Klingt gut, aber: Die Themenwahl an sich macht keinen guten Text. Und ein Songtext ist ein Kunstprodukt und kein Tagebucheintrag. Ich spreche hier also nicht über den etwaigen biographischen Hintergrund des Textes, sondern nur von dem, was einem Publikum als Songtext –also von seinem Autor losgelöstes Kunstprodukt– serviert wird.
In der Theorie haben erzählende Texte üblicherweise drei Bestandteile: ein Thema, eine Handlung und eine Haltung des "lyrischen Ich", das im besten Falle mit dem/der Interpret:in identifiziert wird.
- Thema: Ich kriege mein Leben mit 34 noch nicht auf die Kette, weil ich keine unterstützende Familie hatte.
- Handlung: Du Mutter hast mich als Kind aus Egoismus im Stich gelassen und tust es noch heute.
- Haltung (Zitat): "Frauen wie du sollten niemals schwanger werden."
Und mit dem Schritt von der Handlung zur Haltung habe ich ein großes Problem, weil er zu keiner Reflektion, sondern nur zu einem Urteil führt. Es ist ein bloßes "steinigt sie". Das LI entledigt sich jeder Verantwortung für das eigene verpeilte Leben, weil es dafür ja die schlechten Frauen gibt, die generalisiert "niemals schwanger werden" sollten, vermutlich, damit die Welt eine bessere wird. Das ist in Selbstmitleid verpackte Misogynie.