Für und Wider von Schüttelreimen aus Komponisten- Sicht

[artname]

Hi @ all

Ich hab heute mal einige „ Schüttelreime* geschrieben. Meine Frage: Animiert diese Königsdisziplin des Reimens zum Vertonen?

Klingt zwar formal wie Rap… aber faktisch scheinen mir dessen Macher und Publikum mehrheitlich langsam zu verblöden. Ich bin täglich damit (mit der einer wunderbaren Rap-Idee) beschäftigt und es schüttelt mich momentan trotzdem und leider immer mehr.

Ich bitte euch Musiker um ein generelles Für oder Wider zu solchen ( nicht einfach zu findende) „geschüttelten“ Versen. Diese Reime fallen einem nicht oft spontan ein. Es ist wie mit Kirchentonarten. Man muss das „Schütteln„ regelmäßig üben. Sonst kann es schnell konstruiert klingen…

Stagflation
1.
Die Straße will fighten,
Das Kapital Pleiten
und wegen den Heizkosten
die Bank ihren Geiz hosten
und ich schüttle grad „Weltkrieg“
komm nicht weiter als „Geld wiegt
leicht“. Drauf saug ich aus „Stag-Flation“
kurz vor Ende ‘ne „Flak-Station“
Gott beschenkt die Welt mit keinem Sinn -
Kratzt er sich noch immer an seinem Kinn?… usw


*Schüttelreim: Die ersten Konsonanten von 2 W orten werden vertauscht. Beim Tausch darf aus D ein T werden, aus G ein K oder aus F ein V usw.. Alles klar? Ansonsten fragt einfach…

 

[sts]

Eigentlich spricht ja nichts prinzipiell dagegen. Dass es derzeit vorwiegend im Rap verwendet wird, dafür kann der Schüttelreim ja nichts. Was m.E. allerdings dagegen spricht ist, dass Schüttelreime nicht selten etwas gewaltsam zusammengereimt klingen und dadurch vielleicht das, was man eigentlich sagen wollte, ins Hintertreffen gerät. Oder sagen wir "geraten kann", denn es kann natürlich auch ein Volltreffer sein. Aber das über den ganzen Text hinweg durchzuhalten, ist schon schwierig.

 

[artname]

Dass es derzeit vorwiegend im Rap verwendet wird, dafür kann der Schüttelreim ja nichts

Selbst Rapper kriegen eher selten gute Schüttel-Reime hin.

Aber für den SR spricht sein spielerisch perfekter Wohlklang. Man braucht etwas Erfahrung, um das didaktische mittels einer guten Ironie mehr zu kaschieren. Je besser und überraschender der Klang, um so mutiger kann man Logik und Stimmigkeit etwas ignorieren. So landet man im besten Falle bei einer lockeren Sprache.

 

[DHG]

Erinnert tatsächlich an schlechten Rap... Also die Art von Rap, wo der Reim/die Technik weit über der Aussage steht.

Damit Spiel ich auch gerade vermehrt rum (also hoffentlich nicht mit dem schlechten Rap ). Für mich ist es nicht so einfach das Gleichgewicht zwischen Reimstruktur und Aussage zu finden... Aber das Problem hab ich generell auch wenn ich Versuche mehrsilbige Reime zu verwenden...

Aber warum sollte da generell etwas dagegen sprechen? Die Vermischung von deutsch und Englisch wie in deinem Beispiel find ich dabei aber eher gezwungen und alles andere als gekonnt.

 

[Graham]

weil ein Album das erst dieses Jahr erschien voll davon ist und mich nicht nur dahingehend sondern auch inhaltlich völlig umgehauen hat)

Welches?

 

[DHG]

Welches?

Hab das mit den Schüttelreimen erst falsch gedeutet (mir war der Begriff bisher unbekannt), daher muss ich das mit dem Album zurück nehmen.

 

[artname]

Die Vermischung von deutsch und Englisch wie in deinem Beispiel find ich dabei aber eher gezwungen und alles andere als gekonnt.

Ich habe heute morgen nur die Machart des SR analysieret. Also, wie man auf Anhieb 10, 20 Schüttelreime findet und halbwegs machbar verbindet. meine Strophe hat ja noch nicht mal einen Chorus.

Aber ich werde als Nächstes sicher demnächst einen fertigen Text zur Diskussion anbieten. Dann will ich aber nicht mehr generell werden.

Aber warum sollte da generell etwas dagegen sprechen?

Das könnten wir sicher konstruktiver diskutieren, wenn du mal DEINE SR anbietest…

 

[artname]

Hab das mit den Schüttelreimen erst falsch gedeutet (mir war der Begriff bisher unbekannt),

Na dann…

… ist aber auch wirklich eine eher schwierige Reimtechnik. Ich brauchte viel Zeit, um das praktisch zu inhalieren. Ähnlich den Kirchen-Tonarten . Man begreift die Scalen leicht…. aber bevor man damit locker improvisieren kann… O Mann…!

 

[Brunhilde]

Drauf saug ich aus „Stag-Flation“
kurz vor Ende ‘ne „Flag-Station“

Die beiden verstehe ich von der Aussage her nicht. Was soll das jeweils sein?

 

[artname]

Die beiden verstehe ich von der Aussage her nicht. Was soll das jeweils sein?

