Mutter, lass doch einmal

[Teestunde]

Mutter, lass doch einmal

Wer mithalten wollte, verspottete sie.
Es ging bis zum Hass, denn sie wehrte sich nie,
die Brillenschlange mit Schüttelfrisur
und frühreif entwickelter Birnenfigur.

Pro Tag war sie mindestens einmal dran.
Dann schwieg sie die Mitschüler hochmütig an.
Die Lehrer hielten’s für Gleichgültigsein.
Im Zeugnis stand immer „Sie fügt sich nicht ein“.

Mutter, lass doch einmal deinen Wein!
Mutter, heb doch einmal dein Gesicht!
Mutter, lass dich einmal auf mich ein!
Mutter, siehst du meine Wunden nicht?

Der Weg zu den Mitmenschen war derart schmal,
ihn gehen zu müssen beinah eine Qual.
Zur Tarnung trug sie ein gefälschtes Gesicht.
Ihr wirkliches, echtes bekam niemals Licht.

Sie lebte nur auf in der eigenen Welt,
den Ausgang nach draußen mit Sorgfalt verstellt.
Wenn doch jemand anklopfte, wurde ihr schlecht.
Jetzt müssen, das setzte sie außer Gefecht.

Mutter, lass doch einmal deinen Wein!
Mutter, heb doch einmal dein Gesicht!
Mutter, lass dich einmal auf mich ein!
Mutter, siehst du meine Wunden nicht?

Der Schritt ins Erwachsenendasein schlug fehl.
Es war keine Chance, sondern nur ein Befehl.
Wo andre erblühten, verwelkte sie ganz.
Das Hamsterrad nahm ihren Augen den Glanz.

Verführt von der Aussicht auf ewige Ruh,
tat sie eines Tages das ihre dazu
und schüttete zwanzig Faustan in den Tee.
Mit rührender Würde entkam sie dem Weh.

Mutter, lass doch einmal deinen Wein!
Mutter, heb doch einmal dein Gesicht!
Mutter, lass dich einmal auf mich ein!
Mutter, siehst du meine Wunden nicht?

 

[Cuttos]

Wow heftig geht unter die Haut, sehr gut gemacht.
Dafür brauchst du jetzt ein Sound !?!

 

[Teestunde]

Aus reinem Interesse, ob das überhaupt vertonbar ist.
Wär vielleicht ein Lied für Don Pedro.

 

[ModulationMatrix]

Dann schwieg sie die Mitschüler hochmütig an.

Schwiegen muss es hier wohl heissen.

Trauriger Text, gut geschrieben, hat mich erreicht. Den Titel "Mobbing" finde ich unpassend. Zum einen hat das Wort bei mir eher so ne Hysterie-metoo-Konnotation, und zum anderen geht der Text ja viel tiefer, der Schmerz des LI resultiert ja auch aus mangelnder Mutterliebe. Ich würde als TItel eher etwas wählen was mit dem LI selbst zu tun hat, und nicht etwas was von außen kommt (wie das Mobbing).

 

[Teestunde]

Schwiegen muss es hier wohl heissen.

Nein. Nicht die Mitschüler schwiegen, sondern sie schwieg. Wie es dasteht.

Ich würde als TItel eher etwas wählen was mit dem LI selbst zu tun hat, und nicht etwas was von außen kommt

Ich werde darüber nachdenken. Aber: auch Mütter können mobben.

 

[ModulationMatrix]

Schwiegen muss es hier wohl heissen.

Nein. Nicht die Mitschüler schwiegen, sondern sie schwieg. Wie es dasteht.

Achso. Also sie selbst ist hochmütig? Das passt gar nicht, kommt unerwartet.

 

[Beyolie]

Schwiegen muss es hier wohl heissen.

Ich denke, dass sie hochmütig schwieg. Ja, guter Text. Bei einer Vertonung käme mir das "Mütterlein" wahrscheinlich nicht gar so leicht über die Lippen ...

