"Neue Mitte" (Kommentare sind willkommen)

[rho]

Neue Mitte

Habt ihr was bemerkt?
Es hat sich was verschoben
Der Rand ist jetzt viel breiter
und die Mitte weiter oben

Dort ist man der Meinung
dass sich Leistung lohnen muss
Denn dass Arbeit sich nicht lohnt
ist dieser Mitte längst bewusst

Pre-Chorus:
Fragt ihr euch was das heißen soll?
Seid ihr jetzt verwirrt?
Die eigentliche Leistung ist
wie man Leistung definiert

Chorus:
Neue Mitte Neue Mitte
Ist das Ding um das es geht
Neue Mitte Neue Mitte
Wie ein Kettenkarussell
Neue Mitte Neue Mitte
das sich immer schneller dreht
Neue Mitte Neue Mitte
Nur sind die Ketten angesägt

Schöne neue Arbeitswelt
Die Sitten sind verroht
wer andern keine Grube gräbt
ist selbst bald ohne Job

Früher endete der Monat
mit ner fetten schwarzen Zahl
doch diese Zeiten sind vorbei
die Konkurrenz ist jetzt global

Pre-Chorus:
Den Buckel hin zur Mitte
die Füße hin zum Rand
dann immer feste treten
rette sich wer kann

Chorus:
Neue Mitte Neue Mitte
Ist das Ding um das es geht
Neue Mitte Neue Mitte
Wie ein Kettenkarussell
Neue Mitte Neue Mitte
das sich immer schneller dreht
Neue Mitte Neue Mitte
Nur sind die Ketten angesägt

Neue soziale Marktwirtschaft
von Erdgas Pipelines penetriert
bei lupenreinen Demokraten
läuft es immer wie geschmiert

Die neue Mitte ist in Ordnung
sicher ist, dass Frechheit siegt
und er guckt nicht mehr nach unten
wo es auseinander fliegt

Pre-Chorus:
Die Zukunft ist nicht rosig
Dann seid ihr wohl verarmt
Und das ist kein Betriebsunfall
Die Sache war geplant

Chorus

 

[holgi]

Klasse, clever und streitbar, ich finde den Text sehr gut.

 

[MamaMuuht]

@rho

Hab leider gerade nicht viel Zeit, aber ein paar schnelle Gedanken.
Ich mag politische Songtexte. Und weiß, schnell sind sie etwas peinlich.
Dieser nicht. Trotzdem er ja abstrakt ist ist die Hook mit der neuen Mitte so stark, das sie fast wie ein lyrisches Ich wirkt.
Die angesägten Ketten Zeile und die Grube gräbt Zeile gefallen mir am besten.
Aber auch der Schluss ist echt stark. Ja, das ist leider geplant, sehe ich ähnlich.
" Und er guckt nicht mehr nach unten" verstehe ich nicht. Wer ist er?

 

[Lobotomeandyou]

Guter Text! Wichtig in Zeiten wie diesen, in denen aus der "Mitte" so'n Stuss kommt wie "Sozial ist, was Arbeit schafft".

 

[artname]

Mir gefällt der Text leider noch nicht. Mir ist der Text zu unbeteiligt, inhaltlich zu banal und sprachlich zu ungenau. Er wendet sich nur meinen Verstand - ohne ihn zu fordern.

Ja, die Welt ändert sich. Und nun?

Das Schema mit den breiteren Rändern und der höheren Mitte verstehe ich nicht. Es gibt mMn generell ein horizontaleS ODER vertikales Verteilungsschema.
- Entweder horizontal: Rand/ Mitte / Rand. Dann gibt es aber kein Oben/ Unten.
- Oder vertikal: Oben/Mitte/Unten. Dann gibt es aber keine Ränder.

Dass "das Ganze" geplant war, ist mir zu nebulös und spekulativ. Wer, wann, wo, was, warum, mit welchem Ziel, wie? - Sorry, über den Dingen schwebende Meinungen, ohne den Versuch einer Begründung, nenne ich Biertischparolen. Egal, ob ich mit ihnen sympathisiere oder nicht.

 

[SoulFrontier]

Ich kann damit leider nichts anfangen. Politisch? Hmm....

Keine Ahnung, mir wird nicht klar worum es dem Texter überhaupt geht. Allgemein Plätze, Mit dem Finger auf wen? gezeigt und wozu?

Weltverschwörung die 500 Millionste Version?

