Nun ist es schon wieder zwei Wochen her,
dass ich auf diesem „Ströme“ Workshop war.
Hier meine Lobhudelei:
Ströme sind Mario Schönhofer und Tobi Weber,
beide seit langem als Vollblutmusiker tätig.
Mario ist u.a. professioneller Bassspieler,
Tobi ist ausgebildeter Drummer. Beide haben sich
als „Ströme“ zusammengetan um nur noch
Musik mit modularen Synthesizern zu machen.
Bei Konzerten werden zwei fast unabhängige
Modularsysteme verwendet. Die Performances
sind weitgehend improvisiert, vorab programmiert
sind Sequencen der CV Steuerspannungen.Damit
spielen die locker drei Stunden aus einem Guß,
haben sehr viel Spaß dabei und der überträgt sich
aufs Publikum.
Der zweitägige Workshop war in einem angesagten
Hotel in der Münchener Innenstadt. Zuerst gab es etwas
Theorie und eine interessante historische Betrachtung
der ersten Maschinen.
Danach war Dieter Doepfer bereit in Interviewform
Einblicke in die Entwicklung seine Systeme zu geben,
immer aufgelockert durch persönliche Erzählungen
der gegenseitigen Unterstützung Doepfer <> Ströme,
da die Jungs von Ströme durchaus die eine oder andere
Idee zur Modulentwicklung beigesteuert haben.
Dann war es der Tobi der nach all dem netten gequatsche
nervös wurde und endlich Musik machen wollte.
Es gab dazu kaum eine Gegenrede.
Ströme haben dann sinngemäß „die Hosen runter gelassen“.
Mario hat sehr offen und ausführlich den Aufbau seines
Modularsystemes erklärt. Ganz schnell stellt sich raus,
das die mehr als zwei m2 große Knöpfchen- und Strippenwand
sehr klar strukturiert ist.
Bemerkenswert war vor allem, dass der gesamte Aufbau
klassisch und musiktheoretisch fundiert entstanden ist.
Quantisierungen und harmonische Zusammenhänge
sind stetige Begleiter bei allen gesteckten Patches.
Da ist nix zufällig, so wirr das Patchfeld auch aussieht.
Es gibt festgelegte Bereiche die den Sub-Bass, den Bass
den Rhythmus und die Melodie bedienen. Weiter war
es hochinteressant zu sehen wie Sequencer und Clock
alles zusammenhalten und stützen.
Das Basissystem ist so aufgebaut dass für den Live-Betrieb
Sequencen „on the fly“ bearbeitet werden und viele
Songideen erst im improvisierten Liveset entstehen.
Dadurch entsteht im Livebetrieb ein Spirit den man nicht
auswendig lernen kann, der nicht reproduzierbar ist und
der nur in dem Moment da ist und der sich aufs crowd
überträgt.
Und das ist genau das was ich am modularen gestöpsel so geil finde.
Wie nervig ist das heutige Konzertpublikum mit den filmenden
Handycameras. Leute wollen das Erlebte festhalten, aber warum.
Lebe den Moment und schau nicht ständig wieviel Saft dein AKKU
noch hat.
Am Abend gab es dann den versprochenen „Gästelistenplatz“ für
das Ströme-Konzert in der Hotelbar. Vor ca. 200 Leuten 3 Stunden
modulares Schwitzen, so muss es sein.
Am zweiten Tag wurde gleich praktisch weiter gemacht. Tobi hat
seinen Systembereich aus der Sicht des Drummers erläutert.
Mario hat kein Ende gefunden und immer mehr spezifische
Feinheiten erläutert.
Als Gast bzw unterstützender Teilnehmer hat dann Mathias Kettner
von der Entwicklung seines eigenen Modules berichte. Mathias
hat den Sinfonion als Prototype fertig und hofft diesen bald auf
den Markt zu bringen – bei modulargrid ist schon was zu sehen.
(modulargrid.net/e/instruo-sinfonion).
Auch dabei waren „schmidt-synthesizer“, mit dem sehr wohl
klingenden achtfach polyphonen Monsterkasten. Der wurde für
musiktheoretische Erläuterungen in Fahrt gesetzt und hat
schon im Ansatz gezeigt wie satt der klingen kann.
(schmidt-synthesizer.com)
Der musikalische und technische Input hat mich persönlich
genau an der Stelle abgeholt wo ich abgeholt werden wollte.
Die sehr lockere, offene und freundliche Umgangsart von
Mario und Tobi haben sich auf die anderen Teilnehmer
der Workshops übertragen (16 Teilnehmer). Dadurch ist mir
dieses Wochenende noch immer im Kopf – danke dafür.
… und nu
Modulare Synthesizer haben einen besonderen Reiz,
sind aber nicht so schnell zu begreifen. Ich überlege
daher hier in München mal selbst eine Fortsetzung
zu organisieren. Fokus soll dann eher der Austausch
der Teilnehmer untereinander sein. Vielleicht können
sich ja mal sechs bis zehn Teilnehmer mit ihren eigenen
Kisten treffen. Jeder stellt sein eigenes System vor und
zeigt ein eigenes „Stück Musik“ als Musik und zeigt auch
wie es gemacht ist, übertragen über ne cam auf einen
Beamer. So kann jeder mal seinen gearporn ausleben
und gleichzeitig zeigen was möglich ist und alle lernen
gegenseitig voneinander. Dazu könnte noch ne
Modultauschbörse bzw eine Moduldiskussionsrunde
abgehalten werden. Meine Büroräume würden dafür
ausreichend Platz bieten – mal sehen ob ich das
tatsächlich durchziehe
LG
molemuc
