anhören sonst stimmt etwas nicht.