keinen Groove "im Blut" - was nun? (ein mir sehr wichtiges, trauriges Thema!)

[Lucky]

Hallo,

ich habe hier ein wirklich ernsthaftes Probelm. Besser gesagt, meine Freundin hat es, aber dadurch wird das automatisch auch zu meinem Problem. Hier auf HR.de sind ja so einige Leute, für die Musik so ziemlich das Ein und Alles ist, und die können vielleicht auch folgendes Dilemma nachvollziehen:

Für uns beide ist Musik nämlich die allergrößte Leidenschaft, die wir uns überhaupt vorstellen können. Abgesehen von meinem Studium (Physik) möchte ich mich eigentlich mein ganzes Leben nur noch der Musik hingeben Bei ihr geht es sogar so weit, dass sie das Fach inzwischen (auf Lehramt) studiert, und später ein Zusatzstudium zur Musiktherapeutin draufsetzen möchte.
Während ich also mit meiner Physik noch eine Art "Ausgleich" habe, ist Musik für sie wirklich Dreh- und Angelpunkt. Dumm nur, wenn sie dann immer wieder merken muss, dass sie überhaupt kein Rhythmus-Feeling hat. Sie ist 21, bekommt seit gut 8 Jahren Keyboard- und Klavier-Unterricht, seit 4 Jahren Gesangsunterricht - und schafft es bis heute nicht, zu ganz einfachen Songs (nehmen wir als Beispiel mal "Yesterday" von den Beatles, weil sich jeder was drunter vorstellen können sollte) halbwegs synchron zu singen. Alles, was nicht ganz gerade Viertel sind, wird ungenau. Obwohl sie schon zwei Semester lang Rhythmus-Seminare an der Uni belegt und dort natürlich auch noch zusätzlichen Instrumentalunterricht bekommt. Die Aufnahmeprüfung hat sie irgendwie geschafft, wie auch bisher die meisten praktischen Klausuren, was aber eigentlich nur funktioniert, weil die Klausuren aus mehreren Teilen bestehen, sie den Rhythmusteil jedesmal total(!) vergeigt und dies mit guten Leistungen bei Tonleitern und Harmonielehre wieder ausgleicht.

Es ist jetzt nicht so, dass sie mit Notenwerten gar nichts anfangen könnte. Immerhin spielt sie (für meine Verhältnisse) recht schwierige Klavierstücke vom Blatt. Beim Singen kann sie auch eine Achtel von einer punktierten Achtel oder einer Viertel unterscheiden, aber um beim Beispiel des kurzen Songs "Yesterday" zu bleiben, sind da locker 30 Silben oder mehr, wo sie schätzungsweise 50 ms zu spät bzw. zu früh ist. Und zwar in beide Richtungen, allerdings meist zu spät. Bei Synkopen geht dann gar nichts mehr: Gut, irgendwann sieht sie ein, dass der Ton nicht auf der "1" sondern eine Achtel früher kommen muss. Aber sie schafft es einfach nicht, ihn auf der "4 und" zu singen, stattdessen ist der Ton dann immer irgendwo dazwischen im Niemandsland, gerne auch - übereifrig - noch früher, hektisch irgendwie...