 

[Teestunde]

hochmütig

Okay. Hier bin ich aus Versehen "ins Gegenüber eingestiegen". Ich suche mal ein anderes Wort.

(zehn Minuten später)
Irgendwie finde ich kein anderes Wort. Sie hat sich eben mit Hochmut gewappnet. Ist das wirklich nicht nachvollziehbar?

 

[Teestunde]

Ich denke, dass sie hochmütig schwieg. Ja, guter Text. Bei einer Vertonung käme mir das "Mütterlein" wahrscheinlich nicht gar so leicht über die Lippen ...

Das Lied hat einen von mir nicht mitgelieferten Background, es handelt sich um eine russlanddeutsche Familie, die sich vom Leben in Deutschland mehr erwartet hatte und dann zerbrochen ist. Das Wort "Mütterlein" ist "aus Versehen" übriggeblieben.

 

[Cuttos]

Aus der aktuellen Chartmusik oder ich sage mal was gerade auf YT läuft kenne ich Songs die sind nicht halb so gut geschrieben geschweige den irgendwie gereimt. Als würde der Texter einfach nur mit dir Erzählen.
Da funktioniert es 100 % deinen Text zu performen.

 

[Teestunde]

Da funktioniert es 100 % deinen Text zu performen.

Nur zu!

 

[ModulationMatrix]

hochmütig

Okay. Hier bin ich aus Versehen "ins Gegenüber eingestiegen". Ich suche mal ein anderes Wort.

(zehn Minuten später)
Irgendwie finde ich kein anderes Wort. Sie hat sich eben mit Hochmut gewappnet. Ist das wirklich nicht nachvollziehbar?

Vorschlag: trotzig?

 

[Cuttos]

Mh . . tut mir Leid. Ich Bilde mir ein einen Track / Song produzieren zu können.
Aber singen oder rappen. Woah . . . .
(Bin nur ein Fan von dir).

 

[Teestunde]

Vielleicht finden wir einen Gast-Sänger, wenn der Song steht.

 

[Teestunde]

Vorschlag: trotzig?

Passt metrisch nicht.

Aber vielleicht:

Dann schwieg sie die Mitschüler einfach nur an.

 

[mWermut]

die Brillenschlange mit Schüttelfrisur
und ziemlich erbärmlicher Birnenfigur.

evtl kann man am Ende der ersten Strophe deutlicher machen, dass die Beschreibung nicht objektiv, sondern die Frechheit der Mobber ist..

m

 

[Teestunde]

evtl kann man am Ende der ersten Strophe deutlicher machen, dass die Beschreibung nicht objektiv, sondern die Frechheit der Mobber ist..

Das hat sich doch schon auf dich übertragen.
Ich denk drüber nach.

 

[Turquoise]

Angesichts Deiner anderen Texte, die von Nahtoderfahrung und Sterbehilfe (?) bei Siechtum handeln, ist mir das alles gerade zu viel, ehrlich gesagt. Hier dann noch der im Tablettensuizid endende, vollkommen unglückliche Lebensverlauf...

Ich finde das Drama im Kontext der drei Texte dermaßen dick aufgetragen, die Emotionen zu furchtbar, die Lage zu hoffnungslos, die Niederlagen zu absolut... da muss ich leider aussteigen. Einmal - ja. Aber nicht im Dreierpack in so kurzer Zeit. Das ist mir zu deprimierend.

 

[Teestunde]

Ich kann ja Vermerke ranschreiben, damit du traurige Texte nicht extra anklickst.

 

[Turquoise]

damit du traurige Texte nicht extra anklickst.

Die Dosis macht das Gift (sagt der Apotheker)...

Ich kann auch keine Märchen von Hans Christian Andersen lesen. Alles viel zu traurig. Immer endet es damit, dass jemand die ganze Zeit einer falschen Hoffnung nachhing.