 

[holgi]

Keine Ahnung, mir wird nicht klar worum es dem Texter überhaupt geht.

Pass uff Souli, ick erklär dir dit

Die neue Mitte ist jener Teil der Gesellschaft, der sich die Mittelschicht nennt, es aber de facto nicht mehr ist. Der Grund ist folgender; der Wohlstand der die Mitte prägte ist nicht mehr so sicher wie er es einmal war, ferner ist es immer schwieriger diesen temporären Wohlstand zu erhalten, die Zeitintervalle werden kürzer, die Bedingungen zum Erlangen härter, ergo: Ellenbogen.

Und nun zum vermeintlichen Plan den der TE anspricht: Die wirtschaftlich erfolgreiche Masse an Menschen lebt in erster Linie vom Abschöpfen dort, wo Geld verdient wird (Mitte), Grundprinzip des Kapitalismus: Gewinnmaximierung, und das geschieht durch Ertragssteigerung, letztere ist in Zeiten der Globalisierung durch folgende Mittel realisierbar; Kostendämpfung, Erhöhung der Stückzahlen.

Daraus folgt; die arbeitenden Menschen die sich in der Mitte der Einkommensgruppen verstehen arbeiten MEHR und ERTRAGREICHER für die Planer (Grossunternehmen/Kapitalgesellschaften/Investoren etc. pp.) um lediglich einen stabilisierten Ertrag (Einkommen) zu garantieren, tatsächliche Teilhabe am wachsenden Geldvermögen einer "Volkswirtschaft" ist utopisch und wird sich spätestens mit dem Erleben der Rente relativieren.

Von der weit grösseren Zahl der Geringverdiener ganz zu schweigen, die kann man nur noch trösten damit, das sie mittels guter Bildung/Ausbildung irgendwann einmal den Sprung in die Mitte schaffen. (Amerikanischer Traum)

Reicht dit?

 

[Andaraginga]

Ich find solche Texte "schwierig". Was du machst, ist deine Sicht der Welt zu schildern. Dabei gibt es keine konkreten Akteure, keine konkreten anschaulichen Beispiele, sondern eine Mischung aus Andeutungen, Fragen, Metaphern und Verallgemeinerungen.

Im Endeffekt resultiert daraus die übliche "politische" Diskussion, wo dich die einen feiern und die andern nicht verstehen (wollen). Auch ich will dich nicht verstehen, weil ich dazu jeden zweiten Satz hinterfragen müsste:

Wo sind die Sitten verroht? Wer verliert den Job, weil er keine Grube gräbt? Wer sind die, die früher fette Schwarze Zahlen hatten und jetzt viel weniger?

Ich sag nicht, dass es das nicht gibt. Aber würde man anfangen, drüber zu diskutieren, würde es immer drauf rauslaufen, dass man einfordert, wegzugehen von den Pauschalierungen und hin zu konkreten Beispielen.

artname hat in dem "When your life is full of..."-Faden ein paar gute Gedanken eingebracht:

Konkret: Einige Konservative auf der Straße wünschen Hendrix Tod. Das ist möglich... und empörend! Diese verdammten Konservativen!! - Zwar war nur von Einigen die Rede, aber das will das erregte Gehirn zunächst nicht wissen.
Hieße es aber: Alle Konservativen wünschen allen Farbigen den Tod, würde das Hirn sagen: Was?!- Das ist ja nun wirklich übertrieben! Also, ich kenne nicht einen Konservativen, der so was sagt!
Und so wirkt eine gut erzählte konkrete Wahrnehmung stets glaubwürdiger (und berührender) als eine gut formulierte allgemeine Meinung. Klarer jetzt?

=> https://recording.de/Community/Forum/Songwriting/Songtexte/202002/Thema_2.html

Dein Text hat für mich zuviel dieser auf alles und jeden gemünzten "so ist es"-Aussagen. Und der Effekt davon ist genau wie oben beschrieben. Es macht die Aussagen nicht stärker und glaubhafter, sondern im Gegenteil schwächer und mitunter sogar ärgerlich.

Ich könnte mir vorstellen, dass du, wenn du erklären müsstest, wo deine persönliche Motivation für den Text liegt, du vielleicht Geschichten erzählen könntest von Menschen, die den Job verloren haben oder solchen, die trotz einem oder mehrerer Jobs eigentlich zuwenig zum Leben haben.

