Schall Schmerzgrenze

[ModulationMatrix]

Moin moin,

in Büchern wird ja immer ohne viel Aufhebens von einer Schmerzgrenze der Schallintensität geredet, glaube bei 140db oder so. Hat jemals jemand Schall als Schmerz empfunden? Ich persönlich nicht. Muss man da 1 Meter neben dem Düsentriebwerk stehen? Oder kann es sein dass sich diese Werte auf einen plötzlichen Anstieg von Stille auf x Dezibel beziehen? Denn das Ohr schützt sich ja gegen zu laute Geräusche und passt sich sehr schnell an. Also würde man mMn nach einem kurzen Schockmoment locker hohe Pegel ohne Schmerz vertragen.

Oder bezieht sich das auf Testtöne. Wenn ich nen Sinuston bei 2k lautmache ist das allerdings in der Tat sehr schnell extrem unangenehm. Da sind dann glaube ich sogar weit weniger als 140db erforderlich dass man abbricht. Aber nur ne Vermutung.

Wie auch immer, hab jetzt keine Lust wissenschaftliche Papers im Detail zu lesen, weiß jemand mehr darüber?

Eindrücklichste Demonstration übrigens der Anpassung des Gehörs war mal ein Metalkonzert ohne Ohrstöpsel, und auf der Nachhausefahrt danach hat man sich gefragt hat warum denn aus dem Autoradio obwohl voll aufgerissen noch nix rauskommt

 

[Signalschwarz]

Denn das Ohr schützt sich ja gegen zu laute Geräusche und passt sich sehr schnell an.

Nicht das Ohr, sondern das Gehör. Hier findet die Anpassung auf der chemischen Transmissionsebene statt.

 

[Signalschwarz]

Wenn ich nen Sinuston bei 2k lautmache ist das allerdings in der Tat sehr schnell extrem unangenehm.

Der Bereich um ca. 2,5 kHz wird unter Tonmenschen oft als pain frequency beschrieben, eine Absenkung in diesem Bereich lässt einen Mix mitunter angenehmer, weicher und auch "wärmer" erscheinen.

Eindrücklichste Demonstration übrigens der Anpassung des Gehörs war mal ein Metalkonzert ohne Ohrstöpsel, und auf der Nachhausefahrt danach hat man sich gefragt hat warum denn aus dem Autoradio obwohl voll aufgerissen noch nix rauskommt

Das Phänomen kennen wahrscheinlich Viele, wer's nicht kennt sollte es auch nicht darauf anlegen. Auch hier ist wieder der chemische Teil des Hörempfindens der Grund. Während einem Konzert mit hohen Schalldruckpegeln werden die sich im Ohr befindlichen Härchen permanent bis zu maximal ausgelenkt, entsprechend gibt es auch ein biochemisches Dauerfeuer, irgendwann sind Rezeptoren gesättigt, ähnlich wie auch bei einem Drogenrausch. Schädigende Schalldruckpegel wirken auf der mechanischen Seite des Hörempfindens, werden dabei übermässig ausgelenkt, bis sie ihre Funktion verlieren, ähnlich wie bei anderen Gelenkkonstruktionen bspw. ein offenes Fenster, das bei einem Unwetter von einer starken Böe erfasst wird und bei dem dann in Folge die Gelenke die ansonsten für reibungsloses Öffnen und Schließen sorgen ausgeschlagen sind.

Altersbedingte Schwerhörigkeit kann verschiedene Ursachen haben.

 

[wjl]

Hat jemals jemand Schall als Schmerz empfunden?

Oh ja, vor einer Woche bei Snarky Puppy in Frankfurt, 3. Reihe vor der Bühne. Das war nimmer schön und ein einziger Soundmatsch. Weiter hinten in Richtung Mischpult war's besser, aber immer noch nicht gut; die Live-Aufnahme vom Konzert ist allerdings nicht schlecht.

Draußen standen Einige rum die meinten in der Lokation sei's immer so unerträglich laut. Für mich war's das erste und - so nah - auch sicher das letzte Mal.

Mehr zur Frage: https://de.wikipedia.org/wiki/Schalldruckpegel#Wahrnehmung_durch_den_Menschen (zeigt die Frequenzen) und https://de.wikipedia.org/wiki/Schmerzschwelle#Akustische_Schmerzschwelle

 

[Kollege]

auch ohne schmerzen: warum wird eigentlich immer so unfassbar laut gedreht?

lautstärke in kleinen locations verstehe ich noch irgendwo, man will ja gegen die drums anstinken, aber sonst? selbst in jungen jahren war mir das alles immer viel zu laut und ich hab schon früh gehörschutz benutzt.

besonders in diskos ist das echt übertrieben.
wer findet das denn schön und sagt, 'mensch, toll, wie laut das wieder war. hab mich richtig wohl gefühlt.'