Neulich hatte ich sie gefragt, ob ich sie Bock hätte, unsere Lead-Vocals zu doppeln, ging um einen rhythmisch sehr einfachen Song. Wir haben dann wirklich Zeile für Zeile versucht, aber es war (trotz aller psychologischen und technischen Tricks, die ich irgendwie kannte) nicht möglich, sie innerhalb von 30 Takes einmal so synchron zu bekommen, dass sie - selbst wenn man sie ganz leise dreht - nicht fürchterlich raussticht. Dann eine längere Pause, drüber geredet, das bisherige angehört: Da fiel es ihr - im Gegensatz zur Situation beim Einsingen - natürlich auch sofort auf, dass sie total daneben war: "Aber das habe ich beim Singen einfach nicht gehört." So auch z.B. bei der Artikulation, nehmen wir mal das Wort "wanna": Jeder weiß, wie man das ausspricht, sie auch: "wonne" (sofern man das hier lautschriftlich darstellen kann). Aus welchem Grunde auch immer, singt sie in JEDEM der 67 Takes "waaahnaa", nicht nur zu lang, sondern auch mit deutlichen, scharfem A. "Ja, das hör ich jetzt auch, aber bei der Aufnahme dachte ich, ich sing 'wonne'..."
Okay, hab ich ihr also ihre eigene Stimme lauter auf den Kopfhörer gegeben: keine Verbesserung. Dann mal die anderen Instrumente runtergerelt, dass sie den Sänger besser hört usw. usw... alles ohne jeden Erfolg.
Vor drei Jahren hatten wir an der Musikschule mal eine CD-Produktion, wo sie das Klavier spielen sollte, zu einem ziemlich funkigen Song, also zugegeben, ausnotiert gar nicht so einfach. Hatte sie natürlich tierische Probleme. Aber dann jeden Tag stundenlang daran geübt, 6 Monate lang, auch mit dem Komponisten zusammen. Bei der Aufnahme dann schließlich war sie nach wie vor, trotz vieler Takes, so daneben, dass den Produzenten nichts blieb, als das Klavier zu weit runterzuregeln, dass man es nicht mehr hörte.
Ein anderes Mal haben wir in einer Rock'n'Roll-Band "Johnny B. Goode" gespielt, sie am Klavier, und sie sollte NICHTS anderes machen, als straight Achtel zu spielen. Was sie da gespielt hatte, waren alles, nur keine Achtel ging eher so Richtung "etwas zu kurze Siebtel"...

Und das sind alles nur ein paar Beispiele, ich könnte noch Dutzende davon aufzählen...

Dass solche über Jahre nicht besser werdenden Erfahrungen für jemanden, der Musik über alles liebt, sehr, sehr frustrierend sein können (wenn es sich um einen sehr sensiblen Menschen handelt, umso mehr), brauche ich wohl niemandem zu erklären.
Und auch unsere gemeinsame Zeit durchzieht das immer wie so ein böser Schatten: Da wir, wie gesagt, beide in der Musik unsere Erfüllung sehen, kommt es auch relativ oft vor, dass wir - wenn Zeit ist - auch mal Musik machen, und es einfach schade finden, dass jeder da sein eigenes Süppchen kochen muss, denn sobald wir frohen Mutes gemeinsam anfangen, gemeinsam zu musizieren, egal was, ist spätestens nach einer halben Stunde die Stimmung total im Keller. Auf Dauer ist sowas natürlich auch in einer Beziehung nicht förderlich.

Nebst den Dozenten an Musikschule und Uni bin ich inzwischen auch mit meinem Latein am Ende. Letztens, nach der Aufnahme-Session, haben wir uns mal ernsthaft zusammengesetzt, um Ursachenforschung zu betreiben. Sie vermutet, es könnte davon kommen, dass sie, bis sie etwa 12 war, nur sehr, sehr gerade Sachen (Kinderlieder, Volksweisen) gehört hat. "Der Mond ist aufgegangen" singt sie rhythmisch korrekt. Allerdings hört sie nun schon seit vielen Jahren Amanda Marshall, Cranberries, Beatles und auch moderne Charts-Sachen. Da hätte sich doch langsam was tun sollen! Da sie vor allem Schwierigkeiten bekommt, sobald das Tempo schneller als 80 [g=45]bpm[/g] oder so wird - dann kommt sie mit dem Absprechen der Silben einfach nicht mit -, möchte ich auch nicht einmal ausschließen, dass es sich womöglich um ein neurologisches Problem handelt...

Also, ich weiß echt nicht mehr weiter. Ist ein ganz schön schwerer Fall. Wenn irgendjemand von Euch dazu noch eine Idee hat, wäre ich super-dankbar. Wir verzweifeln daran so langsam

Lucky

 

[ichon]

ok zuerstmal.. ich kann nachvollziehen, was bei euch abgeht.. hab hier eine ähnlich situation.. also das mit dem down sein nach 30 minuten musizieren. und das auch mit einer sängern. Allerdings aus anderen gründen

also sprecht ganz offen draüber und lasst das mit dem musizieren erstmal.

zum rhythmus..

