Wie lange arbeitet der Kompressor

[Theobald]

Hallo Leute,

folgendes Beispiel: Das Signal liegt bei - 5dB. Der Threshold liegt bei - 10 dB. Die Ratio bei 2:1. Der Attack bei 1 ms und der Release bei 100 ms.

Soweit ich das richtig sehe, regelt der der Kompressor das Singal nach 1ms auf - 7,5 dB runter; besser gesagt, er erreicht nach 1ms diesen Wert. Was passiert, wenn das Signal nach 50ms unter den Threshold liegt. Bislang bin ich davon ausgegangen, dass alles, was unter dem Threshold liegt, nicht bearbeitet wird. Jetzt hab ich aber eben eine Skizze gefunden, die nach meiner Lesart zum Ausdruck bringt, dass der Kompressor auch nach unterschreiten des Schwellwerts und bis zum erreichen des Releaswertes - hier 100ms - weiterarbeitet. Erst nach dem Erreichen des Releasewertes, lässt der Kompressor das Signal wieder unbearbeitet durch; bis dann irgendwann erneut der Schwellwert überschritten wird. Im obigen Beispiel würde der Kompressor also insgesamt 150ms arbeiten.

Ergibt das einen Sinn bzw. ist es tatsächlich so, dass der Kompressor - je nach eingesteller Release - auch das Singal unter dem Treshold herunterpegelt?

Bislang habe ich immer angenommen, dass die Relase unmittelbar einsetzt, wenn der Attack erreicht wurde; soweit ich das nun richtig sehe, war das aber ein Irrtum. Eine kurze Attack und lange Relase wäre dann eher sowas wie ein schlechter Gainregler?

Ach hier der Link zu der Grafik: https://de.wikipedia.org/wiki/Kompr.../media/File:Amplitudenverlauf_Kompression.png

 

[AWF]

Also Release setzt dann ein, wenn das Signal wieder leiser wird.

Also, eine Stimme wird vom Kompressor erfasst, dann setzt die Stille wieder ein, die Stimme wird vom Kompressor wieder losgelassen.

Bei einem langanhaltendem Ton hält die Kompression solange an, bis eben dieser Ton wieder anfängt leiser zu werden. Dann entscheidet Release.

Das ist jetzt aber alles sehr simpel erklärt, aber in der Praxis genügt das.

Hier kann man es eigentlich sehen, habe eine Closed Hihat genommen, Ton längst weg, aber Release auf 3 Sekunden eingestellt und Kompressor arbeitet weiter:

 

[olligurtschmann]

Das was du da gelesen hast, ist korrekt.

 

[RefinedRough]

Von 9 bis 5 wie alle

Aber ja, je nach Release regelst du auch Werte unter dem Threshold runter, ich versteh das auch so.

 

[Theobald]

Vielen Dank.

 

[m_tree]

Hallo Leute,

folgendes Beispiel: Das Signal liegt bei - 5dB. Der Threshold liegt bei - 10 dB. Die Ratio bei 2:1. Der Attack bei 1 ms und der Release bei 100 ms.

Soweit ich das richtig sehe, regelt der der Kompressor das Singal nach 1ms auf - 7,5 dB runter; besser gesagt, er erreicht nach 1ms diesen Wert. Was passiert, wenn das Signal nach 50ms unter den Threshold liegt. Bislang bin ich davon ausgegangen, dass alles, was unter dem Threshold liegt, nicht bearbeitet wird. Jetzt hab ich aber eben eine Skizze gefunden, die nach meiner Lesart zum Ausdruck bringt, dass der Kompressor auch nach unterschreiten des Schwellwerts und bis zum erreichen des Releaswertes - hier 100ms - weiterarbeitet. Erst nach dem Erreichen des Releasewertes, lässt der Kompressor das Signal wieder unbearbeitet durch; bis dann irgendwann erneut der Schwellwert überschritten wird. Im obigen Beispiel würde der Kompressor also insgesamt 150ms arbeiten.

