Wann spricht man von "geklaut"?

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Guest
Hallo zusammen!
Mal ne kleine Frage. Ich hab jetzt schon öfters von neutralen Personen zu meinen Songs hören müssen: Ah, das klingt ja wie bei XY, oder XY verwendet genau die gleichen Harmonien in der Bridge! Ich selber empfinde das nicht so weil ich oft von den betreffenden Künstlern oder Songs noch nie was gehört habe (man kann ja schließlich nicht jeden Song kennen!). Angenommen ich würde so einen Song mal richtig produzieren wollen obwohl ein bereits geschütztes Stück gleiche oder ähnliche Harmonien, drum-loops, etc. verwendet, ohne dass ich davon Kenntnis habe, würde ich dann Probleme bekommen, weil das dann "geklaut" wäre?

Danke für jede Antwort.

Marzelinio :)
 
gute frage - aber keine ahnung - stell doch mal ein beispiel online
 
hi Marzelinio,

geklaut meint eigentlich, dass sich jemand bewusst an einem anderen, urheberrechtlich geschützten Stück bedient und dieses oder Teile daraus übernimmt und das, was dann herauskommt, als rein eigenes Stück ausgibt.

Ab wann etwas abgekupfert ist, lässt sich leider nicht so ganz einfach beantworten. Es geistern immer wieder irgendwelche Gerüchte herum, dass man aus einem Stück 8 Noten oder 4 Takte oder so ähnlich verwenden dürfe: Das sind Märchen. Bullshit.

Es kommt darauf an, ob das, was aus einem anderen Stück übernommen wurde, so charakteristisch ist, dass es sozusagen eine eigene schöpferische Leistung darstellt. Das ist der Dreh- und Angelpunkt, und da muss man in jedem Einzelfall genau prüfen und vergleichen.

Abgedroschene Phrasen, die jeder verwendet, sind keine eigene schöpferische Leistung und können daher immer verwendet werden. Auch Harmonienfolgen an sich sind wohl kaum schützenswert. Paradebeispiel Blues-Schema. Bei reinen Rythmen sehe ich da im Allgemeinen auch eher weniger Probleme, aber es kann ja durchaus mal vorkommen, dass jemand "beatz" produziert hat, die individuell sind und tatsächlich einen hohen Wiedererkennungswert haben. Melodien oder charakteristische Teile von Melodien dürfen auch nicht übernommen werden.

Vor kurzem hatten wir hier einen Thread über ein Klageverfahren, wo ein alter Krautrocker geltend gemacht hatte, dass Gary Moore einen Gitarrenpart von ihm abgekupfert hat.

Der Gutachter kam nach den Infos auf der Site des Klägers zu dem Schluss, dass die recht seltene Harmoniefolge verbunden mit der Melodie, die die Gitarre spielt, eine auffallende Übereinstimmung des Parts in beiden Werken ergeben.

Auch der Möglichkeit "Zufall" kann Rechnung getragen werden. Aber bei frappierender Übereinstimmung muss dann der vermeintliche "Klauer" darlegen und beweisen, dass er das ursprüngliche Stück nicht kannte.

Ob Du nun Probleme kriegen würdest, wenn Du ein Stück veröffentlichst, lässt sich so nicht beantworten. Ausschließen kann man das aber nie ;).

Gruß Rainer
 
Hi EarlGrey!

Danke für deine Antwort. Wenn ich dich richtig verstanden habe darf man z.B. fills in Piano oder Schlagzeug verwenden, die typisch für eine bestimmte Stilrichtung sind, ohne Angst vor Konsequenzen zu haben, da sie sowieso von vielen Komponisten verwendet werden und somit nicht geklaut sind weil sie keine eigene schöpferische Leistung darstellen.
Doch wie ist es wenn ich zufällig im Refrain die gleichen Harmonien verwende wie XY aber eine völlig andere Gesangs-line? Da sagt jeder: das kenn ich doch irgendwo her! Aber wenn ich ein Lied schreibe, dann ist bei mir zuerst die Idee einer Melodie da bevor ich sie harmoniesiere und da passiert es einfach zwangsläufig, dass die selbe Harmoniefolge wie in anderen Songs auftritt. Wie sieht es jetzt damit aus?

Gruß
Marzelinio :)
 
Wie ich schon sagte:

Es kommt auf den Einzelfall an.

