Microtime

[com]

Letztens gabs bei uns eine Diskussion über Microtiming. Jetzt wollte ich mich mal im Netz schlau machen, doch da scheinen die Meinungen ziemlich auseinander zu gehen. Wir haben hier kürzlich mit einem Drummer gespielt, der meinte, wir sollten alle knallhart straight spielen und er macht das mit dem Groove. In irgendeinem Basser Forum steht, der Bassist wäre für ein laid back oder treibendes Feeling verantwortlich. Meiner Meinung nach, müssen ja ALLE Beteiligten bis zu einem gewissen Grad mitziehen, damit es groovt oder täusch ich mich da? Spielt ein Schlagzeuger einen laid back groove, könnte der Bassist ja die 1 bischen nachziehen, aber spätestens bei der Snare ist er doch mit dem drummer...? Überläßt man das Microtiming nur einem Instrument, läuft die sache nach meiner Einschätzung aus dem Ruder und düstere Zeiten der Untightness brechen an...

 

[SOS]

es kommt immer drauf an, auf den musikstil, die instrumentierung, den song, die wirkung, die man erzielen will etc...

je stärker rhythmusprägend ein instrument im bandgefüge ist, umso grösser wird sein einfluss auf den gesamtgroove sein... aber wie das zusammenspiel funktioniert, kann man doch überhaupt nicht voraussagen. es kann genau die bestimmte kombination sein aus schleppendem drummer plus forward spielendem basser plus tightem gitarrist, die einen interessanten gesamtgroove gibt.

es gibt keine regeln und darum ist eine diskussion darüber eigentlich völlig sinnlos. gibt kein richtig und kein falsch. es gibt nur passend oder nicht passend für das, was man erreichen will... und das ist wieder völlig individuell.

 

[tomric]

Kommt m.E. auch auf die Stilrichtung und den gewünschten Effekt beim Song an. Bei straighten Rocksongs hab ich subjektiv den Eindruck, daß es richtig schiebt, wenn Drums straight, Bass minimal laid back und Gitarren etwas nach vorn spielen, während ich bei Funknummern lieber alles auf dem Punkt hab…
Am Schlimmsten ist es für mich, wenn ein Drummer meint verschiedene Parts wechselweise straight bzw. leicht laid back und nach vorne spielen zu müssen , das klingt gefühlt wie "Gas-Bremse-Gas-Bremse"

 

[Instrumentenfreak]

Meine Erfahrung:
je mehr Bandmitglieder laid-back spielen, desto großer ist die Gefahr, dass man insgesamt einfach nur langsamer spielt anstatt tatsächlich laid-back. Andersrum natürlich genauso.

Dazu kommt auch, dass grade im Hobbybereich kaum ein Musiker wirklich mit Microtiming umgehen kann. Viele reden drüber als wären sie die Microtiming-Gurus, können es in der Praxis aber nicht. Da gibt es sehr viele "Schwätzer"

Wenn die ganze Band mit dem Microtiming spielt, ist der Effekt ein anderer als wenn nur der Drummer die Snare minimal verzögert und der Basser minimal hinter der Bassdrum spielt. Aber wie SOS schon schreibt - es kommt einfach auf die Musik drauf an. Manchmal klingts auch einfach scheiße

 

[Ash-Zayr]

Also als wenn ein Musiker bewusst steuern könnte, ob er eine Note ein paar ms vor oder nach dem mathematisch korrekten Zeitpunkt spielen will. Das kann ein Mensch nicht, und daher sind diese Bergriffe wie laid back und straight oder forward nur Theorie, Einbildung und Umschreibung vermeintlicher Skills, die es nicht gibt.....diese Materie ist und bleibt nichts anders als Zufall und unbeeinflussbare Streuung.
Sage mal einem Top-Drummer, der soll 100 Snare Schläge auf einen Klick spielen, und zwar so genau wie er kann. Ist das ganze durch einen sensorischen Aufbau dokumentiert und als Graph sichtbar, würde man sehen, dass die Schläge "ordentlich" nach oben und unten um die X-Achse eiern....

Ein Mensch sollte immer so genau spielen, wie er kann...den Rest erledigt die Natur; nämlich dass man als Resultat bereits das gewollte "Humanize" bekommt im Gegensatz zum 100% korrekten Computer.