Nicht ganz. Bei Attack und Release Zeiten muss man die 63% Regel mit berücksichtigen. Demnach ist bei 1ms Attackzeit nach 1ms erst 63% der Gainreduction erreicht, beim Release vice versa. Dein Beispiel würde sich also folgendermaßen verhalten:

Nach 1ms sind 1,58dB Gainreduction erreicht und erst nach 1,59ms dann die vollen 2,5dB Gainreduction.
100ms nach Unterschreiten des Thresholds beträgt die Gainreduction noch 0,92dB und erst nach 159ms hört der Kompressor auf zu arbeiten.

Ergibt das einen Sinn bzw. ist es tatsächlich so, dass der Kompressor - je nach eingesteller Release - auch das Singal unter dem Treshold herunterpegelt?

Ja.

Bislang habe ich immer angenommen, dass die Relase unmittelbar einsetzt, wenn der Attack erreicht wurde; soweit ich das nun richtig sehe, war das aber ein Irrtum. Eine kurze Attack und lange Relase wäre dann eher sowas wie ein schlechter Gainregler?

Ja, das war ein Irrtum. Attack und Release hängen lediglich vom Über- und Unterschreiten des Thresholds ab. Deswegen sind auch längere Attackzeiten als Releasezeiten möglich, wenn es das Kompressor Design erlaubt.

Je länger die Attackzeit, desto (tendenziell) geringer ist bei sonst gleichen Einstellungen übrigens auch die Kompression. Die volle Gainreduction wird mit längeren Attackzeiten seltener erreicht als mit kurzen, wenn der Threshold nicht mehr lang genug überschritten wird.

 

[Rolleum]

..... bis er Feierabend hat ! Sorry für den kalten Kalauer, aber ich konnte mir ihn nicht verkneifen

 

[Gast92251]

..... bis er Feierabend hat ! Sorry für den kalten Kalauer, aber ich konnte mir ihn nicht verkneifen

...oder bis man den Stecker rauszieht. ^^

 

[Dabey]

Ich würde dem auch zustimmen, der Kompressor bearbeitet immer das gesamte Signal, auch wenn Teile davon unter dem Threshhold liegen - vorrausgesetzt das Release ist lang genug.

 

[Theobald]

@m-tree: soweit ich das richtig verstanden habe, ist die Zeit bis der Kompressor die volle Ratio erreicht hat, neben dem Umgang mit den Transienten und weiteren Details, dann gleichzeitig auch der Wert, der dem Kompressor seinen individuellen Charakter gibt; sprich ein Opto greift zum Beispiel langsamer als ein VCA?

 

[RefinedRough]

Es sind wahrscheinlich kaum bis nie lineare Kurven.

 

[Gel Mitglieder 16064]

Bin immer wieder erstaunt über euer Fachwissen Ich stelle Comps einach nach Feeling ein ohne zu wissen, was da passiert.

Weiß jemand auswendig welche Attack und Release Zeiten ein La2A hat?

Okay.. scheint komplizierter zu sein:

When you have a compressor based on this 100% program dependent design, magical things can happen. Although the compression position on the compress/limit switch on the LA-2A is considered 4:1, really the ratio will fluctuate depending on the source. The LA-2A has a frequency dependent attack, with an average attack time of 10 milliseconds. But the most unique feature of the LA-2A is its program dependent, multi-stage release.

I quote the original Teletronix manual: “[The LA-2A has] a release time which requires about 60 milliseconds for 50% release, and then a gradual release over a period of 1 to 15 seconds to the point of complete release.” You may think of the LA-2A as having a “composite” release; made up of several stages. The duration of this “composite” second stage of release - ruled by the cell's "memory effect" - depends on how long light has been shining on the cell and at what brightness before it ceased. When compression is heavy and/or the signal has been above threshold for a long time, the LA-2A's release will be slower. This allows you to really hit the LA-2A hard with little or no audible amplitude modulation artifacts. Contrary to the original manual, the T4 really seems has a time constant of several minutes, and it may take the meter quite a while to completely return to its stationary position.

 

[Theobald]

@flipnaut: Dazu fehlt mir leider noch die Erfahrung bzw. das Gehör. Ich denke, dass ich diesen Mangel durch die Grundlagen ein wenig wettmachen kann. Oft frage ich mich zum Beispiel welcher Kompressor bzw. welche Einstellung jetzt wohl am besten passen würde. Da macht es natürlich Sinn zu wissen, wie man zu dieser Einstellung gelangt.