Was mir präsent ist, sind so Reportagen über Paketzusteller, die quasi zu Ich-AGs ausgelagert wurden und dadurch zwar irgendwelche Statistiken positiv färben, de facto aber voll durchs Raster fallen und mit weniger Geld, mehr Arbeit und allen Risiken allein gelassen werden.

Wenn ich sowas im Text finden würde, dann würde er mich berühren und für sich einnehmen. Das gelingt dir aber nicht.

Ich hoffe, du kannst mit den Erklärungen was anfangen. Ich hab ein paar andere Diskussionsbeiträge von dir gelesen und hatte den Eindruck, dass du dir beim Texten viel Gedanken machst über die Wirkung von Worten und Formulierungen. Dass mir der Text insgesamt nicht gefällt, hängt genau an so Aspekten.

 

[MamaMuuht]

@Andaraginga

Ich find solche Texte "schwierig".

Ja, darin gebe ich dir Recht. Nur mag ich dir in deinen Schlussfolgerungen nicht folgen. Wobei ich sie auch nachvollziehbar finde.
Ich finde einen solchen " schwierigen" Text reizvoll. Ja, und daraus entstehen politische Diskussionen. Ob es die üblichen sind hängt ja doch auch von den Diskutanten ab. Oder?
Bezogen auf dieses Forum hier hast du aber sicher nicht ganz Unrecht.
Aber sind Diskussionen nun etwas schlechtes? Doch wohl nicht, da sind wir vermutlich nicht so weit auseinander,oder?
Was ist die Alternative?
Und ist nicht ein Text, dem das gelingt auch ein gelungener?
Der es sogar schafft, dich ein wenig ärgerlich macht?
Und: Wir könnten es ja auch mal anders machen. Gelingt ja auch hin und wieder.
Ich möchte mich auch nicht zu schnell auf die eine oder auf die eine oder andere Seite der Diskussion verortet wissen.
Aber ich finde viele Gedankengänge im Text sehr gut nachvollziehbar.
Und ich finde den Text auch handwerklich richtig gut gemacht.
Ein abstraktes Thema so zu vertexten und dabei auch mal eher abstrakt zu bleiben finde ich echt gut.

@soulfrontier

Na ja, wenn sich dir dieser Text nicht erschließt und du dir Fragen stellst könnte man doch sagen das du was mit dem Text angefangen hast, oder?
Der Text hat offenbar Suchprozesse ausgelöst. Bei mir jedenfalls .
Und ich mag Texte, denen das gelingt.

@holgi

Ich staune ja immer , wie du schwierige Sachverhalte in verstehbare Worte fassen kannst.
Bei deiner Analyse stimme ich weitgehend zu. Auch wenn ich zugebe, das die Komplexität des Themas mich immer wieder aufs Neue etwas verunsichert.
Vermutlich gibt es aber doch einfache Antworten auf schwierige Fragen.
Die fehlende Verteilungsgerechtigkeit ist EINE der Antworten auf viele Fragen und Probleme der Welt.
Jedenfalls für mich. Und ich mag es immer noch nicht einfach so hinnehmen.

Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen.“ ( Kurt Marti)




@artname

Ja, bei deiner Analyse das der Text relativ unbeteiligt wirkt stimme ich zu.
Wobei mir gerade das gut gefällt. Immer wieder schön die Vielfalt der Wahrnehmung zu entdecken. Bzw. ihre Beurteilung.
Biertischparolen vermag ich nun nicht im Text zu erkennen.
Jetzt bin ich nicht an den Biertischen dieser Welt zu Hause.
Aber ich glaube da fallen doch andere Worte.
Das er deinen Verstand nicht fordert...Respekt! Also meinen hat er
gefordert. Denn deine Bemerkung "Und nun? " ist eine Frage die man sich doch gar nicht oft genug stellen kann,oder?

@all
Lass uns doch mal neben aller Kritik die Vielfalt, die Unterschiedlichkeit von Texten loben, die hier im Forum präsentiert werden. Sowohl thematisch als auch von ihrer Struktur.
Dieser Punkt kommt mir manchmal etwas zu kurz.
Und mir geht es hier nicht um Lobhudelei....

 

[SoulFrontier]

Danke holgi! Ich finde andaradinga bringt alles hervorragend auf den Punkt. Deine Meinung sei Dir gegönnt, in etlichen Dingen seh ich die Welt anders

Es ist wohl wirklich unmöglich in einem Songtext eine allgemeine Gesellschaftskritik so zu äußern dass es nicht als einfach penetrant und als Jammern rüber kommt.