Sehr gute Frage

Flag ist (m)ein Rechtschreibe-Fehler. Gemeint ist Flak* ( Flugabwehr-Kanone)

Der Begriff Stagflation (ein Kofferwort aus den Begriffen „Stagnation“ und „Inflation“) beschreibt eine Situation eines Währungsraumes, in der wirtschaftliche Stagnation und Inflation miteinander einhergehen

* wie eingangs erwähnt, darf im Schüttel-Reim G und K vertauscht werden,

 

[DHG]

Das könnten wir sicher konstruktiver diskutieren, wenn du mal DEINE SR anbietest…

Nimm's mir nicht übel aber ich stell hier keine Texte mehr von mir rein, auch keine Teilstücken davon. Da kam in der Regel nicht viel Brauchbares bei raus.
Vielleicht kannst du irgendwann Mal das fertige Werk hören (wovon ich wie immer weit entfernt bin)...

 

[artname]

Nimm's mir nicht übel aber ich stell hier keine Texte mehr von mir rein, auch keine Teilstücken davon. Da kam in der Regel nicht viel Brauchbares bei raus.
Vielleicht kannst du irgendwann Mal das fertige Werk hören (wovon ich wie immer weit entfernt bin)...

Ich fasse DIESEN Faden nicht als Vorstellung eines Textes auf, sondern als eine allgemeine Diskussion über Vor- und Nachteile von SCHÜTTELREIMEN wie:

Es klapperten die Klapperschlangen
Bis ihre Klappern schlapper klangen

Mein einleitendes Beispiel dient lediglich der grafischen Darstellung dieses Prinzips.

 

[sts]

Es klapperten die Klapperschlangen
Bis ihre Klappern schlapper klangen

Wobei dieser hier - obwohl hinreichend bekannt - ja geradezu virtuos ist. Das muss man anerkennen, ob man es mag oder nicht.

 

[Brunhilde]

Der Begriff Stagflation

Okay verstehe. Danke dir für die Erklärung.

Wie würdest du das bei einer Veröffentlichung tun, bei dem der Text nochmal zum Nachlesen abgetippt wird?
Ich meine damit: würdest du die Rechtschreibfehler mitnehmen, damit es Handwerklich korrekt dasteht? Oder würdest du diese schlußendlich doch ausgleichen?
Z.B. Wenn du aus einem Vogel ein Fogel machrn müsstest, damit der Schüttelreim handwerklich stimmt. Oder vestehe ich das was falsch?

 

[artname]

Ich meine damit: würdest du die Rechtschreibfehler mitnehmen, damit es Handwerklich korrekt dasteht? Oder würdest du diese schlußendlich doch ausgleichen?

Ist gar nicht handwerklich falsch! K darf auch G,.. T auch D …P auch B… oder eben F auch V oder PH… beim Tausch benutzen! DAS schrieb ich bereits eingangs.

Noch einfacher und komplizierter ist mein (noch unfertiger) Entwurf von heute.

Stürmische Idee
Erst mach ich auf ein‘ Baum Druck
Und dann daraus mein Traumbook

Oben das deutsche „u“ … unten das englische „oo“ - entscheidend ist der identische oder wenigstens fast identische Gleichklang!

Sinn macht auch die Überschrift: Ich meine „die Idee eines Sturmes“ und verschlüssle etwas mit „stürmische Idee“

Gemeinsam mit @sts sehe ich bei Anfängern die Gefahr, dass ein SR wie an Reißbrett entworfen klingt. Dabei ist der SR eigentlich ideal für komische Texte geeignet!

Gerade mit einer guten Überschrift kann manchmal ein echt guter Witz entstehen.

So wie der meisterhafte mit den Klapperschlangen, der natürlich keines Titels bedarf!

 

[Brunhilde]

Also ist Fogel ok, wenn ich schüttel?

 

[artname]

Also ist Fogel ok, wenn ich schüttel?

Ja, aber er wird dann auch Vogel geschrieben.
Ich improvisiere mal:

Mutterliebe
Wenn ich in der Ferne gokel,
nennt mich Mama gerne Vogel.

(Ops, gefällt mir besser als befürchtet!)

Man sieht am Beispiel wohl gut, dass der SR gern für derben Humor genutzt wird. „Mutterliebe“ als Titel gibt dem Unsinn mE einen Hauch von Tiefe.
Auch der Binnenreim „wenn ich“ —> „nennt mich“ macht die beiden Verse etwas eleganter.

Das ist eben die große Herausforderung: Da der Schüttelreim eigentlich ein plumper Zweckreim ist, sollte und kann man dabei auch automatisch Story telling üben!

 

[akStudio]

Hier zum Aufwärmen:

https://schuettelreime.at/

schüttelreime.at - Die Schüttelreimedatenbank im Web - Der Schüttelreim ist eine Reimform, bei der die (Anfangs-)Konsonanten der letzten beiden betonten Silben miteinander vertauscht werden.

schuettelreime.at

 

[artname]

Danke @akStudio , dein Link ist wirklich sehr informativ!

Und liebe Musikanten, ich erinnere gern an meine einleitende Frage: Was halte t ihr vom Schüttelreim? Viele von Euch kommentieren mE sprachlich sehr witzig und geistreich. Aber wenn ihr in diesem Forum mal wieder im Schwarm Ballermann improvisiert, dann ist das nicht immer so geistreich. Sorry , das könntet gerade ihr noch besser. Denn Ich lese gerade Eure Schlagfertigkeit gern und sogar etwas neidisch…

Die Formen SR oder „Limerick„ bieten mE jedenfalls dafür recht witzige Angebote… Man müsstw das Texten nur noch ein klitzekleinwenig ernster nehmen… AMEN

Gegenstimmen?

 

[FredTadge]

Ganz einfach,
FÜR: Schüttelreime klingen super und werten jeden Song auf.
WIDER: Ich finde Schüttelreime sauschwer zu finden und wenn, dann passen sie meist schlecht in den Kontext.