Ash

 

[altessockenfach]

@ash: totaler Blödsinn..

Sicher gibt's immer Abweichungen, aber bei nem wirklich guten Musiker sind die wirklich minimal und der kann dann sehr wohl einzelne Schläge leicht verzögernn..

 

[Instrumentenfreak]

@Ash: doch

 

[Ash-Zayr]

ich glaube nicht, dass man den Grad dessen, was noch als "humanized" durchgeht aber noch als tempo-musikalisch korrekt angesehen wird, beeinlfussen kann....dafür ist zutreffende +/- ms Bereich viel zu klein. Versucht man das und landert außerhalb des "korrekten Bereiches", reden wir hier schon von "aus dem Takt"...und das ist ja wohl seltenst gewünscht....aber keine Frage....bewusst krumm und falsch spielen kann sicher jeder.....

 

[Soundkraft]

Also als wenn ein Musiker bewusst steuern könnte, ob er eine Note ein paar ms vor oder nach dem mathematisch korrekten Zeitpunkt spielen will

Sicher nicht für jedne einzelnen Ton...aber "tendenziell" kann man sehr wohl "verschleppt" spielen. Dazu brauch ich persönlich nur "entspanntere" Handbewegungen am Keyboard machen..oder weiter "ausholen"...dann treffen die Finger nämlich genau diese Millisekunden später auf.. es wird dann meist halt auch ein wenig leiser wegen weniger Velocity...aber das passt dann meistens eben genau dazu. Genauso wird ein Gitarrespieler sicher seine Methode haben sich selbst etwas zu verzögern. Wenn man das nicht kann haut man eben ein Delay dazwischen....aber "fühlen" kann man das auf jedenfall....nicht immer bewusst.

Ich würds also grob gesagt auf die Spieltechnik schieben, ob etwas gewollt oder ungewollt früher oder später kommt...und vllt auch auf den Sound...wenn der ne längere Attackphase hat wirkt er auch verzögert. Aus Sicht des Musikers spielt er aber in beiden Fällen immer noch "auf den Punkt...aus seiner Sicht.

Jedenfalls schliesse ich "EInbildung" aus denn wenn ein paar ms mehr oder weniger (in der Gesamttendenz) nichts ausmachen würden und keinen Effekt hätten würde harte Quantisierung ja nicht so maschinenhaft wirken und Humanizing wirkungslos.


Hab ich mich da verständlich ausgedrückt, wie ich das meine? Bin mir grad nicht sicher

 

[oati]

Also als wenn ein Musiker bewusst steuern könnte, ob er eine Note ein paar ms vor oder nach dem mathematisch korrekten Zeitpunkt spielen will. Das kann ein Mensch nicht, und daher sind diese Bergriffe wie laid back und straight oder forward nur Theorie, Einbildung und Umschreibung vermeintlicher Skills, die es nicht gibt.....diese Materie ist und bleibt nichts anders als Zufall und unbeeinflussbare Streuung.

Sag das mal einem John Scofield, Viktor Wooten, etc. ins Gesicht.

Ein Mensch sollte immer so genau spielen, wie er kann...den Rest erledigt die Natur; nämlich dass man als Resultat bereits das gewollte "Humanize" bekommt im Gegensatz zum 100% korrekten Computer.

Stimmt natürlich, dass es immer "gewisse" Abweichungen vom absolut perfekten geben wird. Aber Profis die beinahe ihr ganzes Leben lang nicht's anderes machen als ihre jeweiligen Instrumente zu üben, können sehr wohl mit microtiming spielen. Genauso wie ein Jazz-Profi in seiner Klangwelt lebt und schon "vorhört" wo die Reise melodisch hingehen wird. Da denkt auch niemand mehr bewusst in Skalen oder Tonleitern, sondern hat das so verinnerlicht, dass es "einfach so" passt.

 

[SOS]

es geht um feeling und nicht um rechnerisch exakte verschiebung von bestimmten schlägen um X ms... du willst doch nicht ernsthaft behaupten, es sei nicht möglich einen beat laidback zu spielen???