Das ganze Gejammere über die hach soooo schrecklichen Zustände hier im Lande....meine Güte!

Millionen Menschen machen sich auf die Socken um ausgerechnet hier zu leben, nirgendwo auf dieser Welt geht es den Menschen besser als in den hoch entwickelten kapitalistischen Ländern. Soziale Marktwirtschaft halt.

Das es niemals paradiesisch werden kann ist nun mal so. Und wer sich nicht einmauern will, wer weltoffen leben will, der muss halt auch mit der Schattenseite dieser globalen Welt klar kommen!

Alles haben wollen, alles mitnehmen und dann jammern und motzen.
Mir ist das nix!

Perfekt ist anders als unsere Gesellschaft, das ist klar. Jedoch wo ist die Alternative???

Soziale Ungerechtigkeiten und Härtefälle kann man gerne thematisieren, jedoch dieses allgemeine Jammern und Heulen und immer mit dem Zeigefinger auf die vermeintlich bösen und Schuldigen....Sorry, aber das ist mir zu doof.

Die Gesellschaft ist so solidarisch wie jeder einzelne Mensch es ist. Und Menschen, in deren Köpfen es so aussieht wie im Text dargestellt, die werden sich eben auch als Arschlöcher verhalten. Weil sie meinen, irgendwo gehört, gelesen haben dass das so sein muss.
Die verhalten sich am Arbeitsplatz und auch sonst überall in der Gesellschaft dann asozial. Sind unkollegial, sind immer auf der Hut, sind sich selbst und Anderen Feind.
Haben keine Freunde, meinen die Welt sei schlecht und bla bla bla

 

[Lobotomeandyou]

Leider ist die Gesellschaft systematisch entsolidarisiert worden.

Millionen Menschen machen sich auf die Socken um ausgerechnet hier zu leben, nirgendwo auf dieser Welt geht es den Menschen besser als in den hoch entwickelten kapitalistischen Ländern. Soziale Marktwirtschaft halt.

Soziale Marktwirtschaft gibt es kaum noch.
Und die "hochentwickelten" kapitalistischen Länder betreiben mit ihren dort ansässigen Konzernen, geschützt von militärischer Präsenz, den Ressourcenraub in der sog. Dritten Welt, sorgen also direkt dort für diese Armut.

Ansonsten bist du da auch nicht mehr wirklich Up to Date. Guck mal, was derzeit in Griechenland, Spanien oder Portugal abgeht. Schonmal die Slums in den USA gesehen? Da gibt es kaum noch Unterschiede zu den Entwicklungsländern.
Dabei braucht man auch nicht mal unbedingt bei der Betrachtung, die klassischen Slums im Fokus zu haben. Das sehen wir auch schon gut an dem Verfall von Mittelschichtssiedlungen dort. Hier mal ein Beispiel aus Detroit (einst der Wirtschaftsmotor der USA):

http://www.kraftfuttermischwerk.de/...oit-dokumentiert-mit-drei-jahren-street-view/

 

[SoulFrontier]

Ach, wenn Du Slums finden willst dann brauchst Du nicht weit gehen. Lass die USA, schau nach Solingen

Wenn ganze Industriezweige wegbrechen, wenn sich Umwälzungen abspielen die ganze Landstriche betreffen, dann gibt es immer auch Verlierer. Es liegt dann halt an der Gesellschaft wie diese aufgefangen oder aber in Dreck und Elend hängen gelassen werden.

Auffangen funktioniert in Deutschland eben nun einmal wesentlich besser als in anderen Ländern!

Drum gerade finde ich derartige Texte ein wenig daneben.

Nochmal. Eine Welt bedeutet auch globaler Wettbewerb. Da brechen halt dann lieb gewonnene Komfortzonen weg. Das haben die Autobauer in den USA genauso erfahren wie die Stahlkocher im Ruhrgebiet.

Die USA sind traditionell, aus ihrer Geschichte heraus, halt wesentlich weniger Sozialstaat als Deutschland. Mit den bekannten Folgen. Die haben eine ganz andere Mentalität.

Und um die Ausbeutung von Ressourcen der armen dritten Welt geht es im Text ja nun hoffentlich nicht auch noch. Kann aber sein dass ich nur zu blöd bin und der TE auch dieses Thema mit in seinen Text gepackt hat.