ein gitarrist mit dem ich oft zusammen spiele, hat/hatte das gleiche problem. 50 takes und imme rnoch nicht annähernd in time. das schlimme dabei war ja, dass er selbst beim abhören fest der meinung war, ja sogar darauf bestand, dass das doch voillkommen perfekt wäre.
da hatten wir uns dann auch schon in den haaren, da er mal einen ganzen tag studiozeit für einen song in die tonne gekloppt hat mit dem endresultat, dass wir die gitarre so weit runter mischen MUSSTE, dass man sie nur noch wirklich sehr dezent hörte.. jetzt haben wir ihn wirklich schon fast dazu gezwungen sich ausschliesslich mit einem [g=64]metronom[/g] zu beschäftigen und das zählen zu lernen. Er fühlt den rhythmus nicht, dann muss er eben zählen und üben.. das macht er seit geraumer zeit und es ist schon deutlich besser geworden.

das aber setzt äußerste disziplin vorraus. die 1 in nem 7/8 findet er zwar immer noch nicht, aber 4/4 geht jetzt schon recht thight.

das ist wirklich sehr langweilig und nevenaufreibend, aber zwingend notwendig.
[g=64]metronom[/g] an, auf record drücken und spielen spielen spielen.. danach anhören um die fehler zu hören.. dann wieder.. stundenlang.. alles andere hilft nichts. der angeborene groove kommt nicht plötzlich mit 20 oder 30.. leider.

viele grüße und good luck,
d.

 

[Vidworx]

Hoi!

Das scheint Euch ja so mitzunehmen, dass Eure Beziehung darunter leidet.
Ihr wisst selbst, dass das nicht gut ist.

Aber dies ist ein Musik-Forum, also:


Es wäre hilfreich, wenn Du mal ein paar Aufnahmen linken würdest.

Bis dahin folgendes:

Wenn ich Dich aber richtig verstanden habe, dann nutzt alle Leidenschaft zur Musik nix.

Zitat:
Aber dann jeden Tag stundenlang daran geübt, 6 Monate lang, auch mit dem Komponisten zusammen.



Meine Freundin mag Musik sehr und würde so gerne richtig Musik machen.
Sie weiß aber, dass es nicht geht.
Klar ist das traurig, aber irgendwann muss man erkennen, was man kann und was nicht. (Tausende Seminare und Workshops frustrieren dann nur noch mehr...)

Vielleicht solltet ihr als Team austarieren, in welchen Bereichen Deine Freudin bei Eurer Musikproduktionen tätig wird.


Trotzdem:
Ich würde gerne mal ´ne Klavier- und Gesangsprobe hören.
Dann kann ich mir ein besseres Bild machen.

Bis später



edit:

Ach ja: Richtiges Musikfeeling kann man nicht erlernen.
Es entwickelt sich im Laufe des Lebens.

 

[holgmann]

Hallo,

mir kommt es so vor, als ob sie etwas erzwingen will, was einfach nicht geht.

Es gibt nun mal menschen die absolut kein Rythmusgefühl haben. So hart das auch klingen mag, es ist so...
Mein Tip ist grundsätzlich, mit dem Fuss den Takt zu tappen, wenn es anders nicht geht. Das bringt zwar so manchen Toningenieur zur Weissglut, aber wenn man sich einen weichen Teppich oder auch nur ein Handtuch unter den Fuss legt, ist das kein Problem.

Manche haben halt ein Problem den Takt "richtig" zu hören, dafür spüren sie ihn. Dafür ist das Tappen ein probates Mittel. Nicht immer kann man das was man hört auch sofort umsetzen und das hat nicht nur mit Latenzzeiten des Recordingequipments zu tun

Ich kann z.B. nicht zu [g=64]Metronom[/g]- Klick singen, weil mir das Tierisch an den Nerven zerrt.

Wenn an sich auf "siebtel" und co. konzentriert ist sowieso alles vorbei, denn dann verliert die Musik ihre Seele !

Wobei es auch einfach ein anderes Problem sein kann, übereifer z.B.
Das alles hilft aber nichts, wenn man Physische Probleme hat, wie bei einem Gitarristen den ich kennenlernen durfte. Der konnte absolut Göttlich spielen, aber auch nur allein. Sobald er versucht hat, mit jemandem zusammenzuspielen, ging es nicht.
Er war dann bei einem HNO und der stellte bei ihm ein Problem mit dem Höhrapparat fest, alles was er hörte kam mit Verzögerung im Hirn an.
Seit dem er das weiss spielt er nach gespür, das heisst er konzentriert sich nicht auf das was er hört, sondern auf das was er spürt ( Bassdrum usw.) und sieht. Die Ohren verschliesst er komplett mit Ohrstöpseln.
Er brauchte zwar Wochen umd damit klar zu kommen, aber dafür konnte er endlich mit anderen Musik machen und zwar In Tune !