Aber theoretisieren wir mal weiter: Musik besteht im allgemeinen aus Melodie, [g=63]Harmonie[/g] und Rhythmus. Alles zusammen ergibt das Werk. Wenn ich jetzt zufällig die Harmonien eines bestehenden Werkes verwende, aber Melodie und auch Rhythmus völlig anders sind, habe ich auch nur geringe Übereinstimmung und jeder Hörer würde eben nicht denken, das kenne ich doch schon.

Denkt er das doch, dann sind da auch größere Übereinstimmungen vorhanden als nur die Harmonien.

Es sei denn, ein Stück besticht gerade nur durch seine Harmonien, und alles andere ist nebensächliches Beiwerk.

Wenn Du Dich nur in den einfachsten Harmonien bewegen solltest (ich sag jetzt mal das Schlagwort volkstümliches Gedudel), dann dürfte es allerdings sehr schwer werden, eine individuelle Harmoniefolge zu finden. Aber solche platten Harmoniefolgen sind mitnichten irgendetwas schöpferisches Individuelles.

Gruß Rainer
 
Ok, dann werde ich jetzt mal konkreter!
Ich hab kürzlich ein kleines Stück geschrieben, dass bis jetzt nur aus dem Piano und Schlagzeug Part besteht plus Gesangs-Line und bei der Überleitung erinnert mein Klavierpart sehr stark an Bon Jovi (der Name des Songs fällt mir gerade nicht ein), weil er genau gleich aufgebaut ist, wie der Anfang von dessen Song. Mir ist das gar nicht aufgefallen, erst mein drummer hat mich darauf aufmerksam gemacht. Darf man sowas stehen lassen oder muss ich jetzt was anderes schreiben. Das Problem ist nur, dass sich der Refrain aus dieser Überleitung entwickelt.

Gruß
Marzelinio
 
mir fällt da grad ein, dasses mir genauso gegangen ist bei nathalie imbruglia - shiver... gehört, stirn gerunzelt, "das is doch coldplay - in my place"... ich glaube aber nicht, dass das irgendwelche konsequenzen haben wird.
wenn du offensichtlich klaust ists was anderes als z.b die bridge hat dieselben harmonien. passiert in der popmusik heutzutage relativ oft meiner meinung. auch die instrumentierung spielt eine rolle... wenn song A akustikgitarre, kontrabass und klavier beinhaltet und dein song dasselbe arrangement hat wirds eher geklaut klingen, als wenn du die harmonien in einem punksong verwendest.

wir haben zum beispiel auch in einem song ein [g=39]intervall[/g], das (in meinen ohren) sofort an robbie williams erinnert - unsere musik hat aber sowas von gar nichts mit popmusik zu tun und ausserdem ist meiner meinung ein [g=39]intervall[/g] nicht schützbar, ausserdem ist die gesamte komposition eigenständig und "eigentümlich" (wies hierzulande im urhebergesetz steht).

lg
flox
 
EarlGrey schrieb:
hi Marzelinio,

geklaut meint eigentlich, dass sich jemand bewusst an einem anderen, urheberrechtlich geschützten Stück bedient und dieses oder Teile daraus übernimmt und das, was dann herauskommt, als rein eigenes Stück ausgibt.

Ab wann etwas abgekupfert ist, lässt sich leider nicht so ganz einfach beantworten. Es geistern immer wieder irgendwelche Gerüchte herum, dass man aus einem Stück 8 Noten oder 4 Takte oder so ähnlich verwenden dürfe: Das sind Märchen. Bullshit.

Beispiel: Das Intro von "We Will Rock You" von Queen. Wenn du z.B. das Saufgelage was am Anfang den Lärm (Rhytmus) vorgibt nimmst und es in deinem Song verwendest, dann würdest du etwas "klauen" was Charakteristisch für den Song von Queen ist. Nimmst du jetzt ein Drum aus der Strophe den der Drummer gespielt hat, dann ist das völlig Wurst. Der ist im Zusammenhang zwar Charakteristisch, aber wenn du den Beat alleine hörst, kannst du den in vielen anderen Produktionen ausmachen.
 
rhythmus ist nicht im urheberrecht drinnen, insofern könnte man das sogar machen :) oder lieg ich da falsch earl?

lg
flox
 
  • #10
Alles klar! Demnach ist mein Problem nicht so allgemein beantwortbar, doch muss ich mir wohl keine größeren Sorgen deswegen machen, denn das passiert wohl recht häufig.
Danke für eure Antworten!