 

[litoni]

[/QUOTE]Der Bereich um ca. 2,5 kHz wird unter Tonmenschen oft als pain frequency beschrieben, eine Absenkung in diesem Bereich lässt einen Mix mitunter angenehmer, weicher und auch "wärmer" erscheinen. .[/QUOTE]

dieser Bereich wird in meinen Mixes fast regelmäßig abgesenkt und das mit dem angenehmer und weicher kann ich unterstreichen.

 

[ModulationMatrix]

Ah danke für den Link, @wjl

@Signalschwarz eine physische Komponente des Schallschutzes im Ohr gibts ja auch noch, den Stapedius-Reflex. Das ist ein Muskel der durch seine An/Entspannung die Schallübertragung im Ohr regulieren kann. Bei plötzlichen lauten Ereignissen zuckt der wie ein Reflex zusammen, weiß nicht ob er auch bei lauter Dauerlautstärke regulierend eingreift.

Ich werd erstmal den Artikel lesen


Wo ihr das Thema Schlagzeug erwähnt, jetzt kann ich mich an eine Probe erinnern, in einer Art Kellergewölbe, tierisch halliger Sound, und der Schlagzeuger kloppte rein als wärs das jüngste Gericht. Die Gitarristen natürlich gegengehalten und Amps voll aufgerissen. Das war schon so etwas wie Schmerz. Sehr unangenehm zumindest.

 

[m_tree]

Hat jemals jemand Schall als Schmerz empfunden?

Ja, leider schon zu oft. Und meistens auf der Bühne, wenn es Rückkopplungen gab oder sonstwie gepfuscht wurde. Oder wenn ich mal bei kleinen Kneipengigs ohne Ohrstöpsel spielte und dann jemand aus Lust und Laune die Mainspeaker, die mit als Monitor für mich fungierten, um 200% aufdrehte.
Auf Bühnen passiert immer wieder mal so ein Scheiß.

Wenn ich Musik mache, also Drums spiele, hab ich seit vielen Jahren grundsätzlich Ohrstöpsel drin. Das verlangt meine tontechnische Aktivität seit einiger Zeit auch zwangsläufig.

Die Ohren zu schonen, wo es geht, ist auf jeden Fall gut. Auch Straßenlärm, in Werkstätten oder aufm Bau kann es oft Lärm geben, der in stundenlanger Belastung Dauerschäden hervorrufen kann.

 

[ModulationMatrix]

Ah interessant. Laut Artikel hängt die Schmerzschwelle weniger von der Frequenz ab als die Hörschwelle.

Und ansonsten schwer zu messen bzw. zu untersuchen weil es eben vorher schon so unangenehm wird. Verständlich.

 

[ModulationMatrix]

Hat jemals jemand Schall als Schmerz empfunden?

Ja, leider schon zu oft. Und meistens auf der Bühne, wenn es Rückkopplungen gab oder sonstwie gepfuscht wurde. Oder wenn ich mal bei kleinen Kneipengigs ohne Ohrstöpsel spielte und dann jemand aus Lust und Laune die Mainspeaker, die mit als Monitor für mich fungierten, um 200% aufdrehte.
Auf Bühnen passiert immer wieder mal so ein Scheiß.

Wenn ich Musik mache, also Drums spiele, hab ich seit vielen Jahren grundsätzlich Ohrstöpsel drin. Das verlangt meine tontechnische Aktivität seit einiger Zeit auch zwangsläufig.

Die Ohren zu schonen, wo es geht, ist auf jeden Fall gut. Auch Straßenlärm, in Werkstätten oder aufm Bau kann es oft Lärm geben, der in stundenlanger Belastung Dauerschäden hervorrufen kann.

Ach wo dus sagst. Ich war mal auf nem Mikrophon Seminar von Shure, und als erste Amtshandlung fabriziert der Vortragende ne höllische Rückkopplung (ja, der Typ von Shure, der sich eigentlich auskennen sollte ). Es war nur ein kurzer Moment, aber extrem unangenehm, das war vllt auch schon Schmerz.

 

[MrBongo]

eine physische Komponente des Schallschutzes im Ohr gibts ja auch noch, den Stapedius-Reflex. Das ist ein Muskel der durch seine An/Entspannung die Schallübertragung im Ohr regulieren kann. Bei plötzlichen lauten Ereignissen zuckt der wie ein Reflex zusammen, weiß nicht ob er auch bei lauter Dauerlautstärke regulierend eingreift.

ja, das tut er. Auch am Trommelfell sitzt ein Muskel, der es bei hohen Lautstärken stärker spannt und dadurch die Auslenkung reduziert (=> die Stärke der Übertragung zum Innenohr abschwächt). Allerdings sind auch seine Fähigkeiten begrenzt, daher treten bei höherer Lautstärke eben sehr viel schneller Schäden auf.

