Konflikt zwischen Vocals und Bass

[archibald]

@MartyK: Stimmt, auch die Vocals wirken, gerade beim Rap, etwas zu dünn, aber das lässt sich vielleicht besser in den Griff bekommen, wenn man, wie auch von Ishido beschrieben, die Frequenzen absenkt, die eher stören.

@Ishido: vielen Dank! Sollte ich auch bei Vocals so vorgehen, dass ich sie "crisper" mache, in dem ich neben Bass (~300 Hz) vielleicht auch Mitten absenke, statt wie in diesem Song, Höhen um ~ 15KHz minimal anzuheben? Der "Bauch" der Vocals müsste doch in den Mitten liegen?

@all: Ich weiß, das ist ein völlig anderes Thema, als im ursprünglichen Post angeschrieben, aber mich würde eure Vorgehensweise dazu interessieren. Wahrscheinlich gibt es kein Allheilmittel, aber ich könnte mir verschiedene Ansätze als Inspiration von euch abholen, so wie ihr das beim Bass beschrieben habt.

Danke & Gruß
archi

 

[m_tree]

Mein Ansatz ist, die jeweils wichtigen Bereiche - also da wo Hauptenergie und Charakter sind - vom EQ unberührt zu lassen. Bei guten Aufnahmen geht diese Rechnung auch meistens auf.

Z.B. lasse ich Bässe bei Trommeln und Bass, Mitten bei Vocals, obere Mitten bei E-Gitarren und Höhen auf Becken nach Möglichkeit unberührt.

Meistens hebe ich Höhen auf Trommelspuren an, senke die Bässe auf Vocals etwas ab (oft hat man Nahbesprechung), hebe Höhen auf Vocals an oder senke Höhen ab.
Wenn ich die Vocals im Mix einbette, senke ich auf mittenlastigen Instrumenten wie Gitarren, Keyboard etc. dort ab, wo der Gesang seine Hauptenergie hat.

Ich rede jetzt nur von Frequenzverteilung- / Verdeckung bzw. "Soundshape" im Mix.
Nicht von chirurgischen Eingriffen, die man für gewöhnlich gleich am Anfang macht. Also steilflankig unschöne bzw. aufdringliche Dinge rausfiltern.

Der Grund dafür, dass ich im Bassbereich generell nie anhebe, ist, dass die Klangeigenschaften von EQs bei tiefen Frequenzen stärker zum Vorschein kommen als bei hohen. Das Phasenverschmieren und Nachschwingen korreliert direkt mit der Periodendauer, ist also "zeitlich" länger, je länger die Preiodendauer ist.

Wenn du ne Snare oder Bassdrum nimmst und genau auf dem Grundton (BD z.B. bei 100Hz und Snare bei 200Hz) schmal anhebst, müsstest du das relativ schnell hören. Es geht Druck verloren und klingt je nach Stärke des Boosts mehr nach dem EQ selbst als nach dem, was man anhebt.
Je schmaler der Eingriff, desto stärker färbt der EQ.

Es gibt noch so ne Faustformel: "Schmal absenken und breit anheben". Wenn man's nicht zu ernst nimmt bzw. übertreibt ist das auch ein ganz guter Ansatz, find ich. Klingt IMO definitiv am musikalischsten.

 

[archibald]

Hey m_tree,

vielen Dank für die ausführliche und gute Erklärung! Vielleicht lasse ich den Höhenbereich der Vocals zukünftig erst mal in Ruhe. Bass im Bassbereich anheben lasse ich auch erst mal sein.

Wichtig und interessant finde ich auch den Schritt, den du beschreibst, um die Vocals in den Gesamtmix einzubetten. Das ist ein Schritt den ich leider bisher vernachlässigt habe. Also muss ich ein bisschen Extraarbeit reinstecken und die Frequenzen einzelner Instrumente und Vocals besser gegeneinander abzugrenzen. Aber das wird sich lohnen, denke ich!