 

[com]

Ich bring hier mal ein Beispiel, vielleicht hat jemand anderes auch noch eines...
Die Nummer schickt mich immer noch auf die Bretter. Könnte vielleicht aus heutiger Sicht paar bpm schneller sein, aber was da Groove mäßig passiert... habs immer noch nicht kapiert. Was Steve Gadd (d) und Garry King (b) da machen, krass. Ist der Bass jetzt hinter den Drums oder davor?
-1CxA

 

[Ash-Zayr]

ich sage noch mal eines zu meiner Verteidigung: je höher das bpm Tempo eines Songs und je feiner man das Notenraster betrachtet, ist euer laid back oder forward dann nämlich schon eine Synkope und hat nichts mehr mit feeling zu tun, sondern dann sind es bewusst gesetzte Noten, die schon zu einer anderen Zählzeit gehören und eben nicht mehr um einen mathematisch korrekten Notenzeitpunkt einer Nachbarnote herumeiern... Alles eine Sache der Skalierung und des Maßstabs....

 

[SOS]

kennst du nicht die balladen, wo du immer das gefühl hast die snare kommt verdammt nochmal so ein scheisstick zu spät?

ein aktuelles beispiel, wie man richtig geil laidback drums spielt, ist der silbermond drummer... zieh dir mal "das beste" rein oder auch "das ende vom kreis", das ist sooo ultrageil nachgezogen...

natürlich funktioniert laidback besser bei langsameren tempi, völlig logisch (siehe erklärung soundkraft)

 

[Soundkraft]

ich sage noch mal eines zu meiner Verteidigung: je höher das bpm Tempo eines Songs und je feiner man das Notenraster betrachtet, ist euer laid back oder forward dann nämlich schon eine Synkope und hat nichts mehr mit feeling zu tun,

Das ist ne ganz natürliche Sache... das Tempo dass der Mensch spielen kann (und auch das in dem er noch zeitliche Verschiebungen wahrnimmt) is ja irgendwo dann auch mal im Grenzbereich ...und die Sounds sind ja auch wichtig...die müssen ja bei hohem Tempo viel kürzer ausfallen. Ausserdem müsste das Laidback bei sehr hohem Tempo ja auch so niedrig ausfallen, dass es wahscheinlich wirklich nicht mehr wahrgenommen werden kann...weil allein der Attack der Sounds schon länger dauert.
Darum wird das in der Praxis sicher auch nicht bei sehr schnellen Songs angewendet werden.

Müsste man mal in der DAW probieren ob das Feeling noch erhalten bleibt, wenn man das Tempo eines Songs mit starkem Laidback verdoppelt....auf Audioebene..weil ja alles..auch der Hall verkürzt werden muss. Es müsste dann ja nach deiner Theorie rythmisch auseinanderfallen....ich fühl mich aber nicht in der Lage (= ich hab keine Lust) das dann noch zu beurteilen...sonst jemand?

SInd jetzt aber eh Spitzfindigkeiten, gelle?

 

[Soundkraft]

Ist der Bass jetzt hinter den Drums oder davor?

Hm...Ripp das, hau es in die DAW und spiel es so langsam ab dass du noch mitkommst

 

[Instrumentenfreak]

@Ash: doch, das geht
Ich kann ja gerne mal was aufnehmen wenn du es nicht glaubst.

 

[Soundkraft]

@Ash: doch, das geht
Ich kann ja gerne mal was aufnehmen wenn du es nicht glaubst.

Dir ist klar, dass das mindestens 240 BPM sein müssen damit er überzeugt wird, oder?

 

[Instrumentenfreak]

Klar - das programmier ich einfach und behaupte dann es sei live eingespielt *hust*

 

[Soundkraft]

Klar - das programmier ich einfach und behaupte dann es sei live eingespielt *hust*

Da wäre dann sogar ich gespannt
Weil ich denke, dass es ab nem gewissen Tempo wirklich entweder nicht mehr ins Gewicht fällt oder rythmisch dann wirklich eher ne Synkope wird wenn man es so stark macht dass man es wirklich hört. Ich wüsste jetzt keinen extrem schnellen Song bei dem ich bewusst sowas wie Laidback wahrgenommen hätte.

Es sei denn man würde Sidechaining (wodurch sich ja die Wirkung des Basses verzögert) als solches betrachten....hmmmm...