Laut Wiki, das sich auf die Manual beruft, hat der La2A eine durchschnittliche Attack von 10ms. Release: the release time is about 60 ms for 50% release and 0.5 to 5 seconds for full release, depending on the previous program material.

https://en.wikipedia.org/wiki/LA-2A_Leveling_Amplifier

 

[synthpark]

...oder bis man den Stecker rauszieht. ^^

bis der kaputt jeht.

 

[m_tree]

@m-tree: soweit ich das richtig verstanden habe, ist die Zeit bis der Kompressor die volle Ratio erreicht hat, neben dem Umgang mit den Transienten und weiteren Details, dann gleichzeitig auch der Wert, der dem Kompressor seinen individuellen Charakter gibt; sprich ein Opto greift zum Beispiel langsamer als ein VCA?

RefinedRough hat es schon angesprochen. Das "Schwingverhalten" von Attack und Release ist je nach Kompressor unterschiedlich und trägt mit zum Klang bei, ist aber auch nur ein Teil des ganzen. Das hat, soweit ich weiß, nichts damit zu tun, ob es ein VCA oder Opto Kompressor ist. Hard Knee, Soft Knee, Feed Back oder Feed Forward uvm. haben auch Einfluss auf den Sound.

Letztendlich geht es immer darum, was am besten klingt. Bzw. was musikalisch und künstlerisch am besten passt. Oder auch technisch.
Oft macht sich auch eine Kombination aus verschiedenen Kompressionsstufen gut ... muss man ausprobieren. Z.B. erst ein Limiter oder Soft Clipper, um Spitzen zu leveln und dann ein normaler Kompressor. Oder statt Direktkompression nur Parallelkompression.

 

[Rolleum]

..... bis er Feierabend hat ! Sorry für den kalten Kalauer, aber ich konnte mir ihn nicht verkneifen

...oder bis man den Stecker rauszieht. ^^

Und doch, so ein Kompressor ist schon was feines. Hab vorhin im Studio eigentlich überhaupt gar keine Lust gehabt, auf der Summe einen Mastering Comp zu verwenden (Mixdown mit Kotelnikov und Lindell 254 auf Voc und Piano) , da die Revox B77 (CDS) und der T Verb auf dem Master eigentlich alles schon toll klingen ließen, nur spaßeshalber hat der Mister Kotelnikov mit seinem Mastering Smooth Preset das ganze ganz wunderbar transenmässig abgerundet, sodaß es quasi ein De-etscher war. Das war eher gefühlt, als wirklich gehört. Muss mir dringend mal die Gentleman Edition kaufen..... Die Presets sind sehr gut bei TDR Kotelnikov. Ich weiß also nicht wie lange ein Komp arbeitet, aber es ist doch immer wieder schön zu hören, DASS er arbeitet Sonst wär er ja ne faule Sau

PS: De Etschen mach ich übrigens gerne mit Elyisa Museq. Warm Button drücken, und die beiden Höhenbänder nach Geschmack zur Kompensation/Boost einstellen. Der Warm Button hat Einfluss auf die Slew Rate der Ausgangsstufe im Original, verlangsamt diese, und alles wird etwas angenehmer / weicher. Wie schon oft erwähnt, einer meine absoluten Lieblinge, auch wenn er sicherlich kein Charaktertier ist. Feingeist eben...

 

[JeZe]

Ergibt das einen Sinn bzw. ist es tatsächlich so, dass der Kompressor - je nach eingesteller Release - auch das Singal unter dem Treshold herunterpegelt?

Im Prinzip ist ja genau das die Funktion des Release-Reglers. Man will damit mehr oder weniger erreichen, dass die Absenkung nicht 1:1 dem Signal folgt, sondern man will sie langsamer machen. Wenn sie aber langsamer als das Signal ist, dann ist es logisch, dass sie an den Punkten, wo sie langsamer ist eben auch das Signal noch absenkt, wenn es eigentlich wieder unter dem Threshold ist.

Bislang habe ich immer angenommen, dass die Relase unmittelbar einsetzt, wenn der Attack erreicht wurde; soweit ich das nun richtig sehe, war das aber ein Irrtum.

In dem Fall hätte ja der Release-Regler keine Funktion mehr, wenn das Signal länger als die Release-Zeit über dem Threshold wäre.