Die einfachste Möglichkeit sowas festzustellen ist ein Reaktionstest, einfach in loser Folge Töne abspielen und deine Freundin dazu klatschen lassen, sobald die etwas hört.


Ich hoffe ich konnte einigermaßen helfen,
Gruß,
Holger

 

[siggi]

So hart es klingt - da sollte Musik besser Hobby bleiben..
Meine Meinung!
vg siggi

 

[der_vogel]

Vielleicht ein etwas komischer Vorschlag aber vielleicht ist sie zu verspannt? Sie denkt an zuviele Dinge und konzentriert nicht auf die Musik. Vielleicht solltet ihr einfach mal ein Glas Rotwein vorher trinken, ohne Witz

Dann geht sie entspannter und mit weniger Druck an die Sache. Oder nicht immer Studioatmosphäre aufkommen lassen sondern mal an der A-Gitarre im Wohnzimmer jammen.

 

[NULL]

geht mal richtig tanzen - und vorallem regelmaessig in einen laden mit einer schoenen fetten anlage im [g=118]bass[/g] bereich (raves !!!??? ).
wenn menschen anfangen die grooves ueber den koerper zu spueren und sich dazu bewegen lernen, werden sie meist auch automatisch rhythmussicherer.
ausserdem machts spass.

 

[tkay]

..vielleicht liegen ihre Stärken ja nur auch woanders, z.B. im Management oder der Tontechnik (sie studiert ja auch Physik)..dann könnt ihr euch ja aufteilen, du spielst die Sachen ein und sie mischt sie dann amtlich ab...


Gruß

tkay

 

[Bluna]

hi,
Tanzengehen ist bestimmt ne gute Übung um ein bischel Rythmus-Feeling zu entwickeln. Vielleicht sogar zu so Discofox-Mucke, wo man zusammentanzen muss, also du als Mann führst...

Den Takt mit dem Fuß mittappen ist auch ne Idee. Die andere Möglichkeit, um die Nerven des Aufnehmenden zu schonen, geht auch der Wackeldackel, also mit dem Kopf mitnicken.

Was sich bei Aufnahmen auch schon mal als nützlich erwiesen hat ist nur eine Seite des Kopfhörers aufzusetzten, da man dann auf dem freien Ohr sich noch auf natürliche Weise hört.

Eine Art Langzeittherapie könnte sein, wenn sich deine Freundin immer wieder sehr rhytmusbetonte Musik anhört. Also solche die richtig gut groovt.

LG

 

[Lucky]

@Bluna:
Wir machen gerade eine Anfänger-Standard-Tanzkurs hinter uns. Ich hab mich da schon schwer getan, aber sie... trotzdem haben wir jetzt mal um drei Monate verlängert, mal schauen, wie's da weitergeht.
Was die Langzeittherapie angeht, hab ich ihr das auch schon geraten. Sie hört ja recht rhythmische Musik, aber - wie ich - insgesamt wohl zu selten. Und ob Hören auf Dauer reicht?

Lucky

 

[Lucky]

@tkay:
Nein, nein... ICH studiere Physik, sie macht Musik auf Lehramt - und das ist auch besser so, zumindest besser als andersherum

Lucky

 

[Lucky]