 

[ModulationMatrix]

Nur weil wir es im Vergleich mit anderswo noch ganz ok haben nimmt das doch keinesfalls die Berechtigung irgendwas zu kritisieren. Denn es läuft viele sehr falsch hier. Ich finde daher die Grundidee so eines Textes sehr gut. Es geht hier um Schichten, und dass sich arme und reiche Schicht auch in Deutschland immer weiter voneinander entfernen darf man nicht einfach so hinnehmen, mit der Begründung, es geht uns ja noch ganz gut. Mit der Haltung würdest du volle Kraft auf den Abgrund zusteuern, solange es nur einem noch schlechter geht als dir, den kannst du ja dann immer als Grund heranziehen dass man doch bitte nicht meckern solle.

Inhaltlich ziehe ich zwar aus diesem Text auch nicht so viel, bzw. manchmal ist er mir recht platt, aber wie gesagt, Grundidee ist gut und nötig mMn!

 

[Lobotomeandyou]

Wenn ganze Industriezweige wegbrechen, wenn sich Umwälzungen abspielen die ganze Landstriche betreffen, dann gibt es immer auch Verlierer. Es liegt dann halt an der Gesellschaft wie diese aufgefangen oder aber in Dreck und Elend hängen gelassen werden.

Vollkommen richtig.
Solidarität ist aber nicht gewünscht, weil sonst dem System der Boden entzogen wird. In diesem System des "Wettbewerbs" muss es Gewinner und Verlierer geben. Zinswirtschaft und Kapitalismus stützen sich auf Ausbeuitung, auf Wachstum und Mehrwert, der von denen erwirtschaftet wird, die man ausbeutet.

Das Wegbrechen der Industriezweige ist im Übrigen gewollt und Programm. Mit den 80ern hat sich in den "entwickelten" Ländern immer mehr die Produktion in Billiglohnländer verlagert und die hiesige Wirtschaft setzt in ungesundem Maße auf Dienstleistung und - Finanzwirtschaft. Vollkommen entrückt von dem, was Wirtschaften eigentlich ausmacht.

Da brechen halt dann lieb gewonnene Komfortzonen weg.

Da brechen halt dann lieb gewonnene Komfortzonen weg. Das haben die Autobauer in den USA genauso erfahren wie die Stahlkocher im Ruhrgebiet.

Das Wegbrechen dieser "Komfortzonen" ist zuglich das Wegbrechen und Abrutschen ganzer gesellschaftlicher Schichten. Nur mal ökonomisch betrachtet (nichtmal sozial) bedeutet das, dass wir uns binnenwiirtschaftlich langfristig in einer Abwärtsspirale bewegen. Weniger Einkommen, weniger Konsum, weniger Steuereinkommen, weniger Sozialleistungen und der Zurückgang relevanter Infrastrukturmaßnahmen.
Kurz: Es bleibt nicht nur beim Wegbrechen dieser "Komfortzonen". Das wird kurzfristig zu etwaigen Unruhen führen, nach innen und nach außen.

Und um die Ausbeutung von Ressourcen der armen dritten Welt geht es im Text ja nun hoffentlich nicht auch noch. Kann aber sein dass ich nur zu blöd bin und der TE auch dieses Thema mit in seinen Text gepackt hat.

Nee, die Aussage bezog sich nur auf ein o.g. Argument von Dir. Sollte nur aufzeigen, wie sich unser Wirtschaften direkt auf die dritte Welt verlagert. Dein Argument zur Armut berücksichtigte gewisse Wechselwirkungen nicht. Du hattest da ja nur eine Binnenwirtschaft im Auge.
Aber durch die Verlagerung der Produktion wird zwangsläufig jeder Staat zum Entwicklungsland. Arbeit und Kapital changieren und sind überall im ungesunden Maß verteilt. Zum Nachteil aller Arbeiter und aller Bevölkerungen. Es läuft auf 'ne Art Bumerangeffekt hinaus.

