Layern vs. 'Trueness' - Wie seht ihr das?

[oati]

ich sage zu dem thema immer: wir haben auf einem medium den live-effekt nicht, es braucht oft etwas mehr, um exciting zu sein und dem hörer auf platte dennoch eine art show oder ein erlebnis zu bieten. das beginnt ja schon beim doppeln, das funktioniert live problemlos mit einer gitarre, auf platte no-way. ich bin allerdings oft auch dafür, dass man nichts allzu relevantes, tragendes machen sollte, sprich z.b. solo oder leadlines, die für den hörer den song ausmachen, aber man live gar nicht wiedergeben kann. da fehlt dann wiederum live zuviel content... kurz, ich bin für «trveness on steroids»

Genau so sehe ich das auch - danke.
Ein schöner Vergleich ist für mich die Fotografie. Ein Foto muss z.B. oft "spektakulärer" sein als die Wirklichkeit, einfach weil die restlichen Sinneseindrücke fehlen, welche die eigentliche Situation vor Ort grundlegen mit ausmachen.

 

[Sascha Franck]

das beginnt ja schon beim doppeln, das funktioniert live problemlos mit einer gitarre, auf platte no-way.

Kommt halt immer schwer auf die Stilistik an. Bei einem Jazz-Quartet würde man eher nicht an Dopplungen oder Loops denken...

 

[SOS]

oh mann... klar, man findet immer 1 beispiel, auf dass es nicht zutrifft und man widersprechen kann... jazz hört keine sau... wayne? lol

 

[muffy]

Nur John Zorn und Shining.

 

[Sascha Franck]

oh mann... klar, man findet immer 1 beispiel, auf dass es nicht zutrifft und man widersprechen kann... jazz hört keine sau... wayne? lol

Ist zwar kein reiner Jazz, aber die Verkaufszahlen von Norah Jones sind nicht wirklich das, was ich unter "hört keine Sau" verstehe.

 

[Glutamatjunkie]

Musiker sind sehr selbstverliebte Wesen, daher ist es wichtig, daß ein gut ausgebildeter Songschreiber von Außen etwas Input gibt. Platte ist Platte und Live ist Live.

 

[litoni]

Das ist für mich immer eine Sache wie gut eine Band spielerisch und vorallem groovetechnisch drauf ist, um so besser um so eher kann man aus meiner Sicht seiner Kreativität, speziell im Sinne der Produktion, seinen Lauf lassen. Eine Band die was drauf hat, kann in einer 3-er Besetzung genau so gut klingen wie mit 5 oder mehreren Musikern. Namen sind ja schon gefallen: Queen, Police bzw. Sting usw. Schon Hendrix hat zu seiner Zeit experimentiert bis zum umfallen und, geil war's !!!

 

[muffy]

oh mann... klar, man findet immer 1 beispiel, auf dass es nicht zutrifft und man widersprechen kann... jazz hört keine sau... wayne? lol

Ist zwar kein reiner Jazz, aber die Verkaufszahlen von Norah Jones sind nicht wirklich das, was ich unter "hört keine Sau" verstehe.

Die ist aber getriggert.

Bzw. jedenfalls wahrscheinlich wesentlich aufwändiger produziert, als man auf den ersten Hör meint.

 

[Sascha Franck]

Die ist aber getriggert.

Bzw. jedenfalls wahrscheinlich wesentlich aufwändiger produziert, als man auf den ersten Hör meint.

Das bezweifele ich gar nicht. Aber im Prinzip ist das die Live-Nummer, nur eben in besonders gut. Da wird mit absoluter Sicherheit alles getan, um das perfekt umzusetzen (inkl. Schippeleien und Triggerei, etc.) - nur eben kaum etwas, was live jetzt nicht da wäre. Dito für AC/DC oder auch die Foo Fighters (ich weiß, sind vermutlich auch Nische und "wayne?", wenn man einem der Vorredner hier Glauben schenken mag...). Es gibt halt nach wie vor genügend Leute, die auf diese Art von Authentizität stehen - und denen man wohl eher keinen Gefallen tut, wenn man mit irgendwelchen gelayerten Synthpads ankommt.

 

[SOS]

es würde mich nicht verwundern, wenn die sunrise pt session 70 + tracks hat... das ist eine ami-produktion... und auch kein jazz, sondern (sehr, sehr nicer) pop.

aber sonst wie gesagt auch meine rede: es sollte live an nichts relevantem fehlen. aber es darf schon auf der platte mal etwas mehr sein. das kann auch zb. in form von spielerischer perfektion sein...

 

[recording-man]

Ich habe ewig in einer 2 Mann Band gespielt. Bei Aufnahmen haben wir immer volles Brett gefahren und teilweise 70 Spuren voll geknallt. Live waren‘s dann halt nur Drums, Gitarren über 2 gekoppelte Amps und Gesang.
Man muss beim aufnehmen halt darauf achten, dass keine Leads etc. zu weit hervor stechen. Und Live haben wir einfach die Songs weg gelassen, die zu Zweit unmöglich waren.
Aber man spielt ja auch kein Album komplett runter sondern mischt die Songs. So hat man dann trotzdem eine gute Spielzeit.

 

[Sascha Franck]

aber sonst wie gesagt auch meine rede: es sollte live an nichts relevantem fehlen. aber es darf schon auf der platte mal etwas mehr sein. das kann auch zb. in form von spielerischer perfektion sein...