@vogel:
Mit dem "verspannt", könntest Du sehr, sehr richtig liegen. Ich habe auch immer den Eindruck, dass ihre Art zu singen, sehr viel von ihrer Seele widerspiegelt und sich mit dem Rest ihres Wesens erstaunlich gut deckt: Von Seiten ihrer Eltern her ist ihr von klein auf jedes, aber auch wirklich jedes Selbstbewusstsein genommen worden, noch bevor sie es entwickeln konnte. Dass dies sich nicht von heute auf morgen ändern kann ist klar. Ich bin jetzt jedoch schon seit knapp 3 Jahren mit ihr zusammen und hab immer wieder versucht, sie aufzubauen, ihr Mut zu machen, sie zu motivieren, denn sie weiß selbst, wie es um ihr Selbstwertgefühl (was durch die musikalischen Inkompetenzen sicher nicht gefördert wird) bestellt ist, und sie SAGT, sie möchte das auf jeden Fall ändern - meines Erachtens TUT sie dafür aber einfach zu wenig...
Noch mal zum Punkte verspannt: Wir haben das sogar schon mal thematisiert, weil dieses Angespannte, dieses "Bloß keinen Fehler machen", das findet sich in jeder ihrer Bewegung wieder und vermittelt eine ziemliche bedrückende Stimmung. Ich habe mit ihr in 3 Jahren schon die unterschiedlichsten Situationen erlebt, aber ich kann mich kaum erinnern, dass sie jemals sinnlos und befreit "durch die Gegend gehopst" ist, mal einfach so gelacht, gekebbelt oder rumgealbert hat. Sie KANN einfach nicht ganz loslassen. (Hinzu kommt vielleicht, dass WENN sie einmal herzlich lachen muss, sie sofort einen Hustenanfall bekommt und danach stundenlang in den Bronchien pfeift... Da ist irgendwas mit der Atmung im argen, hört man auch beim Sprechen, aber die Ärzte finden einfach nichts.)

Okay, wird spät, ich sollte echt langsam schlafen. Aber diese "Verspanntheit" war halt gerade ein sehr passender Punkt, Vogel

Lucky

 

[Lucky]

@siggi und Vorredner:
und dann? Klingt echt verdammt hart. Sie hat die letzten Jahre in keiner Richtung irgend etwas anderes gemacht, und Musik bedeutet ihr einfach alles, auch wenn sie um ihre Grenzen weiß. Eben nicht in dem Sinne: "Musik ist mein Leben, ich will damit berühmt werden", sondern einfach, weil Musik für sie so unendlich schön, vielseitig, wertvoll und emotional ist.

Lucky

edit: Ich hoffe, es stört nicht zu sehr, dass ich jede Antwort in einen separaten Beitrag fasse. Aber es gibt hier ja eine Thread-Hierarchie, und das wollte ich der Ordnung halber nutzen. Falls hier eh alle "flach" lesen und das zu sehr stört, bitte einfach melden, dann lass ich das in Zukunft!

 

[NULL]

Groove hat man im Blut, oder nicht. Auch ich bin zwar ein sehr musikalischer Mensch mit einem ausgeprägtem Talent Melodien und Harmonien aus dem Ärmel zu schütteln, aber den Rhytmus musste ich mir einprügeln.

Wie hab' ich's angestellt?

Naja... ich hab' angefangen für mich untypischerweise zu Musik die ich höre mit den Fingern mitzuklopfen wie es die Drummer immer gerne machen. Was am Anfang unbeholfen wirkte gelingt mir nun zumindest so, dass es zwar nicht virtuos aber auch nicht uncool aussieht.

Ausserdem hab ich Gitarrenriffs nicht mehr einfach so gezockt, sondern nur noch auf Click.

Zudem achte ich seit einiger Zeit sehr stark auf Rhytmik...auf Breaks... Tempiwechsel...Betonungen. Ich versuch weniger Instrumente rauszuhören, damit ich die Drums besser wahrnehme.

Ein Groovemonster bin ich immer noch nicht, aber zumindest verpatze ich beim singen die Einsätze nicht mehr, mir gelingt Phrasierung, ich kann sinnvolle Drums programmieren, und ich kann auch mal ne Runde [g=118]Bass[/g] spielen, und mit den Drums harmonieren wenns nicht gerade was vertracktes ist.

Jeder hat Stärken und Schwächen. Kaum einer ist gleich gut in allen Belangen, aber mit einem Talent in einem Bereich kann man Defizite in einem anderen gut kompensieren. Was einem hier zugeflogen kommt, muss man sich woanders hart erarbeiten - aber es geht.

*nen fünfer fürs phraenschwein dalass*

 

[marcoustic]

Hi Lucky!

Das, was ich nach Deinem ersten Posting vermutet habe, hast Du nochmal bestätigt:

Ich denke, es liegt nicht an einem unausgeprägten Rhythmusgefühl oder mangelnder Musikalität, sondern an der Fähigkeit wirklich loszulassen, mal aus sich rauszugehen.
Und das schlägt sich in der Rhythmik schneller nieder, als im Treffen richtiger Töne.