Eine Welt bedeutet auch globaler Wettbewerb

Genau das ist der Irrweg. Der " globale Wettbewerb". Den gilt es zu überwinden. Wir brauchen ein globales "Gleichgewicht". Weg von Überproduktion, Ausbeutung und künstlicher Verknappung von Gütern. Wirtschaften in kleineren, überschaubareren regionaleren Maßstäben. Meinetwegen dort auch Wettbewerb, zugeschnitten auf regionale Befindlichkeiten - aber dort dann ein FREIER Wettbewerb, ohne Lobbysubventionen.
Der "globale Wettbewerb" ist ja kein freier Wettbewerb. Da werden EU und US Produkte subventioniert bis zum Erbrechen - und das heimische Wirtschaftssystem in Afrika, Südamerika usw. bricht zusammen.

 

[SoulFrontier]

Genau das ist der Irrweg. Der " globale Wettbewerb". Den gilt es zu überwinden. Wir brauchen ein globales "Gleichgewicht". Weg von Überproduktion, Ausbeutung und künstlicher Verknappung von Gütern. Wirtschaften in kleineren, überschaubareren regionaleren Maßstäben. Meinetwegen dort auch Wettbewerb, zugeschnitten auf regionale Befindlichkeiten - aber dort dann ein FREIER Wettbewerb, ohne Lobbysubventionen.
Der "globale Wettbewerb" ist ja kein freier Wettbewerb. Da werden EU und US Produkte subventioniert bis zum Erbrechen - und das heimische Wirtschaftssystem in Afrika, Südamerika usw. bricht zusammen.

Naaa, es läuft ganz sicher vieles ganz gewaltig schief im globalen Handel. Seh ich auch! Und damit werden Ungerechtigkeiten geschafft und in armen Ländern weitere Armut erzeugt.

Aaaaaber: Wir leben in einer globalisierten Welt, die Welt ist ein Dorf und Mauern fallen. Das wollen wir doch auch.
Mauern, Zölle...weg damit. Handel weltweit. Oder: Zurück in die Zeiten wo jedes Land sich vom anderen abschottet. Kein globaler Handel.

Keine gegenseitigen Abhängigkeiten (sowieso illusorisch). Autark leben. Ohne mich. Ich bin für weltoffene, internationale Handelsbeziehungen.

Nur weil wir es im Vergleich mit anderswo noch ganz ok haben nimmt das doch keinesfalls die Berechtigung irgendwas zu kritisieren. Denn es läuft viele sehr falsch hier. Ich finde daher die Grundidee so eines Textes sehr gut. Es geht hier um Schichten, und dass sich arme und reiche Schicht auch in Deutschland immer weiter voneinander entfernen darf man nicht einfach so hinnehmen, mit der Begründung, es geht uns ja noch ganz gut.

Es könnte ganz sicher Vieles sehr viel besser laufen/sein! Nur mir schmeckt es absolut nicht wenn jemand daher kommt und uns erzählt dass es an der Gesellschaft liegt wenn man unsolidarisch, gemein und asozial denkt und handelt. Genauso lese ich das aber.

Das empfinde ich als Bullshit. Unsere Gesellschaft ist nicht unsolidarisch. Wir brauchen nicht vermeintlich Schwächere zu treten um selber zu überleben. Wer solchen Unfug verallgemeinert, der tut dies aus Verblendung oder eben um Propaganda zu betreiben.

Der gesamte Text strotzt doch von genau diesen Aussagen!

Noch einmal: Wer so denkt, der handelt natürlich auch so weil er meint dass er es nur so "schafft". Das Gegenteil aber ist der Fall.

 

[komalive]

Mit gefällt der Text und er regt zur Diskussion an!
Mission accomplished...

 

[artname]

Lieber Jörg,

dann lass mich noch konkreter werden, was ich mit Stammtischparolen meine. Da sitzen lauter kluge Leute, werfen mit Stichworten und freuen sich, wenn sie mal einige Sekunden nicht unterbrochen werden. Begründungen sind Zeitverschwendung, witzige Parolen höchst willkommen. Es geht um Unterhaltung, nicht um Tiefgang. Und am Biertisch fallen durchaus ähnliche Vergleiche, denn eigentlich sind alle Meinungen heute medial vorgeprägt. Gerade deshalb halte ICH nichts von gereimten Journalismus!!

Ein Lyricer ist DIESEM Stress von Stammtischen oder Konferenzen nicht ausgeliefert. Er kann sagen, was ER will. So lang und begründet er will. Und da ergaben und ergeben sich für mich Fragen, die sich eher nicht auf die Gesellschaft, sondern das Anliegen des Texters beziehen. Für wen die Parolen? Warum das alles so unpersönlich?