Das Ganze funktioniert übrigens nicht sofort, sondern hat eine kurze Reaktionszeit. Daher existiert das Knalltrauma

 

[ModulationMatrix]

ja, das tut er. Auch am Trommelfell sitzt ein Muskel, der es bei hohen Lautstärken stärker spannt und dadurch die Auslenkung reduziert

Das interessiert mich, weißt du wie der Muskel heisst?

 

[schnuffke2]

So richtig Schmerzen kenne ich nicht, aber durchaus unangenehme Lautstärken. Das ist dann eher vergleichbar mit starkem Jucken - Du kannst es nicht ignorieren und es besteht "Handlungszwang".

Belästigt fühle ich mich oft deutlich früher, das ist dann aber kein körperliches Gefühl. Oder doch, wenn das Adrenalin hochsteigt, merke ich das dann schon körperlich.

 

[der_wahre_Noplan]

Manche Frequenzen fühlen sich halt unangenehm an und man zuckt auch schon bei geringer Lautstärke zusammen. Wenn man dann so eine Frequenz lauter macht, fühlt es sich an wie Schmerz. Wie ein Messer, das die Ohren durchbohrt.

 

[MrBongo]

das steht in meinen Uni-Unterlagen tatsächlich nicht drin, also musste ich Onkel Google fragen:
der Musculus tensor tympani. Quasi das Gegenstück zum Stapedius mit ähnlichem Zweck, aber in der genauen Funktion noch nicht vollständig erforscht.
Unter Wikipedia steht, dass seine Kontraktion "nicht durch hohe Schalldrücke" ausgelöst würde, aber ich vertrau da lieber dem Herrn Professor Tonmeister. Auch andere Quellen beschreiben das so, dass er definitiv zusammen mit dem Stapedius wirkt

 

[ModulationMatrix]

das steht in meinen Uni-Unterlagen tatsächlich nicht drin, also musste ich Onkel Google fragen:
der Musculus tensor tympani. Quasi das Gegenstück zum Stapedius mit ähnlichem Zweck, aber in der genauen Funktion noch nicht vollständig erforscht.
Unter Wikipedia steht, dass seine Kontraktion "nicht durch hohe Schalldrücke" ausgelöst würde, aber ich vertrau da lieber dem Herrn Professor Tonmeister. Auch andere Quellen beschreiben das so, dass er definitiv zusammen mit dem Stapedius wirkt

Danke!

 

[Tmny]

Ich fühle Schmerzen wenns zu laut ist. zB im IMAX Kino bei uns in Wien. Da ist auch die Dynamik sehr groß. Bei konstanter Lautheit wie bei Songs eher nicht so.

 

[muffy]

Hat jemals jemand Schall als Schmerz empfunden?

Ja, bei Amorphis zur Elegy Tour und Cradle of Filth. Das war noch vor der Zeit, als die Konzerte auf Wohnzimmerniveau geregelt worden sind. Natürlich ohne Gehörschutz...

Was @m_tree schreibt stimmt, auf der Bühne immer Gehörschutz. Ein Kumpel hat als "Rigger" gearbeitet und die PA hat beim Einschalten einen kleinen Seufzer gemacht und dahin war das Trommelfell.

 

[speedtom]

Hat jemals jemand Schall als Schmerz empfunden?

Ja, bei Amorphis zur Elegy Tour und Cradle of Filth. Das war noch vor der Zeit, als die Konzerte auf Wohnzimmerniveau geregelt worden sind. Natürlich ohne Gehörschutz...

Was @m_tree schreibt stimmt, auf der Bühne immer Gehörschutz. Ein Kumpel hat als "Rigger" gearbeitet und die PA hat beim Einschalten einen kleinen Seufzer gemacht und dahin war das Trommelfell.

Erinnert mich an mein schmerzhaftestes Konzert: Dinosaur Jr. irgendwann in den Neunzigern. Das war echt fies - nicht nur dass es ohrenbetäubend laut war - es gab auch keine Pause, keine Erholung. Nach jedem Stück hat Hr. Mascis ein Pedal gedrückt, und fiesester Krach kam aus den Boxen. Und kann das nächste Stück. Das war gnadenlos!

 

[Rolleum]

Ja, in der Tat. Letzten September bei den Dampflokfreunden Berlins. Wenn so 8 Loks ihre Hupe gleichzeitig betätigen, ist das schweinelaut, und tut weh im Ohr. Auch die Geräusche der S-Bahn zwischen Schönhauser Allee und Bornholmer Str. zerschneiden mir regelmässig die Ohren, sodaß ich dann die Hände drauf lege.