Gruß
Marzelinio :)
 
  • #11
hi floxe,

Rhythmus an sich dürfte wohl schwer als individuelle Schöpfung gelten können. Wär ja noch schöner :D

Aber wenn einer "echt fatte krasse beatz" programmiert hat, will ich das nicht ausschließen und halte mich einfach mal bedeckt.

Gruß Rainer
 
  • #12
Rhythmus an sich dürfte wohl schwer als individuelle Schöpfung gelten können. Wär ja noch schöner

ich lass mich als urheber für: bum-tschak-bum-bum-tschak eintragen :D

also patentrezept für einen hit: we will rock you rhythmus und eine bekannte klassik-melodie (äter als 70 jahre) und los gehts.

lg
flox
 
  • #13
Ich bin jetzt kein Rechtsexperte aber ich sag mal, wenn du ein Lied veröffentlichst das die selbe Melodie hat wie ein anderes, dann isses geklaut, egal ob du das andere kennst oder nicht.

War mal so ein Fall bei [g=114]mp3[/g].de. Da hat einer quasi einen Remix eines Songs (irgendwas von DJ Shog) gemacht, hat aber behauptet daß er das Original gar nicht kennt (war aber mit Sicherheit gelogen).
Paradoxerweise wurde das dann auch noch der "Song des Tages".

Aber im normalen Leben kommt man wohl nicht so glimpflich davon wenn man das macht.
 
  • #14
Nun ja, eine Melodie zu kopieren ist wohl zu banal, und da ist es sowieso sehr sehr unwahrscheinlich, dass man das "Original" nicht kennt, denn dazu ist die Variationsmöglichkeit von Melodien viel zu groß, nämlich nahezu unendlich! Mir geht es viel mehr um die Frage in wie weit man sich tolle kleine Ideen aus guten Liedern "kopieren" darf, ohne dafür belangt zu werden.

Gruß
Marzelinio
 
  • #15
Nun ja, es kommt wohl auf die Komplexität der Melodie an. Wenn sie einfach gestrickt ist, dann kann man sie IMO nicht schützen - vielmehr kommt es auf das Gesamtwerk an. Wann etwas geklaut ist, zeigt sich sehr schön an diversen Produktionen von Bohlen, der für einige seiner (nachgemachten) Werke ja verklagt wurde. So hat er z. B. in Yvonne Catterfields Hit "Für dich" ganze Melodiepassagen des Liedes "What if" vom US-amerikanischen Superstar Babyface in seine Komposition übernommen.
 
  • #16
Hi Marzelinio,

wie schon gesagt, es kommt darauf an, wie charakteristisch und kreativ der Teil eines Stückes ist. Wenn Du aus einem Stück gerade eine Rosine ganz herauspickst, dann kann es schon sein, dass Du Ärger kriegst. Aber wenn Du z.B. jetzt nur studieren würdest, wie ein Drummer bei bestimmten Rhythmen die Fill-Ins macht, dann ist das natürlich nicht klauen, sondern lernen.

Pass aber auf eines auf: Sampeln ist so oder so nicht erlaubt!!! Es geht hier immer nur darum, selbst etwas zu komponieren oder nachzuspielen. Wenn Du hingegen irgendwas aus einem fremden Stück ohne Erlaubnis absampelst, kannst Du theoretisch immer dafür belangt werden.

Gruß Rainer
 
  • #17
Und wenn ich so argumentiere, dass ich mir dabei nur Inspirationen geholt habe, denn letztlich lebt das Komponieren vom sich-inspirieren-lassen!

Gruß
Marzelinio
 
  • #18
So eine Argumentation kannste getrost unter faule Ausrede verbuchen. Denke anhand obiger Ausführungen doch mal selbst darüber nach, wo in Deinem konkreten Stück möglicherweise die Grenze liegt. Rechtssicherheit gibts sowieso erst in der letzten Instanz.

Gruß Rainer
 
  • #19
Nachtrag:

Wenn Du Dir lediglich irgendwo Inspirationen holst, dann machst Du anhand dieser doch sowieso ein eigenes Werk! Ansonsten holst Du Dir keine Inspiration, sondern kupferst nur ab ;)

Gruß Rainer
 
  • #20
Genau das meine ich ja! Aber es kann wohl niemand bestreiten, dass man manchmal unbewusst Phrasen anderer Stücke einbaut, die beim Hören einen so tiefen Eindruck hinterlassen haben, ohne dabei an "Abkupfern" zu denken. Das kann doch dann nicht strafbar oder moralisch verwerflich sein.

Gruß
Marzelinio
 

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