Ich sehe auch das rhetorische Talent des Autors. DAS will ich gern eingangs hervor heben. Nur dass für MICH gelunge Rhethorik bestenfalls Konkretes und Abstraktes (scheinbar) sehr einfach und anschaulich verbindet. So gesehen - scheint mir hier Luft nach oben zu sein. Vielleicht kann eine ausführlichere Kritik ja etwas anregen ( statt nur auf zu regen ).

Neue Mitte

Habt ihr was bemerkt?..... Bedenklicher Einstieg: Kann leicht zum Zeigefinger mutieren. Und...wer ist "ihr?
Es hat sich was verschoben
Der Rand ist jetzt viel breiter.... hier wollte d.A. vermutlich nicht auf "Rand" verzichten
und die Mitte weiter oben..... und hier nicht auf "oben". Ergebnis: Optisch sehr verzerrtes Bild!! Mag Absicht sein, auf mich wirkt es unnötig kompliziert, kopflastig..

Dort ist man der Meinung
dass sich Leistung lohnen muss
Denn dass Arbeit sich nicht lohnt
ist dieser Mitte längst bewusst.... hier klatsche ich (leise) Beifall! Auch mich nervt diese mediale verbreitete Sprachverschiebung von der nach Schweiß riechenden, klassenkämpferisch gefärbten "Arbeit" zur betriebswirtschaftlich korrekten "Leistung". Sprachsensible Leistung des A. Wäre für mich durchaus chorusreif.... Voraussetzung: man schreibt den Text um, bringt klare Bilder für "Abeit" und/oder "Leistung". Das könnte ich mir saustark vorstellen. Würde aber vermutlich stärker Konzentration bedürfen.

Pre-Chorus:
Fragt ihr euch was das heißen soll?
Seid ihr jetzt verwirrt?
Die eigentliche Leistung ist
wie man Leistung definiert.... einerseits gutes Wortspiel mit "Leistung", andererseits irgendwie etwas von oben herab erklärt (Tonfall). Ich vermisse Gefühl. Gerade bei solchen didaktischen Zeilen. .

Chorus:.... Anmerkungen verrutscht. Nächster Chorus (schreibe auf Handy)
Neue Mitte Neue Mitte
Ist das Ding um das es geht
Neue Mitte Neue Mitte
Wie ein Kettenkarussell
Neue Mitte Neue Mitte
das sich immer schneller dreht
Neue Mitte Neue Mitte
Nur sind die Ketten angesägt

Schöne neue Arbeitswelt
Die Sitten sind verroht
wer andern keine Grube gräbt
ist selbst bald ohne Job....Find ich gut formuliert und auch aus meiner Erfahrung spitzt sich das allgemein dramatisch zu.

Früher endete der Monat
mit ner fetten schwarzen Zahl
doch diese Zeiten sind vorbei
die Konkurrenz ist jetzt global

Pre-Chorus:
Den Buckel hin zur Mitte
die Füße hin zum Rand.... für mich ebenfalls ein optisch verzerrtes Bild
dann immer feste treten.... Wie kann man in dieser Position "treten" ?
rette sich wer kann

Chorus:
Neue Mitte Neue Mitte
Ist das Ding um das es geht ich würde "ist" durch "heißt" ersetzen
Neue Mitte Neue Mitte
Wie ein Kettenkarussell..... vielleicht nicht so zaghaft vergleichend "wie", sondern als knackige Metapher. (Z.B. Perfektes oder " 'n tolles" Kettenkarussell)
Neue Mitte Neue Mitte
das sich immer schneller dreht....die stünde direkt für Mitte....das bezieht sich auf das weiter zurückliegende Kettenkarussell , Der Klarheit wegen... würde ich beispiels nehmen: "Wie schnell das dolle Ding sich dreht" ODER "wie souverän sich alles dreht"

Neue Mitte Neue Mitte
Nur sind die Ketten angesägt

Neue soziale Marktwirtschaft
von Erdgas Pipelines penetriert.... Marktwirtschaft wird seit über 100 Jahren vom Erdöl durchdrungen und gef*cktt. (siege Weltwirtschaftskrise 1929) Was also ist neu? (Je mehr es zum Ende geht, desto mehr überraschende, zerknautschte Requisiten zieht der Autor scheinbar aus seinem Zylinder.)
bei lupenreinen Demokraten
läuft es immer wie geschmiert.... verwaschenes Bild. Und... wo kommen denn die Demokraten auf einmal her?