Und die Faustformel zum Absenken und Anheben hört sich logisch an, wenn man mal darüber nachdenkt

Gruß
archi

 

[m_tree]

Hi archi,

Danke Button und so

Mixing ist auch "Prioritäten setzen". Und Hauptpriorität hat halt meistens der Gesang. Instrumente mit dem EQ zu verbiegen fällt nicht so auf wie den Gesang zu verbiegen.
Es stellt sich dann die Grundfrage, was dem Gesang am meisten in die Quere kommt. Meistens sind das mittenlastige Instrumente.
Ein anderer Weg ist viel "Badewanne" auf dem Gesang, also Bass und Höhenboost (je nach Mikrofon und Stärke der Nahbesprechung schon "frei Haus" auf den Aufnahmen) und den Gesang sehr laut zu mischen. Ich verfolge allerdings nen anderen Ansatz und stehe auf nen natürlichen Vocal Sound, der auch bei ausgeglichener Lautstärke im Mix funktioniert.

 

[archibald]

Hey m_tree,

jetzt hab ich's mit dem Button geschnallt
Ich habe schon festgestellt, dass die Vocals bei mir mit einer leichten Anhebung (~+ 1dB) schnell sehr spitz klingen (~ 5KHz). Ich versuche es beim nächsten Mal umzudrehen und statt einer Anhebung lieber eine leichte Absenkung im Mittenbereich vorzunehmen. Leider werde ich beim Mixing so schnell betriebsblind. Mir fehlt eigentlich eine vernünftige Referenz aus einem professionell gemixten (Vocal-)Track. Ich bin klassischer Bedroom Producer mit kleinem Setup und rudimentär optimiertem Raum, in dem ich die Vocals aufnehme. Die Rap Vocals habe ich mit einem Sennheiser MK4 aufgenommen.

Gruß
archi

 

[m_tree]

Wenn die Vocals schon bei +1dB Höhenboost spitz klingen, wird dein verwendetes Mikrofon wohl irgendwo nen starken Präsenzboost haben.
Wenn die Vocals rotzdem mumpfig klingen, ist die Sache klar: Nahbesprechung, zu viel Bass. Zu viele Mitten sind ganz sicher nicht da, wenn in einem üblichen Abstand von 10-30cm zum Mikro gesungen wurde.

Wenn du Mitten rausdrehst erzeugst du automatisch noch mehr Badewanne. Ich würde das nicht machen und stattdessen gegen die Badewanne arbeiten. Wenn du die Bässe ein bisschen rausdrehst hast du automatisch mehr Mittenlastigkeit und Präsenz. Ich rede hier von einem Shelf, der z.B. bei 200Hz seinen Scheitelpunkt hat.
Die Mitten sind bei Sprache und Gesang der wichtigste Bereich.

 

[archibald]

@m_tree: OK, meinst du einen Low Cut bei 200 Hz?

 

[m_tree]

Nein. Hab ich auch geschrieben:

"Ich rede hier von einem Shelf, der z.B. bei 200Hz seinen Scheitelpunkt hat."

Low-Cuts würde ich nur so tief ansetzen, dass sie das Nutzsignal nicht beeinflussen. Die Cut-Off Frequenz ist normalerweise bei -3dB. Sind die tiefsten Töne der Stimme z.B. bei 200Hz, würde ich nen normalen 12dB/oct LC nicht über 100Hz ansetzen.

Rest dann halt mit nem Shelf. Oder noch besser, wenn außer einem LC kein Eingriff im Bassbereich nötig ist.

 

[archibald]

Dann habe ich das falsch verstanden. Jetzt klar soweit. Das probiere ich mal aus.

Danke & Gruß
archi

 

[MartyK]

@archibald:

Solltest du dir mal anschauen:

 

[archibald]

Hey MartyK,

danke für den Link! Gutes Tutorial!

Gruß
archi