Das bestreitet ja auch absolut niemand. Gerade Spielfehler werden wohl die wenigsten absichtlich auf irgendwelchen Takes lassen.
Ich hab' mich auch schon selber an den Spuren eines schnöden Demos für ein Akustik-Trio dumm und dämlich geschnitten, obwohl wir ursprünglich geplant hatten, alles komplett wie live zu spielen, inkl. Übersprechungen. Dann wurden's halt doch getrennte DI Spuren und bei den kritischeren Nummern eben auch 'n Klick, um besser schnippeln zu können. Übrigens 'n ziemlicher Offenbarungseid, wie ich gestehen muss, das hätte an sich mal locker ohne das technische Beiwerk gehen müssen...

 

[muffy]

Maurer finden eine Kelle auch nicht als Offenbarungseid für die Mörtelauftragung, selbst wenn es mit den Händen ginge.^^

Ich würde gerne mal mit dem jemanden, der ausgelobt hat, dass das Musizieren asketisch und selbstkasteiend sein muss, eine Unterhaltung führen.

V.a. diese Reinheits- und handgemachtmantren, die man immer liest, woher kommt das?

Wenns drücken soll, hau nen Synth drunter und recorde noch 2 Stereopaare Rythmusgitten - oder was auch immer rocken mag.

 

[Sascha Franck]

Maurer finden eine Kelle auch nicht als Offenbarungseid für die Mörtelauftragung, selbst wenn es mit den Händen ginge.^^

Ich würde gerne mal mit dem jemanden, der ausgelobt hat, dass das Musizieren asketisch und selbstkasteiend sein muss, eine Unterhaltung führen.

V.a. diese Reinheits- und handgemachtmantren, die man immer liest, woher kommt das?

Also, für mich kann ich's ganz klar sagen: Ich bin in allererster Linie Live-Spieler. Und wenn ich den Kram dann nicht mal in der komfortablen Atmosphäre meiner selber zusammengestokelten Aufnahmeumgebung ohne Tricks hinbekomme sondern an meinen eigenen Takes wie'n Blöder rumschnippeln muss, dann ist das einfach im Hinblick auf meine Hauptarbeit keine besonders schicke Voraussetzung.
Abgesehen davon bin ich aber auch tatsächlich der Meinung, dass gewisse Sachen einen rohen Charme gut vertragen - wobei ich beim Anhören von Aufnahmen dann auch nicht sagen kann, wie jemand das jetzt bewerkstelligt hat, könnten ja auch perfekte Takes sein, die dann durch einen Humanizer gejagt wurden (sowas wünscht man sich manchmal beim Weckl Dave).

 

[Froschkapitaen]

Für die Produktion: alles was nötig ist. Wenn man (der Kunde) fett will, dann fett machen.
Für live ggf. umdenken/neu arrangieren.

 

[Nachtschicht]

es würde mich nicht verwundern, wenn die sunrise pt session 70 + tracks hat... das ist eine ami-produktion... und auch kein jazz, sondern (sehr, sehr nicer) pop.

aber sonst wie gesagt auch meine rede: es sollte live an nichts relevantem fehlen. aber es darf schon auf der platte mal etwas mehr sein. das kann auch zb. in form von spielerischer perfektion sein...

"sunrise" hab ich mal nachproduziert. den fand ich jetzt eher schlicht (aber in der tat sehr sweet).

 

[weird fishes]

Ich finde, das kommt auf die Band an. In meiner ersten Band machen wir auch Overdubs und Dinge, die wir live nicht umsetzen könnten. Da passt das gut und wir überlegen uns wie wir Arrangements für die Bühne anpassen.
Bei der anderen Band würde das nicht passen, weil das eben eher eine sehr puristische und reduzierte Musik ist.
Für mich ist es immer cool, wenn der Produzent und Techniker Ideen reinbringt. Es kann aber auch doof sein, wenn er nicht merkt, dass die Band das nicht so mag und das dann nur aus Höflichkeit macht oder so

 

[oati]

Es kann aber auch doof sein, wenn er nicht merkt, dass die Band das nicht so mag und das dann nur aus Höflichkeit macht oder so

Dann stimmt aber an der Diskussionskultur irgendetwas nicht. Beiderseits vermutlich.
Ziel ist aus meiner Sicht immer das bestmögliche Endergebnis. Wie das genau aussieht hängt natürlich vom konkreten Fall ab, erreichen wird man dieses Ziel allerdings nur, wenn offen über Ideen diskutiert wird. Höflichkeit heißt ja nicht, alles zu machen was jemand anderer sagt, sondern auch begründet abzulehnen - höflich halt und nicht im Sinne von: "So eine vertrottelte Idee wollen wir erst gar nicht hören."

 

[verflixte13]

… manche sagen so und andere auch nur so

nur meine meinung:

JEDER musiker will, dass seine ergüsse bestmöglich über die rampe gehen …
sei es nun über die bühne oder eben die monis im aufnahmestudio.

das hauptproblem dabei -> die diskrepanz zwischen „Trueness“/was tatsächlich vorhanden ist
und dem, was eben fehlt …

und hier kann ich einfach nicht anders, als uns musikern den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben,
denn … die erwartungen an das, wie etwas klingen sollte, die muss man erst einmal selbst „True“ erfüllen …

*will damit sagen …

wem „Trueness“ wirklich wichtig ist, der sollte versuchen, dem auch live möglichst nahezukommen …
alles andere kommt später und erleichtert dann auch Produzenten, wie auch Tontechnikern im studio,
ihre weiterführende arbeit enorm … LG

 

[Ethersis]

Um mal alles zusammenzufassen:
Jeder so wie er oder sie mag.