Die neue Mitte ist in Ordnung
sicher ist, dass Frechheit siegt... stimmt! .... aber eben auf allen sozialen Ebenen
und er guckt nicht mehr nach unten.... Wer ist "er"?
wo es auseinander fliegt

Pre-Chorus:
Die Zukunft ist nicht rosig
Dann seid ihr wohl verarmt... Wer verdammt, war nochmal "ihr"?
Und das ist kein Betriebsunfall
Die Sache war geplant.... Und hier bin ich leicht verstimmt! Ein Verbrechen wird vage angezeigt. Der Täter bleibt ungenannt. Der eine sieht villt. die menschliche Natur, der andere das Kartell der Supersuperreichen, der dritte schlicht göttliche Fügung: Soviele wunderbare Verdächtige, aber der A. hat seinen Schrot leider schon verschossen. Das als Krimi endende Aufklärungsstück ist aus. Abspann läuft und alle Fragen offen

Lieber Jörg, kein Autor schreibt, um letztlich als kleiner Farbpunkt in in Forenpalette gelobt zu werden. Denke ich so bei mir....

 

[MamaMuuht]

@artname

Ja, einiges kann ich da gut nachvollziehen von dem was du schreibst. Und ich selber würde den Text vermutlich aus der Ichperspektive schreiben, das liegt mir eher.
Wäre bei diesem Text übrigens nicht soo schwierig, mal sehen wenn ich morgen etwas Zeit habe mach ich das vielleicht spaßeshalber mal.
Und doch finde ich dieses Abstrakte eben auch sehr reizvoll. Denn möglicherweise würde ich mir einige Fragen nicht stellen, wenn ich sofort wüßte das dort ein Ich erzählt.
Was meinen denn andere dazu?
Und der Verfasser selber?
Jetzt gibt's Abendbrot.

( Vergiss Romeo und Julia, wann gibt's Abendbrot? willst du wirklich tauschen, am Ende war'n sie tot. ( Kettcar : Balu) Fiel mir gerade so ein, eine meiner Lieblingszeolen überhaupt...)

 

[holgi]

Wenn man die zu erwartenden Folgen des Wegbrechens der bürgerlichen Mitte betrachten möchte muss man nur in die USA schauen, dort hat sich dieser Prozess weit früher schon eingestellt und die grösste Volkswirtschaft des Planeten findet kein veritables Mittel dies rückgängig zu machen.

Ich bin sehr pessimistisch was dies angeht, wir werden es nicht aufhalten und es gibt auch keinen Ausweg aus dieser Misere, der Lobo hat Recht wenn er die Regionalität als Mittel anspricht, das kann es tatsächlich abfedern, aber das heisst gleichwohl auch Rückschritt, wobei Rückschritt für jene denen es gut geht, und Fortschritt für die weniger Betuchten/ Verlierer der Globalisierung.

Es läuft auf ein Kräftemessen hinaus, wie viele arme Menschen braucht es zur Revolte?

 

[artname]

Hallo Jörg,

die Perspektive ist gar nicht mein Problem. Eher (aus meiner Sicht) die schiefen, zum anonymen Sinn hin gebogenen Bilder und die in keiner Weise begründeten Behauptungen.So nach der Devise: irgendein Dreck wird schon hängen bleiben.

Ich sags mal so: je allgemeiner ein Text, umso größer die Bereitschaft, (wie am Biertisch) die Worthülsen mit seiner eigenen Meinung auszufüllen. Gibt ja nix, wo man geteilter Meinung sein muss. Selbst bei der Schuld: Ob geheime Weltregierung, Natur oder Gott... ein Schuldiger findet sich immer. Wozu groß überlegen. abwägen? Der Song könnte bei Pegida gesungen werden...oder bei den Linken... so "treffend" isser für mich.

Mit diesem allgemeinem Spiel der unbelegten Meinungen kann man übrigens auch recht einfach für Kriege werben... mit fielen unter dem Aspekt drohemder Umweltkatastrophen leicht ein paar fluffige Zeilen ein. Und ähnlich krass Denkende gibt es vermutlich in rauen Mengen. Oder muss ich DAS etwa belegen oder gar beweisen? ...

Ich mag bieispielsweise die Krisen-Lieder von Brecht / Weil. Die sprechen (bei mir) Kopf und Gefühl an. Aber auch Täter und Opfer.