Mein einziger Tip:
Sucht einen wirklich guten und vor allem motivierenden Stimmbildner/Gesangslehrer.
Evtl. würde es auch eine Art Musiktherapie tun. Da kenn ich mich nicht so aus.

Wichtig ist jetzt wirklich, dass sie es schafft, mal alles rauszulassen.

Das mit dem Tanzen ist bestimmt schon sehr gut. Am besten aber auch tanzen, wie in der Disco.
Also rhythmisches Zappeln statt Discofox oder Rumba.

Mach viel mit ihr, bei was sie sich nicht auf Korrektheit konzentrieren muss, sondern eher völlig ungezwungen alles machen kann und merkt, dass es Spaß macht.

Mehr fällt mir dazu erstmal auch nicht ein.

Wünsche Euch Glück.

Grüße

Markus

 

[antares]

Hi,

ist ja alles schon gesagt worden, oder nicht?

Was ich beim durchlesen vermisst habe, das innere Hören.
Die Musik zu verinnerlichen ist so ein Vorgang wie das Lernen um das Fahrrad fahren. Solange man/frau auf das Vorderrad sprich Takt guggt und zählt, ist die Loslösung und das freie Fahren noch nicht möglich.
Techniken wie Takt klopfen, mit dem linken Bein OffBeat etc. durch den ganzen Song zu betonen, ist sicherlich lehrreich. Tanzen zu verschiedenen Rhythmen mit Anfangs Zählbegleitung ist auch ein weiterer Weg um zu spühren und durch den Körpereinsatz mit Atmung zu erkennen was Rhythmik sein kann. Frei zu werden, ja frei der Klammerung zum Takt um quasi rhythmisch darüber zu schweben ist ein innerlicher grosser Schritt nach vorne.
Warum wird der Weg eigener Musik zu "fühlen" nicht als Tip erwähnt?
Ich kannte Personen, die ganz toll ab Blatt spielen konnten, dennoch es noch nie versucht haben, frei zu spielen und es auch nicht vermochten.
Mit freier Improvisation entwickelt sich mit der Zeit ein eigenes Repertoire an Rhythmik/Musikalität. Eine solche Sensibilierung ist zu erreichen um "ausserhalb" des Taktes oder Tonalem zu fühlen, die sich mit der Zeit durch "aha" Erlebnisse mit der populären oder klassischen Musik verschmelzen lassen.
Musik ist für mich ein Weg zur inneren relativen Freiheit, keine Konvention mehr zu gebrauchen oder zu benötigen, die Anfangs durch Schule und Übung eingeleitet werden sollte.
Ohne persönliches Erlebnisse bleibt es oft dabei, sich nur als ein [g=64]Metronom[/g] des Bestehenden zu sehen. Es bleibt kalt und technisch, das Notenlesen ist wie der Blick in ein Telephonbuch
Spielt frei und lacht dabei, oder lasst mal ein rührseliges Tränchen dort fallen wo es sich ergiebt. Ein Glässchen Wein, ein Klavier und die A-Gitarre wirken nicht nur musikalisch sondern auch Beziehungsfestigend. Entspannung ist ein Zauberwort um die Marionette "Spannung" in entspannter Umgebung selbst zu steuern.

Happy feeling...

 

[BlueHarmony]

Hi Lucky!
Das Thema macht betroffen!

Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass ihr (du?) deine Freundin
bewusst oder unbewusst unter Druck setzt und sicherlich dadurch
nicht ihr Selbstbewusstsein stärkst!
Du analysiert ihre Rhytmusungenauigkeit in ms, du sagst, sie könne
nicht mal einen so leichten Song wie yesterday synchron singen,
sie singt die Vokale komisch (ein typisches Sängerproblem beim klassischen
Gesang, gar nix außergewöhnliches!!!)

Wenn ich (als Sängerin) von meinem Partner so analysiert würde
(wo ist das positive [g=94]Feedback[/g]?) , da würd sich bei mir
Angst und Unsicherheit entwickeln, nicht aber Selbstbewusstsein!
(schimpfff!!!)

Und die Stimme ist der Spiegel der Seele - Angst und Unsicherheit tragen
sicher nicht dazu bei, dass man Musik spüren, genießen und machen kann.

Warum muss immer sofort von allem etwas abhängen (Aufführung,
Aufnahme), wäre es nicht besser einfach mal "Just for fun" gemeinsam
"rumzualbern" und Spaß zu haben mit der Musik?

Und die Sache mit der Aussprache: Der Sänger hat von seinem eigenen
Singen oft eine ganz andere Wahrnehmung als der Zu - Hörer.
Da hilft: Viel beim Übern sich selbst aufnehmen und abhören und lernen
und neu aufnehmen und kontrollieren
(ganz ohne Druck und ohne, dass die Aufnahme - außer für das Lernen-
verwendet wird)
"Selbstaufnahmen (neben Metronomarbeit) helfen übrigens auch für das
Rhytmusgefühl, weil man mit sich selbst und von sich selbst lernen kann
(und du sagst ja, bei der Aufnahme fällt ihr auf, dass sie unrhytmisch ist.)

Und wenn man gar nicht mit schwierigeren Rhytmen klarkommt, mach ich
es so dass ich z.B. zu Beginn in so kleinen Einheiten (z.B. 16-tel oder 32-tel
zähle, das auch jeder noch so komplizierte Rhytmus letztendlich, bis ich ihn
verstanden habe, ein "Zählexempel" ist)

Ich wünsche euch alles Liebe!
Und wenn sich rausstellt, dass deiner Freundin einfach eine andere Art von Musik
liegt (Bach und Rachmaninow liegen rhytmusmäßig auch ziemlich weit auseinander)
dann ist das halt so!

BlueHarmony

 

[Schlechth]

Also ich singe selber gerne und viel und als ich angefangen habe inner band zu singen hatte ich auch so meine probleme mit dem rhytmus (beim proben eigentlich gar nicht dafür aber umso mehr beim aufnehmen). Als ich dann von meinen bandmitgliedern darin bestärkt wurde, dass ich das hinbekomme, habe ich versucht mich beim einsingen der vocals richtig zu lockern und zu entspannen. und siehe da, es funktioniert.
Also versucht einfach erstmal den druck von deiner freundin zu nehmen und geht ganz locker an die sache ran und dann wird das schon.

Wenn sie erstmal genug selbstvertrauen getankt hat klappt auch das gemeinsame musizieren.

Bei mir wars auch "nur" der druck, den ich glaubte nicht erfüllen zu können. Als ich wusste, dass ichs kann, gings auch ohne probleme. Naja fast

Also VIEL ERFOLG und haltet durch.

 

[Lucky]

@antares:
Also, ich hol oft genug die A-Gitarre raus, nicht zuletzt, weil Musik mir selbst ja Spaß macht und ich dabei richtig loslassen kann. Wenn sie sich dann - natürlich aus eigenen Stücken - dazu setzt, weil sie die Stimmung mag, singt sie mit, und dann bin ich auch völlig unkritisch, und versuche, dass sie einfach nur Spaß daran hat. Das machen wir gar nicht so selten. Aber auch wenn ich es ihr in solchen Momenten nicht sage, sie ist rhythmisch genau so daneben wie sonst, und das hat sich in den letzten 3 Jahren nicht ansatzweise gebessert

Lucky

 

[Lucky]

BlueHarmony schrieb:
Du analysiert ihre Rhytmusungenauigkeit in ms, du sagst, sie könne
nicht mal einen so leichten Song wie yesterday synchron singen,
sie singt die Vokale komisch (ein typisches Sängerproblem beim klassischen
Gesang, gar nix außergewöhnliches!!!)

Alle drei genannten Punkte hab ich keineswegs angeführt, weil ich sie analysiere oder kritisiere oder sonstwie unter Druck setzen möchte. Wirklich nicht. Aber wie soll ich Euch sonst beschreiben, wie's sich anhört, wenn sie singt. Es hatte wirklich nur beschreibende Absicht. Auch das mit den Millisenkunden, das ist nämlich wirklich so, und ich find das wichtig. Dabei ist es egal, ob es nun 40 oder 70 ms sind, ihr solltet einen Eindruck von der Größenordnung bekommen. Wenn ich geschrieben hätte, die ist imemr eine 16-tel oder 32-tel daneben, wäre das schlichtweg falsch gewesen, dann bei langsamen Songs sind die rhythmischen Probleme KLEINER! Es handelt sich um einen fixen Absolutwert der Ungenauigkeit, der überhaupt nichts mit dem Tempo des Songs zu tun hat. Ich denke, das könnte ein wichtiger Punkt sein...

Lucky